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Gesellschaft

Wir lassen uns zu schnell beeinflussen

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von Horst Schulte

4 Min. Lesezeit

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Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 5 Jah­re zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Ich gehö­re zu den Men­schen, die leicht zu beein­dru­cken sind. Das sehe ich dar­an, dass ich mich bei Talk­shows viel zu schnell den Argu­men­ten der Poli­ti­ke­rIn­nen öff­ne. Anders aus­ge­drückt: Alle schei­nen irgend­wie Recht zu haben.

Mei­ne Bewer­tung ändert sich mit­un­ter schnell auch wie­der – oft mit Ver­zö­ge­rung. Manch­mal mache ich mir Vor­wür­fe, mich zu schnell beein­flus­sen zu las­sen. Vor allem sind es die Fak­ten und Argu­men­te, die so beschaf­fen sind, dass sie Betrof­fen­heit oder Befürch­tun­gen aus­lö­sen. Anders aus­ge­drückt: Emo­tio­nen spre­chen mich schnel­ler an als Fak­ten. Sie, die Emo­tio­nen ver­schwin­den nicht ein­fach dadurch wie­der, dass neue Argu­men­te ein­ge­führt wer­den. So geht mir das vor allem bei den The­men Migra­ti­on und Kli­ma­wan­del. Damit bin ich wohl nicht allein!

Ich habe mir in den letz­ten Tagen end­lich mal die däni­sche TV-Serie »Bor­gen« bei »Arte« gese­hen. Die letz­te Staf­fel wur­de im Jahr 2013 gedreht. Obwohl Hand­lung und Cha­rak­te­re fik­tiv sind, erin­nert ihr Inhalt an die Aus­ein­an­der­set­zun­gen, die bei uns mit zwei­jäh­ri­ger Ver­spä­tung, also im Herbst des Jah­res 2015 begon­nen haben. 

Däne­mark hat die Abschot­tung des Lan­des in der Art und Wei­se betrie­ben, wie es sich die Rech­ten in Deutsch­land gewünscht hät­ten. Aus einem libe­ra­len, welt­of­fe­nen Land ent­wi­ckel­te die däni­sche Koali­ti­on aus Kon­ser­va­ti­ven und Rechts­li­be­ra­len eine Wagen­burg. Ich kann die Stim­mung im heu­ti­gen Däne­mark selbst nicht ein­schät­zen, dort scheint die Pola­ri­sie­rung der Gesell­schaft kein The­ma zu sein. Nun ist die sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Regie­rung dort auch schon wie­der ein paar Jah­re an der Macht.

Kurz vor dem Regie­rungs­wech­sel im Juni 2019 hat­te der zu die­sem Zeit­punkt amtie­ren­de däni­sche Minis­ter­prä­si­dent Ras­mus­sen in der Rea­li­tät die Aus­wir­kun­gen eines Geset­zes zu spü­ren bekom­men, an dem er im Jahr 2002 selbst mit­ge­ar­bei­tet hat­te. Die Ehe­frau sei­nes Soh­nes in spe soll­te Däne­mark auf­grund die­ses Geset­zes ver­las­sen müs­sen. Sie stu­dier­te zwar an der Har­vard-Uni­ver­si­ty in den USA und ist gebür­ti­ge Soma­li. Ras­mus­sen ist heu­te noch Chef der rechts­li­be­ra­len Par­tei »Venst­re«.

In der 3. Staf­fel der erwähn­ten TV-Serie »Bor­gen« von 2013 grün­de­te die Haupt­fi­gur der Serie, Bir­git­te Nyborg (Sid­se Babett Knud­sen), die zuvor eini­ge Jah­re lang Pre­mier­mi­nis­te­rin Däne­marks gewe­sen ist, eine neue Par­tei. Sie war unge­fähr 3 1/​2 Jah­re davor aus der Poli­tik aus­ge­schie­den, weil die Kon­ser­va­ti­ven die von ihr aus­ge­schrie­be­nen Wah­len gewon­nen hatten.

Die Füh­rung ihrer alten Par­tei war nicht bereit, der ehe­ma­li­gen Spit­zen­po­li­ti­ke­rin eine adäqua­te Posi­ti­on anzu­bie­ten. Vor allem der anhal­ten­de Streit um die Migra­ti­ons­po­li­tik bewog sie, erneut in die Poli­tik einzusteigen. 

Ihre libe­ra­len, welt­of­fe­nen Posi­tio­nen brach­ten ihr Respekt über die Par­tei­gren­zen hin­weg ein. Der zwei­te Vor­sit­zen­de der kon­ser­va­ti­ven Par­tei ist in der Geschich­te mit einer Schwar­zen ver­hei­ra­tet. Bei­de haben ein Kind. Aus Sor­ge um ihr gemein­sa­mes Leben in Däne­mark, wo schon klei­ne Straf­de­lik­te zur Aus­wei­sung von Migran­ten führ­ten, ver­ließ der zwei­te Vor­sit­zen­de der Kon­ser­va­ti­ven nach über 20 Jah­ren Par­tei­mit­glied­schaft sei­ne Par­tei und trat den von Nyborg gegrün­de­ten Par­tei »Neue Demo­kra­ten« bei. 

Ich fin­de die­se Par­al­le­le zur Rea­li­tät inso­fern hoch­in­ter­es­sant, als die­se Geschich­te in einem gro­ßen zeit­li­chen Abstand statt­fand. Die Fik­ti­on war schnel­ler als die Wirk­lich­keit, wur­de schließ­lich jedoch von der Rea­li­tät eingeholt.

Wel­che gro­tes­ken und sinn­lo­sen Zustän­de kön­nen Geset­ze bewir­ken, die aus den fal­schen Grün­den beschlos­sen wur­den? Das ist sicher auch für uns in Deutsch­land wei­ter­hin ein Thema.

Heu­te las ich, dass im Zeit­raum von 2011 bis 2017 welt­weit Wald­ge­bie­te ver­brannt sind, die vier­mal der Grö­ße Deutsch­land entsprechen. 

War­um Wald­ge­bie­te ver­nich­tet wer­den, wis­sen wir. Es geht dabei nicht zuletzt um Land­ge­win­nung. Agrar­flä­chen, um unse­ren Hun­ger nach Fleisch, nach Palm­öl und Soja zu stil­len. Der Wohl­stand des Wes­tens, unser aller Wohl­stand, hat einen zu hohen Preis. Das ver­ste­hen immer mehr Menschen. 

Und doch ist es ernüch­ternd, wenn man sieht, dass vie­le von uns sich bei den damit ver­bun­de­nen Fra­ge­stel­lun­gen und Anfor­de­run­gen wie Poli­ti­ker verhalten. 

97% der Befrag­ten (s. Gra­fik) fin­den, dass För­de­rung von Inno­va­ti­on und For­schung ange­sagt wären, 92% mei­nen, der Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien sei wich­tig, eben­falls 92% hal­ten nied­ri­ge Prei­se für Bahn­fahr­ten als Bei­trag für sinn­voll. Mit deut­li­chem Abstand (71%) folgt die Ein­sicht, dass höhe­re Prei­se für Flug­rei­sen sinn­voll wären, nur noch 60% brin­gen die (noch) so teu­ren Autos mit alter­na­ti­ven Antrie­ben ins Spiel. 

Ich wür­de also sagen, je mehr es uns selbst betrifft – unser eige­nes Geld oder unse­ren Kom­fort kos­tet -, des­to dün­ner wer­den die For­de­run­gen von Maß­nah­men, die eigent­lich drin­gend sind. 

Woan­ders las ich, dass die Zahl der Flug­rei­sen ab Deutsch­land einen neu­en Rekord erreicht hat. Wofür das spricht? Das muss ich nicht ausführen.

Mehr Info­gra­fi­ken fin­den Sie bei Sta­tis­ta

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Gesellschaft

Diskussionen, Manipulation, Politiker

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11 Gedanken zu „Wir lassen uns zu schnell beeinflussen“

  1. Wie­so »Wir« las­sen uns zu schnell beeinflussen?
    Ich nicht und ich ver­ste­he nicht, war­um du oft immer von »Wir« schreibst, schrei­be doch lie­ber über »Ich« 😉 – so Ver­all­ge­mei­ne­run­gen find ich unschön

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    • Ich sage mal so:
      Ich sah in den 80ern koyaanisquatsi.
      Bil­der von schö­nen indus­trie­land­schaf­ten in der Mit­te des Films. Städ­te. Ver­kehr. Das hat­te zunächst Ästhe­tik, zeig­te sich aber bald als das, was uns zuwi­der­läuft, in vie­ler­lei Aspekten.
      Ich den­ke, dass unser Kon­sum soviel Magie hat wie die chro­m­äs­the­tik des Films, das heißt, das wir nicht ablas­sen wol­len davon.

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      • Ich weiß gar nicht mal, ob wir so fixiert auf den Kon­sum sind. Da ist uns viel ein­ge­re­det wor­den. Man­che wider­ste­hen eher, wie Mar­kus. Ande­re las­sen sich davon über­rol­len und neh­men alles mit, was sie krie­gen. Wenn ich mir die aktu­el­len Dis­kus­si­on – vor allem jun­ger Leu­te – anhö­re, ent­steht schon Hoff­nung (bei mir), dass es auch anders sein könnte.

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  2. Scha­de, ich hät­te ger­ne was sach­li­ches zu dei­nen Über­le­gun­gen kom­men­tiert, wobei mei­ne gedach­te »Sach­lich­keit« ja auch schon wie­der sub­jek­tiv durch Stim­mun­gen und Befind­lich­kei­ten ein­ge­färbt wird.

    Aber heu­te füh­le ich mich unter den Gäs­ten hier nicht wohl. Kom­me dann mor­gen wie­der vorbei.

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  3. @Menachem: Den Vor­wurf von Mar­kus ken­ne ich schon. Des­halb habe ich es kurz gemacht. Ich hät­te mir aller­dings gewünscht, er hät­te was zum Inhalt des Arti­kels gesagt. 

    Leu­te, die behaup­ten, dass sie sich nicht (so schnell) beein­flus­sen lie­ßen, ken­ne ich eini­ge. Die sol­len mal ihre alten Fotos durch­schau­en und einen Blick auf ihre Klei­dung werfen. 

    War­um trägt man heu­te ande­re Pull­over als in den 70ern und war­um ist die Vokuh­i­la – Fri­sur out? Rich­tig, weil sich unser Ver­hal­ten durch die zeit­ge­nös­si­sche Mode »beein­flus­sen« lässt. Die Aus­nah­men, die es gibt, fal­len jedem auch sofort auf. 🙂

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  4. Mon, moin, da bin ich wie­der. Wollt‘ ja heu­te wie­der vor­bei schau­en. Is noch früh. Bin ich der Ers­te heu­te morgen?

    Woll­te ja auch noch was zum Brand der Regen­wäl­der schreiben.
    Ich muss­te an die Oster­in­seln den­ken, da gab es ja ein ähn­li­ches Sze­na­rio. Es wird geschätzt, dass dort 10 Mil­lio­nen Pal­men gefällt wur­den, wodurch sich die Bevöl­ke­rung von 10000 auf 2. – 3.000 redu­zier­te. Eine fol­ge des Nah­rungs­man­gels durch Bodenerosionen.

    Durch neue Agra­flä­chen im Ama­zo­nas wer­den wir nicht ver­hun­gern. Aller­dings wird uns die Luft ausgehen.

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  5. Aber so etwas von der Ers­te. 🙂 Ich ste­he nie sehr früh auf – außer, wenn etwas beson­de­res anliegt. Mei­ne Frau ist die Frühaufsteherin. 

    Nicht aus­zu­den­ken, wenn die­se Brand­ro­dun­gen in der Form wei­ter­be­trie­ben wür­den. Das soll­ten die Prä­si­den­ten von Bra­si­li­en und Boli­vi­en (der ist nicht bes­ser, obwohl Sozia­list) irgend­wann auch begrei­fen. Der Druck von außen soll­te ruhig hoch­ge­hal­ten wer­den, damit uns nicht tat­säch­lich die Luft ausgeht. 

    Ich war vor Jah­ren auf Rho­dos (Anfang der 90er). Dort sind in den Jah­ren zuvor gro­ße Wald­flä­chen ver­brand. Die Baum­stümp­fe auf dem schwar­zen Boden waren depri­mie­rend anzu­se­hen. Kei­ne Ahnung, ob man dort eine Auf­fors­tung ver­sucht hat. Ich wuss­te von Ver­wand­ten, die auch vie­le Jah­re zuvor mal auf Rho­dos waren, dass die Insel mal grün gewe­sen ist – jeden­falls grü­ner als bei unse­rem Besuch. Das war trau­rig anzusehen.

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