Integration und Assimilation – bisher funktioniert davon an vielen Stellen nichts so richtig

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Am 21.10. wuss­ten es alle. Wer sich die Mühe macht, die Medi­en­be­rich­te über die Hin­ter­grün­de für den Mord an einem Kre­fel­der Tou­ris­ten in Dres­den zu recher­chie­ren, erfährt, dass an die­sem Tag geklärt war, dass die Tat einen isla­mis­ti­schen Hin­ter­grund hat­te. Am 4.10. griff ein ein­schlä­gig vor­be­straf­ter 20jähriger Isla­mist, der 2015 aus Syri­en nach Deutsch­land kam, mit einem Mes­ser zwei Män­ner an. Einer starb, der ande­re wur­de schwer ver­letzt ins Kran­ken­haus eingeliefert. 

Über zwei Wochen hat es gedau­ert, bis die Dresd­ner Staats­an­walt­schaft die Ermitt­lun­gen an den Gene­ral­bun­des­an­walt über­gab, weil angeb­lich erst zu die­sem Zeit­punkt Klar­heit über den ter­ro­ris­ti­schen Hin­ter­grund bestan­den haben soll.

In der Zeit vom 5.10. bis 21.10. gab es eine Viel­zahl von Pres­se­mel­dun­gen über die Mord­tat. Die­se Daten (Quel­le: Goog­le Trends) legen die Ver­tei­lung der Mel­dun­gen unter den infra­ge­ste­hen­den Stich­wor­ten offen.

Rich­tig „inter­es­sant“ wur­de der Dresd­ner Mord also erst, als der Zusam­men­hang mit Isla­mis­mus offi­zi­ell bekannt wur­de. Das ist auch typisch. „Ein­fa­che Mor­de“ brin­gen nicht die Auf­merk­sam­keit wie eine der­ar­ti­ge Kom­bi­na­ti­on mit Ter­ror oder Isla­mis­mus. Das wis­sen die Rech­ten auch und nut­zen die­se Beson­der­heit für ihre Zwecke.

An die­sem Fall ist auch inter­es­sant, dass sich die­ser Mord eines Isla­mis­ten in Sach­sen ereig­net hat. War­um haben Poli­zei und Staats­an­walt­schaft die wahr­schein­lich viel frü­her bekann­ten Zusam­men­hän­ge nicht öffent­lich gemacht? War­um lie­gen zwi­schen der Tat und der Wei­ter­ga­be des Fal­les an den Gene­ral­bun­des­an­walt gan­ze zwei Wochen? 

Der 20jährige mut­maß­li­che Mör­der hat sei­ne Opfer nicht will­kür­lich aus­ge­sucht, son­dern er hat gese­hen, dass es sich um homo­se­xu­el­le Men­schen han­del­te. Ich stel­le mir die Fra­ge, ob Homo­pho­bie unter der auto­chtho­nen Bevöl­ke­rung eben­so ver­brei­tet ist wie unter Mus­li­men. Jeden­falls braucht es dafür nicht die Extre­me, nicht den Son­der­sta­tus des Islamisten. 

Aller­dings wird in die­sem Fall wie­der alles mit­ein­an­der ver­mischt. Schließ­lich weiß ja jeder, dass Mus­li­me, auch die, die nicht radi­kal sind, anders über Sexua­li­tät den­ken als libe­ra­le Bevöl­ke­rungs­tei­le. Dass sich Kon­ser­va­ti­ve und Rechts­extre­me, die ansons­ten per­ma­nent ihre, ver­steckt und offen, ableh­nen­de Ein­stel­lung zu Homo­se­xu­el­len oder libe­ra­len Lebens­for­men bezeu­gen, sich ange­sichts die­ser Tat inspi­riert füh­len, das Ver­bre­chen aus­zu­schlach­ten, ist eben­so typisch wie widerlich.

Ande­rer­seits ist es so, dass wir, wie die Fran­zo­sen zuvor, nach dem grau­sa­men Mord am Leh­rer Paty und den Mor­den von Niz­za aus Erfah­run­gen Schlüs­se zie­hen müs­sen, auf die wir uns bis­her nicht ver­stän­di­gen kön­nen. Da hilft es nur bedingt, wenn ein paar bekann­te Grü­ne und Lin­ke ein­räu­men, dass „ihr Teil“ unse­rer Gesell­schaft auf die Gefah­ren des Isla­mis­mus bis­her nicht adäquat reagiert hat. Lei­der heilt es aber kei­ne Wun­de, wenn irgend­wie viel zu spät ein­ge­räumt wird, dass unter den Hun­dert­tau­sen­den von hie­si­gen Mus­li­men sol­che leben, die sich aus Grün­den radi­ka­li­sie­ren und furcht­ba­re Ver­bre­chen ver­üben. Inwie­fern radi­ka­le Mus­li­me nicht auf einen gewis­sen Rück­halt, eine „heim­li­che Sym­pa­thie“ oder „klamm­heim­li­che Freu­de“ auch bei ein­fa­chen und eigent­lich geset­zes­treu­en Mus­li­men tref­fen, ist kaum her­aus­zu­fin­den. Men­schen sind wie sie sind.

Dass es dar­über hin­aus einen Wan­del in unse­rer Gesell­schaft gibt, der alar­mie­rend ist, dar­auf wei­sen nicht nur Leh­rer und Sozio­lo­gen seit Jah­ren hin. Wir erle­ben, dass vor allem die vie­len jun­gen Män­ner unter den hier leben­den Mus­li­men lei­der eine Ten­denz zei­gen, die mit unse­ren frei­heit­li­chen Vor­stel­lun­gen und Wer­ten über­haupt nicht in Ein­klang steht. Es scheint kei­ne Aus­nah­me zu sein, dass Leh­rer selbst von jun­gen Schü­lern in einer Art und Wei­se ange­gan­gen wer­den, die jeden Respekt ver­mis­sen las­sen. Es gibt mus­li­mi­sche Eltern, die Lehr­kräf­te der­art krass unter Druck set­zen, dass sich Betrof­fe­ne hil­fe­su­chend an die Öffent­lich­keit gewandt haben. Wenn die­se Eltern die Lehr­plä­ne von Schu­len mas­siv hin­ter­fra­gen und ver­su­chen, hier­auf Ein­fluss zu neh­men, so ist dies nicht nur ein alar­mie­ren­des Zei­chen. Viel­mehr müs­sen wir sol­che Anlie­gen mit aller Macht zurück­wei­sen!

Wirk­lich schlimm fin­de ich, dass die Ent­wick­lun­gen zwar hier und da durch­aus kri­tisch beschrie­ben wer­den, dass unse­re Gesell­schaft jedoch kei­ner­lei Anstal­ten macht, Schluss­fol­ge­run­gen aus sol­chen Ent­wick­lun­gen zu zie­hen. Bei allem Ver­ständ­nis dafür, wie schwie­rig es ist, Maß­nah­men aus sol­chen Erkennt­nis­sen abzu­lei­ten, so unver­ant­wort­lich ist es ande­rer­seits, dass Poli­tik und Medi­en gemein­schaft­lich so tun, als gäbe es über­haupt kei­nen Hand­lungs­be­darf. Und ja, aus eige­ner Erfah­rung weiß ich, wie reflex­haft Grü­ne und Lin­ke auf sol­che Gedan­ken reagie­ren. Soweit geht ihre Ein­sicht näm­lich nicht. Sie fin­den viel­mehr ohne Mühe neue Ent­schul­di­gun­gen und Rela­ti­vie­run­gen, um das The­ma von der Agen­da zu tilgen. 

Der bekann­te Islam­kri­ti­ker Abdel-Samad hat an Innen­mi­nis­ter See­ho­fer geschrie­ben. Via Face­book-Post. Die­ser Mann steht (in Deutsch­land) seit Jah­ren unter Poli­zei­schutz, weil er von radi­ka­len Mus­li­men bedroht wird. Seit unge­fähr 10 Jah­ren gibt es eine Fat­wa gegen Abdel-Samad, die von einer ägyp­ti­schen Grup­pe aus­ge­spro­chen wur­de. Der Mann ver­fügt über umfas­sen­de Kennt­nis­se der Poten­zia­le isla­mis­ti­scher Bestre­bun­gen und ist, wie eini­ge ande­re Mit­bür­ge­rIn­nen aus die­sem Kul­tur­kreis, in Deutsch­land als War­ner vor den Aus­wir­kun­gen auf unse­re freie Gesell­schaft bekannt gewor­den. Er war bis zu sei­nem FB-Post Mit­glied der Deut­schen Islam­kon­fe­renz. Er ist seit 10 Jah­ren Mit­glied die­ses Gre­mi­ums und hat nun erkannt, dass die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen in Deutsch­land kei­ne Leh­re anneh­men.

Als Ver­tre­ter des poli­ti­schen Islam muss man den tür­ki­schen Prä­si­den­ten Erdo­gan benen­nen. Wie groß der Ein­fluss ist, den die­ser Mann über die DiTib in Deutsch­land aus­übt, ist längst kein Geheim­nis mehr. Den­noch ändert die deut­sche Regie­rung ihren Kurs nicht. Und das, obwohl doch Ansät­ze für eine ent­spre­chen­de Absetz­be­we­gung in den letz­ten Jah­ren erkenn­bar waren. 

Bei der letz­ten öffent­li­chen Sit­zung erklär­te der DITIB-Chef, dass er Absol­ven­ten der Fakul­tä­ten für isla­mi­sche Theo­lo­gie der deut­schen Uni­ver­si­tä­ten nicht als Ima­me ein­stel­len wür­de, weil die­se die DITIB-Stan­dards nicht erfül­len wür­den. Ich habe danach erwar­tet, dass die anwe­sen­den Ver­tre­ter des Staa­tes sich über die­se Arro­ganz empö­ren, doch dies ist nicht pas­siert. Statt­des­sen unter­stützt der Staat nun, dass die DITIB und ande­re Ver­ei­ne selbst ihre Ima­me aus­bil­den und zwar auf Kos­ten der Steu­er­zah­ler. Nein, ich mache nicht mehr mit. Denn die DITIB-Stan­dards sind: Loya­li­tät zu Erdo­gan und zum tür­ki­schen Nationalismus.

Sehr geehr­ter Herr Innen­mi­nis­ter Horst… – Hamed Abdel-Samad | Facebook

Wie gran­di­os ein­fach es sich die­je­ni­gen machen, die grund­sätz­lich eine ande­re Sicht auf die­ses gesell­schaft­li­che The­ma haben, zeigt der Bei­trag von Moha­med Amja­hid, der Herrn Abdel-Samad idio­ti­scher­wei­se qua­si als Ali­bi, als Hand­lan­ger der AfD oder ande­rer rech­ter Krei­se hinstellt. 

In die­sem Fall sind Män­ner wie Hamed Abdel-Samad oder Akif Pirin­çci der Token. Die machen pau­scha­le Islam­kri­tik und die Pegi­da-Anhän­ger sagen danach: „Die­ser Mos­lem hat es doch geschrie­ben! Also muss es stimmen!“

Inter­view mit Moha­med Amja­hid, Autor von „Unter Wei­ßen“ – Ras­sis­mus – jetzt​.de

Allein der Ver­gleich Abdel-Sama­ds mit Akif Pirin­çci ist an Frech­heit kaum mehr zu über­bie­ten.

Ahmad Man­sour hat schon in 2014 die Deut­sche Islam­kon­fe­renz ver­las­sen. Er ist eben­falls eine kri­ti­sche Stim­me und for­dert von Deutsch­land ein kla­res Bekennt­nis zu den eige­nen Wer­ten. Genau das geschieht aber höchs­tens in Ansät­zen und ist oft nicht nachhaltig. 

Wenn wir mus­li­mi­sche Jugend­li­che, wie die aus ande­ren Kul­tur­krei­sen, end­lich als „unse­re Jugend­li­chen“ begrif­fen und auch als sol­che behan­del­ten, könn­te die Gesell­schaft ins­ge­samt davon profitieren.

Blog: Ahmad Man­sour refe­rier­te ǀ Anti­se­mi­tis­mus unter Mus­li­men — der Freitag

Ich fin­de, da hat Man­sour einen wesent­li­chen Punkt ange­spro­chen. Die­se Bereit­schaft ist die selbst­ver­ständ­li­che Basis für alles ande­re. Und sie ist lei­der vor allem des­halb nicht aus­ge­prägt, weil die­se Gesell­schaft sich für die Belan­ge ihrer Min­der­hei­ten so gut wie über­haupt nicht inter­es­siert. Obwohl sie bzw. Tei­le die­ser Gesell­schaft etwas ganz ande­res vorgeben.

Statt unser Des­in­ter­es­se wei­ter auf­recht­zu­er­hal­ten soll­ten wir eine wich­ti­ge Vor­aus­set­zung zur Hei­lung der gegen­sei­ti­gen Miss­ver­ständ­nis­se schaf­fen, in dem wir unse­re gegen­sei­ti­gen Vor­stel­lun­gen klar und unmiss­ver­ständ­lich benennen. 

Damit mei­ne ich also kei­ne „Leit­kul­tur“ oder einen ande­ren tech­no­kra­ti­schen Unsinn die­ser Art. Wir brau­chen kei­ne Lip­pen­be­kennt­nis­se zu unse­ren Wer­ten oder zum Grundgesetz. 

Was uns fehlt ist Begeis­te­rung für die Mög­lich­kei­ten, die vie­len von uns wohl ein­fach viel zu selbst­ver­ständ­lich gewor­den sind. 

Wir leben in einer frei­en, plu­ra­lis­ti­schen, libe­ra­len und auf garan­tier­ten Grund­rech­ten fußen­den Gesell­schaft.

Hier­aus erge­ben sich selbst­ver­ständ­lich Rech­te und Pflich­ten. Das ist die Basis für unser Zusam­men­le­ben. Wir sind auf ein unaus­ge­spro­che­nes Ein­ver­ständ­nis aller hier leben­der Men­schen ange­wie­sen. Ich fin­de, wir dür­fen die­ses voraussetzen. 

Die­je­ni­gen, die – aus wel­chen Grün­den auch immer – die­se Basis unse­res Zusam­men­le­bens nicht aner­ken­nen, haben in Deutsch­land kei­ne Hei­mat. Sie müs­sen das Land ver­las­sen. Das ist der Kon­sens, auf den wir uns statt eines tech­no­kra­ti­schen Kon­struk­tes (Leit­kul­tur) ein­las­sen müssen!

Das müs­sen die Bür­ge­rIn­nen des Lan­des aus­spre­chen, die offi­zi­el­len Stel­len haben es umzusetzen! 

Statt­des­sen machen wir es bis­her so, dass wir den Anschein erwe­cken, Tole­ranz und Frei­räu­me wür­den einen Pro­zess ein­lei­ten oder wenigs­tens beglei­ten, den wir Inte­gra­ti­on nen­nen. Dabei haben vie­le eher Assi­mi­la­ti­on im Kopf. Wenn wir wenigs­tens die­ses Miss­ver­ständ­nis aus­räu­men könn­ten, wäre viel gewonnen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Gesellschaft Integration Islamisten Muslime

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