Die Transformation der deutschen Wirtschaft kommt nicht gut voran. Konservative Kräfte sehen daher ihre Chance, sie aus ideologischen Gründen zu stoppen.

Die Ampel-​Regierung ris­kiert durch ihre inter­nen Streitereien den Erfolg der drin­gend erfor­der­li­chen Transformation der Wirtschaft. Konservative und libe­ra­le Kräften profitieren.

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Die Regierung hat Ende 2023 die Kaufprämie für E‑Autos ersatz­los und abrupt been­det. Das wird nach­voll­zieh­ba­re Gründe haben. Eigentlich soll­te der „Umweltbonus” erst Ende 2025 aus­lau­fen, um den Absatz der E‑Autos anzu­kur­beln. Christian Lindner wird die Gründe für den Stop genaus­tens ken­nen und die sich auf­drän­gen­den Fragen lie­gen auf dem Tisch.

Dass eine Reihe von Anbietern in die Bresche spran­gen und die Prämie auf eige­ne Kosten zahl­ten, zeigt einer­seits, wel­chen Stellenwert sie hat. Andererseits liegt der Schluss nahe, dass die Preise für E‑Autos Reserven zei­gen, die von den Herstellern dafür genutzt wur­den (Preisbildung).

Genutzt hat das wenig. Der Absatzrückgang von E‑Autos beträgt im Vergleich zum Vorjahr 14 %. Diese nega­ti­ve Entwicklung scheint viel­leicht ande­re Ursachen zu haben, als die Allesbesserwisser unter den Journalisten ver­mu­ten. Die Ampel ist schuld. Basta!

Die wich­tigs­ten Kriterien beim Autokauf sind Klassiker: Sicherheit (100 %), all­ge­mei­ner Komfort (96 %), Anschaffungspreis (94 %), Verbrauch und Umwelteigenschaften (93 %). Auch die Art des Antriebs (89 %) sowie eine staat­li­che Förderung (87 %) sind den Menschen wich­tig. Die Motorleistung spielt nur für 72 Prozent eine bedeu­ten­de Rolle. 

Quelle

Ich fin­de inter­es­sant, dass die digi­ta­len Technologien im Auto eine immer grö­ßer wer­den­de Rolle zu spie­len schei­nen. So oft habe ich gehört, dass mit der zuneh­men­den Elektrifizierung der Automobile der Frust über Qualitäts- und Zuverlässigkeitsverluste ein­her­ging. Aber viel­leicht kom­men sol­che Einwände nur von „älte­ren” Autofahrern?

Ist das nun der „neus­te” Coup die­ser Regierung. Bekommt sie die Transformation, für die die E‑Mobilität doch so zen­tral war, nicht in den Griff? Wird sie schei­tern und pro­fi­tie­ren kon­ser­va­ti­ve und libe­ra­le Parteien von ihrem Scheitern? Bloß nicht! 

Die Pläne für die Transformation unse­rer Wirtschaft schei­nen aus der Zeit gefal­len zu sein. Die mas­si­ve Kritik am Handeln bzw. Nichthandeln die­ser Regierung flaut nicht ab und sie ist aus mei­ner Sicht durch­aus stei­ge­rungs­fä­hig. Die Menschen in Deutschland ahnen zwar, wel­che Veränderungen auf unser Land zukom­men. Überall wer­den Geschäfte und Betriebe geschlos­sen. Viele Leute ste­hen auf der Straße und ich beru­hi­ge mich bei sol­chen Gelegenheiten immer gleich damit, dass es schließ­lich einen mas­si­ven Arbeitskräftemangel im Land gibt. Die wer­den schon wie­der was fin­den… Aber wo sind die Grenzen und was bedeu­tet es kon­kret, wenn von Deindustrialisierung gere­det wird? 

Gibt es Einschränkungen für wirt­schaft­li­ches Wachstum, die zwangs­läu­fig mit dem zen­tra­len Begriff Transformation ver­bun­den sind? Dabei sind die Auswirkungen im Bereich der exis­tie­ren­den Jobs (KI-​Einsatz, Digitalisierung all­ge­mein) bis­her nicht über­all zu erle­ben. Wir reden dar­über, wir spü­ren die Ankündigung mas­si­ver Veränderungen. Die älte­ren Menschen, die nun die gro­ße Mehrheit im Land reprä­sen­tie­ren, nei­gen eher zur Ängstlichkeit als die Jungen. Das ist auch ein Fakt, der uns bei der Bewältigung der Aufgaben nicht gera­de hilft. 

Der wirt­schaft­li­che Abschwung, so ler­nen wir in die­sen Wochen, hat sich schon seit ca. 5 Jahren abge­zeich­net. Die schlech­ten Wachstumszahlen bele­gen das, sagen die, die es wis­sen sollten. 

Prof. Schnabl von der Uni Leipzig sieht in Robert Habeck den „König der Planwirtschaft”. Die deut­sche „Wirtschaftswoche” hat­te bereits im März 2022 die­sen Vorschlag gemacht, Schnabl stimm­te spä­ter zu. So schreibt er es im ver­link­ten Fokus-​Artikel. Ist das mehr als bru­ta­le Stimmungsmache gegen die Ampel und ins­be­son­de­re die Grünen oder was ist dran an dem Vorwurf? 

Ja, Habeck zeigt mit sei­ner Gegenposition zur markt­wirt­schaft­lich aus­ge­leg­ten Vorstellung des Finanzministers, dass er staat­lich gelenk­te (mas­si­ve) Subventionen ange­sichts der Größe der Aufgaben für sinn­vol­ler hält als die von Lindner favo­ri­sier­ten Steuersenkungen. Er treibt vor­an, was hof­fent­lich nicht nur aus Sicht der Grünen seit dem Scheitern der deut­schen Energiepolitik über­le­bens­wich­tig gewor­den ist. 

Im Kopf wirt­schaft­li­cher Koryphäen wie dem des Herrn Prof. Schnabl ist Habecks Weg ein Irrweg, der Deutschland die Zukunft kos­ten könn­te. Was er in sei­nem Artikel beschreibt, ist bezo­gen auf die Herleitung des Status quo lei­der zutref­fend. Allerdings sehe ich die zen­tra­le Verantwortung dafür weder in Händen des Bundeswirtschaftsministers, noch in denen der Ampel. 

Dass der EUR ein­ge­führt wur­de und zum „TEURO” mutiert ist, könn­te man eher dem Ehrgeiz des Ex-​Bundeskanzlers Helmut Kohl, CDU, zuschrei­ben. Wie indi­rekt auch die anhal­ten­de Niedrigzinspolitik, die auf­grund der mas­si­ven Konstruktionsfehler unse­rer Währung ent­stand. Dass Deutschland (nicht sei­ne, wie es immer so bekloppt im Politikersprech heißt: „hart arbei­ten­de Mitte”) pro­fi­tiert hat und indi­rekt auch die Empfänger staat­li­cher Transfergelder (Sozialstaat) sowie der vom mas­si­ven Aufwuchs des Personals in Behörden und Aufsichtsinstanzen pro­fi­tie­ren­den Menschen, ist eine Seite der glei­chen Medaille. 

Mit mas­siv ver­knapp­ten Finanzmitteln sind teu­re Investitionen in die Infrastruktur unse­res Landes nach­zu­ho­len. Diese Situation könn­te bald zu Verteilungskämpfen füh­ren. (Stichwort: Abbau des Sozialstaates.) Das ist die Sorge, die vie­le Menschen umtrei­ben dürf­te. Die Niedrigzinspolitik dürf­te erst ein­mal vor­über sein und die Regierung ver­fügt nicht mehr über die Finanzreserven, um all die Placebos wei­ter­hin ver­ab­rei­chen zu kön­nen (denn als sol­che wur­den die staat­li­chen Leistungen in der Öffentlichkeit wahr­ge­nom­men. Es kommt immer dar­auf an, wen man fragt). 

Das Wachstum wird noch klei­ner als bis­her erwar­tet. Jetzt pro­gnos­ti­zie­ren die Institute nur noch 0,1 % Wachstum. Viele reden im Zusammenhang mit Arbeitszeitverkürzungen gern davon, dass die Umsetzung zu einer höhe­ren Produktivität füh­ren wer­de. Der Beweis soll nach Studien längst erbracht sein. Das wäre toll, denn in den letz­ten Jahren ist die Produktivität in Deutschland deut­lich zurück­ge­gan­gen. Zuletzt haben wir weni­ger als eine Steigerung von 1 % je Jahr erreicht. Und vor die­sem Hintergrund wagen wir das Echtzeitexperiment, eine Debatte über lan­des­wei­te Arbeitszeitreduzierung zu führen. 

Nun ist die Produktivität ja nur einer der wich­tigs­ten Werte für den Wohlstand einer Gesellschaft. Da kann man ruhig mal voll drauf­los expe­ri­men­tie­ren. Jedenfalls, solan­ge die Studienlage es hergibt. 


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4 Gedanken zu „Die Transformation der deutschen Wirtschaft kommt nicht gut voran. Konservative Kräfte sehen daher ihre Chance, sie aus ideologischen Gründen zu stoppen.“

  1. Vor allem ver­ste­he ich nicht, dass Lindner so sehr auf der Schuldenbremse beharrt, wenn es doch dar­um geht, den indus­tri­el­len Kern Deutschlands (z.B. Stahl) zu trans­for­mie­ren! Da gin­gen etli­che Firmen von Förderzusagen aus, die durch den Wegfall eines gro­ßen Teils des Klimafonds nun nicht zustan­de kom­men. Ich dach­te einst, die FDP wäre vor allem eine Wirtschaftspartei!

  2. Vieles was Habeck ange­sto­ßen hat, war ein­fach nicht durch­dacht. Er hat alles dem Klimaschutz unter­ge­ord­net und das Ergebnis sehen wir jetzt. Wobei ich nicht zu sagen ver­mag, ob die ers­te Priorität Klimaschutz nicht tat­säch­lich die wich­tigs­te ist. Dennoch – das was dem folg­te, war eigent­lich vor­aus­zu­se­hen. Die Industrie, die jetzt nach und nach abwan­dert – ist (oder war?!) – die Vorrausetzung für Wohlstand im Land. Continental, Miele, Bosch, Webasto, Ford, Mahle, ZF, das sind nur eini­ge der gro­ßen Industrien, die mas­siv Personal abbau­en wol­len. Hier im Sauerland, dem Mekka der klei­nen Industrieunternehmen und Zulieferer, ver­ab­schie­den sich jeden Tag Unternehmen, ent­we­der ins Ausland oder in die Insolvenz. Das sind klei­ne Firmen im Bereich bis 500 Mitarbeiter und in der Wirtschaftspresse nur ein Vierzeiler. 

    Daneben ist es natür­lich noch die gesam­te Autoindustrie, die ihre Verbrennersparte ins Ausland ver­la­gert. Die Deindustrialisierung der Bundesrepublik ist offen­sicht­lich nicht mehr auf­zu­hal­ten. Bestenfalls kommt das dem Handwerk zugu­te, aller­dings fehlt dann mind.ein Drittel am BIB. Das was jetzt pas­siert hät­te man vor drei vier abse­hen kön­nen. Damals hat­te BASF vor einer Deindustrialisierung gewarnt. Bisher sind die Arbeitslosenzahlen noch nicht nen­nens­wert gestie­gen, das wir noch kom­men. Und ja, ich den­ke Prof. Schnabel hat recht. Bisher wur­den Probleme mit Milliardensummen zuge­schüt­tet, aber auch bei einem rei­chen Land ist irgend­wann Ebbe in der Kasse. Die Bundesrepublik steu­ert auf einen wirt­schaft­li­chen Abstieg zu, an des­sen Ende die Gewinner (wie­der ein­mal) eine rechts­extre­mis­ti­sche Partei ste­hen könnte.

🎈 Worte haben Gewicht – wählt sie weise.

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