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AfD-​Verbot: Ein umstrittener Weg zur Sicherung der Demokratie

Das Verbot der AfD ist ein kom­ple­xes und heik­les Thema, das tief­grei­fen­de Konsequenzen für unse­re Demokratie haben könn­te. Es gilt, die Balance zwi­schen dem Schutz der Demokratie und der Wahrung demo­kra­ti­scher Prinzipien zu finden.

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Die Alternative für Deutschland (AfD) pola­ri­siert seit ihrer Gründung die deut­sche Gesellschaft. Ihre poli­ti­sche Ausrichtung und ihre teils extre­men Positionen haben mehr­fach Debatten über ein mög­li­ches Verbot der Partei aus­ge­löst. Diese im Kern unde­mo­kra­ti­schen Überlegungen sind nach den Wahlerfolgen der AfD bei den Europawahlen erneut entflammt.

Wenn unse­ren eta­blier­ten Parteien zur AfD nichts ande­res mehr ein­fal­len will, als ein Verbotsantrag, ist nichts gewon­nen. Ich fürch­te, das Gegenteil wäre der Fall. Viele Menschen sind ent­setzt über das Abschneiden der Partei bei den Europawahlen. Die deut­sche Wahlkarte zeigt, wenn man nicht ganz nahe an sie her­an­tritt, nur noch schwar­ze und blaue Sektoren. Das Konservative hat die Republik im Griff. 

Europawahl 2024 Screenshot Tagesschau
Europawahl 2024 Screenshot Tagesschau

Die Wahlergebnisse im Osten sind nur der Anfang

Die Hölle öff­net sich bei den Landtagswahlen im Osten. Eine aktu­el­le Umfrage von Infratest dimap zeich­net ein immer weni­ger Menschen erschüt­tern­des Bild. 

Die AfD wird (was längst kei­ne Überraschung mehr ist) die stärks­te Partei im thü­rin­gi­schen Landtag. Aus dem Stand kommt die Wagenknecht-​Partei mit ihren nicht weni­ger popu­lis­ti­schen Versprechungen fast schon auf den zwei­ten Rang, gleich zwei Prozentpunkte hin­ter der CDU. Es gibt Chancen, dass SPD und Grüne nicht mehr in den Landtag kom­men, weil sie die 5%-Hürde verfehlen.

Wahlrecht Umfrage Infratest dimap
Wahlrecht Umfrage Infratest dimap

Untaugliches gegen Unmögliches

Leider fällt dem Parteiestablishment, unse­rer soge­nann­ten poli­ti­schen Elite, nichts ande­res dazu ein, als erneut ein AfD-​Verbot auf die Tagesordnung zu set­zen. Der ehe­ma­li­ge Ostbeauftragte der Bundesregierung, Wanderwitz, CDU, beab­sich­tigt einen AfD-​Verbotsantrag ein­zu­brin­gen. Ein Bündnis hat sich gebil­det, das eben­so ent­schlos­sen ist, die AfD zu ver­bie­ten. Ich ken­ne ein paar Namen, die zum Bündnis (Gewerkschafter, Historiker und Aktivisten) gehö­ren. Fällt den Linken wirk­lich nichts ande­res ein als ein Verbot?

Ich rege mich stän­dig über die AfD auf. Die Aussagen ihrer Rädelsführer und Sympathisanten sind für mich wie für vie­le ande­re Menschen schier uner­träg­lich. Aber hieß es nicht auch, dass Demokraten auch extre­me Meinungen aus­hal­ten müssen? 

Andererseits gibt es Argumente für ein AfD-Verbot

  1. Verfassungsfeindlichkeit – Die AfD wird oft als ver­fas­sungs­feind­lich ein­ge­stuft. Vertreter der Partei haben wie­der­holt die freiheitlich-​demokratische Grundordnung infra­ge gestellt. Ein Verbot könn­te die Demokratie schüt­zen, indem es extre­mis­ti­sche Tendenzen eindämmt.
  2. Rechtsextremismus – Einige Mitglieder der AfD ver­tre­ten rechts­extre­me Positionen. Der Verfassungsschutz beob­ach­tet Teile der Partei, die als extre­mis­tisch gel­ten. Ein Verbot könn­te ver­hin­dern, dass rechts­extre­me Ideen wei­ter Verbreitung finden.
  3. Schutz der Demokratie – Die Demokratie muss sich gegen ihre Feinde weh­ren kön­nen. Ein Verbot der AfD könn­te als prä­ven­ti­ve Maßnahme die­nen, um anti­de­mo­kra­ti­sche Kräfte zu stop­pen, bevor sie grö­ße­ren Schaden anrichten.
  4. Spaltung der Gesellschaft – Die AfD trägt durch ihre Polemik und ihren Populismus zur gesell­schaft­li­chen Spaltung bei. Ein Verbot könn­te die­se destruk­ti­ve Dynamik abschwä­chen und die gesell­schaft­li­che Kohäsion fördern.
  5. Radikalisierungspotential – Ein Verbot könn­te ver­hin­dern, dass die Partei wei­ter­hin radi­ka­le und poten­zi­ell gewalt­be­rei­te Anhänger anzieht. Dies könn­te zur Stärkung der inne­ren Sicherheit beitragen.


Neben die­sem Demokratieprinzip (auch extre­me Meinungen aus­hal­ten) besitzt die Meinungsfreiheit gene­rell in unse­rer Bevölkerung den über Jahrzehnte müh­sam erkämpf­ten Rückhalt, den die­se mehr­heit­lich ver­tei­di­gen wird. Wenngleich man davon aus­ge­hen kann, dass vie­len die­ses urde­mo­kra­ti­sche Prinzip im Fall der Fälle nicht vehe­ment ver­tei­di­gen wür­de (dafür sorgt aus mei­ner Sicht schon die sub­op­ti­ma­le, sprich ein­sei­ti­ge Nachrichtenlage durch den ÖRR), steht die Mehrheit dazu. 

Keine Märtyrerrolle für die AfD

Die AfD könn­te in eine Märtyrerrolle schlüp­fen und künf­ti­ge Regierungen wären in der Lage, unter Bezug auf die­sen Präzedenzfall auch ande­re vom Mainstream abwei­chen­de poli­ti­sche Parteien zu ver­bie­ten. Ich erin­ne­re mich gut an die Art und Weise, in der die eta­blier­ten Parteien zu Beginn der 1980er-​Jahre mit den Grünen „umge­gan­gen“ sind. Es war schlimm. 

Dass wir mit dem Verbot einer poli­ti­schen Partei, die einen so hohen Rückhalt in Teilen der Bevölkerung hat, dazu bei­tra­gen könn­ten, dass sich eine außer­par­la­men­ta­ri­sche Opposition eta­bliert, betrach­te ich als wei­te­re Gefahr für unse­ren freiheitlich-​demokratischen Rechtsstaat. 

Politische Bildung verhindert keine politischen Fehler

In vie­len Diskussionen taucht das Argument auf, dass poli­ti­sche Bildung ein Ansatz zur Verhinderung extre­mer poli­ti­scher Meinungen sei. Gab es kei­ne poli­tisch extre­men Persönlichkeiten, die über hohe Bildung (anzu­neh­men wäre auch eine poli­ti­sche) ver­fü­gen, die Unheil über die Welt brachten? 

Ferner könn­te man for­dern, dass Menschen zu Kosmopoliten erzo­gen wer­den, also zu Menschen, die durch eige­nen Umgang und Erfahrungen mit ande­ren Völkern und Kulturen den Berührungsängsten und all­ge­gen­wär­ti­gem Unverständnis, ent­ge­gen­zu­wir­ken. Ich hal­te das grund­sätz­lich für eine gute Idee. Mir sind die Ansätze zu theo­re­tisch und des­halb wenig Erfolg ver­spre­chend. Gegen die AfD und ihre poli­ti­schen Ansätze der Abgrenzung kommt sie zu spät.

Alte Werte neue Stärke

Ich bin über­zeugt, eine Rückbesinnung auf Werte wie Toleranz, Geduld, Respekt und Rücksicht könn­te vie­le unse­rer Probleme lösen. Wir spre­chen gern über Werte, aber wir leben sie nicht mehr in dem Maße, wie es erfor­der­lich wäre. Eine wehr­haf­te Demokratie ent­steht nicht, in dem wir Andersdenkende vor­füh­ren und per­ma­nent aus­gren­zen. Die Debatte, von mir aus die Auseinandersetzung muss nicht zu Beleidigungen füh­ren und zum Dauerstreit, der sogar Familien ent­zweit. Aber sie ist natür­li­cher Bestandteil jeder Demokratie. Warum haben wir das vergessen?

Das Verbot der AfD ist ein kom­ple­xes und heik­les Thema, das tief­grei­fen­de Konsequenzen für unse­re Demokratie haben könn­te. Es gilt, die Balance zwi­schen dem Schutz der Demokratie und der Wahrung demo­kra­ti­scher Prinzipien zu fin­den. Ein umfas­sen­der Ansatz, der auf Bildung, Integration, Beobachtung und zivil­ge­sell­schaft­li­ches Engagement setzt, könn­te eine nach­hal­ti­ge­re Lösung bie­ten als ein simp­les und aus mei­ner Sicht für uns alle sehr schäd­li­ches Verbot.

Giovanni di Lorenzo hat die­sen eben­so kur­zen wie über­zeu­gen­den Text zu mög­li­chen ande­ren Lösungsansätzen geschrieben:

An die Stelle der poli­ti­schen Analyse, der Selbstkritik und Kurskorrektur tritt dann eben: die gro­ße Bestürzung. Anschaulich zeigt sich das in die­sen Tagen an den Reaktionen der deut­schen Sozialdemokraten. Ein offen­bar ent­geis­ter­ter SPD-​Vorsitzender bezeich­ne­te die AfD als Nazipartei. Dann behaup­te­te er, die Ausgangslage für die nächs­ten Wahlen sei nun güns­ti­ger – denn jetzt sei­en alle „wach­ge­rüt­telt”. Als ob sich die Wähler der radi­ka­len Rechten davon beein­dru­cken lie­ßen.

Quelle


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2 Gedanken zu „AfD-​Verbot: Ein umstrittener Weg zur Sicherung der Demokratie“

  1. Ich den­ke, der rich­ti­ge Ansatz wäre, sich mal anzu­schau­en, war­um so vie­le Menschen über­haupt ihr Kreuzchen ent­spre­chend set­zen. Viele füh­len sich mit ihren Problemen von der Politik allei­ne gelas­sen. Genau die­se Probleme gilt es aber anzu­ge­hen, sonst wird sich mit einem Verbot nichts ändern. Ein Verbot heißt doch nur, dass man die­se Wähler nicht hören will und wei­ter­hin ein­fach igno­riert. Ein echt schwa­ches Signal aber auch nicht anders zu erwar­ten (für Protestwähler hät­te es aber echt genug Alternativen zur Alternative gegeben!).

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