Jetzt auch noch Jan Fleischhauer. Im „Focus“ habe ich mir erst heute Morgen den Artikel: „Sozialforscher sicher: Deutschlands elitärer politischer Linksruck ist am Ende“ von Andreas Herteux reingezogen, der wie jetzt auch Fleischhauer darüber schreibt, dass jetzt (endlich?!) andere Zeiten anbrechen. Nun, die Hoffnung stirbt eben auch in diesen Zeiten immer noch zuletzt.
Wenn sich die Leute, denen ein Linksruck ja offenbar so viel ärger sein soll, als der unübersehbare und real vorhandene Rechtsruck an Medien wie NIUS von Julian Reichelt und den zahlreichen anderen rechten Publikationen orientieren, ist diese Wahrnehmungsstörung pathologischen Ausmaßes wenig überraschend. Reichelt gibt auf seiner Website gleich unter dem NIUS-Logo den Stand der Operation in Form des überfliegenden und wohl auch blödsinnigen Anspruchs „Die Stimme der Mehrheit“ zum Besten. Es entsteht der Eindruck, dass sich die Republik in nur drei Jahren nach links gedreht hat. Aber für diese Wölfe im Schafspelz war ja auch die Ära Merkel bereits des linken Teufels. Das darf nicht vergessen werden. Deshalb trimmt Merz die Seinen auch so lautstark nach rechts(außen), was wiederum so manchem in der Partei auch nicht gefallen dürfte.
Wenn aber doch auch unsere CDU-Elitepartnerin, Sahra Wagenknecht, schon lange vehement darüber klagt, dass ihre ehemaligen Linken wie auch SPD und Grüne ihr ureigenstes Klientel aus den Augen verloren und ihren Zuspruch bei den Wahlen vor allem deshalb eingebüßt hätten, wird wohl etwas dran sein. Die Politkoryphäe und ihr Souffleur wissen ja grundsätzlich über alles bestens Bescheid, wie immerhin zweistellige Prozentzahlen von Wählern in Sachsen, Thüringen und bald auch in Brandenburg bekunden.
Moral und Anstand, Toleranz und Empathie, Vielfalt und Solidarität haben eigentlich ja schon seit Langem ausgedient. Das Wort Vielfalt ist im Augenblick im Fokus der Rechtsextremen. Jede Prügelei, jeder Aufstand auf den Straßen, an denen dem Anschein nach Migranten beteiligt sind, wird als Menetekel einer muslimischen Vorherrschaft bzw. Bedrohung umgedeutet. Es ist kaum zu ertragen und doch kann ich die Wut (manchmal) verstehen.
Eine Gesellschaft verändert ihre innere Beschaffenheit. Kann man das so ausdrücken? Die große Individualisierungswelle, ich würde sie als massives Wachstum des Egoismus bezeichnen, spült den Rechtsextremismus mit seinen schmerzhaft erlernten Folgen an die Oberfläche. Und es ist den Leuten egal. Hauptsache, die Bevormundung durch links-grüne Politik nimmt ein Ende und die Cancel Culture, die unnützen Klimaschutzmaßnahmen, die Entwicklungshilfe, und natürlich die Flut von Migranten nimmt ab. Man mag das vornehmer ausdrücken können. Andreas Herteux formuliert es so:
Von der Migrationsdebatte über Klimakrise bis zur Identitätspolitik: Jahrelang bestimmten postmaterielle Vorstellungen, als jene immateriellen Ziele, wie Umweltbewusstsein, individuelle Selbstverwirklichung, globale Gerechtigkeit, Anti-Kolonialismus, humanistischer Internationalismus, grenzbefreites Weltbürgertum oder ethische Schwerpunktsetzungen, den politischen und medialen Diskurs.
Und das nervige Gendern oder überhaupt — die ganzen untüchtigen, weil ungelernten linken und grünen Politiker in unseren Parlamenten… Was wir alles ertragen müssen!
Wahrscheinlich wurde vieles übertrieben. Ich zähle mich nicht zu denen, die von gewissen Aktivitäten und (Andersdenkende häufig ausschließenden) Diskussionen nicht genervt gewesen sind.
Ist linke Politik tatsächlich suggerierend und beharrt auf Alternativlosigkeit? Dann muss Angela Merkel wohl wirklich eine Linke gewesen sein, denn sie hat das Wort alternativlos häufiger benutzt als andere Politiker.
Zeigt man sich von der Richtigkeit der eigenen Politik überzeugt, kommt seit einigen Jahren von rechts rasch die Feststellung, diese oder jene Position sei ideologisch. Das ist nicht weniger bescheuert als der ständige Vorwurf des Populismus gegen jeden, der es sich mit seiner Kritik ein wenig zu leicht macht (AfD, jetzt auch BSW). Auch gegen Merz richtet sich dieser Vorwurf gern. Es sollte eigentlich nicht schädlich für Politiker sein, dem Volk etwas mehr aufs Maul zu schauen. Schließlich beklagen doch Politiker, Medien und deren Konsumenten häufig die Ferne der Politiker vom frühaufstehenden, hart arbeitenden Bürger.
Warum nur wird gerade in Krisenzeiten so gern das Kind mit dem Bade ausgeschüttet? Eine Zusammenarbeit zwischen Opposition und Regierung wäre gerade vor diesem wahren Berg von Krisen eine Möglichkeit, die ja nichts zwangsläufig in einer Großen Koalition münden müsste. Diese wäre bei den absehbaren Mehrheitsverhältnissen im September 2025 wohl ohnehin schwerlich erreichbar.
Ich bin für eine pragmatische Politik, die auch die aktuelle Stimmung im Land berücksichtigt. Welchen politischen Kräften würde ich die Art von Pragmatismus zutrauen, die ich damit meine und welchen Flurschaden könnte dieser anrichten? Ich würde meinen, dass dieser damit zu beginnen hat, eine ordentliche Bestandsaufnahme und Bewertung des Zustandes unseres Landes vorzunehmen. Politik beginnt angeblich doch mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Warum bleibt das aus?
Ich schätze Herrn Polenz wirklich. Aber hier bereitet er den Migrationsgegnern doch den Tisch. Einerseits zeigen diese Zahlen einen deutlichen Trend. Die Zahl der Asylanträge geht in diesem Jahr ggü. dem Vorjahr zurück. Andererseits muss man aber sehen, dass bei dem Thema die kumulierten Werte die entscheidenden sind. Die Migrationskrise schreitet voran. Es ist deshalb nicht damit getan, die Zahlen zu senken, sondern sie müssen drastisch gesenkt werden. Aus dem Bereich der Kommunen kam der Vorschlag, für eine Weile keine Migranten mehr aufzunehmen.
Nur die sogenannten Populisten benennen insbesondere die Probleme durch die fortdauernde Massenmigration. Auch die gewaltigen Kosten, die diese Leistung unserer Gesellschaft verursacht, führen auch nicht zu einem Umdenken mancher Leute in der SPD und bei den Grünen. Und das ist lediglich ein Aspekt. Diesen Impact mag man durch eine Modifikation der Schuldenbremse mildern können, aber das hat einen Preis, den nicht alle zu zahlen bereit sind. Und dabei sind die künftigen Generationen, die sich mit unseren Schulden herumzuschlagen haben, nicht einmal gehört.
Eigentlich wollte ich heute nur über das Gesamtbild schreiben, das Fleischhauer und Herteux mit ihren Beiträgen gezeichnet haben. Und schon lande ich wieder in den Tiefen der Krise.
Ich hoffe, dass ein radikaler Wechsel dieser für meinen Geschmack etwas schablonenhaften Betrachtung in den Kategorien links und rechts erst gar nicht stattfindet und dass das Pendel der absolut übertriebenen brutalen Häme, mit der links-grün aktuell nachgestellt wird, nicht unvermittelt nach dem Zurechtruckeln einer neuen Realität zurückschlägt.
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