Micropayment statt Monatsabo: Andere Wege im Online-Journalismus werden gesucht. Verschwinden harte Paywalls?

Moderne Bezahlmodelle im Journalismus entwickeln sich von starren Paywalls zu flexibleren Systemen wie Pay-per-Article und dynamischen Zugängen.

Horst Schulte

am

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Über viele Jahre beschäftige ich mich immer wieder neu mit der Frage, welche Medien ich evtl. abonnieren sollte und auf welche ich verzichten kann. Mittlerweile sind Paywalls für die allermeisten Angebote obligatorisch. Für den „Spiegel“ o.ä. Angebote um die 20 EUR monatlich auszugeben, ist mir zu teuer. Ich möchte mich nicht auf ein Angebot festlegen. Viele sind einseitig, und das fällt mir auf. Einseitigkeit führt nicht weiter und viele Menschen sind deshalb verärgert.

Andererseits weiß ich um die wirtschaftliche Lage vieler Medien. Sie können ohne Abonnenten ihre Angebote nicht aufrechterhalten. Ein Zwiespalt, der vielleicht nach Alternativen ruft?

Ist das Ausland schneller? Wieder mal?

Ich weiß, dass es (im Ausland jedenfalls mehr als bei uns) Angebote gibt, die über normale Abos hinausgehen. Man kann einzelne Artikel für „kleines Geld“ kaufen. Beispielsweise geht das bei der „Rhein-Zeitung“. Dort kann man einen Artikel für 0,50 EUR kaufen. Die „Süddeutsche Zeitung“ verlangt für ein Abo 29,99 EUR, dort kann man einen Tagespass für 1,50 EUR kaufen. Das scheint mir eine einigermaßen faire Lösung zu sein. Allerdings interessieren mich persönlich oft wirklich nur einzelne Artikel. Für diese würde ich auch mehr als 1 EUR bezahlen. Man müsste mal austarieren, ab welcher Schwelle es kritisch wird und die Leser nicht auf ein solches Modell einsteigen. Aber das ist ja auch nur die Konsumentenseite. Natürlich muss es sich im Endeffekt für die Medienanbieter rechnen.

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Wikipedia-nachfrage

Dynamische Paywalls würde ich vorziehen

Es gibt dynamische Paywalls. Sie basieren auf personalisierten Nutzerdaten und passen Beschränkungen individuell an. Vielleicht wäre das ein guter Weg? Allerdings meiden es ja doch viele Nutzer, sich überall einen Account zuzulegen. Der Deutsche an sich gehört wohl der Spezies an, die besonders einfühlsam mit seinen eigenen Daten umgeht – hört man jedenfalls manchmal. Wohin diese Vorsicht führt, bekommen Apple Nutzer dieser Tage eindrucksvoll vor Augen geführt. Für EU-Europäer gibt es Apple Intelligence erst ab April 2025. Aber das soll, wie ich bei den Datenfetischisten las, alles gar nicht so schlimm sein. Mich nervt es und ich weiß nicht, ob die dahinterliegende Einstellung besonders zukunftsorientiert ist. Andere sehen das völlig anders und insistieren, weil der Zirkus ihnen längst noch nicht reicht.

Die ersten Apple Intelligence Features sind ab sofort als kostenloses Softwareupdate mit iOS 18.1, iPadOS 18.1 und macOS Sequoia 15.1 verfügbar und können weltweit in den meisten Regionen genutzt werden, wenn Siri und die Gerätesprache auf Englisch (USA) eingestellt sind.

Mac Anwender:innen in der EU können mit macOS Sequoia 15.1 auf Apple Intelligence in Englisch (USA) zugreifen. Im April werden die Apple Intelligence Funktionen für Nutzer:innen von iPhone und iPad in der EU eingeführt. Dazu gehören viele der Kernfunktionen von Apple Intelligence, darunter Schreibwerkzeuge, Genmoji, eine überarbeitete Siri mit besserem Sprachverständnis, ChatGPT Integration und vieles mehr.

Quelle

Inwieweit sich aktuell die sogenannten harten Paywalls sowie neuere Modelle wie Micropayment-Systeme (via Wallet, Apps) oder eben die Tagespass-Modelle durchsetzen, bleibt abzuwarten.

Wissen Wikipedia – Nutzer die Enzyklopädie nicht zu schätzen?

Seit 2011 spende ich regelmäßig kleine Beträge an Wikipedia. Ich weiß, seit wann ich das mache, weil ich dieser Tage eine Mail erhielt, in der ich daran erinnert wurde. Ich war überrascht, dass angeblich nur 1 % der Nutzer überhaupt spenden. Deshalb habe ich via Paypal jetzt veranlasst, dass die Leute von mir einen kleinen monatlichen Beitrag erhalten. Das ist in Summe deutlich mehr, weil ich sonst nur ein paar EUR aufgrund der bekannten Anzeigenkampagnen (im oberen Teil der Wiki-Seite) überwiesen habe. Natürlich muss das jeder selbst wissen. Aber 1 % sind schon deutlich weniger als ich angenommen habe.

Wie häufig ich wohl bei Recherchen bei Wikipedia lande und wie stark ich das Portal nutze? Ich nehme an, dass sie gleich hinter Google kommen. Die Einstellung der Suchseite meines Browsers (Firefox) ist meistens auf Bing oder Google eingestellt. Wie oft kommen die brauchbarsten Suchergebnisse wohl von Wikipedia?

Natürlich kenne ich die Vorbehalte vieler Leute, denen Wikipedia an sich zu links daherkommt und man denen schon deshalb nicht trauen darf. Tatsächlich ist Skepsis angebracht. Aber die wird sich seit dem verstärkten Einsatz von KI ja wohl hoffentlich ohnehin eingestellt haben – oder?

Während ich hier (in WordPress) meinen Text eintippe, nutze ich gern die Tastenkombination CTRL, Command, D. Ich will darauf hinaus, dass ich Wikipedia-Inhalte auch dann nutze, wenn ich die Seiten gar nicht explizit aufgerufen habe. Das wird vermutlich bei den meisten von uns der Fall sein.

Sprechen die Erfahrungen von Wikipedia gegen Micropayment-Systeme? Ich wäre eher bereit, einzelne Artikel (die mich sehr interessieren) zu bezahlen, anstatt mich für ein teures Monatsabo zu entscheiden. Dort, wo solche Angebote gemacht werden, habe ich sie teilweise auch schon genutzt. Bei der SZ zum Beispiel. Ob da allerdings genug Einnahmen zusammenkämen, um die viel teureren Abo-Modelle kompensieren zu können? Das ist wohl zu bezweifeln.

und KI und (PiP)

P.S.: Ein Tipp für die Firefox – Nutzer unter uns: Man kann ChatGPT in Firefox (für OS-Version) integrieren, ohne Plugin. In den Einstellungen unter „Firefox Labs“ lassen sich die diesbezüglichen Einstellungen vornehmen. Ich finde das sehr praktisch, wenn man schnell mal eine „einfachere (unverschwurbelte) Formulierung“ oder eine Zusammenfassung eines Textes benötigt. Außerdem werden Videos in der Bild-in-Bild-Version automatisch ausgegeben, sobald man den Tab verlässt, aus dem heraus das Video gerade abgespielt wurde. Das ist übrigens nicht nur praktisch, finde ich.

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Horst Schulte

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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Schlagworte: Digitaljournalismus Paywall

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12 Gedanken zu „Micropayment statt Monatsabo: Andere Wege im Online-Journalismus werden gesucht. Verschwinden harte Paywalls?“

  1. Ich hatte neulich erst eine Diskussion zum selben Thema und wir waren uns einig, dass eine Zahlung pro Artikel am leserfreundlichsten wäre. Und ich verzichte lieber ganz, als mich durch ein teures Abo zu binden. Ein Tagespass wäre auch interessant. Und alles bitte möglichst, ohne sich für jeden Sch… einen neuen Account anlegen zu müssen. Das hat weniger mit meinen Daten zu tun, als dass es mich einfach nervt.

  2. Ganz zu Anfang der paywalls gab’s das schon mal; einzelne Artikel die man nicht nur freischalten, sondern sogar als pdf speichern oder ausdrucken konnte. Ich wäre bereit, je nach Artikel, dafür bis 1,50 Euro zu bezahlen. ich denke, das wäre ein faire Sache, denn natürlich weiß ich auch um den Zwiespalt Qualitätsjournalismus und eigene Brieftasche 🙂 Mit dem Abozwang jedenfalls setze ich Archive.is ein und das noch ganz legal. Aus Solidaritätsgründen würde ich lieber bezahlen, aber dann wie erwähnt für das, was ich wirklich lesen will.

  3. Es gibt viele Seiten, deren Themen mich interessieren. Meistens klicke ich auf einen Artikel drauf, um festzustellen, dass ich nur die ersten Zeilen lesen kann. Auch ich würde etwas für diesen Artikel zahlen. Nur ein Abo wegen eines Artikels ????

  4. Ich habe mich kürzlich über Heise geärgert, weil ich den c’t-Artikel zur KI lesen wollte. Wie du schon geschrieben hast, ist er nur im Monatsabo erhältlich und 6,50 € für die ganze c’t wollte ich auch nicht ausgeben. Also habe ich es gelassen. Aber das Schicksal meinte es gut mit mir, denn das Heft lag zwei Tage später im Sauna-Ruheraum aus. Seit einem Jahr unterstützen wir auch die Wikipedia.

  5. Mich wundert, nein, eigentlich wundert es mich nicht, dass die Pressebranche nach inzwischen rund 29 Jahren WWW für alle immer noch kein funktionierendes Publikations- und Bezahlsystem für Zeitung Online entwickelt hat. Ok, die ersten 15 Jahre hat man damit verplempert, das WWW für eine irrelevante Randerscheinung zu halten und wurde von der eng verbandelten Politik immer darin bestätigt. Und hat sich anschließend anstatt auf Journalismus online lieber auf eine endlose Urheberrechtsdebatte inklusive Kriminalisierung der Internetnutzer kapriziert.

    Online-Abos für Zeitungen und Zeitschriften interessieren mich nicht. Ich bin im Internet und muss mir kein Online-Pendant eines täglichen Haufens Papier abonnieren, damit ich lesen kann, was mich interessiert. Das wäre der Branche vielleicht ideell angemessen, aber eben zweifelhafter Fortschritt mit Opas Beißzange.

    Das einzige Modell, das ich mir im Moment vorstellen kann, wäre eine Art Presse-Marktplatz, wo ich jederzeit überblicksweise alle aktuellen Beiträge (und auch einige Tage zurückliegende) teaser-mäßig sehen kann, zum kompletten Abruf auswählen und gesammelt bezahlen kann. Z.B. auswählbar als PDF, ePub oder Plain-HTML.

    Und das ohne Registrierungszwang, denn ein solcher ist für Bezahlvorgänge unnötig. M.a.W.: Registrierung möglich, aber nicht notwendig.

  6. Eben. Wenn ich am Kiosk eine Zeitung kaufe, muss ich mich auch nicht vorher beim Verband der ZeitungenAmKioskVerkaufendenHändler als Kunde registrieren.

    Das dient alles nur der Datensammlung zwecks Werbeadressierung und Kundenprofilbildung. Für Kaufvorgänge ist keine Registrierung notwendig, wie ich schon schrieb. Ich kaufe bei zahlreichen Internethändlern ein, ohne jeweils einen Kundenaccount zu haben.

    Wenn ich so überlege, liegt das Problem vielleicht wo ganz anders:

    Niemand will einem heute einfach so etwas verkaufen. Jeder will ein „Kauferlebnis“ kreieren, strebt sofort Kundenbindung an, will mir, weil ich A gekauft habe, gleich auch B und C verkaufen, weil Kunden, die bisher A gekauft haben, auch B und C gekauft haben.

    Das hängt alles penetrant wie Kletten an einem dran, am liebsten würden sie einem noch in die Wohnung und in den Kleiderschrank gucken.

    Wenn ich Zeitungsartikel lesen will, will ich nicht gleichzeitig, dass mich der kaufmännische Leiter des Verlags kennenlernt, um zu erforschen, was er mir noch alles verkaufen kann.

    Früher blieb man als Zeitungsleser weitestgehend anonym, und das war gut so.

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