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Vom Knubbel-Hochdeutsch zum Dialektstolz: Die Geschichte der rheinischen Mundart

Die rheinische Mundart schwindet, doch ihr Erhalt stärkt Identität und Kultur. Dialekte sind wertvoll – es lohnt sich, sie zu bewahren.

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von Horst Schulte

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Die rheinische Mundart hat eine lange und facettenreiche Geschichte, die tief in der Entwicklung der Region verwurzelt ist. Ihr Ursprung reicht bis in die frühen germanischen Sprachen zurück, wobei sich das heutige Rheinische als Teil der westmitteldeutschen Dialekte herausbildete. Geprägt von frühen keltischen und römischen Einflüssen sowie späteren fränkischen Dialekten, entwickelte sich die rheinische Sprache zu einem lebendigen Ausdruck regionaler Identität.

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Im Gegensatz zu Regionen wie Bayern oder Schwaben, wo Dialekte mit Stolz gepflegt werden, hat das Rheinland eine besondere sprachliche Entwicklung durchlaufen. Vor allem im 19. und 20. Jahrhundert wurde die rheinische Mundart zunehmend zurückgedrängt.

Auch ich habe diese Entwicklung in meiner Jugend erlebt. Ich bin in Bedburg aufgewachsen, etwa 30 km von Köln entfernt, und erinnere mich gut daran, dass das Sprechen von Rheinisch nicht nur verpönt war, sondern oft mit einer sozialen Herabsetzung einherging. Man wurde nicht nur überregional damit »veräppelt«, sondern es galt als Zeichen mangelnder Bildung oder gar eines ländlichen Hintergrunds. Daher entwickelten viele meiner Generation eine Art Hochdeutsch mit rheinischen »Knubbeln«, das zwar nicht direkt kritisiert wurde, aber im Gegensatz zu anderen Dialekten wie Schwäbisch, Bayerisch oder Sächsisch nicht als identitätsstiftend galt.

Ein weiteres Element, das zur schwächeren Verankerung der rheinischen Mundart beitrug, ist die historische und kulturelle Offenheit der Region. Das Rheinland war über Jahrhunderte hinweg eine Schnittstelle für Handel, Migration und kulturellen Austausch. Diese Vielschichtigkeit hat dazu geführt, dass sich ein pragmatischer Sprachgebrauch durchsetzte, der weniger auf die Pflege des Dialekts als auf eine kommunikative Anpassung ausgerichtet war. Auch das französische und später preußische Erbe haben zur Standardisierung der Sprache beigetragen.

Die Diskriminierung des Dialekts in vergangenen Jahrzehnten und die „Knubbel-Variante“ des Hochdeutschen, die in der Region verbreitet ist, hängen auch mit einer medialen Darstellung zusammen. Während das Bayerische oder Sächsische oft als identitätsstiftend und humorvoll dargestellt werden, wurde das Rheinische in überregionalen Medien lange Zeit als „prollig“ oder wenig seriös wahrgenommen. Dies führte dazu, dass viele Rheinländer sich dem Hochdeutschen annäherten, um nicht negativ abgestempelt zu werden.

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Quelle

Dennoch gibt es gute Argumente für die Pflege der rheinischen Mundart. Dialekte sind nicht nur ein bedeutender Bestandteil regionaler Identität, sondern auch ein kulturelles Erbe, das die Geschichte einer Region erzählt. Studien zeigen zudem, dass das Sprechen von Dialekten kognitive Vorteile bietet und zur Sprachkompetenz beiträgt.

Wer dem Argument der sozialen Herabsetzung begegnen will, kann darauf hinweisen, dass Dialekte in vielen Regionen wieder an Bedeutung gewinnen. Sprachwissenschaftler betonen zunehmend die Bedeutung regionaler Mundarten für die Sprachvielfalt und den Erhalt kultureller Eigenheiten. Auch die Renaissance des Plattdeutschen oder die bewusste Pflege anderer Dialekte in Deutschland zeigt, dass es sich lohnt, den eigenen sprachlichen Wurzeln treu zu bleiben.

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Horst Schulte

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Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

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#DialekteInDeutschland, #RheinischeMundart, #Sprachwandel

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