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Vom Knubbel-​Hochdeutsch zum Dialektstolz: Die Geschichte der rheinischen Mundart

Die rhei­ni­sche Mundart schwin­det, doch ihr Erhalt stärkt Identität und Kultur. Dialekte sind wert­voll – es lohnt sich, sie zu bewahren.

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Die rhei­ni­sche Mundart hat eine lan­ge und facet­ten­rei­che Geschichte, die tief in der Entwicklung der Region ver­wur­zelt ist. Ihr Ursprung reicht bis in die frü­hen ger­ma­ni­schen Sprachen zurück, wobei sich das heu­ti­ge Rheinische als Teil der west­mit­tel­deut­schen Dialekte her­aus­bil­de­te. Geprägt von frü­hen kel­ti­schen und römi­schen Einflüssen sowie spä­te­ren frän­ki­schen Dialekten, ent­wi­ckel­te sich die rhei­ni­sche Sprache zu einem leben­di­gen Ausdruck regio­na­ler Identität.

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Im Gegensatz zu Regionen wie Bayern oder Schwaben, wo Dialekte mit Stolz gepflegt wer­den, hat das Rheinland eine beson­de­re sprach­li­che Entwicklung durch­lau­fen. Vor allem im 19. und 20. Jahrhundert wur­de die rhei­ni­sche Mundart zuneh­mend zurückgedrängt. 

Auch ich habe die­se Entwicklung in mei­ner Jugend erlebt. Ich bin in Bedburg auf­ge­wach­sen, etwa 30 km von Köln ent­fernt, und erin­ne­re mich gut dar­an, dass das Sprechen von Rheinisch nicht nur ver­pönt war, son­dern oft mit einer sozia­len Herabsetzung ein­her­ging. Man wur­de nicht nur über­re­gio­nal damit »ver­äp­pelt«, son­dern es galt als Zeichen man­geln­der Bildung oder gar eines länd­li­chen Hintergrunds. Daher ent­wi­ckel­ten vie­le mei­ner Generation eine Art Hochdeutsch mit rhei­ni­schen »Knubbeln«, das zwar nicht direkt kri­ti­siert wur­de, aber im Gegensatz zu ande­ren Dialekten wie Schwäbisch, Bayerisch oder Sächsisch nicht als iden­ti­täts­stif­tend galt.

Ein wei­te­res Element, das zur schwä­che­ren Verankerung der rhei­ni­schen Mundart bei­trug, ist die his­to­ri­sche und kul­tu­rel­le Offenheit der Region. Das Rheinland war über Jahrhunderte hin­weg eine Schnittstelle für Handel, Migration und kul­tu­rel­len Austausch. Diese Vielschichtigkeit hat dazu geführt, dass sich ein prag­ma­ti­scher Sprachgebrauch durch­setz­te, der weni­ger auf die Pflege des Dialekts als auf eine kom­mu­ni­ka­ti­ve Anpassung aus­ge­rich­tet war. Auch das fran­zö­si­sche und spä­ter preu­ßi­sche Erbe haben zur Standardisierung der Sprache beigetragen.

Die Diskriminierung des Dialekts in ver­gan­ge­nen Jahrzehnten und die „Knubbel-​Variante“ des Hochdeutschen, die in der Region ver­brei­tet ist, hän­gen auch mit einer media­len Darstellung zusam­men. Während das Bayerische oder Sächsische oft als iden­ti­täts­stif­tend und humor­voll dar­ge­stellt wer­den, wur­de das Rheinische in über­re­gio­na­len Medien lan­ge Zeit als „prol­lig“ oder wenig seri­ös wahr­ge­nom­men. Dies führ­te dazu, dass vie­le Rheinländer sich dem Hochdeutschen annä­her­ten, um nicht nega­tiv abge­stem­pelt zu werden.

Zweitsprache Dialekt
Bilinguale Erziehung wirkt sich posi­tiv auf die kogni­ti­ve Entwicklung eines Kindes aus. Sie stärkt die Konzentrationsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen und macht es spä­ter leich­ter, wei­te­re Sprachen zu meis­tern. Dem Gehirn ist es aber egal, ob ein Kind Französisch oder Fränkisch lernt.

Quelle

Dennoch gibt es gute Argumente für die Pflege der rhei­ni­schen Mundart. Dialekte sind nicht nur ein bedeu­ten­der Bestandteil regio­na­ler Identität, son­dern auch ein kul­tu­rel­les Erbe, das die Geschichte einer Region erzählt. Studien zei­gen zudem, dass das Sprechen von Dialekten kogni­ti­ve Vorteile bie­tet und zur Sprachkompetenz beiträgt.

Wer dem Argument der sozia­len Herabsetzung begeg­nen will, kann dar­auf hin­wei­sen, dass Dialekte in vie­len Regionen wie­der an Bedeutung gewin­nen. Sprachwissenschaftler beto­nen zuneh­mend die Bedeutung regio­na­ler Mundarten für die Sprachvielfalt und den Erhalt kul­tu­rel­ler Eigenheiten. Auch die Renaissance des Plattdeutschen oder die bewuss­te Pflege ande­rer Dialekte in Deutschland zeigt, dass es sich lohnt, den eige­nen sprach­li­chen Wurzeln treu zu bleiben.

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