Von Gesten und Symbolen

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Es sind selt­sa­me Tage. In den ers­ten Wochen nach der Merz-​Wahl – und nicht zu ver­ges­sen, der Papstwahl – fällt mir auf, wie sehr Gesten und Symbole unse­re öffent­li­che Wahrnehmung durch­drin­gen. Mehr noch: Sie schei­nen (den Medien auf alle Fälle!) wich­ti­ger zu sein als das, was gesagt oder gar getan wird.

Der rote Schuh, den Benedikt XVI. trug – und den sein Nachfolger lie­ber im Schrank ließ –, wur­de kurz­fris­tig zum Diskussionsthema. Warum eigent­lich? „Nein, die roten Schuhe des Papstes sind kein Zeichen der päpst­li­chen Demut, son­dern sym­bo­li­sie­ren die Macht und das Martyrium des Oberhauptes der katho­li­schen Kirche.” Quelle 

Leo XIV. trug dunk­le Schuhe – nicht die tra­di­tio­nell roten, auf die schon Franziskus ver­zich­tet hat­te. Auch die Kardinäle tru­gen wei­ße Gewänder mit gol­de­nen Verzierungen.

Quelle

Aber wer schaut schon auf das, was die­se Symbole eigent­lich bedeu­ten, wenn es sich so schön dar­über spe­ku­lie­ren lässt, was sie nicht mehr bedeu­ten? In einer Zeit, in der das Papsttum mit einem Bild (und sei es KI-​erstellt) mehr Reichweite erzeugt als eine gan­ze Enzyklika, wird auch der feh­len­de rote Schuh zum Statement.

Ähnlich absurd erscheint mir die Umarmung zwi­schen Friedrich Merz und Emmanuel Macron beim Antrittsbesuch in Paris. Eine Umarmung, die län­ger dau­er­te als jede Pressekonferenz – und von den Medien seziert wur­de wie das Standbild eines WM-​Finales. Was woll­te Merz damit sagen? Was zeigt Macron? Und war­um habe ich dabei das Gefühl, dass man uns da etwas vor­ma­chen will?

Politische Gesten sind nicht neu. Schon im alten Rom wuss­te man, wie man mit einem Daumen über Leben und Tod ent­schei­det – sym­bo­lisch zumin­dest. Auch Napoleon ver­stand sich auf gro­ße Auftritte – sei­ne Hand in der Weste ist bis heu­te ikonisch.

Oder man den­ke an Willy Brandts Kniefall in Warschau – eine Geste, die Geschichte schrieb, weil sie aus inne­rer Überzeugung kam, nicht aus medi­enstra­te­gi­scher Berechnung. Brandts Kniefall 1970 war kein Bild, das geplant war – und des­halb traf es mit­ten ins Herz.

Heute hin­ge­gen wirkt vie­les cho­reo­gra­fiert – Symbolpolitik als Ersatz für Substanz. Da wird umarmt, geküsst, gelä­chelt, gedeu­tet, alles im Takt der Kameras. Man könn­te glau­ben, man will es „den Medien“ erleich­tern, ihre Berichte zu ver­fas­sen. Was lässt sich nicht alles in Blicke, Gesten und Symbole hineingeheimnissen?

Ich will nicht zynisch klin­gen – na gut, viel­leicht ein biss­chen –, aber der Verdacht drängt sich auf, dass uns immer mehr vor­ge­spielt wird, als tat­säch­lich passiert. 

Bin ich mit die­ser Skepsis allein? Ich glau­be nicht. Auch wenn ich viel­leicht wie­der ein­mal der bin, der das Haar in der Suppe sucht.

Vielleicht brau­chen wir ein­fach weni­ger rote Schuhe oder lan­ge Umarmungen und dafür mehr fes­ten Boden unter den Füßen.


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