Fällt unseren Medien eigentlich nicht auf, wie unaufhörlich und brutal sie daran mitwirken, auch den Leumund dieser Regierung zu ruinieren? Dass die Merz-Regierung zuletzt zwei Stockfehler beging, ist nicht zu bestreiten. Offenbar halten die Deutschen Frust für erbaulich. Das muss eine eingebaute Schwäche, eine Sollbruchstelle der Bevölkerung unserer Nation von jeher sein.
Der deutsche Hang zur Katastrophe
Die Neigung zur permanenten Dramatisierung entspringt einem tief verwurzelten kulturellen Muster. Wir Deutschen scheinen eine seltsame Vorliebe für das Scheitern zu haben – nicht nur das eigene, sondern vor allem das unserer Repräsentanten.
Die Bewertung der Wirtschaftsdaten in den deutschen Leitmedien griff in vielen Berichten stärker zu negativen Narrativen, als es die realen Zahlen und der gesamteuropäische Vergleich rechtfertigten. Das leichte Wachstum, das gegenüber den Prognosen sogar besser ausfiel und Deutschland im EU-Spiegel dem oberen Mittelfeld zuordnet, wurde oft nur als Randnotiz behandelt.
Wenn Journalismus zur Therapiesitzung wird und geradezu zwangsläufig scheitert
Besonders perfide wird es, wenn Medien ihre eigenen Frustrationen auf die politische Landschaft projizieren. Da werden Meinungsumfragen zu Stimmungsbarometern umgedeutet, als könnte man aus der momentanen Laune der Bevölkerung langfristige politische Trends ableiten. Wenn die Zustimmungswerte der Regierung um zwei Prozentpunkte fallen – was bei Umfragen durchaus im Rahmen der statistischen Schwankungsbreite liegt –, wird daraus gleich eine «Vertrauenskrise» konstruiert.
Die Talk-Show-Landschaft hat sich längst zu einer Art kollektiven Frustaufbau, aber sicher nicht Frustbewältigung entwickelt. Politiker versuchen zu erklären, ein Journalist sucht nach skandalisierungsfähigen Inhalten, und am Ende sind alle vollkommen frustriert. Das Publikum geht mit dem Gefühl zu Bett, dass ohnehin alles hoffnungslos ist.
Die Macht der selbsterfüllenden Prophezeiung
Was dabei übersehen wird: Medien schaffen Realitäten. Wenn wochenlang über eine angebliche Regierungskrise berichtet wird, entsteht irgendwann tatsächlich eine Krise – nicht weil die Regierung versagt hätte, sondern weil das permanente Krisengeschwätz das Vertrauen untergräbt. Die Börse reagiert nervös, Investoren werden zurückhaltend, und am Ende bestätigt sich die ursprünglich konstruierte Katastrophe.
Ein aktuelles Beispiel: Die monatelange Diskussion über die «Energiewende-Krise» führte dazu, dass mehrere internationale Konzerne ihre Investitionspläne für Deutschland überarbeiteten. Nicht weil die Energieversorgung tatsächlich zusammengebrochen wäre, sondern weil die mediale Dauerbeschallung Unsicherheit schürte.
Der Preis der medialen Hysterie
Diese Kultur des permanenten Alarmismus kostet uns mehr als nur politische Stabilität. Sie untergräbt das Vertrauen in demokratische Institutionen und nährt den Eindruck, dass Politik grundsätzlich eine Angelegenheit von Versagern ist. Wenn jede Entscheidung sofort zerrissen, jede Äußerung auf die Goldwaage gelegt und jeder Kompromiss als Schwäche ausgelegt wird, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass immer weniger fähige Menschen bereit sind, politische Verantwortung zu übernehmen.
Die eigentliche Tragödie liegt darin, dass diese mediale Selbstzerstörung am Ende allen schadet – der Regierung, der Opposition, den Medien selbst und vor allem der Demokratie, aber deshalb nicht zuletzt auch den laut über alles maulenden Bürgerinnen und Bürgern des Landes.
Markus Lanz – Gespräch mit Alt-Bundespräsident Joachim Gauck vom 24.07.2025
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