Ich schreibe viel über Politik – über das, was mich umtreibt, was mich ärgert, was mich zweifeln lässt. Doch gelegentlich weicht mein Blick von der großen Bühne ab, und ich erzähle von Dingen, die ganz nah an mir selbst liegen. Von Momenten, die ein wenig leiser sind, vielleicht privater, verletzlicher. Bislang habe ich damit gute Erfahrungen gemacht. Kein Widerspruch, keine Vorwürfe – meine Leserinnen und Leser sind geduldig. Auch dann, wenn meine Geschichten nicht leicht oder gar lustig sind.
Lange dachte ich, das sei ein stilles Übereinkommen unter uns Bloggern: Wer regelmäßig schreibt, darf auch persönlich werden, vielleicht sogar: muss. Motto: mein Blog, meine Inhalte, meine Geschichten.
Heute jedoch bin ich auf ein trauriges Beispiel gestoßen – eines, das diesen Grundsatz verletzt. Der Verlust der Menschlichkeit | Thomas Gigold
Es zeigt, dass Offenheit nicht immer mit Verständnis belohnt wird. Ich hoffe sehr, dass solche Stimmen die Ausnahme bleiben. Dass wir mehr füreinander übrig haben als solche Kritik, wenn jemand auch zeigt, wie er ist: verletzlich, menschlich.
Als mein Vater 2003 starb war ich schon Blogger. Ich erinnere mich noch gut daran, wie mich das Schreiben in dieser Zeit begleitet hat. Es hat mir geholfen, mich abzulenken – selbst am Tag der Beerdigung. Nicht im Sinne von Verdrängung, sondern eher wie eine Hand, die einen hält, wenn der Boden zu schwanken scheint.
Und vielleicht ist das genau das auch, was ein Blog sein kann: mal kein Megaphon, sondern ein stiller Rückzugsort. Ein Raum, in dem Worte mal nicht laut, aber umso echter sind.
Trösten? Mich nicht, aber es kann etwas entlasten.
Solche Kommentare, wie sie Piehnat erhalten hat, habe ich auch schon erhalten. Deshalb gibts bei mir keine Kommentare mehr.
@_Su: Trösten im Sinne von Ablenken. Ablenkung ist in solchen Lebensphasen nicht die schlechteste Bewältigungsstrategie. Nun, jedenfalls meiner Erfahrung nach.
@Horst Scheuer: Das ist wirklich furchtbar. Was denken sich solche Leute? Offenbar gar nichts. Pöbler gibts wohl auch unter uns Bloggern.
@Horst Scheuer: wenn man sich mitteilen will, kann man auch eine email schicken
Mein Bruder (zwei kleine Kinder), der vor 20 Jahren verstorben ist, schrieb einer Kollegin wenige Monate vor seinem Tod. Diese antwortete in ihrem Brief mit Alltagsproblemen. Ging nicht auf sein Leid ein.
Im Blogumfeld würde ich sehr vorsichtig sein mit zu privaten Mitteilungen. Manche überlesen diese, wie ich es mal bei einem Bloggerkollegen mitbekam. Das kann zu erneuter Traumatisierung führen.
Wenn man Privates/Belastendes äussert (ich tat das auch schon), dann muß man sich gewahr sein, daß manche nicht adäquat reagieren werden.
@Gerhard: Ich verstehe, glaube ich, was du meinst.
Normale menschliche Reaktionen waren aus meiner Sicht nicht. Andererseits: Was ist heute schon noch normal, jedenfalls, solange man sich im Internet bewegt?
Anders gesagt: Ich bin bereit, mich über ganz verschiedene Themen auseinanderzusetzen und andere Meinungen zu ertragen.
Man kann ja in solchen Fällen einfach weiterblättern, wenn man solche persönlichen Dinge nicht lesen mag. Wenn Leute allerdings so reagieren und so was texten, müssen sie auch das Echo aushalten.
Warum soll man nicht erwarten können, dass auf tragische Nachrichten, die diesen persönlichen Charakter haben, adäquat reagiert wird? Was denkst du, könnte der Trigger für eine solche Reaktion sein? Meinst du die Anonymität (o.a.) des Internets forciert abnormes Verhalten? Da braucht man nicht mal KI dazu. Das können wir offenbar ganz allein. Deprimierend ist das alles.
Klar kann Bloggen trösten bzw. einem helfen. Mir auf jeden Fall.
@Lorenzo: Schreiben hilft. Es hilft beim Lernen, Lieben, vielleicht sogar beim Sterben.