Fachliche Analyse statt voreiliger politischer Reflexe

Es gibt Nachrichten, die las­sen mich nicht kalt – sie rei­zen mich zum sofor­ti­gen Widerspruch. Will sagen: Es gibt einen Unterschied zwi­schen denen und mir, die Verantwortung tra­gen. Schließlich bin ich Rentner und Privatmann. Dass SPD und Grüne es nicht schaf­fen, erst ein­mal über Vorschläge von Wissenschaftlern nach­zu­den­ken und statt­des­sen sofort ihre Bedenken oder ihre Gegenargumente am Start zu haben, ist ener­vie­rend und scha­det m. E. auch der Debattenkultur. Die kann sich auf die Art näm­lich erst gar nicht ent­wi­ckeln, weil die Gegenseite wie­der­um auch sofort bereit­steht, um ihrer­seits die undurch­dach­te Kritik zu for­mu­lie­ren. Dieses Spiel habe ich so satt! 

Aktuell geht es um Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung, eine der soge­nann­ten Wirtschaftsweisen.

Wissenschaft in die­ser Position ist nicht dazu da, poli­ti­sche Lager zu bestä­ti­gen oder Reflexe zu bedie­nen. Sie hat die Pflicht, fak­ten­ba­siert zu ana­ly­sie­ren, unbe­que­me Wahrheiten zu benen­nen und Vorschläge zu unter­brei­ten – auch wenn die­se quer zu gesell­schaft­li­chen Erwartungen liegen.

Genau des­halb irri­tiert es, wenn aus­ge­rech­net von einer Wirtschaftsweisen schnell die erwart­ba­ren Gegenargumente aus einer klar erkenn­ba­ren ideo­lo­gi­schen Ecke kom­men. Das schwächt nicht nur die eige­ne Autorität, son­dern ver­engt den Raum für ech­te Debatte.

Gerade in Zeiten, in denen Diskussionen um strit­ti­ge Themen sofort in den Sog poli­ti­scher Polarisierung gera­ten, ist Zurückhaltung mehr wert als jedes vor­schnel­le Statement.

Analysen müs­sen für sich ste­hen – bevor das Echo der poli­ti­schen Überzeugungen ihre Substanz zer­re­det. Oft habe ich das Gefühl, dass die Reaktionen auf Vorschläge fast zeit­gleich von­stat­ten­ge­hen. Wie soll das eine Gesellschaft nur weiterbringen? 

Die Wirtschaftsweise Grimm hat­te der Funke-​Mediengruppe gesagt, Leistungskürzungen sei­en ange­sichts der ange­spann­ten finan­zi­el­len Lage in den Sozialversicherungen unum­gäng­lich. Man brau­che in der Renten‑, Pflege- und Krankenversicherung mehr Ehrlichkeit dar­über, was man sich wirk­lich noch leis­ten kön­ne und was nicht. Andernfalls sei das System auf Dauer nicht finan­zier­bar.

Als Beispiel nann­te Grimm die soge­nann­te Haltelinie der Rente. Auf Dauer wer­de die­se nicht finan­zier­bar sein. In der Pflege sehe es nicht anders aus. Wer in der Lage sei, Pflegeleistungen selbst zu finan­zie­ren, müs­se das auch tun, so Grimm.

Quelle

Eins ist uns (dem „dum­men Volk”) bei allen Meinungsverschiedenheiten doch wohl inzwi­schen klar: Wir wer­den durch das Nichtstun, durch das Zurückschrecken und Zögern der ver­ant­wort­li­chen Politiker vor den so drin­gend nöti­gen Reformen die zwei­fel­los vor uns lie­gen­den Probleme nur ver­grö­ßern. Wir machen inzwi­schen Schulden wie die Großen, ver­zwer­gen uns wirt­schaft­lich nur lei­der immer deut­li­cher. Linke (wie ich) kom­men in sol­chen Diskussionen (es geht letzt­lich oft ums feh­len­de Geld) mit dem „Argument” um die Ecke, dass die Reichen end­lich mehr zur Kasse gebe­ten wer­den sol­len. Das fin­de ich eigent­lich auch. Ich will jetzt nicht mit Zahlen kom­men und dar­auf ver­wei­sen, wie hoch das jet­zi­ge Steueraufkommen der Krösusse schon jetzt ist. Ist die Sorge nicht begrün­det, wenn Lakoniker fest­stel­len, dass Kapital ja bekannt­lich ein flüch­ti­ges Reh sei? Einfacher aus­ge­drückt: Leute mit viel Geld wer­den Deutschland ver­las­sen, wenn die Abgabenschraube über­dreht wird. Wenn das nicht ansatz­wei­se schon der Fall ist!

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Horst Schulte, Blogger und politisch interessierter Rentner aus dem Rheinland. Schreibt mit Leidenschaft über Gesellschaft, Medien und Zeitgeschehen – pointiert, kritisch und mit Herz.

Kategorie: Gesellschaft

Schlagworte: MonikaGrimm Politik Wirtschaftsweise

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