Zwischen Schutz und Kontrolle: NGOs unter Beobachtung

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Die Ankündigung, NGOs künftig durch den Verfassungsschutz prüfen zu lassen, wirkt paradox. Doch bei genauerem Blick zeigt sich: Auch Akteure, die Demokratie fördern wollen, können Fehlentwicklungen aufweisen. Transparenz und Vertrauen bleiben dabei entscheidend.

Die Nachricht sorgt für Stirnrunzeln: Das Bundesinnenministerium kün­dig­te an, dass vom Staat geför­der­te NGOs künf­tig ver­stärkt durch den Verfassungsschutz über­prüft wer­den sol­len. Was zunächst gro­tesk wirkt – aus­ge­rech­net jene unter Beobachtung zu stel­len, die sich doch dem Schutz der Demokratie ver­schrie­ben haben –, ver­dient einen zwei­ten Blick.

Auffällig ist aus mei­ner Sicht, dass es rund­weg kon­ser­va­ti­ve, rech­te Medien sind, die zuneh­mend Anstoß an der Arbeit der NGOs neh­men. Vielleicht ist deren Ausrichtung zu stark linksorientiert? 

Diese Linkslastigkeit fällt sicher nicht nur mir auf, son­dern ganz sicher vor allem denen, die sich auf­grund abwei­chen­der poli­ti­scher Standpunkte stark im Fokus ein­schlä­gi­ger NGOs sehen. Der hoch­ge­jazz­te Links-Rechts-Gegensatz unse­rer Ära hat für mich damit zu tun, dass bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­ve Standpunkte zurück­ge­drängt, als lösungs­un­taug­lich dif­fa­miert oder sogar ins rechts­ra­di­ka­le, wenn nicht sogar ins rechts­extre­mis­ti­sche Lager ver­wie­sen werden.

Als der Verfassungsschutz in den frü­hen 1950er Jahren gegrün­det wur­de, lag der Fokus auf klas­si­schen Bedrohungen: Rechts- und Linksextremismus, Spionageabwehr im Kalten Krieg. Seine Kernaufgabe: die frei­heit­lich-demo­kra­ti­sche Grundordnung zu sichern. Daran hat sich erst ein­mal wenig geän­dert. Die schreck­li­chen Erfahrungen im 3. Reich (Gestapo) soll­ten sich nicht wiederholen.

In den letz­ten Jahrzehnten kamen neue Aufgaben hin­zu: die Beobachtung isla­mis­ti­scher Netzwerke, Cyberangriffe, Wirtschaftsspionage, Reichsbürgerbewegungen oder Desinformation. Kurz: Er ent­wi­ckel­te sich vom rei­nen „Abwehrdienst“ hin zu einer Sicherheitsbehörde, die auch sub­ti­le Bedrohungen erken­nen soll.

Warum NGOs im Fokus stehen könnten

NGOs genie­ßen in Deutschland hohes Vertrauen. Vor allem im rechts­kon­ser­va­ti­ven Lager scheint es zuneh­mend ver­lo­ren zu gehen. Der Regierungswechsel und die Maßnahmen der Merz-Regierung mar­kier­ten durch pro­vo­zie­ren­de Aussagen und Ankündigungen eine bereits (erwart­ba­re) Positionskorrektur ein. Wenn man sich die Summen, die unser offen­bar als not­wen­di­ge Demokratieförderungsmaßnahme ver­schlingt, anschaut und ihre Entwicklung, kann man das auch unter haus­hal­te­ri­schen Aspekten betrach­ten. Sparen ist ange­sagt!

NGOs ste­hen für Zivilgesellschaft, für Engagement, für Demokratie. Aber: Staatliche Förderung in Millionenhöhe macht sie zugleich zu Institutionen mit erheb­li­chem Einfluss. Und dort, wo viel Geld fließt, ent­ste­hen auch Anreize für Missbrauch. Aber es geht nicht um den Vorwurf, nicht sorg­sam mit dem Geld umzu­ge­hen. Es ist viel­mehr der im rech­ten Lager als zu ein­sei­tig emp­fun­de­ne poli­ti­sche Schwerpunkt, den die Akteure set­zen. Gibt es über­haupt NGOs, die nicht aus­schließ­lich lin­ken Überzeugungen anhän­gen und dies in ihrer Arbeit öffent­lich­keits­wirk­sam zei­gen? Dagegen ist wenig zu sagen, solan­ge es fair zugeht. Und die Konservativen schei­nen das Gegenteil erkannt zu haben. So gese­hen hal­te ich die Reaktion, die man­che gleich­sam als unbe­rech­tig­ten Angriff auf die Demokratie denun­zie­ren, über eine der Übertreibungen, die längst an der Tagesordnung sind.

In unse­rer Gesellschaft wer­den die poli­ti­schen Lager durch tat­kräf­ti­ge Unterstützung bei­der Seiten mehr und mehr aus­ein­an­der­ge­trie­ben. Ich ver­ste­he die­je­ni­gen nicht, die in ein­sei­ti­ger Manier ihre Statements plat­zie­ren und so kaum noch Raum für gemein­sa­mes, ver­nünf­ti­ges Agieren lassen.

Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen sich Vereine mit demo­kra­ti­schem Anspruch radi­ka­li­sier­ten oder als „Deckmantel“ für extre­mis­ti­sche Strukturen dien­ten. Auch die Grenze zwi­schen legi­ti­mer Kritik am Staat und einer ver­fas­sungs­feind­li­chen Haltung kann manch­mal flie­ßend sein.

Die Vorstellung, dass Demokratieverteidiger kon­trol­liert wer­den, ist für vie­le irri­tie­rend. Allerdings äußern sich nur die poli­ti­schen Kreise in die­se Richtung, die ich als durch­weg links verorte. 

Die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es nicht, NGO-Arbeit zu behin­dern, son­dern mög­li­che Fehlentwicklungen früh zu erken­nen. Ein Blick in den Maschinenraum scha­det nicht – wenn er trans­pa­rent bleibt und nicht zur Einschüchterung miss­braucht wird.

Zwischen Vertrauen und Verantwortung

Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger. NGOs sind ein unver­zicht­ba­rer Teil die­ser Lebenskraft. Ihre Kontrolle durch den Verfassungsschutz darf nicht als Angriff ver­stan­den wer­den, son­dern als Ausdruck einer Verantwortungskultur: Wer öffent­li­che Gelder erhält, muss sich auch an die Grundwerte bin­den las­sen, die die­ses Gemeinwesen tragen.

Der schein­ba­re Widerspruch löst sich also auf, wenn man bedenkt: Es geht nicht dar­um, die Demokratiehelfer zu dis­kre­di­tie­ren, son­dern dar­um sicher­zu­stel­len, dass sie ihrem Anspruch gerecht blei­ben. In Zeiten wach­sen­der Bedrohungen von innen und außen ist das kein Misstrauensvotum – son­dern ein not­wen­di­ger Balanceakt.

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