Drosten als Projektionsfläche: Wie Homburg seine eigene Kränkung verwaltet

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von Horst Schulte

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Homburgs YouTube-Beitrag zeigt eine typische medienrhetorische Struktur, in der die Gegnerschaft zu Prof. Drosten nicht nur inhaltlich, sondern sehr wohl auch persönlich aufgeladen ist. Die zentrale Rolle der „Ablehnung von Drosten“ ergibt sich aus mehreren Schichten: persönlicher, ideologischer und dramaturgischer Natur.

Personalisierung statt Sachdebatte

Homburg macht Drosten – den Inbegriff des „Mainstream-Virologen“ – zur Projektionsfläche für alles, was er an der Corona-Politik ablehnt: Maskenpflicht, Lockdowns, Impfstrategien, Kommunikationsmonopole. Statt die institutionellen oder systemischen Ursachen (WHO, RKI, politische Kommunikation, Medienlogiken) zu analysieren, bindet er die komplexe Gemengelage an eine Person.
Diese Personalisierung erzeugt emotionale Klarheit: „Drosten“ wird zur symbolischen Figur einer angeblich korrupten Wissenschaft, wodurch Homburg seine eigene Rolle als „kritischer Aufklärer“ stärken kann.

Umkehrung der Rollen: Wissenschaftler als Angeklagter

Der Text inszeniert eine kontrastive Dramaturgie:

  • Drosten erscheint als Autoritätsfigur, die „geschützt“ auftritt (Polizisten, Schutzwesten, privilegierte Redezeit).
  • Homburg inszeniert sich als Wahrheitssucher im Stil eines inquisitorischen Fragestellers.
  • Diese Rhetorik funktioniert wie ein Tribunal, nicht wie ein informatives Fachgespräch. Die angebliche „Verweigerung“ Drostens, auf Fragen zu antworten, wird selbst zum Beweis seiner Schuld erklärt – ein klassisches Verfahren im diskursiven Populismus.

Psychologisches Element: Der persönliche Affekt

In der Sprache Homburgs ist eine starke Verbitterung und ein Bedürfnis nach Vergeltung erkennbar. Er sieht in Drosten jemanden, der „mit Hilfe der Politik“ seine wissenschaftliche Autorität missbraucht habe. Homburgs eigene Reputation als Ökonom und Wissenschaftler litt während der Pandemie, nachdem er öffentlich gegen Maßnahmen auftrat.
Die Fixierung auf Drosten kompensiert dieses Kränkungserlebnis: Wer als Außenseiter erlebt wird, bekämpft die Person, die das Zentrum repräsentiert.

Stil und Wirkung

Der Text arbeitet mit emotionalisierenden Gegensätzen: „milde Erkrankung“ vs. „Horrorszenen in Afrika“, „Fakten“ vs. „Lügen“, „Wissenschaft“ vs. „Politik“. Solche Kontraste erzeugen ein moralisches Feld – nicht Wissen gegen Unwissen, sondern Wahrheit gegen Täuschung. Homburgs Zielpublikum soll das Gefühl gewinnen, Zeugen eines Entlarvungsprozesses zu sein.
Die Ablehnung Drostens ist damit keimzentrale narrative Energiequelle – sie stiftet Sinn, Identität und moralische Eindeutigkeit für Homburgs Werk.

Warum Drosten so zentral ist

Drosten ist für Homburg mehr als ein Fachkollege mit anderen Schlüssen. Er ist:

  • Symbolfigur eines staatlich-medialen „Kartells“
  • Projektionsfläche für enttäuschte Erwartungen an Wissenschaft
  • Hebel zur nachträglichen Legitimation der eigenen Rolle im Pandemie-Diskurs

Wer sich jahrelang als Gegenstimme zum „System Drosten“ positioniert hat, kann schwer zurück – also muss der Gegner nicht nur irren, sondern scheitern, lügen, „auseinanderfallen“. Die Härte, mit der Homburg Drosten abwertet, erzählt deshalb vor allem etwas über Homburg selbst: über sein Bedürfnis, retrospektiv Recht zu behalten, koste es jede Differenzierung. ​

Homburgs Denken kreist so stark um Drosten, weil dieser für ihn der Knotenpunkt zwischen Wissenschaft, Macht und moralischem Versagen ist. Die Kritik an Methoden, Statistik oder Politik wird emotional auf die „Person Drosten“ verdichtet. Daraus entsteht ein geschlossenes Weltbild, in dem persönliche Gegnerschaft als Erkenntnisform funktioniert.

Fazit

Mein Artikel, der diese Selbstherrlichkeit anschaut, will nicht die Pandemiepolitik rehabilitieren. Er muss nur eines klar machen: Wer wissenschaftliche und politische Aufarbeitung wirklich will, braucht weniger Tribunale – und mehr Ehrlichkeit darüber, wie sehr das eigene Ego die angebliche Suche nach Wahrheit antreibt.


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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