CDU/CSU und SPD fast gleichauf – -Aber: Afghanistan wird sich erst noch auswirken.

Die Forsa-Umfrage von heute ergibt folgende % – Anteile:

  1. CDU/CSU 23 %
  2. SPD 21 %
  3. Grüne 19 %
  4. FDP 12 %
  5. Die Linke 6 %
  6. AfD 10 %
  7. Sonstige 6 %

Die Ereignisse in Afghanistan und die Bewertung der Schuld einzelner Minister an diesem Desaster haben sich noch nicht ausgewirkt. Insofern wird sich das Bild sowohl für CDU / CSU als auch für die SPD erwartungsgemäß noch sehr verändern. Was soll man nur noch dazu sagen, wenn man Laschet oder Maas zuhört? Es ist ein einziges Trauerspiel. Wie da gelogen und betrogen wird, ist unerträglich. Statt wenigstens jetzt zurückzutreten – das gilt für mehrere Minister in diesem Bundeskabinett aber auch für Laschet, machen die weiter, als wären sie davon überzeugt, uns auch weiter verarschen zu können.

Ich schätze mal, dass die Wahl eine fundamentale Veränderungen bringen wird. Wenn nicht jetzt, dann passiert es niemals.

Der Rückzug aus Afghanistan war richtig – der Preis war zu hoch

Die Medien sind voll von Schuldzuweisungen. Gegen die Amis und gegen ihre Alliierten, also auch der deutschen Bundesregierung werden völlig zu Recht Vorwürfe gemacht. Ich kann alles verstehen und teile auf alle Fälle den Vorwurf, dass der Abzug nicht so vorbereitet war, wie es nötig gewesen wäre. Das hätte Menschenleben retten können. Jedenfalls, soweit man dies von hier aus überhaupt beurteilen kann.

Es ist erbärmlich, wie die deutsche Bundesregierung Menschen im Stich gelassen hat, die jahrelang für unsere Bundeswehr und andere deutsche Institutionen gearbeitet haben.

Die Medien meldeten, dass der deutsche Botschafter in Kabul bereits vor Monaten, die rechtzeitig Evakuierung der “Ortskräfte” (was für eine blöde Bezeichnung übrigens!) angemahnt hatte. Wahrscheinlich ließ Außenminister Maas gerade bei Brioni Maß nehmen. Für die nötigen Maßnahmen im Auswärtigen Amt war jedenfalls keine Zeit.

Dass auch die Amis keine Vorbereitungen für diesen Fall getroffen haben, kann man als Indiz dafür werten, wie wichtig ihnen und uns die einheimischen Verbündeten im Land der Taliban sind.

Erschütternd ist, dass Biden erst vor Kurzem großspurig erklärt hatte, dass es Bilder wie damals in Saigon nicht geben werde. Nun wirken sie aber ziemlich genauso. Es gibt Bilder, die an die unheimliche Szenerie zum Ende des Vietnam-Krieges erinnern. Auch damals hatten die Amis Mühe, ihre Leute noch rechtzeitig zu evakuieren.

Es war die Rede davon, dass “unsere Ortskräfte” aus ungefähr 2000 Personen bestehen. Von diesen wurden nach aktuellen Meldungen erst 20 % evakuiert. Offenbar dachten die Verantwortlichen in Berlin, man habe alle Zeit der Welt. Gut, die tollen Geheimdienste der Vereinigten Staaten haben die Lage ebenso falsch eingeschätzt. Kein Trost aber sehr wohl ein Ausweis von Ignoranz und totaler Inkompetenz! Es ist längst keine Überraschung mehr: Geheimdiensten darfst du nichts glauben. KEINEM! Außerdem kochen die ihr eigenes Süppchen. Ich erinnere daran, dass sie vor dem letzten Irak-Krieg die eigene Regierung belogen haben. Oder die haben gelogen – oder beide.

Ich frage mich nun, wie viele Leute wir wirklich retten müssten, damit unser Gewissen einigermaßen beruhigt ist.

Denn die Aufregung im Land ist riesig. Es wurden Spendenkonten eingerichtet. Mit dem Geld sollen Menschen aus dem Taliban-Land gerettet werden. Rührend ist das und menschlich voll OK. Leider müssen wir aber auch damit leben, dass es (auch hier) Leute gibt, die das falsch finden.

Wir sind uns hoffentlich einige: Menschen retten ist immer richtig.

Schließlich aber war trotzdem richtig, diesen Krieg zu beenden!

Denn eins ist sicher, die Taliban wären auch in fünf oder zehn Jahren weiterer Anwesenheit der Alliierten nicht besiegt, sie verbreiten so oder so weiter ihren Schrecken. Wenn ich mir das Verhalten der regulären afghanischen Armee vor Augen halte, deren Stärke und Ausrüstung von Fachleuten grundlegend falsch eingeschätzt wurde, kommt mir der Gedanke, dass breite Teile der Bevölkerung vielleicht doch mehr mit den religiösen Fanatikern sympathisieren, als wir glauben. Unsere Mission wäre während der vergangenen zwanzig Jahre schlechter zu begründen gewesen, wenn der Verdacht aufgekommen wäre, dass viele Afghanen einem Kalifat gar nicht abgeneigt wären. Was wir von Afghanen in Großstädten manchmal hören, muss diesbezüglich nicht die Mehrheitsmeinung widerspiegeln. Auch, wenn wir es gern geglaubt haben.

Ich komme nur deshalb darauf, weil die Bevölkerung zum einen keine Regierung hat, hinter der sie sich versammeln könnte. Die Führung des Landes gilt als korrupt. Der aktuelle Präsident hat sich in Sicherheit gebracht und Karsai, der frühere afghanische Präsident, will nun mit den Taliban verhandeln. Ein mutiger Mann, finde ich. Ich wünsche seinen Bemühungen Erfolg, bin aber sehr, sehr skeptisch, ob mit den Taliban jetzt überhaupt Verhandlungen Erfolg versprechend wären.

Bild
Was für ein unerträgliches Gelaber… Der Mann hats genauso verpennt wie die komplette Regierung. Sie hat sehenden Auges in Kauf genommen, was jetzt vor unser aller Augen abläuft.

Was sagen andere BloggerInnen?

Ahmad Mansour über den aktuellsten Ehrenmord in Berlin – und was dagegen helfen würde

Länger habe ich schon nichts mehr bei Focus.de gelesen. Heute fiel mir die aktuelle Kolumne von Ahmad Mansour in die Hände. Den Mann bewundere ich sehr für seine Arbeit und dafür, dass er sich unermüdlich für das einsetzt, was er in den letzten Jahren zu seiner Sache gemacht hat. Dabei sollte sie langsam aber sicher zu unser aller Anliegen werden!

Das Thema Ehrenmord hatte ich hier schon einmal behandelt, wenige Tage nachdem ich mich mit einer Gruppenvergewaltigung auseinandergesetzt hatte, die in Leer stattgefunden hatte. Meine Haltung zu diesen Verbrechen ist klar. Solche Leute haben in unserem Land nichts zu suchen. Aber diese plakative Aussage hilft nicht weiter, sie löst auch keines der Probleme, die unsere Gesellschaft seit 2015 stark belasten.

Im Gegensatz zu 2015, 2016 habe ich meine Einstellung zu Flüchtlingen aus islamischen Ländern verändert. Sie ist kritischer geworden. Ich sehe, dass unser Staat und unsere Gesellschaft sie aufgenommen und ihnen Schutz geboten, sie jedoch auf der anderen Seite nicht als willkommene MitbürgerInnen angenommen hat.

Die meisten interessieren sich für Flüchtlinge nicht. Bitte, das soll nicht das großartige Engagement vieler Menschen schmälern, die sich seit Jahren mit großer Hingabe kümmern. Aber ich glaube, die große Zahl derjenigen zu sehen, die zwar die Veränderungen auf unseren Straßen und Plätzen wahrnehmen (und nicht selten beklagt haben), die sich aber unter den neuen Bedingungen nicht wohl fühlen. Nun ist es vielleicht zu einfach, dafür der AfD oder den so genannten Rechten die Schuld zu geben. Sie spielen bei alldem eine Rolle. Ich fürchte nur, dass die grundsätzliche Haltung vieler Leute sich im Laufe der Zeit erst entwickelt und mit den durchsichtigen Hetzkampagnen der Rechten nur am Rande zu tun hat.

Andersherum fällt mir das auf, was Mansour aus meiner Sicht also ganz zu Recht beklagt. In der Öffentlichkeit werden manche Erscheinungen, zu denen ich Gruppenvergewaltigungen oder Ehrenmorde zähle, oft nicht angesprochen. Für die Rechten war immer klar, dass liberale Kräfte (linksgrün) mit ihrem Schweigen in Wahrheit nur die eigene Verantwortung für solche Vorgänge verschleiern möchten. Demnach wäre es das schlechte Gewissen über eine falsche Entscheidung, die man irgendwann (um 2015) einmal getroffen hatte und zu der man sich heute nur noch bekennt, um die eigene Fehleinschätzung nicht zugeben zu müssen.

Mansour sieht es nüchtern. Er fragt beispielsweise, weshalb die FeministInnen sich zu Ehrenmorden an muslimischen Frauen kaum äußern. Er schreibt, die Ehrenmorde hätten seit 2015 “rapide” zugenommen. Es seien zahlreiche Mädchen und Frauen Ehrenmorden zum Opfer gefallen. Er fordert die Gesellschaft dazu auf, ohne Tabus auf Ursachenforschung zu gehen. Er stellt auch fest, dass viele, die bei uns leben wollen, Gleichberechtigung, sexuelle Selbstbestimmung, überhaupt die Freiheit der Frau, rundweg ablehnen. Deshalb bewegten sie sich, so Mansour, in Parallelgesellschaften.

Ich frage mich, wie das laufen könnte, wenn diese Parallelgesellschaften durch eine andere Form sozialer und gesellschaftlicher Beteiligung verhindert worden wären? Wahrscheinlich gründet meine Frage auf ganz utopischen Vorstellungen. Wie etwa der Gleichheit aller Menschen und seinem Recht, in einem gewissen Umfang sein Leben frei bestimmen und führen zu können.

Ich will mir keinen schlanken Fuß machen. Mit Utopien löst keiner ein Problem. Es gibt im ganzen Land Flüchtlingssiedlungen, in denen auch fast nur Flüchtlinge leben. Es gibt Stadtteile im ganzen Land, in denen nur Migranten leben. Diese gibt es in allen Ländern. Wir wissen und respektieren das. Jedenfalls, solange nicht Eindrücke entstehen, die wir unter Begriffen wie “No-Go-Aeneas” kennengelernt haben. Erst dann, wenn wir erleben, dass Clans sich der Polizei widersetzen, schäumt unser Temperament auf. Schlimm, wenn Migranten Deutsche Kartoffel nennen. Sowas geht gar nicht. Darüber streitet man bei Twitter und selbst wegen solchen Banalitäten entsteht der eine oder andere Shitstorm, in den man lieber nicht geraten will. Dabei hätten wir uns seit Jahrzehnten auf die Revanche einstellen können. Oder wer waren diejenigen, die viele von uns Spaghetti oder Knoblauchfresser gerufen haben?

Link: Psychologe Ahmad Mansour im Interview : Unterdrückung im Namen der Ehre – Berlin – Tagesspiegel

Sind wir in der Lage, auch vor dem Hintergrund in Zukunft noch weiter zunehmender Zuwanderungszahlen, unsere Vorbehalte abzubauen oder ist diese Gesellschaft mit der aktuellen Einwanderungszahl nicht “schon” überfordert? Wenn ich das frage, kommt mir gleich dieser NPD-Slogan in den Kopf, den ich immer ganz schrecklich fand. Wer kann eigentlich wirklich darüber entscheiden, wann das Boot voll ist und ab wann unsere Gesellschaft (egal wie man selbst dazu stehen mag) überfordert ist?

Mansour findet, wir müssten mehr Prävention und Aufklärung leisten. Er tut das seit Jahren. Aber wie viele Psychologen, Sozialarbeiter und Fachleute wären notwendig, um eine solche Mammutaufgabe zu leisten? Wie viele Männer, vornehmlich junge, sind seit 2015 zu uns gekommen? Hunderttausende waren es – so ungefähr. Gehen wir davon aus, dass nur sehr wenige unter ihnen sind, die Ehrenmorde oder Gruppenvergewaltigungen begehen könnten. Wie groß könnten die Gruppen von Teilnehmern sein, um im Sinne Mansours effektive Prävention und Aufklärung zu leisten? Wie viel Aufwand (Zeit und Kosten) wären notwendig, um dieses Projekt flächendeckend erfolgreich einzusetzen?

Ich habe immer gesagt, dass alle Kinder von ihren Eltern lernen, was gut und was falsch ist. Dass die Bevormundung und Knechtschaft von Frauen zum Bestandteil einer religiös geprägten Kultur zählen könnte, habe ich nicht auf dem Zettel gehabt. Das Problem, vor dem wir an dieser Stelle stehen, ist aus meiner Sicht nicht zu lösen. So wird es dabei bleiben, dass solche Taten auch weiter in Deutschland geschehen, wir angewidert wegsehen und uns möglichst gar nicht dazu äußern oder verhalten. Den Rest überlassen wir unseren Justizbehörden und hoffen mal, dass die Täter nach der Verbüßung ihrer hoffentlich langen Haftstrafen, in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Aber dass das am Ende nur schlecht funktioniert, haben wir ja in den letzten Jahren gelernt.

Alles in allem komme ich immer mehr zu dem Schluss: Dieses Land ist in seiner früheren Verfassung nicht mehr zu retten. Es kam im gutmenschlichen Gewand und nur wenige haben es begriffen.

Weltklima schützen mit demokratischen Mitteln?

Der “Presseclub” fragte heute: Klimaziele – Großer Wurf oder große Illusion? Der sechste IPCCSachstandsbericht (AR6) (hier die kurze Zusammenfassung) ist in der vergangenen Woche sozusagen hart eingeschlagen.

Link: WGI: Naturwissenschaftliche Grundlagen – de-IPCC

Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Seit dem Fünften Sachstandsbericht (AR5) gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie, insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen.

Aus den Hauptaussagen des sechsten IPCC-Sachstandsberichts (AR6)

Bestimmt ist es so, dass die Extremwetterereignisse dieses Jahres endgültig Sensibilität und Bereitschaft einer Mehrheit der Menschen erhöht haben, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu unterstützen.

Viele Äußerungen verstehe ich so. Andererseits gibt es Führer in großen Ländern (China, Indien, Australien), die den Weg der Dekarbonisierung erklärter Weise nicht mitgehen werden, jedenfalls nicht in dem Terminrahmen, der notwendig ist. Die Aussagen dazu wurden kürzlich unmissverständlich getroffen. Ich habe mich hier über die Lage in China und Indien, gerade was das Thema Kohleförderung angeht, mehrfach geäußert.

Dass es Leute gibt, die das Thema für ideologische Zwecke gekapert haben, ist ein internationales Phänomen. Allerdings halte ich diese “Normalität” nicht für das Entscheidende. Die Trolle der AfD werden die Entwicklung nicht bremsen. Ob dies die Republikaner in den USA vermögen, bleibt noch abzuwarten. Es ist kaum vorstellbar, dass die grundsätzliche Polarisierung im Land in der Breite auch die Erkenntnisse rund um den Klimawandel einschließen werden. In den USA wäre aus meiner Sicht mit einem neuen Präsidenten (Trump?) denkbar, dass alles noch einmal zurückgedreht würde.

Manchmal denke ich, je stärker wissenschaftliche Gewissheiten zugenommen und durch die Ereignisse dieses Jahres an Bedeutung gewonnen haben, desto mehr spielen demokratietypische Hürden eine große Rolle. Dass das so nicht stimmt, könnte man am Beispiel Chinas festmachen.

Link: Kohleatlas 2020

Eher als politische Grundsätze oder Meinungen sind es die nachvollziehbaren und berechtigten Interessen von Ländern und Regionen, die die Weltgemeinschaft daran hindern, wissenschaftlichen Empfehlungen zu folgen.

Ist es legitim, den Pro-Kopf-Ausstoß je Land zu benutzen, um den Deutschen zu demonstrieren, dass der prozentuale Gesamtanteil an den weltweiten CO2-Emissionen unsere Verantwortung in einem unzulässig günstigen Licht erscheint? Chinesen blasen pro Kopf weniger CO₂ in die Luft als wir Deutsche. Nun – auch mit den bekannten 2 % Anteil liegt Deutschland beim weltweiten Vergleich der Klimasünder ganz weit vorn (6. Stelle). Allerdings kommt es doch immer noch darauf an, welche absoluten Mengen an CO₂ emittiert werden, oder nicht? Einfach ist das nicht. Wenn wir dann noch in die Gleichung einbeziehen, dass wir aufgrund unserer industriellen Entwicklung so viele Jahre vor “den anderen” dran waren. Wollen wir ernsthaft den Menschen in anderen Ländern den Wohlstand verwehren, den wir über Generationen genossen haben?

Wie soll man riesige Länder wie China oder Indien dazu bringen, die Kohleförderung einzustellen? Dass dort Millionen von Menschen existenziell von diesem Wirtschaftszweig abhängig sind, ist ein Faktum. Daneben steht ein horrender Bedarf an billiger Energie, es gibt Quersubventionierungen (Kohle / Bahn) zwischen diesem Wirtschaftszweig und anderen. Der Aufgabe der Kohleförderung könnte ein wirtschaftlicher Kollaps folgen. Wenn deutsche Umweltschützer behaupten, dass die erneuerbaren Energien auch in den von mir genannten Ländern Vorrang hätten, hat sich dies in diesem Jahr als falsche Aussage erwiesen. Ich erinnere an die Ergebnisse des letzten G-20 Treffens.

Trotzdem haben sich auch Russland und China – beide nur virtuell zugeschaltet – in der Abschlusserklärung verpflichtet, die Kohleverstromung auslaufen zu lassen, aber eben ohne Exit-Datum.

Es habe lange Diskussionen mit Russland, China und Indien gegeben. Vorerst ohne Erfolg.

Klimawandel: China, Indien und Russland blockieren 1,5-Grad-Ziel

Link: Urteil in Australien: Regierung muss Jugend vor Klimaschäden schützen | tagesschau.de

Link: Kohle befeuert Australiens Wut über die Buschbrände | Wirtschaft | DW | 10.01.2020
Link: Kohle: Australien wird zur „Emissions-Supermacht“
Link: Australien – Wichtigste Exportländer 2019 | Statista

Wenn wir es auf europäischer Ebene schaffen, unsere 5,8 Tonnen CO₂ – Emissionen je Einwohner auf null (2050!) zurückzufahren, wäre das eine gute Sache. Aber wie hoch wird der Preis dafür sein? Selbst innerhalb der EU dürfte das, insbesondere nach den Erfahrungen, die wir mit anderen Projekten hinsichtlich dieser schon legendären Uneinigkeit gemacht haben, ein dickes Brett sein. Eines, das wir auf europäischer Ebene mit diesen Werkzeugen nicht gebohrt bekommen werden. Ein Green Deal, der vielleicht nicht das Papier wert ist, auf das er gedruckt wurde.

Lehrreich und ernüchternd ist das Resultat des Gipfels dennoch. Das gegenseitige Vertrauen unter den Mitgliedstaaten ist weiter ausbaufähig und schmilzt, wenn es ums Geld geht. Das zeigen die Verhandlungen über den EU-Haushalt bis 2027. Doch der zur Klimaneutralität nötige Umbau von Wirtschaft, Gesellschaft und Alltag wird ohne Umverteilung kaum gelingen. Und die zurzeit dauernd bemühte “weltweite Führungsrolle” in der Klimapolitik bleibt eine Floskel, wenn nicht mal im eigenen Klub alle zum Mitmachen bewogen werden können.

Klimaschutz – Die EU muss über Floskeln hinauskommen – Politik – SZ.de / Dezember 2019

70 % der Deutschen wollen viel strengeren Klimaschutz. Das ergab eine Umfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB). Waren auch die bei der Umfrage dabei, die vehement gegen Tempo 130 auf den Autobahnen votierten oder die sich von der grünen Verbotspartei bedrängt fühlen, weil sie angeblich ihr Steak, ihre Flugfernreise, ihren SUV oder ihr Wunschhaus im Grünen nicht mehr realisieren können?

Umweltverbände und die Grünen halten vor allem das Ziel für 2030 für unzureichend. Um das Pariser Abkommen umzusetzen, müssten die Klimagase dann schon um 65 Prozent gesenkt sein, sagt zum Beispiel Greenpeace. Die Automobilbranche verweist darauf, dass sie bereits große Anstrengungen unternehme, um umweltfreundliches Fahren zu ermöglichen und der Übergang nicht zu überhastet geschehen solle. Ebenso im Zentrum der Kritik: die immensen Kosten, die auf die Bürger zukommen, aber auch die Anforderungen, den persönlichen Lebensstil zu überdenken.

“Green Deal” – Europas Kampf gegen den Klimawandel

Von der Leyen hatte in einem Beitrag für die FAZ geschrieben, dass neun von zehn EU-BürgerInnen “entschlossenen Klimaschutz” forderten. Natürlich wird durch diesen Klimaschutz so gut wie alles teurer. Nicht nur das Autofahren oder die Mieten. Schließlich, da dürfen wir sicher sein, werden noch ganz andere Anforderungen an unsere Portemonnaies gestellt werden. Wie es wohl um den entschlossenen Klimaschutz bestellt sein wird, wenn die Kosten und die damit verbundenen Wohlstandsverluste für alle offenkundig wurden?

Ich will diesen entschlossenen Klimaschutz unbedingt, wenngleich sich meine Litanei und mein Gejammer hier nicht unbedingt danach anhören. Angesichts der Bilder weltweiter Verwüstungen ist mir in diesem Jahr endgültig klar geworden, dass wir auf gar keinen Fall so weitermachen dürfen. Konzentrieren wir uns also auf die Maßnahmen, die wir machen können und hören wir auf, in die Vergangenheit zu schauen oder darauf, was andere tun oder tun sollten. Fangen wir an. Für uns und unsere Nachkommen.

Auf internationaler Ebene (UN?) sollten Gremien permanent tagen und wie weiland bei den Abrüstungsverhandlungen (im heutigen Presseclub kam der Vergleich) genaue Ziele und Meilensteine festgelegt werden, um konkrete Einsparungen von CO₂ Emissionen zu realisieren. Gleichzeitig wären wissenschaftliche Räte zu bilden, die eine ständige Evaluierung der bei den “Abrüstungsverhandlungen” beschlossenen Maßnahmen vornehmen. Es könnte ein Bonus / Malus – System entwickelt und installiert werden, das Sanktionierungen beinhaltet. Es wäre mühsam, in den Verhandlungen gerechte Quoten und Regeln zu finden und so festzuschreiben, dass sie einen hohen Wirkungsgrad erzielen. Dafür müssen Wissenschaft und Politik im ständigen Gespräch bleiben, natürlich auf internationaler Ebene. Die sporadischen Treffen von führenden Industrienationen ist für diese Aufgabe nicht das geeignete Gremium.

Unterstützen wir politisch nur noch diejenigen, die uns bei der Mutter aller Themen zu überzeugen vermögen. Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern – auch politisch – das unterstützen, was jetzt am ehesten Bewegung in die richtige Richtung verspricht.

Lassen wir aus Mutlosigkeit die Zügel weiter schleifen, werden spätestens unsere Nachkommen teuer dafür bezahlen.

Mitgefühl, Empathie. Alles gut und schön.

Als die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt wurde, nachdem Schröder den Amis unsere uneingeschränkte Solidarität versichert hatte, war das eher als Racheakt gemeint. So habe ich den Krieg von Anfang an gesehen. Man wollte Al Kaida und die Taliban für das bluten lassen, was sie und ihre Führer dem Volk der mächtigsten Nation der Welt angetan hatten.

Statt sich schnell wieder zu verziehen, nachdem der Job einigermaßen erledigt war, zog die Politik es vor, das afghanische Volk nachhaltig von der Tyrannei zu befreien und ihnen ein alternatives Gesellschaftssystem zu verpassen. Nationbuilding im Sinne des American Way Of Life. Ich streiche die Polemik und ersetze das durch das Wort Demokratie. Demokratie soll auf korruptem Boden gedeihen?

Die Verbündeten spielten jedenfalls mit. Man glaubte sich in der Pflicht. Ein gerechter Krieg würde geführt werden. Also nicht einer von der Sorte, die wenige Jahre später mit Lug und Trug westlicher Regierungen gegen den Irak begonnen wurde. Dass verbrecherische Militärs Zivilisten getötet haben und das durch Helden wie Julian Assange öffentlich gemacht wurde, scheint heute keinen mehr zu interessieren. Der Mann fristet sein Dasein in einem englischen Gefängnis, weil keine westliche Nation den Mut aufgebracht hat, ihm politisches Asyl zu gewähren. Auf Assange warten 175 Jahre Gefängnis, weil er Verbrechen der USA aufgedeckt hat.

So kam es, dass in den Jahren insgesamt 150.000 deutsche Soldatinnen eingesetzt wurden, 59 davon starben, 35 im Kampfeinsatz oder durch Attentate. Jene Attentate für die islamistischen Verbrecher weltberühmt sind und sich nicht auf deren heimatliche Gefilde beschränkten.

Manche Leute in den USA wollten diesen sinnlosen Kampf gegen die religiösen Fanatiker eher beenden. Die Entscheidung jedoch blieb Trump überlassen, Biden setzte es um mit bemerkenswerter Konsequenz. Jetzt sagen Kommentatoren (jedenfalls hier in Deutschland), dass sich diese Entscheidung Bidens noch als sein schwerster außenpolitischer Fehler erweisen könnte. Ausgeschlossen ist das nicht, weil alles in erster Linie davon abhängt, wie die Medien ein möglichst emotionales Framing inszeniert bekommen.

Die Taliban hatten “versprochen”, sich den großen Städten vorerst nicht zu nähern. Die Amis haben das geglaubt. Wie die Barbaren in den Regionen, in denen sie bisher nichts zu sagen hatten, wüten werden, bleibt zwar abzuwarten. Für Optimismus besteht diesbezüglich allerdings kein Anlass. Es wird berichtet, dass Hunderttausende von Menschen auf der Flucht sind. Der UNHCR berichtet, dass allein seit Mai 244.000 Menschen ihre Heimat verlassen haben. Seit Anfang dieses Jahres waren es bereits fast 400.000.

Deutsche Medien berichten derweil mit beschwichtigendem Grundton, dass die Zahl von Flüchtlingen aus Afghanistan steigen werde. Sollte uns das wundern, angesichts der Tatsache, dass wir Deutsche das zweitstärkste Truppenkontingent nach den USA gestellt haben? Oder hat das mit dem Grad an Verantwortung für dieses Elende nichts zu tun?

Biden sagte, dass es jetzt die Aufgabe des afghanischen Volkes sei, die Dinge im Land zu regeln. Man werde das Land mit Militärausrüstung und finanziell unterstützen. Mit anderen Worten: Rein gar nichts, was wir in den nächsten Monaten und Jahren aus Afghanistan hören werden – und ich glaube, das wird nichts Gutes sein! – wird dazu führen, dass die Amis oder einer ihrer Verbündeten militärisch intervenieren werden.

Ich finde das richtig und wir hätten uns viel früher aus dieser merkwürdigen Solidarität verabschieden müssen. Also eigentlich so, wie wir es doch ständig getan haben und wohl auch weiter tun. Dass mit dem Einsatz der Bundeswehr, von dem Ex-Verteidigungsminister Peter Struck (+), SPD, vor Jahren im speziellen Fall von Afghanistan einmal sagte, dass unsere Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt werde, dürfte jedenfalls nicht auf andere Einsatzorte übertragbar sein. Deutsche Soldaten sollten – wie es lange selbstverständlich war – keine wie auch immer gearteten Militäreinsätze übernehmen. Erst dann, wenn Deutschland angegriffen würde, ändert sich das. So sollte es sein, als die Bundeswehr gegründet wurde. Dann kam die uneingeschränkte Solidarität. Allerdings hatte Rot-Grün diese Regel schon vorher außer Kraft gesetzt.

So brutal Bidens Aussage ist, fremde Nationen sollten sich nicht in interne Angelegenheiten eines Landes einmischen. Schon gar nicht militärisch.

Dass der Rückzug existenzielle Auswirkungen auf viele Menschen in Afghanistan hat, ist eine beklemmende Erkenntnis. Es ist uns nicht möglich, all die Menschen vor der Rache der Taliban zu schützen, die jetzt geschützt werden müssten. Das Minimum an Freiheit, das manche Afghaninnen und Afghanen in den Jahren schätzen gelernt haben, kann nicht mit Waffengewalt auf Dauer verteidigt werden – so sehr wir uns das auch wünschen mögen.

Deutschland-Koalition oder doch Jamaika, Kenia oder…? So viele Möglichkeiten gabs lange nicht

Die neuen Umfragewerte bestätigen den dramatischen Abwärtstrend der Union (Juhu!). Vorgestern waren es laut Forsa nur noch 23 %, gestern meldet Emnid 22 %. So muss es weitergehen. Nie hätte ich gehofft, dass Armin Laschet als Kanzler noch zu verhindern wäre. Nun liegt das im Bereich des Denkbaren. Die SPD liegt bei beiden Instituten bei 19 % und die Grünen haben bei Forsa 20 %, bei Emnid 21 %.

Ich habe gestern massiv über die Presse geschimpft. Heute höre ich nicht damit auf. Aber … diese dramatische Veränderung ist natürlich auch dem Stakkato der Medien geschuldet, das die Grünen fördert und die Union an die Wand klatscht.

Es sind nicht die vielen brandheißen und wichtigen Themen, die diesen Stimmungswandel möglich gemacht haben. Um diese gehts in der Öffentlichkeit nur am Rande.

Wichtiger sind die Haltungsnoten der einzelnen Politiker. Wichtig ist, was welcher Politiker wieder verkehrt gemacht hat, wer ein ordentliches Bild abgeben und wer in dieser Hinsicht komplett versagt hat. Ist das nicht schlussendlich ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft? Ich finde schon. Die Themen sollten uns in dieser Phase des Wahlkampfes doch allmählich auch einmal beschäftigen.

Warum verfügt ein Mann, der Kanzler werden will, über so wenig Einsicht in die eigene Lage, dass er nicht selbst sieht, was für einen Eindruck Pressekonferenzen vor Schrotthaufen bewirken, beziehungsweise Auftritte als Angeschlagener an einem Ort, an dem rituell K.-o.-Runden zelebriert werden? Wie will er dieses Land schützen und das Erforderliche anpacken, wenn er über so wenig Selbstschutz verfügt?

Spiegel Newsletter von heute. Die Rede ist vom Kanzlerkandidaten der Union.

Wenn der Spiegel das so schön beschreibt, sollten die Verantwortlichen langsam mal darauf kommen, wie hoch ihr Anteil an dem ist, was die Öffentlichkeit für wichtig hält bzw. welche Dinge im Fokus stehen. Politik ist dröge, mögen die denken und forcieren in ihren Kanälen die nächsten Aufreger. Emotional muss es sein. Sachlichkeit braucht es nicht. Ich sag nur Schrotthaufen.

Wie auch immer. Ich bin froh, dass es immerhin möglich zu sein scheint, dass die Union die nächste Regierung nicht anführt. Mir wäre egal, ob es stattdessen die Grünen oder die SPD machen. Hauptsache, die Konservativen schnappen sich ne Cola und machen mal Pause. Oh, den Spruch kennt heute bestimmt kaum noch einer

Spiegel TV wirft MP Dreyer vor, ihr Image wäre ihr wichtiger als das Leid der Betroffenen in ihrem Land

Wie viel besser müssen sich die Pharisäer von Spiegel TV und anderer Medien eigentlich vorkommen, wenn sie die mutmaßlich Verantwortlichen in diesem grauenhaften Szenarium in dieser Art und Weise vorführen. Wie schmal ist der Grad der Verantwortungslosigkeit vieler Journalisten und Redaktionen? Wahr ist, dass nicht alles vom Pressekodex abgedeckt wird bzw. werden kann.

Manche Berichte, die voll sind vom geheuchelten Mitleid mit Betroffenen, zielen nur auf die emotionale Wirkung (also Klicks und Auflage), sondern liefern im Übrigen den politischen Gegnern der Beschuldigten und, was nicht zu unterschätzen ist, den Demokratiefeinden Munition für ihre eigenen Diffamierungen.

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Spiegel TV aber auch viele andere Medien (sogenannte investigative Magazine in ARD und ZDF, RTL etc. ) befassen sich mit der individuellen Schuld von Menschen am Desaster in den Flutgebieten. Hätten Menschenleben gerettet werden können, wenn frühzeitiger alarmiert worden wäre, Sirenen funktioniert oder betätigt worden wären oder hätten Katastrophenstäbe für die Evakuierung bestimmter Gegenden bzw. Ortschaften sorgen müssen? Nein, sie suggerieren darüber hinaus, dass auch die furchtbaren Schäden an Infrastruktur und Gebäuden gar nicht so schlimm hätte kommen müssen, wenn die zuständigen Leute ihren Job richtig gemacht hätten. Das ist so billig, dass mir jedes Mal schlecht wird, wenn ich diesen Mist irgendwo lese.

Im Video gibt es auch diese Passage:

“Am Freitag besucht MP Malu Dreyer in Begleitung des SWR den Ortsteil Altenburg in Altenahr. Die Anwesenheit von Spiegel TV stört sie zunächst nicht. Doch dann üben Betroffene Kritik.” Ein Mann erklärt, dass aus seiner Sicht die Wut in den Ortsteilen jeden Tag größer würde. Dies sei keine Kritik, sondern eine Beschreibung. Es “besteht eine Gefahr, die Menschen zu verlieren.” Malu Dreyer antwortet: “Nein, aber ich fühle mich sehr, sehr unfrei, weil jedes Wort mitgeschnitten wird und ich habe auch gar keine Lust, alles offen und ehrlich mit Ihnen zu besprechen, weil meine Besuche auch anders gestrickt sind. Normalerweise ist es so, dass ich mit Ihnen ganz privat rede. Und danach können wir sehr gerne jeden O-Ton-Wunsch auch dann gerecht werden. Aber ich glaube nicht, dass es für uns wirklich ein Vorteil ist, dass wir alles presseöffentlich machen.”

Der Kommentar von Spiegel TV: “Eine Ministerpräsidentin, die inmitten der Katastrophe ihr eigenes Image über das Leid der Betroffenen stellt”.

Aus den Einlassungen von Dreyer entnehmen die Spiegel TV – Flitzpiepen, dass der Ministerpräsidentin ihr Image wichtiger sei, als das Schicksal ihrer Bürger. Zugleich wird das Narrativ der AfD bedient, in dem insinuiert wird, dass die SWR-Leute nur deshalb Dreyer begleiten durften, weil sie weniger kritisch als die Sippe von Spiegel TV agieren.

Man muss nicht parteiisch sein, um wenigstens diesen Teil des Berichtes von Spiegel TV widerlich und abstoßend zu finden. Denke ich. Die Medien haben keine Verantwortung. Ihre Protagonisten geraten in unseren Breitengraden nicht in die Verlegenheit, für irgendetwas zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sie können sich immer darauf berufen, dass in unserem Land Presse- und Meinungsfreiheit herrscht. Die paar Verfahren, die vom Presserat anhand des Kodex ab und zu mal zu einer “Verurteilung” eines Mediums oder Journalisten führen, sind rar.

Aber insbesondere die Regional-Politiker, die oft einen harten und meistens guten Job machen, werden von solchen Leuten immer öfter an den Pranger gestellt. Und das von Leuten, die moralisch in sehr fragwürdiger Weise agieren. Und das nennen sie dann investigativen Journalismus. Ob das noch lange gutgeht?

Bitte konkret werden, jetzt

Die NZZ hat sich heute über eines der Themen geäußert, die bisher während dieses merkwürdigen Wahlkampfes gemieden wurden. Der Autorin fehlt ein Konzept zum Thema Migration.

Ich habe schon lange das Gefühl, so ein Konzept fehlt den Schweizern, besser gesagt den deutschen Journalisten in Diensten der NZZ, viel dringender als uns. Nicht nur die NZZ zermartert sich den Kopf, wie “Wir schaffen das” gleichsam zu Merkels Mühlstein in den Geschichtsbüchern avancieren könnte.

Aber nicht nur ein Konzept fehlt! Das lässt sich nicht bestreiten. Leider ist das so, wie bei so vielen drängenden Fragen, die einer Antwort bedürfen. Übrigens, auch in der Schweiz, wenn ich das unverschämterweise anfügen darf.

Ob in den Wahlprogrammen der Parteien darüber nichts zu finden ist? Guckt doch selbst nach! Natürlich steht da was. Ob es allerdings konkret genug ist und mit deinen Vorstellungen im Entferntesten über einzubringen ist? Keine Ahnung.

Mich würde allerdings sehr interessieren, wie hier im Land aufgrund der miesen Nachrichten beim Wetter, sorry, beim Klima, die Absätze zum Thema in den Papieren in reale Politik umsetzen werden, wenn die Wahlen erst vorbei sind. Auweia. Erfahrungsgemäß geschieht danach gar nichts.

Was meint Dr. Hirschhausen, den ich gestern einen Kommentar bei den “Tagesthemen” sprechen hörte, wenn er fordert, jetzt die nötigen Schritte zu unternehmen, um wirksam gegen den Klimawandel zu kämpfen? Hat er vergessen, die Prioritäten zu nennen oder lässt man die Antworten darauf stecken, weil man sich selbst nicht sicher ist, was eigentlich zuerst gemacht werden soll?

  • Erneuerbare Energien ausbauen
    • Abstandsregeln neu definieren (es kann nicht bei 1000 Metern bleiben, 100 reichen!)
  • Kohle- und Ölverbräuche schnellstens zurückfahren (Neubauer sprach heute bei Twitter von 2025. Ob es ein Scherz war oder ehrlich gemeint? Ich weiß es nicht!)
  • Energieverbrauch im Verkehr reduzieren
  • Gebäudesanierungen mit Volldampf voranbringen, um Energie zu sparen
  • Flugreisen verteuern, keine Billigflugreisen mehr! Kerosin besteuern
  • Urlaubsreisen mit riesigen Schiffen, die mit Diesel angetrieben werden, aussetzen (notfalls verbieten)
  • Welche Instrumente brauchen wir über die existierenden und angedachten hinaus, um marktwirtschaftliche Anreize zu schaffen und auszunutzen? Emissionshandel.
  • Welche Institution soll die Koordination der Maßnahmen steuern und überwachen? UN.)

China produziert für die Welt, auch auf fremde Rechnung

China ist mit Abstand der größte Emittent von CO2. Es sind 11.256 Mio. Tonnen p.a. Das entsprach einem Anteil von 29,7 % der Gesamt-Emissionen. Der deutsche Anteil betrug 753 Mio. Tonnen, bzw. einem Anteil von 2,0 % (Zahlen von 2018).

Ich frage mich, wie sich dieses Verhältnis darstellen würde, wenn wir unsere traditionellen Industriearbeitsplätze nicht verlagert hätten. Der größte Anteil, denke ich, wurde nach China verlagert [sic?]. Vermutlich gibt es dazu keine belastbaren Zahlen.

China, die USA und Indien emittieren über 50 % des weltweiten CO2. Wie würden sich solche Bilanzen darstellen, wenn in die Berechnungen der Emissionen die Konsumanteile der jeweiligen Länder einbezogen würden?

Ist das eine faire Methode oder wird China damit nicht bestraft, weil es quasi als Werkbank der Welt gilt oder jedenfalls längere Zeit hindurch gegolten hat?

Günther und ein Dutzend Kollegen haben die Aufgabe, Deutschlands Beitrag zum weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu ermitteln. Die Zahl bemisst sich in Tonnen CO2-Äquivalent. Das heißt, dass andere Treibhausgase in ihrer Klimawirkung multipliziert und den CO2-Emissionen hinzugerechnet werden. Methan etwa ist 25-mal, Lachgas sogar fast 300-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.

„Der Grundsatz ist: Wir messen die Emissionen nicht, sondern berechnen sie“, sagt Günther. „Das ist wesentlich genauer und zuverlässiger.“ Denn: Eine komplette Messung ist de facto unmöglich. Hierfür nämlich müsste man Sensoren an Abermillionen Fabrikschloten, Auspuffen, Heizungsanlagen und Kaminen anbringen. Ganz zu schweigen von den Tieren – Kühe etwa produzieren beim Verdauen stetig Methan. Obendrein müsste man darauf achten, dass sämtliche Sensoren richtig kalibriert werden – und was wäre, wenn einer kaputtgeht oder manipuliert wird?

Klimaschutz und die Wirtschaft: Wie misst man CO2?

Link: CO2 Äquivalent: Definition und Berechnung

Wären die Emissionen der Chinesen an CO2-Äquivalenten also nicht erheblich kleiner, würde man die Produktanteile für fremde Märkte und auf fremde Rechnung entsprechend berücksichtigen?

Wenn der Energieverbrauch in einem Land als Grundlage für die Berechnung von CO2-Äquivalenten für die Berechnung herangezogen wird, ist das doch irgendwie nicht gerecht. Schließlich produzieren chinesische Unternehmen ein irres Volumen für deutsche und andere ausländische Firmen. Allein das Handelsvolumen zwischen China und Deutschland betrug in 2019 über 200 Milliarden Euro.

Ist mein Gedanke Unsinn? Vielleicht lassen sich solche Details in eine solche Rechnung nicht einbeziehen, weil dies zu kompliziert wäre. Was denkt ihr?

Würde so etwas eine Rolle spielen, lägen wir nicht bei einem Anteil von 2 % CO2-Emissionen, sondern deutlich höher. Das würde den Druck auf die handelnden Politiker deutlich erhöhen.

Flächenversiegelung u.a. für mehr Wohnraum? 500.000 m² pro Tag allein in Deutschland.

Es sind viele und kostspielige Maßnahmen einzuleiten, um Flutkatastrophen und anderen Naturereignissen, die Deutschland heimsuchen, vorzubeugen. Wem die Bilder der Zerstörung nicht aus dem Kopf gehen, muss konsequent sein und darf sich einem neuen Denken nicht verschließen. Die Wissenschaft muss gehört und ihre Empfehlungen müssen befolgt werden.

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Frau Professor Dr. Lamia Messari-Becker von der Uni Siegen und spezialisiert auf Gebäudetechnologie und Bauphysik kommt in einem Tagesthemenbeitrag zu Wort (Interview ab Min. 16.28). Sie war zuletzt auch in mindestens zwei Sendungen bei “Markus Lanz”. Hoffentlich hören die Verantwortlichen in Berlin genau hin. Schließlich ist Frau Prof. Messari-Becker Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung.

Die Fläche als nicht vermehrbare Ressource spielt u.a. eine Rolle. Besonders relevant ist dabei, dass jeden Tag Flächen in der Größenordnung von 50 Hektar (500.000 m2) zugebaut werden. Die Flächenverbrauchsreduktionsziele sind gesetzt, werden jedoch nicht koordiniert. Der Ball liegt hier vor allem bei unseren Kommunen. Und die möchten nicht nur, dass unser Leben vor Naturkatastrophen geschützt wird, sondern dass es auch bezahlbaren Wohnraum gibt.

Die Frage, die ich mir in diesem Zusammenhang gestellt habe, ist, welche Auswirkung die unbestreitbar dringend erforderlichen Klimaanpassungsmaßnahmen im Hinblick auf die Entwicklung unseres Wohnungsmarktes (Stadt- und Land) haben.

Wollen wir unseren Flächenverbrauch reduzieren und damit notwendige Schutzmaßnahmen vor den Auswirkungen des Klimawandels schaffen oder hat bezahlbarer Wohnraum Priorität?

Gott sei Dank muss man nicht lange überlegen, welche politischen Optionen es gibt.

Union, FDP und AfD wollen neuen Wohnraum schaffen und verbitten sich Dr. Anton Hofreiters Überlegungen zum Thema. Die Gegner der Grünen haben mit verleumderischen Mitteln vermutlich sogar gepunktet. Dabei hat Hofreiter recht, wenn er diesen Denkanstoß an uns alle weitergibt. Er hat ein Thema angesprochen, das nur wenige Monate durch die Flutkatastrophe alle erreicht haben sollte.

Was bedeutet das aber nun für den Wohnungsmarkt? Eigentlich kann das nur heißen, Grüne, SPD und Linke wählen. Denn diese Parteien können den vom Verfassungsgericht als unrechtmäßig zurückgewiesenen Berliner Mietendeckel auf Bundesebene durchboxen. Dass er nach Meinung des Verfassungsgerichtes nicht auf regionaler, sondern nur auf Bundesebene gelten könne, eröffnet nach einem Wahlsieg diese Möglichkeit. Mehr Wohnraum (Fläche) werden wir dann vermutlich trotzdem benötigen. Allerdings nicht in dem Umfang, den wir aus heutiger Sicht ohne Mietendeckel gebrauchen würden.

Das Beispiel gibt einen kleinen Einblick in die hohe Komplexität der Aufgaben, die vor uns liegen. Wollen wir uns vor den Auswirkungen des unaufhaltsam wirkenden menschengemachten Klimawandels schützen? Wir müssten somit konsequenterweise die Interessen der Bauindustrie und weniger Kapitaleigner aber auch die kleineren Immobilienanbieter und Vermieter zurückweisen. Die Option die verschiedenen Aspekte weiter zu ignorieren, das müsste allen klar geworden sein, ist nicht vorhanden.

In den letzten Tagen hatte jemand bei Twitter geschrieben, dass die weltweiten Verheerungen uns dazu zwingen könnten, das kapitalistische System grundlegend infrage zu stellen. Es gab Reaktionen von konservativer Seite, die so vorhersehbar waren und doch so blöd.

Heute hat die SZ dazu einen Beitrag von grosser Brisanz veröffentlicht, der hoffen lässt, dass sich langsam was entwickelt. Macht Mut!

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/einfamilienhaus-wohnungsbau-klimawandel-1.5376804

Schuld, Sühne, Verzeihen. Funktioniert das auch im Internet?

Erfundene Szenerie: Du giltst seit Jahren als sicherer Autofahrer. Du fährst täglich und heute Nachmittag, einem Sonntag, an dem wenig los ist, verursachst du einen Unfall. Du hast ein Kind angefahren. Es ist schwer verletzt. Weil du nicht aufgepasst hast. Du bist nicht gerast und warst möglicherweise nur den Bruchteil einer Sekunde unaufmerksam. Bis heute warst du 40 Jahre lang unfallfrei.

Die Nachricht interessiert nur die direkt Betroffenen. Die Folgen musst du vor allem mit dir abmachen. Deiner Familie hält zu dir. Bei deinen Freunden, die dir in dieser Lage beistehen, findest du Trost.

Wenn du allerdings prominent bist, sieht es anders aus. Die ersten Websites berichten bald nach dem Unglück über dich und es wird gemutmaßt, ob Alkohol im Spiel gewesen ist. Verfügst du über einen Account bei einem asozialen Netzwerk, hast du gute Chancen, deinen sozialen Ruin live mitzuerleben. Ein Shitstorm mit allerlei fiesen Vorwürfen bahnt sich an. Du reagierst sensibel und löschst deine Accounts. Das musst du dir nicht geben!

Jeder wird sich diese Situation vorstellen können. Keiner wird behaupten, ihm könne das nicht passieren.

Plötzlich bist du in einer Ausnahmesituation, in der bisher immer nur andere geraten sind. Du kannst es nicht ungeschehen machen. Du hoffst, dass du dem Kind keine bleibenden Schäden zugefügt hast.

Keine Entschuldigung, keine Buße; auch kein Gefängnis macht dieses eine Versehen, diesen Unfall ungeschehen.

Du konntest dir bis dahin nicht vorstellen, was eine Sekunde, ein Fehler für dein Leben und dein Ansehen in dieser Gesellschaft bedeuten kann. Ist dieser Gedanke nicht beängstigend?

Vielleicht kennt ihr solche Beispiele von Freunden oder aus der Familie? Ein Ex-Kollege war in eine Situation geraten, von der er mir vor über 40 Jahren erzählte. Das Kind war nur leicht verletzt. Er fuhr seinen Porsche in mäßigem Tempo (noch etwas weniger als die vorgeschriebenen 30 km h) durch ein Wohngebiet in Bergisch Gladbach. Zwischen den parkenden Autos rannte plötzlich ein Junge auf die Fahrbahn. Den Fußball hatte er in der gleichen Sekunde wahrgenommen wie den ihm folgenden Jungen. Die Berührung des Jungen mit dem Auto und sein Stillstand schienen im Bruchteil einer Sekunde abgelaufen zu sein. Das Kind war geschockt, der Arm tat weh. Der herbeigerufene Notarzt stellte fest, dass außer dem Schock und einer leichten Prellung nichts passiert war.

Trotzdem hatte sich schnell eine Ansammlung von Leuten ergeben, die, ohne zu wissen, was eigentlich passiert war, meinem Kollegen aggressiv und voller Vorwürfe gegenüber traten. Er war froh, dass die Polizei schnell vor Ort war, weil ein körperlicher Angriff zu befürchten war.

Ein Mann von über 70 Jahren war mit seinem Auto früh morgens in Aachen unterwegs. Er war stolz darauf, fast 50 Jahre unfallfrei gewesen zu sein. An diesem Tag krachte es gewaltig. Es gab Verletzte. Er war schuld. Bis zu seinem Tod, sechs Jahre später, hat ihn diese Erfahrung beschäftigt. Er sagte immer wieder in dem Zusammenhang, dass er doch 50 Jahre völlig unfallfrei gewesen sei…

Meine beiden Beispiele wirkten im Privaten, im Familienkreis oder im Freundeskreis, weil sie in einer anderen Zeit stattfanden. Heute kannst du mit jedem singulären Fehlverhalten ins Zielkreuz einer Internetöffentlichkeit geraten, die aus meiner Sicht Existenzen zerstören können. Gott sei Dank nicht in jedem Einzelfall. Aber die Dynamik, die etwa Twitter-Shitstorms entwickeln können, ist wahrlich beängstigend und gefährlich für unsere Gesellschaft.

Link: Überleben im Shitstorm: Wie du als Opfer eines Online-Angriffes dein Seelenheil bewahrst: Ein Notfallkoffer für Betroffene (und ihre Freunde). : Wimmer, Martin: Amazon.de: Bücher

Menschen brechen über andere Menschen die Lanze. Sie kennen nicht ihre Geschichte, schon gar nicht ihre Persönlichkeit. Sie wissen nichts über den Charakter des im Fokus stehenden Delinquenten, nichts darüber, ob er diesen Grad an sozialer Vernichtung verdient hat oder nicht. Jedes dumme Arschloch kann sich über jeden erheben und ihn mit den schlimmsten (auch unbewiesenen) Vorwürfen überziehen. Das ist nicht nur unfair, es ist eine Entwicklung, die sich nach und nach in unsere Gesellschaft hineinzieht. Wen wir auf einen “Lerneffekt” verzichten sollten, dann sicher auf diesen.

Ich höre oft, dass die Verrohung unserer Gesellschaft voranschreitet. Das Internet, sagen viele, trage dafür nicht die Verantwortung. Mit anderen Worten, die multimediale Verbreitung von Hass und Hetze im virtuellen Raum soll keine Wirkung auf unser Leben außerhalb der virtuellen Welt haben. Bestenfalls wird eingeräumt, dass das Internet eine Art Brandbeschleuniger wäre.

Link: Shitstorm: So geht es den Opfern · Dlf Nova

Die moderne Form der Ehrenstrafe, der virtuelle Pranger

Hoffentlich wird uns noch rechtzeitig klar, wohin die moderne Form des Prangers führen wird. Wir brauchen wirksame Instrumente, die das Mobbing, die ganzen Vorverurteilungen und überschießende Vorwürfe gegen Einzelpersonen verhindern oder wenigstens eindämmen. Die Konsequenzen dürften aus meiner Sicht weitreichender sein als im Mittelalter am Pranger gestanden zu haben.

P.S.: Ein wenig habe ich beim Schreiben an die Moderne Fünfkämpferin, Annika Schleu, gedacht.

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