Zwischen Brötchen und Kaffee fiel mir heute wieder ein: Kommunalwahl. Natürlich gehen wir wählen, das ist so selbstverständlich wie der Gang in die Turnhalle, wo die Stimmzettel seit Jahren ausgefüllt werden. Doch selbstverständlich ist längst nicht mehr, was dabei herauskommt.
Ich wünsche mir inständig, dass unser SPD-Bürgermeister Sascha Solbach, der seit elf Jahren mit Herz und Verstand regiert, erneut gewählt wird. Er hat Bedburg geprägt, ihm verdankt die Stadt vieles. Und doch beschleicht mich die bange Ahnung, dass selbst hier die AfD triumphale Zugewinne verbuchen könnte. An ihren Ständen war kaum Betrieb, das stimmt – aber das täuscht nicht mehr.
Die Republik im Strudel
Es fühlt sich an, als sänke die Republik Stück für Stück in den braunen Strudel. Nicht, weil Erkenntnisse fehlten – die gibt es zuhauf. Sondern weil die politischen Kräfte kaum noch Fortschritte sichtbar machen. Die Union trägt Mitschuld mit ihren gebrochenen Versprechen, die Medien mit ihrem unablässigen Skandalisieren. Und wir alle, weil wir mitspielen, weil wir uns treiben lassen und in den Chor des Negativen einstimmen. Als ob es keine Alternative (nee! nicht die, die nur so heißt) gäbe!
Ich ertappe mich dabei, dass ich selbst diesem Zirkus zu oft erliege, als Blogger wie als Bürger. Das ermüdet. Darum denke ich, nach diesem Text erst einmal gar nichts mehr über Politik zu schreiben. Vielleicht ist es klüger, den Stift für eine Weile sinken zu lassen.
Vielleicht reicht ein Atemzug Pause, um den Kopf wieder über Wasser zu bekommen. Vielleicht aber auch nicht. Wir werden sehen.
Wie, nichts politisches mehr schreiben? Es ist doch gerade in diesen Zeiten wichtig, sein Statement abzugeben. Wollen wir der braunen Brut das Feld einfach so überlassen? Wenn du, ich oder andere nur einen einzigen davon überzeugen können, eine Partei zu wählen, die sich der Demokratie verpflichtet, dann ist aus meiner Sicht schon was gewonnen. Auch wenn ich, wie du, befürchte, dass wir morgen früh einen Schreck bekommen ob des Wahlergebnis, das kann uns aber doch nicht davon abhalten, unsere Meinung kund zu tun. Wenn wir das machen, haben die Rechtsextrem schon gewonnen. Also Horst, bitte am Ball bleiben. 🙂
@Peter Lohren: Ich glaube, viele interessiert das aber nicht. Außerdem denken viele ganz anders als ich. Das macht es nicht einfacher. Viele werden doch denken: Was will der Typ? Ich fürchte, es ist nicht mehr aufzuhalten, dass die braune Jauche sich über dieses Land ergießt. Anhänger gibt es ja leider schon genügend. Wenn ich lese, wie dumm und wie dreist sich manche gebären, wird mir wirklich kotzübel.
Ja, Peter. Der rationale Zugang zu den Themen geht mir mehr und mehr flöten. Ich bin nur noch wütend oder traurig. Die Welt dreht durch.
@Horst Schulte: “ Ich bin nur noch wütend oder traurig.“ – dann musst du tatsächlich eine Pause machen, obwohl ich das sehr bedauern werde! Fühle mich deinem Denken sehr nahe, auch wenn ich gelegentlich ein bisschen widerspreche – und damit auch mich selbst beschwichtige.
Mir fehlt irgendwie dieser Drive, zu aktuellen Ereignissen zügig zu bloggen – und dann bin ich regelmäßig FROH, dass es dich und dein Blog gibt, das mir Gelegenheit gibt, Aktuelles zu kommentieren – ohne die ausbremsende Überlegung „Wie verblogge ich das jetzt am besten?“.
Gönn dir ein paar schöne Erlebnisse, wenn wegen der Ereignisse (oder deren Ausbleiben) nurmehr Wut oder Traurigkeit deinen Alltag überschattet! Wie wärs mit einem Ausflug oder einer kurzen Städtereise? Oder etwas mehr Körperliches, ein neuer Sport, Experimente mit Ernährung / neuen Rezepten?
Ich hab mir letztens einen größeren Kunst-Event gegönnt, obwohl teuer – einfach um mal wieder zeitgenössische Kultur zu erleben. Und ich habe mir fest vorgenommen, jede Woche wenigstens EINMAL etwas Ungewöhnliches zu tun, das nicht zu meinen Alltags-Routinen gehört. Weil: nur solche Erlebnisse bleiben wirklich im Gedächtnis, nicht das „immer Gleiche“ (inkl. der Empörung über Politik mittels entsprechendem Medienkonsum). Deshalb haben ältere Menschen das Gefühl, die Zeit verlaufe viel schneller – eben weil wir weniger Neues oder Besonderes erleben und ungerner aus der Komfortzone kommen.
Und was Wut und Trauer angeht: Ich sag‘ mir immer, dass niemandem damit geholfen ist, wenn ich persönlich die Kellerrallay fahre!
@ClaudiaBerlin: Die gute Nachricht vorweg: Der SPD Kandidat in Bedburg hat mit großem Abstand (64:36) gewonnen. Auch im Rat hat die SPD eine klare Mehrheit. Ich glaube, es ist die einzige Stadt im Kreis, in der die SPD gewonnen hat. In einigen Städten sind Stichwahlen nötig. Die wird wohl die CDU gewinnen. Die AfD liegt hier bei 15 %. Das erschüttert alle, die sich dazu bisher öffentlich geäußert haben. Ich fürchte, ich kenne ein paar der Wähler persönlich.
Was sagte ich: Schreiben ist eine Art Selbsttherapie, die mir oft dabei geholfen hat, mit schwierigen Lagen klarzukommen. Die Wirkung lässt wohl nach, weil die Zahl der parallel zu bearbeitenden Themen so groß ist. Überforderung ist das Stichwort. Dabei weiß ich, dass es ganz vielen Leuten genau so ergeht.
Ich mache mir die Gedanken, wie ich den Beitrag angehe, gar nicht. Wenn mir ein Thema wichtig vorkommt, möchte ich gleich etwas dazu schreiben. Herr Lehrer: Ich weiß was. Hoffentlich ist das nicht die Triebfeder. Nein, es geht darum, die Dinge in erster Linie für mich selbst klarzukriegen. Die Methode hat oft geholfen, nun ist es schwieriger.
Danke für die interessanten Vorschläge, die Abhilfe schaffen könnten. Wahrscheinlich bin ich für diese Art von Aktivitäten zu träge. Andererseits sind wir gern zu Hause. Wir reden hin und wieder über eine Städte-Reise , die wir ruhig mal wieder unternehmen könnten. Aber dabei bleibt es. Meine Frau und ich sind was die Trägheit anlangt, auf einem Level. 🙂 Trotzdem hast du natürlich voll recht. Vielleicht vergeht dann auch die Zeit nicht so rasend schnell. Mir kommt es langsam so vor, als würden die Wochen einfach nur so verfliegen.
Wir waren über 10 Jahre nicht mehr in Köln oder Düsseldorf. Kannst du dir das vorstellen. Großstädte sind einerseits nicht so meins. Auch da sind meine Frau und ich uns einig. Aber diese Abstinenz kann man kaum überzeugend erklären. Wir fühlen uns beeinträchtigt durch Erzählungen von gleichaltrigen Bekannten, die die Großstadt ebenso meiden. Mal ein Museum besuchen. Das wäre schön. Ich erinnere mich, wie begeistert ich vom Amsterdamer Nationalmuseum oder vom Louvre war. Sollte man mal wieder machen…