Stefan legt seinen Finger in die Wunde: Die sozialen Medien sind längst nicht mehr nur Bühne für Tanzvideos, Memes und Selbstdarstellung – sie sind das eigentliche Schlachtfeld der politischen Meinungsbildung geworden. In den USA, aber zunehmend auch hier bei uns.

Er erzählt die Geschichte des US-Comedians Jimmy Kimmel, der wegen seiner Witze über die Trump-Administration „gecancelt“ wurde – und nur dank öffentlichem Druck zurück ins Fernsehen fand. Ein Lehrstück darüber, wie lautstark und launenhaft das Netz seine Urteile fällt.
Was Stefan beschreibt, ist das „neue“ Normal. Es ist das System. Skandale, Empörung, Emotionen – das sind die Währungen, mit denen Algorithmen handeln. Wer sie bedient, gewinnt Reichweite. Wer nachdenklich oder differenziert ist, verschwindet in der digitalen Versenkung. Diese Dynamik ist bekannt, und doch scheint es kein Entrinnen zu geben. Nun, ich versuche es wenigstens. Ich habe schon manches dazu geschrieben – vielleicht auch, um mich selbst daran zu erinnern, dass Schweigen keine Lösung ist. Jedenfalls nicht immer.
Stefan zieht Parallelen zu Deutschland: Auch hier erkennen wir dieselben Muster. Politiker und Medien müssen auf Plattformen wie TikTok präsent sein, wenn sie junge Menschen erreichen wollen. Aber bitte echt, nicht kalkuliert. Gleichzeitig bräuchte es unabhängige digitale Newsrooms, frei von Algorithmen und Abhängigkeiten – ein schöner Gedanke, der jedoch meist an Geld und technischer Unsichtbarkeit scheitert.
Bleibt die Frage, wie sich demokratische Werte in dieser lauten, schnellen Welt behaupten lassen.
Ich gestehe: Für mich, als jemand, der noch mit der Zeitung unterm Arm groß wurde, bleibt es ein Rätsel, warum trotz aller Warnungen keine echte Veränderung geschieht. Wir wissen um die Folgen unseres Medienkonsums – und zucken nur mit den Schultern. Wir sehen, wie Hass und Oberflächlichkeit zunehmen, wie Kinder und Jugendliche im Dauerrauschen der Aufmerksamkeit verglühen. Und eines Tages werden wir uns wieder wundern, dass das Bildungsniveau weiter gesunken ist (Heute Journal ab Min. 19)
Vielleicht ist das das eigentlich Erschütternde: nicht die Macht der Algorithmen. Sondern unsere stille Zustimmung.
Hallo Horst,
danke für die Auseinandersetzung mit dem Thema und meinem Artikel. Es ist extrem schwierig. Ich erinnere mich noch daran, dass es toll war, sich mit Freundinnen und Freunden in den USA und anderswo auszutauschen, mitzubekommen, was die so treiben. Die Zeiten sind lange vorbei. Jetzt regieren Algorithmen und ständige Empörung. Gibt es einen Weg zurück? Ich weiß es nicht. Es scheint aber Trends zu geben, dass Konsumenten der Content-Brei auf die Nerven geht und sie Plattformen nicht mehr zu nutzen. Mehr dazu bei mir im Blog in Kürze.
Ich experimentiere „anders rum“ gerade mal mit Kurzvideos und schaue mir an, wie die angenommen werden. Ich bin skeptisch, aber will mitreden können.
Danke für Deine Beiträge. Finde sie immer wieder anregend.
Bis bald
@Stefan: Das gibts ja auch schon in deutschen Familien oder Freundeskreisen. Am besten, man lässt die Politik ganz außen vor. Seit Corona hat sich dieses Klima deutlich verschärft. Ich glaube, das Internet verdirbt alles. Ich weiß, das ist reaktionär. Aber welche anderen Faktoren haben unsere Kommunikation auch nur annähernd vergleichbar verändert? Für ältere Leute wie mich ist das ziemlich egal. Aber Kinder, die mit diesem Mist groß werden, sind diesem Moloch schutzlos ausgeliefert. Auch, weil viele leider denken, dass wir ihnen diesen großen zivilisatorischen Zugewinn doch nicht vorenthalten dürfen. So wars ja auch mit der Verherrlichung des Konsums und mit dem Individualismus, die so überhaupt nichts Gutes gebracht haben. Oh, jetzt wirds gleich wieder weltanschaulich 🙂