Es wur­de der unge­heue­re Verdacht geäu­ßert, Frau Lewitscharoff sei womög­lich Katholikin

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Irgendwie stimmt es doch, dass in Deutschland Debatten dann halb­wegs sach­lich von­stat­ten gehen, solan­ge sie auf dem Boden der poli­ti­cal cor­rect­ness ablau­fen. Wenn das Anliegen aber nicht so blü­ten­weiß links oder links­li­be­ral daher­kommt knallst. Und zwar richtig. Ich den­ke, dass Thesen, die mit einem Satz wie «Das wird man ja wohl noch sagen dür­fen» begin­nen, für…

Irgendwie stimmt es doch, dass in Deutschland Debatten dann halb­wegs sach­lich von­stat­ten gehen, solan­ge sie auf dem Boden der poli­ti­cal cor­rect­ness ablau­fen. Wenn das Anliegen aber nicht so blü­ten­weiß links oder links­li­be­ral daher­kommt knallst. Und zwar richtig.

Ich den­ke, dass Thesen, die mit einem Satz wie «Das wird man ja wohl noch sagen dür­fen» begin­nen, für vie­le schon Nachweis genug sind, dass da mora­lisch etwas nicht passt. Weil die Autoren ihre Intention meist mit gera­de­zu unwi­der­steh­li­cher Verve ver­tre­ten, sind vie­le LeserInnen sofort mit im Boot. Diese Uniformität schreckt ab. Sie führt oft dazu, dass ich unwill­kür­lich die ande­re Position ein­neh­me. Ich kann also auf­at­men. Opportunismus kann man mir nicht vor­wer­fen. Keine Ahnung, was da schief­ge­lau­fen ist. Vielleicht habe ich eine sozia­le Ader, die ich eigent­lich bei mei­nem Schwesterchen erkannt zu haben glaubte.

Es ist wie­der pas­siert und zwar beim Lesen von Stefan Niggemeiers Artikel über eine Dresdner Rede, die Sibylle Lewitscharoff gehal­ten hat. Diese Rede war am bereits am Sonntag, den 2.03. gehal­ten wor­den. Repliken hier­zu gab (soweit ich gese­hen habe – jeden­falls im Großen und Ganzen) erst nach Niggemeiers Blog-Beitrag. Das Internet war mal wie­der schnel­ler. Huh, da freu­en wir uns.

An dem, was wir unse­rer Gesellschaft an Toleranz ver­ord­net haben, ist nicht zu rüt­teln. Der von Niggemeier medi­al skan­da­li­sier­te Vorgang wur­de erst spät durch ande­re Medien auf­ge­nom­men. Dennoch nimmt die Geschichte um Lewitscharoffs Rede in der Wikipedia bereits heu­te, einen Tag nach Niggemeiers Beitrag, ein sagen­haf­tes Drittel des gesam­ten Artikels (Liste der Auszeichnungen und Veröffentlichungen nicht ein­be­zo­gen) über die Schriftstellerin ein. Sind mit der Rede die Werke und Verdienste (darf man das noch schrei­ben?) Lewitscharoffs jetzt entwertet?

Die Kritiker kom­men gar nicht auf die Idee, dass alle Vorbehalte zum Beispiel gegen Tilo Sarrazin, Matthias Matusseks (Unbehagen gegen­über Schwulen) oder aktu­ell Sibylle Lewitscharoffs Tirade gegen prä­na­ta­le Diagnostik und ihren Folgen mit Denkverboten zu tun haben, die sie ansons­ten vehe­ment bekämp­fen. Unmittelbar und erschre­cken­der­wei­se erfol­gen die­se Denkverbote stets über­aus dezi­diert, kei­nen Widerspruch dul­dend. Er wäre sinn­los. In unse­rer Welt wer­den DENKGEBOTE auf die­se Weise mehr und mehr tor­pe­diert. Ich arbei­te nach Kräften mit dar­an. Und das ist falsch, falsch, falsch!

Ich emp­fin­de mich nicht als ein Sachwalter reak­tio­nä­rer Ansichten über Sexualität, Privatheit oder medi­zi­ni­sche Chancen einer künst­li­chen Befruchtung. Frau Lewitscharoff hat sich heu­te im ZDF-Morgenmagazin ent­schul­digt. Dies durf­te Wulf Schmiese, ZDF, am Schluss des Gespräches kon­sta­tie­ren. Bis zu die­sem Satz war das Interview wirk­lich gut, Herr Schmiese. Darin spricht Lewitscharoff sinn­ge­mäß davon, dass sie sich manch­mal selbst nicht traut. Sie ist ein Mensch mit Zweifeln. Einer, der so ehr­lich ist, sol­che Zweifel aus­zu­spre­chen. Und das geht heut­zu­ta­ge wohl gar nicht mehr.

Vielleicht hat sie sich über die Reaktionen genau­so erschro­cken, wie wir es getan hät­ten, wenn wir zum einen oder ande­ren Thema mal eine Gelegenheit hier­zu erhal­ten würden. 

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4 Gedanken zu „Es wur­de der unge­heue­re Verdacht geäu­ßert, Frau Lewitscharoff sei womög­lich Katholikin“

  1. Wenn jemand viel geleis­tet hat, dann darf man das wür­di­gen. Wenn er aber total ent­gleist, dann darf man – und muss man! – dar­auf rum­ha­cken. Denn durch sämt­li­che vor­he­ri­gen Ehrungen bekommt das Wort eine deut­lich ande­re Wichtung, als wür­de das Hinnerk Lühe aus Bockeloh am Stammtisch erzäh­len. Das ist der Punkt. Und ich fin­de es abso­lut wider­lich, arro­gant und ekel­haft, was die Dame da von sich gege­ben hat. Sie kann ja viel­leicht mal ein Wort mit unse­rem Sohn reden … mal gucken, wie der das findet. 

  2. Natürlich darf und soll man das. Es geht aber auch um die Form, um die Art und Weise wie das heu­te geschieht. Und dabei kann man eine Entwicklung fest­stel­len, die nicht nur etwas mit der sehr gewach­se­nen Zahl sol­cher Einsprüche zu tun hat. Wir geben uns der­art unduld­sam mit ande­ren Meinungen, dass es kein Wunder ist, dass man­che dahin­ter Denkverbote vermuten. 

    Was ich übri­gens auch inter­es­sant fin­de, ist, dass man sich qua­si immer gleich dafür ent­schul­di­gen muss, dass man ver­sucht, den Mainstream zu kri­ti­sie­ren. Ohne die­se Entschuldigung ent­steht näm­lich lei­der der Verdacht (der übri­gens oft genug auch geäu­ßert wird), man selbst ver­tre­te die glei­chen Ansichten. 

    Und glau­be mir, ich habe kei­ner­lei Sympathie für Sarrazin oder Lewitscharoff. Beim eben­falls von mir erwähn­ten Matussek sieht das schon wie­der etwas anders aus. Gerade er ist ein Paradebeispiel, wie bei uns mit abwei­chen­den Meinungen umge­gan­gen wird. Er ist Katholik und hat auch auf die­sem Feld schon so viel Provozierendes gesagt, dass er inzwi­schen der Blitzableiter der Republik gewor­den ist. Trotz hal­te ich per­sön­lich ihn für einen präch­ti­gen Kerl. Einen, der sich nicht die Butter vom Brot neh­men lässt. Und das ist in dem Klima, das ich bekla­ge, mehr als die meis­ten ande­ren von uns über­haupt auf dem Schirm haben. 

    • @H. Schulte: Ich glau­be die Form sowie die Art und Weise sol­cher Erwiderungen hat sich gar nicht geän­dert. Auch die Frequenz nicht – nur der Adressatenkreis. Der ist durch die von uns genutz­ten Medien deut­lich erwei­tert wor­den! Da mag es durch­aus den Anschein haben, dass irgend­was «schlim­mer» gewor­den ist. Es ist nur präsenter.

      Das von Dir erwähn­te im Voraus um Entschuldigung bit­ten (ent­schul­di­gen kann man sich ja nicht selbst) ist in der Tat kri­tisch zu sehen. Ganz schnell ist man selbst «Kinderficker» wenn man es wagt, auf das Versagen des Rechtsstaates z.B. im Fall Edathy hin­zu­wei­sen. Vor allen Dingen ich mit mei­nem grü­nen Parteibuch wur­de tat­säch­lich schon so beschimpft … und da wuss­te man von Edathy noch gar nichts. Nicht aus­zu­den­ken, ich wür­de sol­chen Leuten auch noch damit kom­men, der Mann wäre gar un«schuldig» (im Sinne unse­res Rechts). 

      • @Andreas: Um genau den Zusammenhang geht es mir, wenn ich so was schrei­be. Mir macht das echt Sorgen. Irgendwann fal­len die letz­ten Skrupel. Dann geht hier so rich­tig die Post ab. Mit hier mei­ne ich das Internet, nicht mein Blögchen. 

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