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Meinungsfreiheit oder Hassbotschaft: Das Kind mit dem Bade ausschütten

Vielleicht ist es ja doch zu viel, was BJM Maas will. Für sei­ne Aktionen gegen Facebook wird Maas eben­so kri­ti­siert wie für den Versuch an sich, das Strafrecht gegen Menschen einzusetzen. 

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Facebook soll schnel­ler Kommentare löschen
Die Autoren von Hassbotschaften im Internet sol­len straf­recht­lich belangt wer­den. Was sind eigent­lich Hassbotschaften – wur­de das defi­niert?
Was bedeu­tet in die­sem Zusammenhang Maas’ Feststellung: „Es wird noch immer zu wenig, zu lang­sam und zu oft auch das Falsche gelöscht.”

Vielleicht ist es ja über­trie­ben, was Bundesjustizminister Heiko Maas will. Für sei­ne Aktionen gegen Facebook wird Maas eben­so kri­ti­siert wie für ande­re Initiativen, das Strafrecht gegen Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.

Viele begrei­fen den Kampf gegen Hassbotschaften als Versuch, die Meinungsfreiheit ein­zu­schrän­ken. Davon unab­hän­gig ist der­lei Aktionismus, noch dazu sei­tens eines SPD-​Ministers bei vie­len, ins­be­son­de­re man­chen Bloggern äußerst unpo­pu­lär. Zum Teil kann ich das verstehen.

Es gibt kei­ne Definition für den Begriff „Hetze”, das wird ganz bewusst dif­fus, will­kür­lich, auf alles und nichts anwend­bar gehal­ten. Und dann beschwert man sich, dass „ein­deu­ti­ge Hetze” nicht gelöscht wür­de. Wie kann etwas „ein­deu­ti­ge Hetze” sein, wenn der Begriff nicht defi­niert ist?Quelle: Danisch​.de » Blog Archive » Heiko Maas droht Facebook | LINK

Folgender Ausschnitt aus der aktu­el­len Kolumne „Fischer im Recht” befasst sich nicht expli­zit mit Maas’ neu­er­li­chem Vorstoß in Sachen Internethetze. Ich fin­de, es ist aller­dings ein Missfallen am „neu­en Geist des Strafrechts” erkenn­bar. Was wohl heißt, Maas über­dreht. Und mit die­ser Kritik wäre Fischer dann nicht allein.

Der Karlsruher Bundesrichter Professor Dr. Thomas Fischer schreibt bei Zeit Online eine viel­ge­le­se­ne Kolumne. Aus sei­nem jüngs­ten Artikel zu die­sem Thema ein kur­zes Zitat:

Wie an ande­ren aktu­el­len Beispielen zu erken­nen ist, ver­langt der neue Geist eines Strafrechts der Sicherheit nach ganz­heit­li­chen Lösungen. Lücken im Strafrecht dür­fen nicht mehr als schick­sal­haf­te Zufälle und per­sön­li­ches Unglück hin­ge­nom­men wer­den, son­dern müs­sen durch tat­säch­li­che und umfas­sen­de Lösungen aus­ge­merzt wer­den. Sollten die­se zunächst auf den Widerstand einer jahr­zehn­te­lang ideo­lo­gisch beein­fluss­ten Presselandschaft sto­ßen, ist wie­der­um der Gesetzgeber gefragt.Quelle: Neue Gesetze: Gesetzesentwurf | ZEIT ONLINE | LINK

Bei ande­rer Gelegenheit äußer­te Fischer sich zur Handhabung des Strafgesetzbuch-​Paragraphen, der den Tatbestand der Volksverhetzung behandelt:

Wer in Heidenau in die Kamera gebrüllt hat: Raus mit dem Dreck!, hat sich straf­bar gemacht. Die knall­har­te Staatsanwaltschaft hat es viel­leicht noch nicht gemerkt. Aber das wird noch kom­men. Wenn der Wind sich dreht, hat sich Justiz schon immer in den Sturm gestellt. Warten Sie’s ab!

Was also spricht dage­gen, jeden, der einer Hasspredigt gegen irgend­wel­che „Teile der Bevölkerung” zuju­belt oder die­se Predigt oder Teile davon ver­brei­tet, für fünf Jahre in den Knast zu ste­cken? Sie wis­sen es, lie­be Pegidianer und AfDler, sehr geehr­te Deutsche: Es ist die Garantie der soge­nann­ten Meinungsfreiheit. Dieses Menschenrecht und sei­ne erstaun­li­che Popularität machen es der Staatsgewalt auf der gan­zen Welt schwer, den „öffent­li­chen Frieden” auf ein­fa­che, schlich­te und nahe­lie­gen­de Weise für alle Ewigkeit sicher­zu­stel­len: durch das Verbot abwei­chen­der Meinungen.
[…] Mir scheint, als näh­men Sie, lie­be Pegidianer, Menschen- und Bürgerrechte in Anspruch, deren Garantie Sie für selbst­ver­ständ­lich hal­ten. Das ist rich­tig. Es ist des­halb schwer ver­ständ­lich, war­um Sie ande­ren Menschen eben die­se Menschenrechte mit aller Kraft vor­ent­hal­ten möch­ten. Diese Haltung ist dumm. Bemerken Sie das nicht?
Quelle: Warum Volksverhetzung straf­bar ist- Fischer im Recht | ZEIT ONLINE | LINK

Fischer schreibt in die­sem Artikel, dass sei­ner­zeit das Wirken des Eifler Autors Akif „schon ziem­lich tat­be­stands­mä­ßig” gewe­sen sei. Die 20.000 anwe­sen­den begeis­ter­ten Claqueure hät­ten die Angelegenheit ver­schärft, so dass man damit bereits nahe an der Höchststrafe gewe­sen sei. Die beträgt bei Volksverhetzung laut Strafgesetzbuch § 130 bis zu fünf Jahren.

Aber wie ver­hält sich das bestehen­de Recht zu dem, was wir als Internetzhetze bezeich­nen und von dem wir uns nicht so recht distan­zie­ren kön­nen. Es geht nicht um Beleidigungen, die von gewis­sen Leuten regel­mä­ßig in vie­le Richtungen ver­teilt wer­den. Wir erin­nern uns an die Tiraden, denen sich Dunja Hayali oder Anja Reschke aus­ge­setzt sehen. Diese Dinge sind straf­recht­lich rele­vant. Die Täter, so man ihnen hab­haft wird, könn­ten dafür bestraft werden.

Wo ver­läuft die Grenze? Offenbaren wir nicht auch in die­ser Diskussion ein­mal mehr unse­re unver­söhn­li­chen Positionen? Wenn ich bei Google+ oder Twitter ande­ren „elen­de Hetze” vor­wer­fe oder sie als Rechte beti­te­le, krie­ge ich nach kur­zer Zeit die meis­tens (un-)passende Antwort.

[fb-​post href=„https://www.facebook.com/stiftungwarentest/photos/a.10150147181713332.346613.128592903331/10154838513143332/?type=3&theater”]

Fremdenfeindliche und rassistische Hassbotenschaften

Vieles von dem, was ich lese, passt mir nicht. Ich emp­fin­de es als Hetze, wenn nach Nizza und auch dem ver­such­ten Putsch in der Türkei Moslems unter Generalverdacht gestellt wer­den. Der Generalverdacht bezieht sich immer auf ter­ro­ris­ti­sche Aktivitäten von Islamisten. Alle Versuche der Politik und unse­rer Medien, sol­che Verallgemeinerungen lie­ber zu unter­las­sen, ver­hall­ten unge­hört. Dass, was ich als kri­tisch ein­stu­fe, dreht sich oft nur um die­ses eine Thema. Die Leute wer­fen der Bundesregierung, nament­lich Angela Merkel vor, unser Land nicht vor der „Invasion der Terroristen” geschützt zu haben. Wenn ich ver­su­che dar­auf auf­merk­sam zu machen, dass die Anschläge, so schlimm sie sind, immer von weni­gen aus­ge­führt wer­den, die dazu kei­ner­lei Rücksicht auf die Herkunft oder Religion ihrer Opfer neh­men, ver­hallt das unge­hört. Ich wer­de als dumm-​verblendeter Gutmensch dif­fa­miert. Und dann ist die Diskussion meis­tens auch schon wie­der zu Ende.

Aber lässt sich sol­chen Grundüberzeugungen damit bei­kom­men, staat­li­cher­seits Verbote bzw. Strafen zu ver­hän­gen? Bestimmt nicht. Außerdem ist es rich­tig, was Danisch und Stefanolix in ihren oben ver­link­ten Beiträgen schrei­ben. Wenn nicht ein­mal defi­niert wor­den ist, was eigent­lich genau straf­bar ist, wie sol­len Gerichte dann über Strafen entscheiden?

Wo bleibt die Meinungsfreiheit

Abgesehen davon ist es so, dass wir mit sol­chen Versuchen, der Meinungsfreiheit gewis­ser­ma­ßen ein Korsett zu ver­pas­sen, unse­rer Demokratie einen Bärendienst erwei­sen. Darüber muss sich der Bundesjustizminister klar sein.

Wahrscheinlich ist das ent­we­der nicht so gemeint oder im Eifer des Gefechtes bewer­te ich es über. Anderen wie­der­um passt das nicht, was ich dazu oder über­haupt schrei­be. Aber wie ist die Definition von Volksverhetzung genau? Hat Maas dazu je etwas Konkretes geäu­ßert? Die Stiftung Warentest hat ein paar Beispiele gebracht und die Strafen fein säu­ber­lich dane­ben aufgeführt.

Sind das Hassbotschaften? 


Das Blut der 84 Toten klebt an allen, die unser Europa den Muslimen aus­ge­lie­fert haben. Danke ihr Willkommensklatscher, Gutmenschen, Multikultis! Ich hof­fe, die Geister der Toten ver­fol­gen euch in eure Träume!

Merkel sorgt im gro­ßen Stil dafür, dass es an poten­zi­el­lem Täternachschub nicht man­gelt. Ja und wei­te geht der Terror ! und immer noch ste­hen die Tore nach Europa für Moslems offen ! dan­ke Frau Merkel.
Merkel macht wei­ter wie bis­her. Sie ver­höhnt die Opfer.
Alle Moslems raus, egal wie mit allen Mitteln und Merkel gleich mit ! Versäuchung been­den ! Sofort !
Merkel hasst ihr eige­nes Volk und liebt edie MOslems, soll sie doch Kanzlerin in Syrien wer­den, man soll­te denen mer­kel geben wenn Assad weg ist.
die labert und labert. es ist ihr so wurst! die muss end­lich weg!!!!!! was wirst du dazu bei­tra­gen merkl
Die lun­gern doch über­all rum. Solche Massenveranstaltungen laden doch gera­de­zu dazu ein es kra­chen zu las­sen. Das ist ja gera­de die Strategie des isla­mi­schen Terrors!
So lan­ge die Grenzen nicht dicht gemacht wer­den und man nicht alle Muslime raus­schmeißt wird es so wei­ter gehen . Aber ich weiß . Es hat alles nichts mit dem Islam zu tun . Der Koran ist Frieden pur.
Unsere (oder zumin­dest mei­ne) Vorfahren wuss­ten, dass man den Islam in Europa nicht groß wer­den las­sen darf wenn man Frieden haben will. Mehrmals wur­den Moslems oder ihre Vorgängerorganisationen zurück­ge­schla­gen, was noch in Europa leb­te und nicht in den letz­ten Jahrzehnten zuge­wan­dert ist, sind die Überreste ihrer ers­ten geschei­ter­ten Angriffe. Ein isla­mi­sches Europa wäre heu­te das glei­che Armenhaus wie ande­re isla­misch domi­nier­te Gegenden der Welt, die nicht im Öl schwim­men. Kann aber mit ihrer Hilfe noch wer­den.
Keines der Todesopfer war Moslem, was bedeu­tet, dass die Moslems an die­sem Tag die Promenade mie­den, weil sie wuss­ten, was gesche­hen wur­de.
Die Schreibweise habe ich nicht korrigiert. 

Ich habe mich hier bewusst in einem ein­zi­gen Thread bewegt, um die­se Musterbeispiele für Kommentare zu pflü­cken. Schlimm sind die­se Kommentare nicht. Ich gebe aller­dings zu, dass sie mich wütend machen, die­se Beschimpfungen immer der glei­chen Art und Weise.

Ein deut­scher Blogger hat vor einem deut­schen Gericht Recht bekom­men hat, obwohl er alle Katholiken als Mitglieder der Kinderfickersekte belei­digt hat. Mein Glaube an die Meinungsfreiheit war hier­durch etwas ins Wanken gera­ten. Vor allem, weil ich mich durch die Ausführungen Kantels per­sön­lich belei­digt fühl­te. Ich lese dort nicht mehr, obwohl ich das jah­re­lang getan habe. Wenn so etwas so locker „durch­geht”, kön­nen ande­re weni­ger expo­nier­te Verbalinjurien eben­falls straf­frei blei­ben. Manche for­dern sogar einen Putsch der Bundeswehr gegen Merkel. Gut, das sind die ganz Rechten, wie Mannheimer, der frü­her für PI und Konsorten geschrie­ben hat und der heu­te sein rech­tes Gift auf sei­nem eige­nen Blog versprüht.

Es ist halt so, dass der päd­ago­gi­sche Effekt einer Strafe wegen Hassbotschaften noch längst nicht bedeu­ten wür­de, dass sol­chen Drecksseiten das Wasser abge­gra­ben wür­de. Mitnichten. Dafür gibt es zu vie­le lern­be­gie­ri­ge rech­te Idioten in unse­rem Land. Eher muss man den Kampf gegen dum­me, rech­te Parolen wie einen ewig­wäh­ren­den Prozess ver­ste­hen. Dummheit stirbt nie aus.

Alle Kommentare, die ich oben zitiert habe, wur­den bei Youtube unter das Video geschrie­ben, in dem Angela Merkel Stellung zum Anschlag in Nizza genom­men hat. Nur so neben­bei: Das Video wur­de von 116 Leuten nega­tiv bewer­tet, nur von 54 posi­tiv. Auch das ist etwas, was man stän­dig sieht. Es gibt Verbünde, von deren Existenz der ein­fa­che Internetnutzer noch nicht ein­mal im Traum etwas ahnt. :-/​Sowas wis­sen nur die, die stän­di­ge von der Schlechtigkeit der Welt schrei­ben und dann zu RT deutsch oder so sur­fen, um die ein­zi­ge wah­re Wirklichkeit zu erfahren.

Die sagen den nor­ma­len Leuten dann, was sie doch für nai­ve Gutmenschentrottel sie sind.

Oft ist Angela Merkel das Ziel der Hassbotschaften. In Wahrheit geht es längst um unse­re Demokratie. Da hat Maas wirk­lich Recht: Unsere Demokratie steht auf dem Spiel! Aber er soll noch­mal in sich gehen. Besser, wir set­zen uns mit den Feinden unse­rer Demokratie auf eine ande­re Art und Weise aus­ein­an­der, als ihnen Vorwände dafür zu lie­fern, wei­ter alles schlecht zu schreiben.


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