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Mein Plädoyer für die ?‍⚕️solidarische Krankenversicherung

Wie soll man einem Amerikaner die Frage beant­wor­ten, wie vie­le Deutsche gegen eine Krankenversicherung sind? Würde die­se Frage hier oder einem ande­ren euro­päi­schen Ländern so über­haupt je gestellt wer­den? Ein Beispiel dafür,

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Wie soll man einem Amerikaner die Frage beant­wor­ten, wie vie­le Deutsche gegen eine Krankenversicherung sind? Würde die­se Frage hier oder einem ande­ren euro­päi­schen Ländern so über­haupt je gestellt werden?

Ein Beispiel dafür, dass die viel­leicht Recht haben könn­ten, die immer sagen, es gebe hier nicht den gern unter­stell­ten Antiamerikanismus, dafür aber ein aus­ge­präg­tes Unverständnis für den Amerikaner an sich.

@CFahrenbach brach­te die Frage aus dem ers­ten Absatz bei Twitter auf. Daraus ent­wi­ckel­te sich eine inter­es­san­te Diskussion.

In den 1990er Jahren habe ich mich von einem Versicherungsvertreter dazu über­re­den las­sen, zur Privaten Krankenversicherung zu wech­seln. Insofern war mei­ne Behauptung, die pri­va­te Krankenversicherung nicht bean­sprucht zu haben, nicht ganz zutref­fend. Das ist aber viel­leicht bes­ser, als sie nur von außen beur­tei­len zu können.

Persönliche Erfahrungen

Zu die­ser Zeit befand ich mich in ärzt­li­cher Behandlung und stell­te nach dem Wechsel in die PKV ein paar Unterschiede schon beim nächs­ten fäl­li­gen Arztbesuch fest. Ich muss­te nicht war­ten und erhielt gegen mei­ne dama­li­ge Erkrankung, mit der ich mich schon län­ge­re Zeit her­um­schlug, mit einem Mal mehr und auch ande­re Medikamente als zuvor. Geholfen haben die­se aller­dings eben­so wenig wie die, die ich vor­her ver­schrie­ben bekom­men hatte. 😛

Vielleicht ist mei­ne nega­ti­ve Beurteilung dar­auf zurück­zu­füh­ren? Mir war der Unterschied in Sachen Behandlung jeden­falls schon von Beginn an ein Dorn im Auge. Ich muss­te nicht im Wartezimmer Platz neh­men, son­dern wur­de gleich in einen Behandlungsraum durch­ge­lei­tet. Der Arzt erschien nach kur­zer Zeit. Es han­del­te sich um einen Facharzt. Da sind (heu­te) nor­ma­ler­wei­se Wartezeiten von beacht­li­cher Länge nor­mal. Und so weiter.

Rückkehr zur GKV

Ein hal­bes Jahr spä­ter ging mein dama­li­ger Arbeitgeber in Konkurs. Diesem Umstand war es zu ver­dan­ken, dass ich wie­der zu mei­ner vor­he­ri­gen Gesetzlichen Krankenkasse zurück­keh­ren konnte.

Damals habe ich eine Weile gebraucht, um eine neue Anstellung zu fin­den. Zum Glück konn­te ich gehalt­lich in etwa an mein altes Einkommensniveau anknüp­fen. Deshalb hät­te ich nach der Arbeitslosigkeit wie­der in die Privaten Krankenversicherung ein­tre­ten kön­nen. Sie ken­nen das Verfahren vermutlich.

Das habe ich jedoch in den ver­blei­ben­den immer­hin über 20 Jahren nicht gemacht! Aus Überzeugung.

Die zusätz­li­chen Leistungen, die ich wäh­rend der kur­zen Phase ken­nen­ge­lernt hat­te, haben mich also nicht über­zeugt. Wie ich schon geschrie­ben habe, die ver­schrie­be­nen ande­ren Medikamente haben mei­ne dama­li­ge Erkrankung nicht gebes­sert. Außerdem hat­te ich kein gutes Gefühl dabei, als Patient in die­ser Form bevor­zugt zu wer­den. Vielleicht liegt das an mei­ner lin­ken Gesinnung? :-/

Im Ernst: Ich bin – trotz aller Probleme, die wir sicher alle ken­nen – immer noch ein Anhänger der Gesetzlichen Krankenversicherung und auch der Gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Koalition von Union und FDP hat im Jahr 2010 die seit Jahrzehnten bewähr­te pari­tä­ti­sche Finanzierung der GKV auf zuguns­ten der Arbeitgeber auf­ge­kün­digt. Ich set­ze mei­ne Hoffnung auf September 2017 und auf die SPD, die die­se Änderung rück­gän­gig machen möchte.

Ansonsten fin­de ich Versicherungen, die auf dem Solidaritätsprinzip basie­ren, kei­nes­falls unmo­dern, son­dern immer noch als erstre­bens­wer­te Ideallösung. Dafür gibt es eini­ge Argumente, die über die lin­ke Gefühligkeit hin­aus geht.

Basistarif der Privaten Krankenversicherung

Wer aller­dings in der Privaten Krankenversicherung ver­si­chert ist, der muss, falls es finan­zi­ell nicht mehr so gut läuft, auf einen so genann­ten Basistarif aus­wei­chen. Der Leistungsumfang ist nicht ver­gleich­bar mit den Tarifen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Er ist deut­lich schlechter.

Der Versicherte muss in die­sem Fall sei­nen Ärzten selbst erklä­ren, dass er zwar pri­vat kran­ken­ge­si­chert ist, bestimm­te Leistungen jedoch nicht mehr abge­rech­net wer­den kön­nen. Kinder und nicht berufs­tä­ti­ge Ehefrauen sind nicht auto­ma­tisch kos­ten­los mit­ver­si­chert. Viele Leistungen der Privaten Krankenversicherung sind nur gegen Aufpreise zu erhal­ten. Anderseits wird fest­ge­stellt, dass PKV-​Versicherte häu­fig als über­ver­sorgt gel­ten, weil zwecks Honorarabrechnung mehr Untersuchungen an ihnen prak­ti­ziert wer­den, als medi­zi­nisch nötig wären.

Alter

Die Altersfrage ist eine zusätz­li­che Hürde, die Privatversicherte zu neh­men haben. Sie wer­den oft aus finan­zi­el­len Gründen gezwun­gen sein, auf die gesetz­li­che vor­ge­schrie­be­nen Tarife aus­zu­wei­chen. Auf einen Bonus für lang­jäh­ri­ge Mitgliedschaft darf man dabei nicht hoffen.

Auf der Habenseite fin­den sich auch eini­ge Vorteile. Diese haben mich per­sön­lich jedoch in der Abwägung mit den Nachteilen nicht über­zeugt. Die Zeit der nied­ri­gen Einstiegstarife hat­te ich alters­be­dingt damals schon hin­ter mir. Wer jung und gesund ist, hat tol­le nied­ri­ge Beiträge. Typische Kriterien für eine Entscheidung zuguns­ten der GKV sind Einbettzimmer, Chefarztbehandlung. Aber die­se Leistungen las­sen sich, wenn man das unbe­dingt braucht, durch Zusatzversicherungen abdecken.

Der Kunde hat Einfluss auf den Leistungskatalog. Er kann Leistungen zuguns­ten sei­ner Prämienbeiträge redu­zie­ren. Angeblich kön­nen die stei­gen­den Kosten im Alter durch „gutes Wirtschaften” redu­ziert werden.

Was spricht gegen die Gesetzliche Krankenversicherung?

Die Punkte, die gegen die GKV spre­chen, glaubt jeder zu ken­nen. Das Herumwursteln der Politik am System erle­ben wir seit Jahrzehnten. Aber es ist mei­ner Meinung nach so, dass unser Gesundheitssystem längst nicht so schlecht ist, wie man­che es dar­stel­len. Allerdings gibt es auch etli­che Systemfehler, die – obwohl sie nicht seit ges­tern bekannt sind – poli­tisch aus Gründen nicht wirk­sam bekämpft wur­den. Zu vie­le Leute haben ihre Finger in die­sem Topf.

Es gibt Eckdaten, die mich nach­denk­lich gemacht haben. 1960 gab es in Deutschland (inkl. DDR) ca. 93k Ärzte. 2016 waren es ca. 379k. Da fragt sich der inter­es­sier­te Beobachter doch, ob dies ange­sichts der Bevölkerungsentwicklung und der Alterspyramide tat­säch­lich bedarfs­ge­recht (1970 ≈ 78 Mio., 2011 ≈ 80 Mio. Einwohner) ist? Und das ist nur eine der Fragen, auf die der nor­ma­le Kassenpatient schwer­lich eine befrie­di­gen­de Antwort fin­den wird. Oder?

Trotzdem: Ich ste­he auf Solidarität und damit auf die Gesetzliche Krankenversicherung!


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8 Gedanken zu „Mein Plädoyer für die ?‍⚕️solidarische Krankenversicherung“

  1. Hallo Horst,

    unter­schreib ich so. Manchmal wür­de ich mir aber doch wün­schen in der PKV zu sein. Nämlich wenn es um Termine bei einem Facharzt geht. Ich hab das Problem, dass ein Facharzt von mir sich mit einer Krankheit von mir aus­kennt. Darüber wis­sen ande­re Kollegen aber nicht unbe­dingt Bescheid. Mal eben einen ande­ren Arzt wäh­len fällt also flach. Termine wer­den zum Anfang eines Quartals für das aktu­el­le Quartal ver­ge­ben. Es kommt also durch­aus vor, dass man am 3 Tag des Quartalsbeginn kei­nen Termin mehr bekommt. An die elen­dig lan­ge Wartezeit im Wartezimmer, wenn es doch geklappt hat, hab ich mich schon gewöhnt.

    HG Hans

  2. Gegen die elend lan­gen Wartezeiten habe ich immer mit einem Buch vorgesorgt.
    Ich las­se das „nicht mit mir machen”! Im Lesen eines mei­ner aktu­el­len Bücher füh­le ich mich befreit und autark.
    Kann ich jedem nur empfehlen!

  3. Dem Amerikaner ist sehr schwer zu ver­mit­teln, war­um man Steuern zah­len soll, ohne direkt was davon zu haben. Man sieht nicht ein, soli­da­risch für ande­re zu zah­len, denen es weni­ger gut geht. Hier herrscht lei­der noch die Überzeugung, dass die­se Leute ja selbst schuld sind. Die sind zu faul und kön­nen sich des­we­gen kei­ne Versicherung leis­ten. Warum soll ich dafür auf­kom­men? Das ist lei­der gän­gi­ger Tenor.
    Außerdem herrscht gro­ße Angst, dem Staat zu gro­ße Kontrolle zu geben. Die Republikaner haben ja auch ordent­lich Ängste geschürt mit Blödsinn wie „Death Panels”. Man hat Angst, dass man im Falle einer Erkrankung die „Güte” des Staates abwar­ten muss, einen zu behan­deln. Die glau­ben wirk­lich, der Staat ent­schei­de dann, wer leben darf und wer ster­ben muss. Absurd. Natürlich geben Krankenkassen Behandlungsformen vor, da hat man kei­ne Wahlfreiheit. Man kann aber jeder­zeit aus pri­va­ter Tasche alter­na­ti­ve Methoden wäh­len. Diese Freiheit bleibt einem ja. Das ver­ste­hen Amerikaner aber nicht. Die den­ken, der Staat hät­te bei öffent­li­cher Krankenversicherung das letz­te Sagen, zu wel­chem Arzt ich gehen und wel­che Behandlung ich bekom­men darf. Vor sol­cher Bevormundung herrscht gro­ße Angst im „land of the free”.

  4. Mittlerweile hel­fen übri­gens Krankenkassen ja bei einer Terminfindung. Ob alle das machen, weiß ich nicht. Versuch macht kluch. Man ruft da an bei der KK, sagt einen Umkreis und die rufen dann zurück, wenn sie einen Termin haben. Das hat mei­ne Frau bei­spiels­wei­se schon zwei oder drei­mal in Anspruch genom­men. Das ging dann auch von einer auf die nächs­te Woche. Mir nützt es (nur) nichts, was den besag­ten Facharzt angeht.

🎈 Worte haben Gewicht – wählt sie weise.

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