Wir haben ver­mes­se­ne Vorstellungen von Solidarität

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> 6 Kommentare

105

5 Min.

Standardbild

Es ist wohl lei­der nor­mal, lie­ber auf die Fehler von ande­ren zu ver­wei­sen als die eige­nen zu sehen oder im Stillen wenigs­tens an ihnen zu arbeiten. 

Immerhin tun vie­le in Deutschland heu­te so, als könn­ten unse­re Bemühungen beim Klimawandel Vorbild für die Welt sein. «Am deut­schen Westen soll die Welt gene­sen». Dieses Faible ist schon seit den Zeiten des deut­schen Kaisers bekannt.

Die Wälder am Amazonas bren­nen wie noch nie und auch auf Gran Canaria haben nach Medienberichten Menschen dafür gesorgt, dass ein furcht­ba­rer Waldbrand die Natur zer­stört. Bäume pro­du­zie­ren Sauerstoffs und geben die­sen frei. Die Sauerstoffproduktion muss also von weni­ger Bäumen besorgt wer­den. Wälder spei­chern außer­dem CO2. Dieser Fakt gräbt sich erst seit dem Klimawandel so rich­tig ein in unser kol­lek­ti­ves Bewusstsein. Entsprechend böse reagie­ren wir, wenn ande­re dem Wald Schlechtes tun. Brandstifter gibts den­noch und meist ste­cken hand­fes­te wirt­schaft­li­che Interessen hin­ter den Feuern, die eigent­lich Brandrodungen sind.

Wie es aus­sieht, wird der schlim­me Brand in Gran Canaria bald gelöscht sein, im Amazonas-Gebiet sieht das lei­der anders aus. In Sibirien und Alaska bren­nen die Wälder in nicht gekann­ten Dimensionen. 

Die gestie­ge­nen Temperaturen sowie die gro­ße Trockenheit in wei­ten Gebieten för­dern Brände. In Sibirien und Alaska wer­den die Brandursachen wohl dort zu suchen sein. Ich schrei­be das, obwohl Jörg Kachelmann bestimmt aus­flip­pen wür­de. Aber das macht er ja aus Prinzip, glau­be ich. Wer auch immer ver­ant­wort­lich ist, der Kreislauf scheint kaum mehr durch­bro­chen wer­den zu kön­nen. Zunahme von Bränden, weni­ger Wald, höhe­re CO2 Emissionen… 

Brasilien

Der bra­si­la­ni­schen Regierung Bolsonaro wer­den schlim­me Vorwürfe gemacht. Nur ver­fügt nie­mand über die Mittel, den Mann, der für die eska­lier­te Lage am Amazonas ver­ant­wort­lich ist, von sei­ner «Politik» abzubringen. 

All dies geschieht in die­sem Sommer und befeu­ert die vie­len Meldungen über die Folgen des Klimawandels. Die Nachrichten machen Angst. Wir schau­en hilf­los auf die Natur und ent­wi­ckeln eine Wut auf die aus unse­rer Sicht Schuldigen. 

Bolsonaro wirkt in die­sem Szenarium für vie­le wie ein Unmensch. Er gefähr­det nicht nur die Zukunft sei­ner BürgerInnen, son­dern setzt die Funktionsfähigkeit der «Lunge der Welt» aufs Spiel. Bolsonaro schert sich nicht um die Ureinwohner sei­nes Landes und schon gar nicht um die Milliarden von Tieren, die den Bränden akut und künf­tig zum Opfer fallen.

Dass Bolsonaro mit Drohungen aus Europa, sprich der Streichung von Fördergeldern aus Norwegen und Deutschland, nichts am Hut hat und sie locker abtrop­fen lässt, muss­ten wir zur Kenntnis neh­men. Dass er den Naturschutzorganisationen vor­ge­wor­fen hat, selbst für die Brände ver­ant­wort­lich zu sein, um sei­ne Politik zu atta­ckie­ren, ist so krass wie lächer­lich. Ein fie­ser Kerl. Von vie­len Äußerungen sei­nes Vorbildes Donald Trumpski ken­nen wir die nega­ti­ven Gefühle schon, die wir auch dem Brasilianer entgegenbringen. 

Abgesehen von den poli­ti­schen Scharmützeln bewe­gen uns viel­mehr die Folgen für unse­ren Planeten. Es macht nach­denk­lich, wie ver­ant­wor­tungs­los man­che Politiker und Publizisten mit der Brisanz des Klimawandels umge­hen. Dass die­ser wenigs­tens nicht mehr abge­strit­ten wird, ist immer­hin ein Fortschritt, einer, den wir der 16jährigen Schwedin Greta Thunberg ver­dan­ken. Dass sie von vie­len gehasst wird, passt in unse­rer ver­rück­te Zeit. 

Es ist egal, ob es um Menschen- oder Klimarettung geht, für vie­le ist bei­des falsch. Die Protagonisten wer­den zu Hassobjekten.

Dabei bringt mich das Verhalten sol­cher Leute wie Bolsonaro oder Trumpski wie­der zu dem Gedanken zurück, dass nur inter­na­tio­na­les Handeln es schaf­fen kann, die erfor­der­li­che Wirkung gegen den Klimawandel zu erzielen.

Deutschland

Davon möch­ten die Aktivisten in Deutschland nur gar nichts wis­sen. Sie glau­ben, dass Deutschland mit sei­nen ca. 80 Millionen Einwohnern und einer rela­ti­ven Wirtschaftsmacht ein Vorbild für alle ande­ren Nationen sein soll­te. Dass das bis­her Erreichte dabei kei­nes­wegs bei­spiel­haft ist, zei­gen schon die dra­ma­tisch gestie­ge­nen Energiekosten und die unbe­streit­ba­ren Probleme bei der Sicherung der Energieversorgung. Von Detailfragen, etwa dem Transport des Windstromes von Nord nach Süd, will ich gar nicht erst anfangen. 

Dass welt­weit neue Atomkraftwerke instal­liert wer­den stört uns nicht; die­se Technik haben wir wohl ein für alle Mal abge­schrie­ben. Und das obwohl die Weiterentwicklung der Reaktortechnik nicht nur fast emis­si­ons­freie und wohl auch eine stark risi­ko­re­du­zier­te Energieerzeugung ver­spricht. So fest ist die Ideologie der grü­nen Energiewende alle­mal, dass für sol­che eigent­lich nahe­lie­gen­den Überlegungen kein Platz mehr ist. Mich stört es, dass nicht ein­mal ein Gedanke dar­an ver­schwen­det wird. Atomenergie wird wie ein Tabu behandelt.

China und Indien

Es ist wohl weit­aus schwer­wie­gen­der, dass Länder wie China und Indien mit Millionen von Arbeitsplätzen in der Kohleindustrie allein schon aus die­sem Grund den Wandel zu erneu­er­ba­ren Energien voll­zie­hen kön­nen. Dort wer­den Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke wei­ter­hin benö­tigt, gebaut und betrieben.

Der Energiebedarf aller auf­stre­ben­den Länder wird natür­lich wei­ter wach­sen. Deutsche Umweltaktivisten träu­men trotz­dem davon, den Regierungen die­ser Länder durch unser «eige­nes Vorbild» ele­men­ta­re Entscheidungshilfen zu bie­ten. Wie naiv ist das eigentlich?

Die ersehn­te Verbesserung der Lebensqualität von Menschen in so vie­len Ländern der Erde ist umwelt­po­li­tisch ver­mut­lich sehr kon­tra­pro­duk­tiv. Während wir im Westen unse­ren Fleischkonsum und unse­re Fernflüge aus eige­ner Einsicht viel­leicht spür­bar redu­zie­ren, kön­nen wir nicht ernst­haft glau­ben, dass all die Millionen Menschen ihre Vorstellung von einer Wohlstandsentwicklung auf­ge­ben, die wie selbst­ver­ständ­lich das Leben so vie­ler Generationen in unse­ren rei­chen Ländern präg­ten. Wir glau­ben doch nicht allen Ernstes glau­ben, dass wir Menschen in ande­ren Ländern ein gutes, kom­for­ta­bles Leben (Mein Haus, mei­ne Yacht, mein Auto) aus­re­den kön­nen, nur weil es für den Planeten eng wird?! Denjenigen, der die­se Überzeugungsarbeit leis­ten will, möch­te ich kennenlernen.

Die Ausbeutung unse­res Planeten wird ein (natür­li­ches) Ende haben, weil wir das Bevölkerungswachstum nicht in den Griff kriegen.

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


6 Gedanken zu „Wir haben ver­mes­se­ne Vorstellungen von Solidarität“

  1. Das mit der Zunahme der Bevölkerung als fina­ler Streich könn­te nicht stim­men. Rosling sprach von max. 12 Milliarden.
    Aber was ande­res ist ver­mut­lich schwer­wie­gen­der: die feh­len­de Bereitschaft, end­lich Maßnahmen zu ergrei­fen. Es gibt genug Leute, die noch schnell mega-tou­ris­ten­zie­le abklap­pern wol­len. In saus und Braus ist die Devise.
    Es reicht ein­fach nicht. 

  2. In dei­ner Beschreibung zum der­zei­ti­gen Alltag, @Horst, fin­de ich mich kom­plett wie­der. Und ich ver­mu­te, bei Gerhard geht es in die ähn­li­che Richtung. 

    Wollte man das hoch­rech­nen, da Deutschland immer älter wird, redu­zie­ren sich schäd­li­che Ausstoße aller Art «wie von selbst». Damit tra­gen zumin­dest wir «Älteren» unse­ren Beitrag schon bei. :)) 

  3. «Davon möch­ten die Aktivisten in Deutschland nur gar nichts wis­sen. Sie glau­ben, dass Deutschland mit sei­nen ca. 80 Millionen Einwohnern und einer rela­ti­ven Wirtschaftsmacht ein Vorbild für alle ande­ren Nationen sein sollte. »
    Das ist eine pau­scha­li­sie­ren­de Annahme, die du mal unter­füt­tern müss­test! Ich sehe stän­dig Forderungen nach glo­ba­lem Handeln – und jetzt gera­de geht die Forderung rund, das Freihandelsabk. mit Brasilien zu stop­pen. Haben Irland und Frankreich gra­de ange­droht – wo bleibt DE?
    Dass die Individuen das Klima durch vor­bild­li­ches Handeln allei­ne ret­ten, ist sowie­so ein Fantasma, poli­ti­sche Vorgaben und Regeln sind gefor­dert – in Deutschland und Europa. Was nicht bedeu­tet, dass man selbst nicht auch was tun kann, ich esse schon lan­ge nur­mehr sel­ten Fleisch, Wurst nur noch vege­ta­risch (die wer­den immer bes­ser – und sich­te mal den Namenslink!). 

Mehr lesen aus dieser Kategorie

Beschissen, betro­gen, verarscht
Düstere Zukunft

Gesellschaft, Politik

Beschissen, betro­gen, verarscht

Spielräume statt Dogmen: Der Versuch einer sach­li­chen Kritik.
existenzminimum debatte verfassungsgericht

Flüchtlinge, Gesellschaft, Politik

Spielräume statt Dogmen: Der Versuch einer sach­li­chen Kritik.

Wenn Vertrauen erschüt­tert wird: Migration, Verantwortung und Zusammenhalt
sicherheit und spaltung.

Flüchtlinge, Gesellschaft

Wenn Vertrauen erschüt­tert wird: Migration, Verantwortung und Zusammenhalt

🧡 Danke, dass du hier warst.