Arbeiten für die Demokratie

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Wer hat sich nicht schon über lee­re Par­la­ments­sit­ze in Land­ta­gen oder im Bun­des­tag gewun­dert oder gar geär­gert? Es kommt des­halb vor, dass Jour­na­lis­ten das The­ma ein­mal wie­der­ent­de­cken und dar­über berichten. 

Dabei soll­ten sie ja wis­sen, was Par­la­men­ta­ri­er dazu ver­an­lasst, ihren Stuhl im Par­la­ment ver­waist zu lassen.

Par­al­lel lau­fen­den Aus­schuss­sit­zun­gen sind ein wich­ti­ges Argu­ment dafür, das Sitz­plät­ze im Ple­num leer blei­ben. Unser hie­si­ger Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter hat­te mir vor einer Wei­le auf Nach­fra­ge noch wei­te­re Grün­de genannt. 

Zur Beschluss­fas­sung des Bun­des­ta­ges muss die Hälf­te der Abge­ord­ne­ten anwe­send sein. Die Zahl der anwe­sen­den Abge­ord­ne­ten wird wohl nicht sys­te­ma­tisch über­prüft, sonst gäbe es die­se Fra­ge im lau­fen­den Betrieb nicht. Es gilt das Mot­to: Wo kein Klä­ger, da kein Rich­ter. Die AfD glaub­te, die ande­ren Par­tei­en vor­zu­füh­ren (Ham­mel­sprung). Ich fra­ge mich, wes­halb eine simp­le per­ma­nen­te Zählung/​Anwesenheitsnachweis nicht per­ma­nent zum Bei­spiel auf elek­tro­ni­schem Weg mög­lich sein soll­te. Zur Not täte es ein Mel­de­sys­tem. In Unter­neh­men sind die­se üblich.

Wenn sich die Par­la­men­ta­ri­er dar­auf ver­las­sen kön­nen, wird die Orga­ni­sa­ti­on der Beschluss­fas­sun­gen (par­la­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­rung) irgend­wie klap­pen. Man­che Bür­ge­rIn­nen wird das aber kaum zufrie­den­stel­len. Das gilt bestimmt nicht nur um AfD-Mit­glie­der oder ande­re Stänkerer. 


Heu­te erfuhr ich durch einen klei­nen Arti­kel im Köl­ner Stadt-Anzei­ger, dass es wei­te­re Aspek­te gibt, die ich gar nicht auf dem Schirm hatte. 

Schulklassenbesuche

Wel­chen Ein­druck bekom­men Jugend­li­che von unse­rer Demo­kra­tie, die mit der Schul­klas­se den Land­tag besu­chen? Viel­leicht sucht der Leh­rer einen Ter­min aus, weil sie die zu die­sem ange­setz­te Debat­te von beson­de­rer Bedeu­tung ist? In die­sem Fall wür­de die Wich­tig­keit der Debat­te, so unter­stellt man, bestimmt auch dafür sor­gen, dass das Ple­num nicht (wie sonst) ziem­lich leer ist. Eine Garan­tie dafür gibt es nicht. 

Außer­dem kann sich das Ple­num auch will­kür­lich lee­ren. Dann näm­lich, wenn AfD-Abge­ord­ne­te sprechen. 

In unse­rem Bei­spiel trat der AfD-Frak­ti­ons­chef ans Red­ner­pult, um sei­ne „Sicht der Din­ge“ dar­zu­le­gen. Das Ple­num war zu die­sem Zeit­punkt fast leer. Viel­leicht darf ich zuguns­ten der ver­schwun­de­nen Abge­ord­ne­ten sagen, dass die von der AfD vor­ge­tra­ge­nen The­men immer die sind, die auch ich an die­ser Par­tei so über­aus schät­ze und die eigent­lich die Auf­merk­sam­keit der Öffent­lich­keit kein biss­chen ver­die­nen. Aber dür­fen Par­la­men­ta­ri­er sich so ver­hal­ten? Wird das ihrem Auf­trag gerecht?

AfD-Parolen

„Arme Spa­rer, die ihr Geld ver­lie­ren, weil die Zin­sen nied­rig sind und alle in Beton­gold flüch­ten, die sich den Kauf von teu­ren Immo­bi­li­en nicht leis­ten kön­nen und bei der Suche nach einer bezahl­ba­ren Woh­nung mit Flücht­lin­gen kon­kur­rie­ren, die nicht schutz­be­dürf­tig, son­dern kri­mi­nell sind und derent­we­gen wir uns auf unse­ren Stra­ßen und Plät­zen bedroht füh­len.“

So etwa sieht die üble Kau­sal­ket­te aus, die die AfD in unse­ren Par­la­men­ten und bei allen Gele­gen­hei­ten verbreitet!

Es ist im par­la­men­ta­ri­schen All­tag mehr als ein Schön­heits­feh­ler, dass im beschrie­be­nen Sze­na­ri­um nie­mand da ist, der die­sem bös­ar­ti­gen Gere­de etwas ent­ge­gen­setzt. Kein Wider­spruch, kei­ne Zwi­schen­ru­fe.

Keiner rührt einen Finger

Alle ande­ren gewähl­ten Volks­ver­tre­ter las­sen es zu, dass den Posi­tio­nen der AfD nichts ent­ge­gen­ge­setzt wird. Die Abge­ord­ne­ten der „Alt- oder Sys­tem­par­tei­en“ schei­nen wich­ti­ge­res zu tun zu haben, als für die Kulis­se im Par­la­ment (bei­spiels­wei­se unse­re Schul­klas­se) Stel­lung für die Demo­kra­tie zu beziehen.

Wenn man es nicht ein­mal mehr für nötig hält, inner­halb unse­rer Par­la­men­te für die Demo­kra­tie zu strei­ten, kön­nen wir das Heft des Han­dels ja denen über­ge­ben, die lie­ber dik­tie­ren als verhandeln. 

Die Schü­le­rIn­nen wer­den ihre Leh­ren aus den Erfah­run­gen mit Aus­gren­zung von poli­ti­schen Geg­nern zie­hen. Hof­fent­lich sind es nicht die­je­ni­gen, für die wir, die Ver­ant­wor­tungs­trä­ger der älte­ren Gene­ra­tio­nen heu­te zu ste­hen schei­nen. Wir soll­ten als Demo­kra­ten selbst­be­wuss­ter sein und dür­fen vor allem nicht glau­ben, dass das von allein funk­tio­niert, was Poli­ti­ker uns gern als Wer­te einer libe­ra­len Demo­kra­tie anpreisen. 


Im zitier­ten Arti­kel ging es kon­kret um die nord­rhein­west­fä­li­sche Land­tags­de­bat­te für den Haus­halt 2020. 

Update: Link: AfD: Ver­fas­sungs­ge­richt lehnt Eil­an­trag zur Beschluss­fä­hig­keit des Bun­des­tags ab – SPIEGEL ONLINE

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Parlamente

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