Was braucht die CDU, besser: welche Personalentscheidung der CDU täte Deutschland jetzt oder möglichst bald gut? Vielen scheint mit unserer im Off verschwundenen Kanzlerin ein gewisses Maß an Führung zu fehlen.
Es fehlen Orientierung und Zuversicht
Warum fällt es nach der SPD nun auch der anderen ehemaligen Volkspartei so schwer, Orientierung und Zuversicht zu vermitteln und welchen Anteil haben wir eigentlich daran, dieses Volk von egoistischen Individuen, an diesem Berliner Politikbetrieb und seinen Entscheidungen? Wieso lassen wir uns in dieser schnellen zeitlichen Abfolge von unseren Eliten, übrigens nicht nur den politischen, entzweien?
Kanzlerin Merkel war nie gut im Kommunikationsfach. Wer rhetorisch nicht auf der Höhe ist, kann als Politiker nur schwer vermitteln? Wenn ich aber an den diesbezüglich sehr begabten Christian Lindner (FDP) denke, lässt sich so eine These vor dem Hintergrund der thüringischen Ministerpräsidentenwahl kaum aufrechterhalten.
Keine Führung durch die Kanzlerin
Aber Merkel lässt viel mehr als früher schon Führung vermissen. Sie erteilt zwar überflüssige Anweisungen aus fernen Ländern aber Orientierung gibt sie damit nicht. Ganz im Gegenteil. Damit hat sie die tapfere Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer endgültig ins politische Verderben gestürzt.
Es fehlt an einer nachvollziehbarer, wenigstens einigermaßen durchdacht wirkenden Politik. Das müsste sie selbst einsehen und jetzt endlich den Platz für andere Leute räumen. Dabei müssen wir eben in Kauf nehmen, dass es vielleicht zuerst schlimmer werden könnte, bevor die Lage sich wieder einigermaßen normalisiert.
Denn normal kann man das, was in unserem Land abgeht, inzwischen wirklich nicht mehr nennen!
Die drei neuen Kandidaten, die die alten sind, sollen nicht durch Mitgliederentscheide bestätigt oder neu bestimmt werden, weil die Erfahrungen der SPD mit diesem demokratischen Weg nichts Gutes erwarten lassen. Schon daran lässt sich erkennen, wie verunsichert auch die CDU ist. Innerparteiliche Demokratie wird wohl als Gefahr wahrgenommen.
Neues Personal – neue Führung
Ich denke, dass jeder der drei gehandelten Kandidaten gegenüber Angela Merkel heute Vorteile brächte. Das Defizit an Führung sollte dringend behoben werden. Allerdings wird eine strategische Neuausrichtung, die die Anliegen der Konservativen wieder stärker berücksichtigt, schwierig werden. Wenn nun der Kandidat zum neuen Chef wird, der diese konservative Seite erwartungsgemäß wieder stärker betonen würde, könnte auf der anderen Seite einiges wegbrechen, wie viel ist kaum einzuschätzen.
Das damit verbundene Risiko wäre ungefähr so, als würde sich die CDU darauf einlassen, sich angesichts der thüringischen Verhältnisse kurzfristig von ihrem Parteitagsbeschluss hinsichtlich der Gleichbehandlung von AfD und Linkspartei zu distanzieren.
Sicher, für manche wäre das reiner Pragmatismus, für andere ein Dammbruch. Dass es diesen bereits gab, spielt für viele CDUler offenbar keine Rolle.
Welche verheerenden Wirkungen der Beschluss in der ostdeutschen Praxis in den nächsten Jahren noch haben wird, kann man angesichts der Lage in Thüringen schon ahnen. Theoretisch gilt, dass die Zusammenarbeit mit AfD und Linken ausgeschlossen ist.
Da werden Landesvorsitzende in die Wüste geschickt, weil sie die rechte Flanke öffnen wollen. Wer links blinkt hat genauso verloren. In Thüringen hatten AfD und Linke bei den letzten Wahlen 54,4 % der Stimmen. Ob die CDU es wirklich erlaubt, diese Situation, die sich im nächsten Jahr wiederholen dürfte, zu ignorieren? Für mich ist das undenkbar.
Beschlusslage der CDU ist an Ignoranz nicht zu überbieten
Der Schaden, den die Demokratie, nicht bloß die CDU, durch diese Ignoranz nimmt, ist unermesslich. So ein Verhalten ist unverantwortlich! Und es zeigt so eindeutig, wie groß die Führungskrise in der Partei ist und dass dringendes Handeln geboten ist.
Die Kandidaten – ein Trio zur Führung?
1.) Friedrich Merz: Auf ihn setzen die konservativen Kräfte in der Union, witzigerweise ist die JU Feuer und Flamme für ihn. Wer wundert sich da eigentlich noch über die Eigenarten der 3. oder 4. Generation türkischer Migranten? Die „Orthodoxie“ scheint jüngere Menschen attraktiver als man annehmen sollte.
Es wird von Merkel – Feinden die Sozialdemokratisierung der CDU als Schreckgespenst gezeichnet, der unerwünschte Ruck nach Links. Ich frage mich, wie man angesichts der wahren Lage vieler Menschen in unserem Land auf solch einen Unsinn kommt.
Mit Unterstützung der SPD hat die Union das Neoliberale stärker betont, als Rente mit 63, Mütterrente, Abschaffung der Wehrpflicht und Ehe für alle es vielleicht suggerieren.
Merkel hat in meinen Augen viel mehr die CDU modernisiert. Ein normaler und wichtiger Schritt, dem auch andere Parteivorsitzende nicht hätten ausweichen können. Das war auf der einen Seite ebenso notwendig wie andererseits für viele echte Konservative absolut unerwünscht. Schließlich ist man ja konservativ.
Würde ein konservativer Politiker vom Schlag eines Friedrich Merz Parteivorsitzender und Bundeskanzler, könnte es gut sein, dass die über die Jahre gewonnene Zustimmung nicht kleiner liberaler Wählergruppen der CDU verloren gehen. Das ist schwer zu beurteilen. Aber diese Gefahr werden die Parteistrategen hoffentlich im Blick haben.
2.) Jens Spahn: Ein echter Neustart wäre mit diesem jungen Politiker gegeben. Ich persönlich halte viel von ihm. Er zeigt nicht erst in seinem wichtigen Amt als Bundesgesundheitsminister, dass er nicht nur ehrgeizig ist, sondern dass er anpackt und auch unbequeme Themen auf seiner Agenda konsequent abarbeitet. Ich habe bedauert, dass er mit seiner Initiative zur Organspende nicht durchgekommen ist.
Einerseits wäre es schade, diesen fähigen Mann an dieser Position zu verlieren und durch jemand anderen ersetzen zu müssen. Anderseits würde er der CDU ein neues, vielleicht auch etwas konservativeres Gesicht geben. Das könnte neue Wählergruppen an die Union binden ohne andere zu verprellen. Jens Spahn mag vielen etwas jung für diese Aufgabe erscheinen, ich glaube, sein Alter spricht eher für als gegen ihn. Er ist gut vernetzt innerhalb der Union, ich traue ihm – deutlich mehr als Merz – die Fähigkeit zur Integration der beiden großen Lager zu.
3.) Armin Laschet: Im Gegensatz zu Merz besitzen Laschet und Spahn Regierungserfahrung.
Laschet ist ein Mann des Ausgleichs. Von denen gibt es leider nicht allzu viele.
Ihm wird eine Nähe zur Kanzlerin nachgesagt, die in den Augen vieler konservativer CDU-Leute vermutlich erst einmal gegen ihn sprechen wird. Er teilt und verteidigte umstrittene Positionen, für die Merkel von vielen, nicht nur innerhalb der CDU heftig kritisiert wird. Interessant ist die Politik, übrigens auch die Personalpolitik, die Laschet in NRW macht. Er hat im Angesicht der radikalen Debatte zum Klimaschutz Führung gezeigt und Grünen und Friday-for-Future-Leuten nicht nach dem Munde geredet – wie viele andere in Berlin etwa.
Er hat mit Innenminister Reul einen Mann im Kabinett, der klare Kante gegenüber der Clan-Kriminalität im Land zeigt. Für mich ist dieser Innenminister ein glaubwürdiger Vertreter der Politik, die wir in Deutschland auch auf der Bundesebene brauchen würden. Und das sage ich, obwohl ich die positiven Veränderungen der letzten Zeit bei Horst Seehofer zur Kenntnis genommen habe.
Laschet hat in seinem Kabinett ganz unterschiedliche Leute an Bord. Liberale, Soziale und durchaus auch einen, den man vielleicht als Hardliner an der richtigen Stelle sehen kann. Das alles geht offensichtlich einfacher, wenn man selbst (Laschet) einen integrativen Führungsstil an den Tag legt.
Armin Laschet ist ausgleichend und integrativ, was seiner (rheinischen) Persönlichkeit zu verdanken sein dürfte. Eigentlich brauchte die CDU genauso einen Mann an ihrer Spitze. Dass er, wie Jens Spahn, für ein Führungsteam ausspricht, halte ich für ein Zeichen der Unsicherheit, die leider auch die CDU erfasst hat.
Unterstützung von außen und von rechts
Merz wird von konservativen Medien sehr unterstützt. Ob das angesichts seiner jüngsten Äußerungen so bleibt, muss man abwarten. Seine Kritik an den klassischen Medien trifft zwar vermutlich den Nerv seiner Anhänger auf der rechten Seite der CDU und weiter rechts. Aber ob ihm das im internen Wahlkampf um die Führung der Partei nützt, wird man abwarten müssen.
Ich glaube aber, dass die CDU Friedrich Merz auf das Schild heben wird und das dieser jetzt – quasi im zweiten Hinfassen – CDU – Parteivorsitzender wird. Die Nachrichten aus der CSU besagen, dass die Schwester, gewiss keine Freundin dieses Kandidaten, sich in diese Wahl nicht einmischen wird. Die Entscheidung über einen CDU-Kanzlerkandidaten soll nach Söders Aussage allerdings erst nächstes Jahr getroffen werden. Das ist nicht sachgerecht. Die Entscheidung sollte früher passieren.
Die bayrische Haltung könnte darauf hindeuten, dass Söders Ambitionen vielleicht doch weiterreichen als bis zur bayerischen Staatskanzlei, oder es macht erst das ganze Ausmaß der Krise der Konservativen deutlich.
Angela Merkel sollte Deutschland zuliebe ihren Rückzug vorverlegen und für eine/n neue/n KanzlerIn den Weg freimachen. Wir erleben ansonsten, wie die letzte Volkspartei unseres Landes auf das Maß reduziert wird, mit dem die SPD bereits Bekanntschaft machen musste. Sich von freundlichen Umfrageergebnissen davon abbringen zu lassen, wäre staatspolitisch ein großer Fehler. Jede Woche länger im Amt schadet Deutschland.
Und jetzt noch Röttgen, der sogar dank einer BLÖD-Blitzumfrage gleich auf Platz 1 der Beliebtheit schoss (klar, ist nicht repräsentativ…).
Ich hab ihn öfter in Talkshows erlebt und finde ihn intelligent und vernünftig. Wäre neben Spahn, vieleicht sogar vor ihm mein Favorit – ganz davon abgesehen, dass ich eh nicht CDU wähle.
Merkel kann m.E. jetzt nicht vorzeitig abtreten, das wäre ganz schlecht für die EU-Präsidentschaft, die demnächst an DE geht!
Mit meiner Frau habe ich immer wieder über Röttgen gesprochen. Wir finden gut, was er in Diskussionen und Artikeln beiträgt. Ich habe nicht verstanden, dass man den Mann seit damals so ganz abgeschrieben zu haben schien. Nun ja, wenn Merkel erst einmal den Stab über einen der Ihren gebrochen hat, ist das so leicht nicht zu kitten. Und doch wäre es zu einfach, z.B. Merz, Koch, Öttinger etc. mit der Personalie Röttgen zu vergleichen. Er ist klug und besitzt darüber hinaus immerhin die nicht ganz stark verbreitete Eigenschaft, auch unbequeme Dinge auszusprechen. Und damit meine ich nicht seine gestrigen Aussagen zu seiner Kandidatur. Ich fände es toll, wenn es Röttgen würde. Aber da friert eher die Hölle zu. Er hatte vermutlich nicht die dafür notwendige „Hausmacht“. Nicht mehr. Denn innerhalb der NRW – CDU soll er nicht so beliebt sein. Was wiederum auf seine damalige Handlungsweise zurückzuführen sein dürfte.