Ein sym­pa­thi­scher und selbst­re­flek­tier­ter Dieter Nuhr

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3 Min.

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Drosten, Nuhr, Lauterbach, Eckart, Laschet, Merkel, Spahn. Das sind nur eini­ge der Namen von Leuten, die in den aso­zia­len Netzwerken jeden Tag aufs Neue beschimpft und ver­leum­det wer­den. Vielfach, so scheint es mir, geht es nicht mal um die Kritik an sich. Ich sähe das wohl anders, wenn die­se auch nur halb­wegs sub­stan­zi­iert wäre. Stattdessen scheint wich­tig zu sein, lau­tes, anschwel­len­des Gezerre und Geplärre ent­ste­hen zu las­sen. Ich fin­de nicht her­aus, wer das orches­triert bzw. wem das irgend­was gibt.

Ich hof­fe dar­auf, dass es mehr und mehr Leute sein wer­den, denen die­se Entwicklung auf den Senkel geht.

Hier habe ich mich mehr­fach für Leute ein­ge­setzt, über die ich heu­te anders den­ke. Ganz anders. Dafür habe ich ordent­lich Kritik bekom­men. So habe ich lei­der sogar man­che lang­jäh­ri­gen LeserInnen ver­lo­ren. Ein Sprachwissenschaftler hat sich damals ein­mal mit einem mei­ner Texte aus­ein­an­der­ge­setzt und mir die Nähe zu denen beschei­nigt, die ich von Herzen ver­ab­scheue. Er mein­te, ich kön­ne das im Text nicht ver­ber­gen, obwohl ich mich dar­um bemüht hät­te. Ich fands nicht komisch. 

Zeitlicher Abstand

Mit dem Abstand eini­ger Jahre kann ich dar­über lachen. Meine Haltung zu man­chen die­ser Personen hat sich so stark ver­än­dert, dass es mir heu­te gera­de­zu pein­lich ist, wie ich mich sei­ner­zeit geäu­ßert habe. 

Sowas gehört dazu, wenn man sich mei­nungs­mä­ßig stark exponiert. 

Immer wie­der ande­re im Fokus

Zuletzt waren Dieter Nuhr, etwas spä­ter dann Lisa Eckhart, die­je­ni­gen, die ich hier ver­tei­digt habe. Wer weiß, wie sich das wei­ter­ent­wi­ckeln wird und wie ich in ein paar Jahren dar­über denke? 

Heute habe ich die­ses Interview ange­se­hen, das Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo in der TV-Talkshow 3 nach 9 vor zwei Monaten mit Dieter Nuhr geführt hat. 

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Vielleicht stra­pa­zie­re ich die Gäste der Talkshow etwas über. Aber ich hat­te den Eindruck, dass auf­grund der mas­si­ven Anfeindungen, die Nuhr vor allem in den letz­ten Monaten aus­ge­setzt war, eini­ge Teilnehmer etwas betrof­fen dreinblickten. 

Sympathie oder Antipathie

Es stell­te sich näm­lich ein sym­pa­thi­scher und reflek­tier­ter Mensch vor, der so über­haupt nicht in die Schublade pas­sen woll­te, in die ihn gewis­se (zuletzt) lin­ke Meinungsbildner in den aso­zia­len Medien mit all den selbst­er­zeug­ten und auf­ge­sta­chel­ten Vorbehalten hin­ein­zwin­gen wollten.

Vielleicht sieht das der eine oder ande­re ja ähn­lich wie ich, wenn sie oder er die­ses 20minütige Video mal ange­se­hen haben.

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8 Gedanken zu „Ein sym­pa­thi­scher und selbst­re­flek­tier­ter Dieter Nuhr“

  1. Ich schaue mir Dieter Nuhr sehr ger­ne an und höre ihm auch ger­ne genau zu. Das weißt du ja. Und zwar schon, seit­dem er bekannt gewor­den ist, sei­ner­zeit noch als Comedian.

    Es mag sein, dass ich nicht immer und in jeder Hinsicht poli­tisch oder welt­an­schau­lich mit ihm über­ein­stim­me, aber das macht nichts. Das ist mein gutes Recht, und es ist sein gutes Recht.

    Es gibt (und gab) auch ande­re Kabarettisten, bei denen es mir so geht (ging).

    Das bedeu­tet schlicht, dass die Welt (für mich) noch in Ordnung ist. Ich bewe­ge mich nicht in einer Filterblase, ich schlie­ße aus mei­ner Wahrnehmung nicht all das aus, was nicht in mei­ne Denkmuster passt.

    Anfangs, bei den ers­ten bei­den Auftritten im deut­schen Fernsehen, die ich mit­be­kam, blieb ich bei Lisa Eckhart etwas rat­los zurück. Seit dem drit­ten Mal ist das nicht mehr so. Ich erin­ner­te mich ein­fach an das Prinzip: höre genau zu!

    Ich urtei­le – für mich – über Kabarettisten*innen (Kabarettiernde??) auf­grund des­sen, was ich von ihnen unmit­tel­bar zu sehen bzw. hören bekom­me. Bei ihren Auftritten und am Rande des­sen, z.B. in Interviews.

    Was irgend­wel­che «Meinungsbildner» in irgend­wel­chen Netzwerken dazu schrei­ben, inter­es­siert mich nicht. Deren Urteil kann kaum jemals qua­li­fi­zier­ter sein als mei­nes, wozu soll­te ich mei­ne Zeit damit vergeuden?

    Ja, sie mögen zu einer ande­ren Einschätzung gelan­gen als ich. Gerne, das steht ihnen auch unbe­nom­men zu. Einen Anspruch dar­auf, dass ich die­se wahr­neh­me und mich dar­auf ein­las­se, haben sie aller­dings nicht. Dazu müss­ten sie sich schon irgend­wie «vor mir» qua­li­fi­ziert haben. Was nicht der Fall ist.

    Ich grei­fe mal wei­ter aus. Ich habe in mei­nem bis­he­ri­gen Leben lan­ge und oft genug Feuilleton (aka Kulturkritik) wahr­neh­men dür­fen, wenn nicht müs­sen. Meine Erkenntnis dar­aus ist in der Überschau, dass es ins­ge­samt bes­ten­falls von mäßi­ger Qualität ist. Da ich am Arbeitsplatz regel­mä­ßig eini­ge maß­geb­li­che Blätter vor mir lie­gen habe, kann ich mir dann doch immer wie­der ein Bild machen.

    In den Assi-Medien fehlt dann aber sogar noch jed­we­de redak­tio­nel­le Endabnahme, das Geschreibsel ent­stammt dann grund­sätz­lich unge­fil­tert dem schrei­ben­den Schrumpfhirn. Die «Meinungsbildner», die du meinst, sind der Bodensatz. Schlechter geht’s dann nicht mehr.

    Sie haben die Schreihals-Plattformen schließ­lich nicht ohne Gründe aus­ge­wählt – sie haben eine will­fäh­ri­ge pöbeln­de Leserschaft gewon­nen. Sie wis­sen, dass sie nicht mehr bekommen. 

  2. Ich hab’s tat­säch­lich geschafft, mir die knap­pe Stunde Podcast die­ser vier Herren anzu­hö­ren. Ist mir teil­wei­se schwer gefal­len. Die Herren bewe­gen sich viel und ger­ne im Schubladendenken, meist auf der klas­si­schen Rechts-Links-Schiene. Früher war man ja links, so rich­tig links also, da sind sie sich wohl einig. Heute gibt es eine ech­te intel­lek­tu­el­le Linke, die dis­kurs­fä­hig wäre und Ideen ent­wi­ckeln wür­de, nicht mehr. Das ist sicher rich­tig. Die ist aus­ge­stor­ben und die vier Herren sind auch recht­zei­tig abge­sprun­gen. Man hat sich eben ange­passt an den Mainstream.

    Der Mainstream. Das Wort ver­wen­den sie ger­ne. Medien- und Regierungsmainstream ist wohl damit gemeint. Wird ja allent­hal­ben als pla­ka­ti­ver Bashing-Begriff ver­wen­det. Allerdings beruht er auf einer gestrick­ten Legende, dass es da irgend­et­was merk­wür­dig ‹Linksgrünes› gäbe, dass eine Meinungshoheit verträte.

    Tatsächlich ist er rechts, die­ser Mainstream. Also neo­li­be­ral und rechts. Die heu­te maß­geb­li­che Rechte – die alles ande­re als intel­lek­tu­ell und dirk­urs­fä­hig ist, dazu gleich mehr – rückt sich ins ‹mit­ti­ge› Bild, dass sie mit­un­ter ‹libe­ral› nennt, indem sie den soge­nann­ten ‹Mainstream› nach links schiebt. Die angeb­li­che ‹Sozialdemokratisierung› der Union ent­spricht einer Verschiebung vom rechts­kon­ser­va­ti­ven Gesellschaftsbild zu einem Standort irgend­wo im ideo­lo­gi­schen Niemandsland zwi­schen rechts und links. Ziemlich genau dort, wo sich die heu­ti­ge SPD befin­det. Links davon ist außer Teilen der Linkspartei nichts mehr.

    Eine intel­lek­tu­el­le Rechte hat es damals nicht gege­ben, einen rech­ten Diskurs auf hohem intel­lek­tu­el­len Niveau auch nicht. Nur lei­der, heu­te, also jetzt, gibt es bei­des auch nicht. Schon gar nicht. Und ein Liberalismus, der geneigt und in der Lage wäre, mode­rie­rend und aus­glei­chend einen drin­gend not­wen­di­gen Diskurs zu füh­ren, ist weit und breit nicht sichtbar.

    Die von den Gesprächsteilnehmern erhoff­te und ange­mahn­te dis­kur­si­ve inhalt­li­che Auseinandersetzung über strit­ti­ge Fragen der Zeit, abseits des ver­ba­len Totschlags und des media­len Kampfs um die Deutungshoheit des lau­tes­ten Geschreis, wird es kaum geben kön­nen. Warum?

    Weil sie kei­ner will. Es geht längst nicht mehr um die wirk­li­chen Fragen, es geht um die Besetzung von ver­ba­len Machtpositionen. Nichts, was der im Podcast auf­fäl­lig oft (als Opfer) erwähn­te Sarrazin medi­al wirk­sam und mone­tär ein­träg­lich anzu­bie­ten hat, ist in irgend­ei­ner sinn­vol­len Weise dis­kurs­fä­hig. Rassismus, Biologismus, Menschenhass und Sozialdarwinismus sind kei­ne Positionen, die in einem intel­lek­tu­ell reich­hal­ti­gen Diskurs erör­tert wer­den könn­ten. Von den ande­ren Protagonisten die­ser beschö­ni­gend soge­nann­ten ‹Neuen Rechten› gar nicht zu reden.

    Ok, damit will ich es mal bewen­den lassen.

    Ach so, da fiel mir noch etwas auf:

    In der rech­ten Youtube-Seitenleiste zu die­sem Podcast bie­tet mir der Youtube-Algorithmus inter­es­san­ter­wei­se auf­fäl­lig viel AFD-Medienangebot neben Tichys Einblicken (ins ganz Dunkle…) und diver­sen popu­lis­ti­schen «Corona- und Coronapolitik-Kritikern» an.

    Sollte ich mir dabei etwas denken??

    Wenn ich es schaf­fe, gucke ich mir heu­te aber auch noch den initia­len Appell von Gunnar Kaiser an. 

  3. Ich ver­mu­te erst ein­mal, dass die wenigs­ten da drau­ßen in den Netzen (ähh genau… in den Netzen, also qua­si gefan­gen) sich tat­säch­lich die­sen Systemen ent­zie­hen wollen.

    «Wie ver­häng­nis­voll die­se wir­ken, ler­nen wir zwar zuneh­mend,» aber die meis­ten neh­men das wohl hin oder befür­wor­ten es sogar, weil sie glau­ben irgend­wie davon zu pro­fi­tie­ren. Sie wis­sen inzwi­schen jeden­falls, wor­um es geht, also kön­nen sie sich nicht qua Unkenntnis herausreden.

    Das Dilemma ist alt­be­kannt. Wir wis­sen in vie­ler­lei Hinsicht, was eigent­lich getan wer­den kann bzw. zu tun wäre (Überwachung, Soz. Netzwerke, Klimawandel, Rechtsextremismus, Verschwörungsesoterik u.a.m.), aber wie immer tut nie­mand etwas außer ein paar weni­gen Einzelnen.

    Dazu muss noch nicht ein­mal jemand aufs Internet ver­zich­ten. Fecesbook, Twitter, Instagram, Whatsapp, Telegram und wie sie hei­ßen mögen sind nicht das Internet. Sie sind nur ein win­zi­ger, aber sehr weit auf­ge­bla­se­ner Teil davon (der stän­dig laut zischt…), und es ist nicht die Frage, ob jemand die­se Teile braucht – das ist tat­säch­lich gar nicht der Fall –, son­dern ob jemand es will. 

    Jemand könn­te sogar z.B. Twitter nut­zen, wenn es in sei­nem beruf­li­chen Umfeld ange­ra­ten sein soll­te. Man kann Twitter ganz emo­ti­ons­frei als rein sach­li­che Austausch-Plattform für kur­ze Nachrichten nut­zen. Man muss dort nicht (mit-)streiten, nör­geln oder gar ande­rer Leute Geschrei und Genörgel lesen. Man kann sich aus der Hass-Abladeabteilung für intel­lek­tu­ell Minderbemittelte völ­lig heraushalten.

    Ein ande­rer klei­ner Punkt: Man muss auf den Plattformen nichts «liken» oder «dis­li­ken». Das ist völ­lig über­flüs­si­ger und nicht hilf­rei­cher Unsinn. Niemand braucht das. Also ein­fach dar­auf ver­zich­ten – das macht übri­gens auch klug!

    Man muss auch z.B. den ÖR-Fernsehsendern (von den Privaten rede ich gar nicht, die schaue ich nicht) nicht auf deren Fecebook-Accounts o.ä. fol­gen, wor­auf sie inzwi­schen so ger­ne ver­wei­sen, für angeb­lich mehr Informationen zum jewei­li­gen Thema. Nö, muss man wirk­lich nicht. Was TV-öffent­lich-recht­lich mit­ge­teilt wer­den kann, soll­te auch so mit­ge­teilt wer­den. Wenn die Sender mer­ken wür­den, dass ihnen nie­mand auf die Soz-Netz-Plattformen folgt, wür­den sie irgend­wann schon reagie­ren und den Unsinn einstellen.

    Es kommt ein­fach dar­auf an, was wir tun und was wir las­sen. Viele könn­ten viel tun, aber es sind wie meist nur ein paar weni­ge, die es tat­säch­lich anpacken. 

    Wie du weißt, nut­ze ich strikt weder Fecebook, noch Twitter oder deren irgend­wel­che Ableger. Ich kann es und ich will es so.

    Ich hat­te noch nicht eine Minute lang in den zahl­rei­chen Jahren, seit­dem es die­se zer­stö­re­ri­schen Kraken gibt, irgend­ei­nen kla­ren Hinweis dar­auf, dass mir irgend­et­was ent­gan­gen wäre, dass ich etwas ver­passt hät­te oder nicht genü­gend Informationen zu irgend­ei­nem Thema hät­te fin­den können.

    By the way: Ich lese ger­ne die Bücher des hin­läng­lich bekann­ten Soziologen Harald Welzer. Es ist bei sei­nen Themenstellungen, wie es immer ist: Es wäre durch­aus ein­fach, etwas zu tun, etwas zu ändern. Aber es müs­sen sich eben mög­lichst vie­le Leute ent­schei­den, es zu tun. Leider sind es meist nur weni­ge… und ich neh­me mich da gar nicht aus. 

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