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Ändern sich Charaktereigenschaft mit dem Alter? ⏲

Wie schwer ist es, sich Offenheit gegenüber Menschen und Veränderungen sowie Ehrlichkeit erhalten?

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Der legendäre Heinz Erhardt sagte einmal sinngemäß: „Wer nach allen Seiten offen ist, ist nicht ganz dicht.“ Manche schreiben das Bonmot Kurt Tucholsky zu. Ein Freund bescheinigte mir vor vielen Jahren, dass er meine Offenheit besonders schätze. Lang‘ ists her.

Ist die Eigenschaft eines Menschen, offen zu sein uneingeschränkt positiv oder könnte man diese mit anderen, weniger schmeichelhaften Begriffen beschreiben? Ist man offen, opportunistisch oder vielleicht schlichtweg beliebig?

Rücksichtslose Offenheit

Offenheit hat auch nicht unbedingt etwas damit zu tun, anderen die eigene Sicht ohne Rücksicht auf deren Gefühle mitzuteilen. Wenn ich zum Essen eingeladen bin, lobe ich das Essen und mäkle nicht (offen und ehrlich) an dem herum, was der Gastgeber vielleicht mit viel Liebe und Aufwand für mich zubereitet hat.

Ich finde es gut, wenn Menschen offen und ehrlich ihre Meinung sagen. Vor allem im Film 😎. Da wirken diejenigen sympathisch und vor allem authentisch, auch wenn sie hin und wieder einmal ins Fettnäpfchen treten. Aus eigener Erfahrung kennen die meisten das Gefühl des Fremdschämens. Dieses lässt sich besser ertragen, wenn man selbst nicht anwesend ist.

Grüße jeden

Offenheit, so wie ich sie verstehe, schließt aber viel mehr Dinge ein, als nur die eigenen Gefühle oder Ansichten anderen mitzuteilen / preiszugeben. Wie gehe ich grundsätzlich auf andere Menschen zu? Bin ich zurückhaltend oder neige ich dazu, ein freundliches Wort an die Menschen zu richten, die mir täglich begegnen? Grüße ich nur diejenigen, die ich kenne, also Nachbarn im Haus, auf der Straße oder im Dorf oder neige ich dazu, in die Gesichter der Menschen zu sehen, die mir begegnen? Das ist abhängig von der Größe des Ortes oder der Stadt in der ich lebe. In kleinen Bergdörfern in der Schweiz habe ich es häufig erlebt, dass man überall und von fast allen Menschen gegrüßt wird. Mir ist aufgefallen, dass diese Freundlichkeit auch hier in unserem Dorf verbreitet ist. Viele grüßen freundlich, auch ganz junge Leute. Ich mag das.

Wenn ich, was selten der Fall war, meinen Patenonkel besuchte, kam es mir so vor, als seien die Tapeten und vor allem die Möbel, uralt. Der Röhrenfernseher war sicher noch aus den 70er Jahren. Einmal hatte er sich eine flammneue Stereoanlage geleistet. Ich glaube, der ortsansässige Händler hat meinen Onkel, der damals schon über 80 Jahre alt war, wie man so sagt, kommen gesehen. Wie sollte er mit so einem Hightech-Gerät klarkommen? Ich konnte ihm helfen, allerdings dauerte die Einweisung in die wesentlichen Bedienungselemente ganz schön lange. Ein paar Nachfragen per Telefon waren trotzdem nötig.

Technologieoffen ಠ╭╮ಠ

Ich gehe inzwischen auch schon auf die Siebzig zu. Ich hantiere sehr selbstverständlich mit Computern und der üblichen Peripherie um. Meinen Blog habe ich ohne Hilfe eingerichtet und kenne mich mit dem Internet ganz gut aus. Vor ein paar Jahren haben wir uns eine neue Stereoanlage geleistet. Das Ding war einigermaßen teuer aber technisch so etwas wie State of the Art – also natürlich mit Internetanschluss 😁. Mein Fernseher ist ein Smart-TV mit allem, was man heute so braucht. Wir erneuern bzw. ergänzen unsere Wohnungseinrichtung wie es uns gefällt. Ich kenne einen schockierenden Satz, den meine Mutter nach dem Tode meines Vaters einmal gesagt hatte. Sie war dabei, eine kleinere Wohnung zu beziehen. „Das wird meine letzte Küchenzeile“. Klar, wie sie das gemeint hat. Sie ist bestimmt nicht die einzige, die sowas ausgesprochen hat.

Was aber hat sowas mit Offenheit zu tun? Ich denke schon, dass an diesem Denken und Handeln älterer Menschen abzulesen ist, dass sie nach und nach wenigstens ein Stück ihrer Offenheit verlieren bzw. verloren haben. Bei meiner Mutter (bald 89) ist das zum Glück an vielen Stellen überhaupt nicht der Fall. Beim Fernsehen bleibt auch sie einem Röhrengerät treu. Sie hat ein Handy, kein Smartphone. Wir waren froh, dass sie immerhin erreichbar ist, wenn sie unterwegs ist. Auch wenn ihre Kreise in der Coronakrise natürlich ebenfalls krass eingeschränkt sind – übrigens auch nach ihren zwei Impfungen. Meine Mutter trifft in der Stadt so viele Menschen, das meine Schwester und ich, wenn wir mal dabei sind, immer wieder aufs Neue nur staunen. Es wirkt oft so, als wäre sie mit den meisten Bedburgern bekannt.

Rezo und die Sprache der Jugend

Das kann ich von mir nun leider überhaupt nicht sagen. Ich bin froh darüber, dass ich auf der Straße im Dorf wiedergegrüßt werde. Heute habe ich mir diesen Rant von Rezo bei YouTube angesehen. Großer Gott! Ich kann nicht behaupten, dass er falsch läge. Aber die Art seines Vortrages hat mich trotzdem nachdenklich gemacht. Die Wortwahl und diese fürchterlichen Anglizismen, die Rezo mal wieder inflationär verwurstet hat, haben mir das Zuhören zur Qual gemacht. Außerdem will ich nicht wahrhaben, was einer solchen Vernichtungsbetrachtung folgen könnte. Soviel also zu meiner wohl altersbedingten rückläufigen Offenheit anno 2021.

Artikelinformationen:

Gesellschaft

Charakter, Geschichte

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