Die Diskussionen über Lockerungen und das Modell „Saarland” sind kontraproduktiv

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Im „Spiegel” ist ein bemer­kens­wer­tes Interview mit dem Bürgermeister von Nalbach zu lesen. Peter Lehnert ist Mitglied der Grünen. Er fin­det es ganz töf­te und daher alter­na­tiv­los, dass Tobias Hans, Ministerpräsident im Saarland, Corona-​Lockerungen ver­ord­net hat.

Alternativlose Lockerungen?

„Wir im Saarland sind extrem froh, dass es jetzt Lockerungen gibt”. Ob das stimmt? Sind die Menschen im Saarland froh über die­ses Experiment oder ist es womög­lich alter­na­tiv­los? Selbst als Lehnert nach dem Misserfolg sei­nes Tübinger Amtskollegen Palmer gefragt wird, bleibt er dabei, dass etwas ande­res als Lockerungen den Menschen nicht mehr zuzu­mu­ten sei.

Wenn das die kon­zep­tio­nel­le Grundlage der Grünen ist, dann wis­sen wir, was uns bald bevor­steht. Alle Welt ruft nach Konzepten. Nichts scheint in die­ser Pandemie mehr zu feh­len als Konzepte. Das sagen die aus der Opposition und auch die, die mit der Politik im Ganzen schon abge­schlos­sen haben. Nur ist das Vorgehen im Saarland kein Konzept, son­dern tota­ler Blödsinn! Ich wüss­te mal ger­ne, wie die Bevölkerung in die­sem Bundesland tat­säch­lich dazu steht, dass Kinos und Fitnessstudios wie­der geöff­net werden. 

Konzeptioneller Irrgarten

Lehnert lässt es sich nicht neh­men, die Konzept-​Frage etwas aus­führ­li­cher zu beant­wor­ten. Was gehört nach Lehnerts Ansicht dazu?

Einheitliche Tests mit fäl­schungs­si­che­ren Testausweisen. Kluge Verknüpfungen von Antigen- und PCR-​Tests, außer­dem natür­lich mehr Impfungen. Miteinander ver­netz­te Gesundheitsämter, Krankenhäuser, loka­le Arztpraxen, medi­zi­ni­sche Versorgungszentren sowie Testzentren, die auch zu Impfzentren wer­den kön­nen. Und: Eine lücken­lo­se digi­ta­le Kontaktverfolgung – die brau­chen wir, um auf einer gesi­cher­ten Datenbasis im Ernstfall sofort gegen­steu­ern zu kön­nen. In der Pandemie darf Datenschutz nicht den Gesundheitsschutz gefährden.

Corona-​Lockerungen im Saarland: Bürgermeister Peter Lehnert hofft und bangt – DER SPIEGEL

Das hört sich doch ganz toll an. Und vor allem – die­se Vorstellungen eines Konzeptes sind ja so voll­kom­men neu. 👩‍🍳 Man fragt sich als Bürger, wie­so die Bundesregierung die­se Elemente eines Konzeptes noch immer nicht durch­ge­setzt hat. Die Antwort ist ein­fach. Weil die Bundesländer im Wesentlichen für die­se Aufgaben zustän­dig sind. Wenn ich es rich­tig sehe, fehlt der lücken­lo­sen digi­ta­len Kontaktverfolgung eine wich­ti­ge Voraussetzung, Lehnert spricht sie sogar in sei­ner Zusammenfassung an. Ob die Grünen es über sich bräch­ten, den Datenschutz nicht über den Gesundheitsschutz zu stel­len? Wenn ich die har­schen Diskussionen über die Luca-​App ver­fol­ge, kommt mir der Gedanke, dass die­se über­wie­gen­den Teil von Grünen oder Sympathisanten der Grünen ange­zet­telt wur­de. Die ken­nen da offen­sicht­lich kein Pardon. 

Digitale Nachverfolgung klingt vllt. gut – ist aber kein Allheilmittel

Dass Lehnert eine digi­ta­le Kontaktverfolgung ernst­haft als wesent­li­ches Element der Pandemiebekämpfung dar­stellt, belegt auch die abso­lu­te Rat- und Hilflosigkeit die­ses Grünen Bürgermeisters. Im Ernstfall sofort gegen­steu­ern? Gegensteuern lässt sich in der Phase, in der wir uns heu­te befin­den, aus­schließ­lich mit einem har­ten Lockdown. Dass es in ande­ren Regionen der Welt erreicht wur­de, Corona zurück­zu­drän­gen war nicht allein das Ergebnis eines ande­ren Datenschutzverständnisses oder irgend­wel­cher tech­ni­scher Mätzchen. Sie spie­len eine Rolle. Aber haupt­säch­lich wur­de auf eine Disziplin der Bevölkerung ver­traut (und zwar mit Recht), die in unse­rer indi­vi­dua­li­sier­ten Gesellschaft über­haupt nicht zu errei­chen wäre. Dieser Zug ist längst abge­fah­ren. Ich nen­ne als Beispiel Brisbane, Australien. Glaubt jemand, dass sol­che Maßnahmen in Deutschland mög­lich wären? Ich jeden­falls nicht. 

Disziplinierung einer individualisierten Bevölkerung mit Hang zum Egoismus

Wenn wir die Lage Europas mit der ande­rer Regionen der Welt ver­glei­chen, fällt die­ser für uns ungüns­tig aus. Nur liegt das an vie­len unter­schied­li­chen Faktoren. Die Politik und ihre Eigenarten mögen dabei einen Beitrag leis­ten. Den wesent­li­chen Anteil aber haben die Bevölkerung und die hie­si­gen Medien zu ver­ant­wor­ten. Vergleichen wir den super­har­ten Lockdown, der Portugal aus der Katastrophenzone „hin­aus­ka­ta­pul­tiert” hat, müs­sen wir uns fra­gen las­sen, ob Holländer, Belgier, Österreicher oder wir Deutsche die Disziplin auf­bräch­ten, um die­se Einschränkungen über einen län­ge­ren Zeitraum zu ertra­gen. Sogar in Schweden, das Land, das von den Kritikern jeder Corona-​Maßnahme völ­lig zu Unrecht als Vorbild dar­ge­stellt wur­de, rumort es längst. Denen einen sind die Maßnahmen nicht hart genug, die ande­ren wol­len ihre Freiheit zurück. Ich möch­te das auch ger­ne. Aber ich sehe, dass wir um einen har­ten Lockdown auf gar kei­nen Fall her­um­kom­men wer­den. Lauterbach wird am Ende wie­der ein­mal recht gehabt haben. 


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