Der „Spiegel“ nutzt in „Die Lage am Morgen“ die Aussagen zweier Spitzenpolitikerinnen zu ihren Rücktritten, um einen Aspekt herauszustellen. Beide, Frau Anne Spiegel, Grüne, wie Susanne Hennig-Wellsow, Linke, erwähnten im erweiterten Kontext ihrer Rücktritte familiäre Gründe.
Bei Frau Spiegel ging es um den Corona-Stress der Kinder, bei Frau Hennig-Wellsow war es ein achtjähriger Sohn, um den sie sich mehr kümmern möchte. „Spiegel“-Autor Dirk Kurbjuweit vertritt die Meinung, dass beide Frauen die Aspekte der Familie im Grunde missbrauchen, um sich selbst ins rechte Licht zu rücken.
Ich kann gar nicht sagen, wie widerlich ich diese Unterstellung finde!
Beiden Frauen macht Kurbjuweit die konkrete Vorhaltung, dass sie die bekanntermaßen stressigen Jobs unter diesen Voraussetzungen erst gar nicht hätten annehmen dürfen. Im Fall von Frau Spiegel ist dieser Vorwurf vielleicht nicht ganz unbegründet, weil sie von einem Stressjob in einen noch stressigeren als Bundesministerin wechselte.
Kurbjuweit bezeichnet es als hochnotpeinlich, dass er diese privaten Angelegenheiten in seinem Beitrag überhaupt erörtert. Aber dies müsse sein, weil es sich in beiden Fällen ja um Politiker handle und man solche Aussagen daher hinterfragen müsse.
Männer hätten ihre Rücktritte wohl nicht mit solchen Details begründet, könnte man sagen. Dabei gab es auch Rücktritte von männlichen Politikern, die – aber mit anderen Hintergründen – bei denen Familie oder der Ehepartner Gründe waren.
Für mich bleibt die unangenehme Wahrnehmung, dass dieses Hinterfragen des Herrn Kurbjuweit ein immer noch typisch männlicher Reflex ist. Er hätte auch schreiben können: Wer die Hitze nicht verträgt, hat in der Küche nichts verloren. Das ist ein schiefes Bild. Aber auch der Satz wurde von einem männlichen Journalisten geschrieben (wenn auch als Zitat), der den Rücktritt Anne Spiegel kommentierte.
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