Winnetou und Old Shatterhand – die erfundenen Lichtgestalten

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> 12 Kommentare

Es gibt selt­sa­me Zufälle. Aber auch wie­der nicht. Schließlich ist die­ses Thema längst und stän­dig nicht in aller, so doch in vie­ler Munde.

Gerade heu­te Morgen habe ich die­sen Beitrag bei „Republik” gele­sen und nun gibts schon wie­der Aufruhr wegen einer neu­en Posse der Gralshüter der Moral. Vielleicht ist es auch kein Zufall. Die Frequenz der Diskussionen über das Thema nimmt zu. Cancel Culture ist eines der Stichwörter unse­rer Zeit. 

▹ Cancel Winnetou

Wieder gehts um Winnetou und um die Frage, inwie­weit kul­tu­rel­le Aneignung vor­liegt – bei dem Buch von Ravensburger. Der Verlag hat­te die­se auf Druck übli­cher Verdächtiger vom Markt genom­men. Ravensburger reagier­te damit auf kri­ti­sche Stimmen im Internet, die dem Verlag vor­ge­wor­fen hat­ten, in den Büchern ras­sis­ti­sche Stereotype über Ureinwohner Nordamerikas wiederzugeben.


Der Autor des zuvor von mir erwähn­ten Beitrages, Jens Balzer, bemüht sich, die Problematik zu ver­mit­teln und ein­zu­ord­nen. Dabei wird vor­aus­ge­setzt, dass man über­haupt noch bereit, sich mit dem Thema aus­ein­an­der­zu­set­zen. Ich habe das Gefühl, dass die meis­ten das Thema ein­fach nur nervt. 

Nun kann man das, ver­meint­lich reflek­tiert, als über­trie­ben zurück­weisen, weil es sich bei den Apachen von Karl May zuvor­derst um Kindheits- und Märchen­fantasien han­delt. Das ändert aber nichts dar­an, dass auch die­se Fantasien in die jahr­hun­der­te­al­te Geschichte des Kolonialismus zurück­verweisen.

Wenn wei­ße Menschen sich als «Indianer» ver­klei­den, wenn sie Feder­schmuck auf­set­zen und sich in Fransen­anzüge klei­den und dann auch noch das Gesicht rot schmin­ken, dann klei­den sich Angehörige einer poli­tisch, wirt­schaft­lich und mili­tä­risch domi­nan­ten Kultur nicht nur in die Kostüme einer mar­gi­na­li­sier­ten Kultur. Sondern sie tun dies auch in genau jener ober­flächlichen, stereo­typisierenden Weise, die gera­de Teil von Unter­drückung, Ausgrenzung und Diskriminierung ist. Link fol­gen

Was Sie wis­sen soll­ten, wenn kul­tu­rel­le Aneignung Sie auf­regt – Republik

▹ Bevormundung in moralinsaurer Sauce

Vielleicht tei­len vie­le Menschen die Gründe, die schließ­lich auf­grund des enor­men Drucks, der über­wie­gend via Internet (Twitter und die ande­ren aso­zia­len Netzwerke) zu sol­chen Verboten und Beschränkungen füh­ren. Ich hal­te die­se Interventionen für ärger­lich und oft genug für inakzeptabel. 

Diese Form von Bevormundung und Moralisierung, die immer mehr Bereiche unse­res Lebens betref­fen, soll­te aufhören! 

Dabei geht es mir nicht um die, die aus Prinzip gegen alles sind und die sich über das mora­li­sie­ren­de Gehabe links-​grüner Kreise in der Gesellschaft wen­den. Den Leuten hängt, ich fin­de zu Recht, die pene­tran­te Einflussnahme am Halse her­aus. Ist Leben und leben las­sen wirk­lich so out? „Jeder soll nach sei­ner Fasson selig wer­den” Nun, alt genug (18 JH) ist die­ses Zitat, ums ver­ges­sen zu haben…

Die Mehrheit ist gegen Gendern. Das ist ein Beispiel einer auf­ge­zwun­ge­nen poli­ti­schen Korrektheit, die sicher in bes­ter Absicht gestar­tet ist. 

Ich glau­be, sol­che Belehrungen und Eingriffe wir­ken nicht auf die Art und Weise, wie sie inten­diert gewe­sen sind, sie bewir­ken Ärger und Ablehnung. Und das ist das wirk­lich Schlimme dar­an. Nicht, dass sich auch ein paar Rechte oder Menschen mit eige­nen Plänen für die­ses Land dar­über hermachen. 

Der Prozess an sich nervt und lässt lei­der über­haupt nicht erken­nen, dass die hier­mit ein­mal ver­bun­de­nen Zielsetzungen eine Chance zur gesell­schaft­li­chen Akzeptanz errei­chen wird. Eher wächst die Ablehnung. 

Die Emanzipationsbewegung hat noch längst nicht alle Ziele erreicht. Daran, dass sie die­sen Zielen durch neue Sprachregelungen näher­kommt, kann ich nicht glau­ben. Auch bei den per­so­nel­len Besetzungen von Regierungsämtern, die durch Quoten Realität wur­den, ist Skepsis unüberhörbar. 

▹ Je kleiner, je lauter

Dass sich unse­re Gesellschaft dar­auf ein­lässt, sich von eher klei­nen, aber lau­ten Teile unse­rer Gesellschaft trei­ben zu las­sen, bringt uns nicht wei­ter. Die Überpräsenz führt zu Unwillen und schließ­lich zu wach­sen­dem Widerstand. Natürlich liegt das nicht im Interesse der betref­fen­den Gruppen. 

Man muss für die Ziele, an die man glaubt, kämp­fen. Das bleibt wahr. Aber wie gut kom­men wir mit sol­chen Konzepten vor­an, wenn sie regel­rech­te Gruppenzwänge aus­lö­sen? Die beklag­te, zuneh­men­de gesell­schaft­li­che Spaltung füh­re ich auch auf man­che Übertreibung zurück, die zwar in die Gesellschaft hin­ein­wir­ken mögen, nur lei­der nicht aus­schließ­lich im gewünsch­ten, im guten Sinne. 

▹ Tragischer Tod eines 16-Jährigen

Da stirbt ein 16-​jähriger Senegalese in Dortmund bei einem Polizeieinsatz. Die Umstände sind ange­sichts des aktu­el­len Kenntnisstandes von Außenstehenden kaum zu bewerten. 

Trotzdem ist vom ers­ten Tage für vie­le Menschen klar gewe­sen, dass die Polizei falsch gehan­delt hat. 11 Polizisten gegen einen 16-​Jährigen. Eine Maschinenpistole gegen ein Messer. Ein Migrant gegen die Polizei.

Für vie­le (Rechte und Linke) war es die erneu­te Bestätigung ihrer unter­schied­li­chen Vorurteile und ein erwart­ba­res oder infa­mer Weise sogar das erwünsch­te Ende. Da gibts Lichterketten, der OB spricht zum Volk, wie schreck­lich alles ist und es gibt jede Menge Anteilnahme für den getö­te­ten Jugendlichen. 

Die Polizei bekommt wäh­rend­des­sen wie­der rich­tig was auf die Fresse. Wie immer, wenn die Linken rich­tig loslegen. 

Und die­se tra­gi­sche Geschichte war eine Gelegenheit, die sie nicht lie­gen­las­sen woll­ten. Dass die Bodycams der Polizisten den Vorgang nicht auf­zeich­ne­ten und des­halb die Beweisführung nur auf Aussagen der betei­lig­ten Zeugen (waren das aus­nahms­los Polizeibeamte?) zurück­ge­grif­fen wer­den kann, ist aller­dings skan­da­lös. Aber ob die nun erho­be­nen Forderungen die Gnade deut­scher Datenschützer fin­den kann, ist sofort frag­lich. Wir ken­nen unse­re Pappenheimer. Dabei wür­de sich manch ein Linksextremer, der sich im Moment über den Nichteinsatz der Bodycams echauf­fiert, wun­dern, wenn sei­ne Gewalt gegen Polizeibeamte plötz­lich alle Welt bestau­nen könn­te. Die Begeisterung für Bodycams fän­de rasch ihr Ende.

Der Fall hat mit dem eigent­li­chen Thema nichts zu tun? Vielleicht. Alles zusam­men betrach­tet, zeigt die­ser klei­ne Exkurs aller­dings, wie ober­fläch­lich unser Verständnis für ande­re Kulturen und die vor­an­ge­trie­be­ne Entwicklung man­cher Selbstverständlichkeiten (Ausschluss fal­scher Signale, stär­ke­re Berücksichtigung kul­tu­rel­ler Eigenarten, sprach­li­che Korrektheit) ist. Andererseits zeigt sich unter den uns alle for­dern­den Krisenbedingungen der Gegenwart, wie reflex­haft sich unse­re Ablehnung Bahn bricht, obwohl es oft um wün­schens­wer­te kul­tu­rel­le und sprach­li­che Weiterentwicklungen geht. Wahrscheinlich for­dern uns sol­che Prozesse Geduld, Aufmerksamkeit und Empathie ab, über die wir aus Gründen weni­ger als frü­her ™ verfügen. 

▹ Kulturelle Aneignung dient der Verdrängung, der Wiedergutmachung oder wem oder was eigentlich? 

Ich war als Kind beim Karneval häu­fig „Indianer”, weil ich Winnetou als star­ken und gerech­ten Mann bewun­dert habe. Die Hautfarbe spiel­te kei­ne Rolle. Über Old Shatterhand dach­te ich nicht anders. Der war dann im nächs­ten Jahr wie­der dran. 

Ich sehe da kei­ne kul­tu­rel­le Aneignung. Die Diskussion emp­fin­de ich als so über­flüs­sig und abge­ho­ben, dass ich mich selbst ange­sichts des erwähn­ten, ein­ge­hen­den Textes nicht davon frei­ma­chen kann. 

Ich erin­ne­re mich, dass es damals (60-​er Jahre) Eltern gab (die mei­nes Freundes z.B.), die wenig Verständnis für unse­re Wildwest-​Manie hat­ten. Selbst zu Karneval. Es waren im Gegensatz zu mei­nen Eltern gebil­de­te und ver­mö­gen­de Leute. Sie pfle­gen ande­ren gesell­schaft­li­chen Umgang als mei­ne Eltern. Ich hat­te immer ver­mu­tet, ihnen waren unse­re Cowboy- und Indianerspiele zu sim­pel. Möglicherweise hat­ten sie auch schon ein Auge für die kul­tu­rel­le Aneignung und hät­ten die­se nur anders genannt. 

Im Ernst: Intellektuelle mit gro­ßem Resonanzraum in der Öffentlichkeit soll­ten sich mit den wirk­lich wich­ti­gen Themen unse­rer Zeit aus­ein­an­der­set­zen, dazu mehr sagen. Wohin haben sich die mora­li­schen Instanzen des letz­ten Jahrhunderts bloß ver­zo­gen? Ja, die aller­meis­ten sind tot. Aber müs­sen wir uns wirk­lich auf die Weisheit von Richard David Precht ver­las­sen oder ist da mehr?


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12 Gedanken zu „Winnetou und Old Shatterhand – die erfundenen Lichtgestalten“

  1. Ich glau­be, mehr ist da nicht mehr. Philosophie ist nur noch etwas für intel­lek­tu­el­le Kreise, in denen man sich genau dafür inter­es­siert. In der brei­ten Öffentlichkeit gibt es da ein Interesse mehr. Ok, frü­her gabe es da auch nicht viel, aber die Medien haben die phi­lo­so­phi­schen (ethi­schen, mora­li­schen) Themen gele­gent­lich ange­schnit­ten und in den klas­si­schen Talkshows mit ent­sore­chen­dem Favhpersonal durch­dis­ku­tie­ren las­sen. Bestimmte Zuschauerkreise hat das dann inter­es­siert. Manchmal schlu­gen die Wellen sogar rich­tig hoch, ich erin­ne­re an den berühm­ten „Historikerstreit”, der natür­lich auch ein hoch­phi­lo­so­phi­scher Streit war. Da bekam sogar lobens­wer­ter­wei­se einer der höchst­ran­gi­gen deut­schen Philosophen der zwei­ten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Jürgen Habermas, eine öffent­li­che Plattform, von der man Jahre zuvor bes­ten­falls träu­men konn­te. Das war ein gro­ßes Zeitthema, das medi­al groß behan­delt wur­de und viel Wirkung erzielte.

    Heute dage­gen gibt es nahe­zu belie­bi­ge Aufreger, für die sich klei­ne, aber bes­tens ver­netz­te Protagonistengruppen eine Zeitlang enga­gie­ren. Rationale Auseinandersetzungen gibt es dazu aller­dings nicht mehr, die Leute kön­nen das nicht mehr, die Medien wol­len das nicht mehr. Wozu auch, wenn ich den „Gegner”, auf den ich mit dem Finger als Waffe zei­ge, ein­fach in sei­ner Wirkung zer­stö­ren kann. Bei Gelegenheit auch ger­ne beruf­lich und wirtschaftlich.

    Durch die soge­nann­ten „Sozialen Medien” aller­dings haben sich Strukturen ver­än­dert. Es sind Plattformen, auf denen Narzissmus und Selbstgefälligkeit blü­hen, weil sie unmit­tel­bar belohnt wer­den. Wer gut ver­netzt ist und genü­gend laut schreit, wird gehört und gelik­ed. Und wer laut schreit und agi­tiert und dafür ver­linkt und gelik­ed wird, hat Recht. Und wer Recht hat, hat das Recht, ande­re Standpunkte zu bekämp­fen und zu zerstören.

    Das wie­der­um wird gehört und ver­linkt und gelik­ed, es fin­det ein Verstärkungsprozess statt, der dann in „Cancel Culture” mün­det. Und „Cancel Culture” dient kei­nem Zweck, sie ist sich – Selbst-​Zweck – genug.

    Man darf ver­bie­ten (las­sen) und ver­nich­ten, was nicht dem eige­nen Weltbild ent­spricht, und man wird im Netz sofort und bestän­dig bestä­tigt und angefeuert.

    Schließlich wird ein absur­der Kulturkampf auf­ge­zo­gen, aber es geht gar nicht um die behaup­te­te Sache, z.B. ein lee­res, kon­stru­ier­tes Konzept wie „Kulturelle Aneignung”. Es geht am Ende um die Erfahrung der immer wie­der von Gleichgesinnten bestä­tig­ten Selbstvergewisserung, dass man auf irgend­ei­ner „rich­ti­gen Seite” steht und kon­se­quent für eine der gera­de aus­ge­ru­fe­nen abso­lu­ten Wahrheiten ein­steht und des­we­gen das Recht zu haben glaubt, ande­ren mit der Moralkeule den Schädel ein­schla­gen zu dürfen.

    Es spielt dabei nicht ein­mal eine Rolle, ob man nun „quer­denkt” oder media­le Äußerungen Anderer ver­hin­dert, die man „kul­tu­rel­ler Aneignungen” bezichtigt. 

    Der auf­re­gend erleb­te tota­li­tä­re Impuls der eige­nen Wirkung, den man dabei erfährt, ist der ent­schei­den­de Punkt, um den sich letz­ten Endes alles dreht.

    Man mag dabei ver­mu­ten, dass etwas dar­an sein könn­te, dass über­sät­tig­te bür­ger­li­che Gesellschaften, deren demo­kra­ti­sche Strukturen begon­nen haben, sich leer zu dre­hen, am Ende in einem tota­li­tä­ren Strudel abstürzen.

    Dass Menschen sich wie­der wün­schen (ja, genau alle die, von denen ich gera­de sprach), dass es kla­re Vorgaben für das Richtige und Falsche gibt, dass es jeman­den gibt, der Wahrheit ver­kün­det und dem man beru­higt und selbst­ge­wiss fol­gen kann, wenn er aus­zieht, die Abweichler zu ver­fol­gen und – am Ende – zu vernichten.

    Aus „Cancel Culture” wird am Ende (wie­der, denn wir ken­nen das ja) „Destruction Culture”, es ist ledig­lich eine Frage der Zeit. 

    (Ja, es ist so, ich wün­sche mir schon die alten Talkshows am spä­ten Abend zurück, wo sich intel­li­gen­te und gebil­de­te Menschen zu schwie­ri­gen gesell­schaft­li­chen Themen die Köpfe heiß redeten…)

    Antworten
  2. @Horst: ein groß­ar­ti­ger Artikel, den du da zu „kul­tu­rel­ler Aneignung” emp­fiehlst! Endlich mal wie­der ein Text, der der Komplexität und Geschichte des Themas gerecht wird, berech­tig­te Kritik an Auswüchsen inklusive!
    Auch ich war Winnetou-​Fan und sowas wie aktu­ell gegen die Ravensburg-​Bücher regt mich auch auf, obwohl ich die Beweggründe inhalt­lich ver­ste­he. Was mich aber nervt: Derlei wird hier­zu­lan­de nicht von mar­gi­na­li­sier­ten Ureinwohnern vor­ge­tra­gen (die es hier nicht gibt), son­dern vor­nehm­lich von „pri­vi­le­gier­ten” wei­ßen Studierenden der sozia­len Arbeit! Da betrei­ben Leute Machtspielchen, um sich über ande­re zu erhe­ben und freu­en sich an ihrer Wirkung. Ich wün­sche mir mehr Aussitzer-​Qualität bei den betrof­fe­nen Institutionen, Veranstaltern und Personen! 

    Zum Gendern: Die zitier­te Umfrage hal­te ich nur für par­ti­ell reprä­sen­ta­tiv. Statements zur „Überflüssigkeit”, weil wir wich­ti­ge­re Probleme hät­ten, sind dabei beson­ders blöd­sin­nig. Das wür­de ja bedeu­ten, dass wir nur­mehr im Kriegs- und Krisenmodus debat­tie­ren dürf­ten und sämt­li­che weni­ger rele­van­te Themen nicht mehr legi­tim wären = absurd! 

    Als Schreibende betrifft mich das „Gendern oder nicht gen­dern” seit Jahren mas­siv. Und wie vie­le ande­re Schreibende habe ich mei­nen Stil etwas ange­passt, meist ohne expli­zit zu gen­dern, aber unter Vermeidung des gene­ri­schen Maskulinums. (Denn wahr sind für mich die Untersuchungen, die erge­ben haben, dass eine Formulierung wie „die ver­sam­mel­ten Ärzte” in den Köpfen eine Männergruppe zeigt).
    Wie ich machen es vie­le! (Und ver­mut­lich wür­de man auch bei dei­nen Texte gewis­se Veränderungen fin­den, wenn man sie mit jenen vor 15 Jahren vergleicht). 

    @Boris: Auf ARTE und PHOENIX ist noch mehr Philosophie! Der Erfolg von Precht spricht auch nicht gera­de für phi­lo­so­phi­sches Desinteresse, ob man ihn nun mag oder nicht. 

    Ansonsten tei­le ich dei­ne Sorge:

    „Man mag dabei ver­mu­ten, dass etwas dar­an sein könn­te, dass über­sät­tig­te bür­ger­li­che Gesellschaften, deren demo­kra­ti­sche Strukturen begon­nen haben, sich leer zu dre­hen, am Ende in einem tota­li­tä­ren Strudel abstürzen.”

    Was kon­kret du unter „leer dre­hen” ver­stehst, inter­es­siert mich! Die Totalitäre Gefahr sehe ich aller­dings eher von rechts und popu­lis­ti­schen Hauptsache-​dagegen-​Strömungen als von all­zu „woken” Neo-Linken. 

    Gestern sah ich zum Thema die tol­le Doku „Aufgewachsen unter Glatzen” gese­hen, Teil 1 + 2, sehr beein­dru­ckend!! Zeigt das Leben mit /​unter /​neben domi­nan­ten Neo-​Nazis im Osten, wie es sich ent­wi­ckelt hat, 90ger bis heu­te, berich­tet von Literatur-​Schaffenden, die dabei waren:

    https://​www​.3sat​.de/​k​u​l​t​u​r​/​k​u​l​t​u​r​d​o​k​u​/​a​u​f​g​e​w​a​c​h​s​e​n​-​u​n​t​e​r​-​g​l​a​t​z​e​n​-​t​e​i​l​1​-​1​0​0​.​h​tml

    Man erfährt auch viel über die Genesis die­ser furcht­ba­ren Entwicklung und die Wirkungen in drei Altersgruppen hin­ein. Sehr erhellend!

    Antworten
  3. @Horst: Zum „Leer dre­hen” hast du schon Wesentliches gesagt.

    Dazu kommt ein zuneh­mend ver­gam­meln­des poli­ti­sche Klima durch Parteien, die visions- und plan­los an Symptomen her­um­schrau­ben, weil ihre jewei­li­ge Klientel das so ver­langt. Ich sehe z.B. bei kei­ner Partei außer einem Teil der Grünen über­haupt irgend­ein Interesse an ent­schei­den­den Weichenstellungen gegen den Klimawandel. Es wird noch nicht ein­mal ein Weg aus die­ser sehr lang­fris­ti­gen Krise auf­ge­zeigt. Der Status Quo muss unbe­dingt erhal­ten blei­ben. Vor ein paar Jahren haben klu­ge Menschen fest­ge­stellt, dass wir ein rei­ner Parteienstaat zu wer­den dro­hen, Parteien bzw. Parteivertreter haben alle rele­van­ten Institutionen durch­drun­gen, und Lobbyisten haben längst die Parteien voll­stän­dig durchdrungen.

    Ich sehe inzwi­schen alles zugrun­de gehen, was die Generationen mei­ner Eltern und Großeltern auf­ge­baut haben. Unser Bildungssystem ist ein Trümmerhaufen, und alle Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen sehen seit drei­ßig Jahren unbe­tei­ligt zu , wie es so kam.

    Unser Rechtssystem ist zu einem Krebsgeschwür geworden,wir bekom­men kein grö­ße­res Unterfangen mehr gebaut, das nicht in einem end­lo­sen Justizgezerre jah­re­lang ver­daut und am Ende ins Nichts aus­ge­schie­den wird.
    (Stichwort Windkraftanlagen…). Wir haben immer noch ein paar genia­le Ingenieure und ent­wi­ckeln zeit­wei­se noch tol­le Ding, kön­nen aber schon lan­ge nichts mehr pro­duk­tiv umsetzen.

    Mit ande­ren, kur­zen Worten:

    Wir dre­hen in sehr vie­len Bereichen leer, und zwar schnell – aber wir sind nicht mehr pro­duk­tiv noch konstruktiv. 

    Wir (unse­re Politiker) sind groß im Ankündigen, gera­de auch jetzt wie­der, aber wenn wir genau hin­hö­ren, wer­den gar kei­ne Maßnahmen ange­kün­digt, son­dern es wer­den meist ledig­lich Absichten ver­kün­det, Maßnahmen ergrei­fen zu wollen. 

    ich bin mal gespannt auf den Winter. Ich glau­be, wir ahnen jetzt noch nicht ein­mal, was uns an Energiekosten noch blü­hen wird, und zwar für – ver­mu­te ich – die nächs­ten drei oder vier Jahre. Gas- und Strompreise, wie wir sie bis vor kur­zem noch hat­ten, wer­den wir wahr­schein­lich nie­mals wie­der erle­ben. Mit Abstand nicht. Eine sol­che Rückkehr irgend­wann wer­den die betref­fen­den Unternehmen und ihre Lobbyistenhorden mit allen Mitteln bekämp­fen, die sie zur Verfügung haben.

    Noch ein Punkt:

    Es häu­fen sich inzwi­schen die ner­vö­sen Warnungen, dass wir schon ein beängs­ti­gen­des Maß an Inflation haben, und dass das noch schlim­mer wer­den wird. Ich habe heu­te früh mal geschaut: Wir lie­gen mit unse­rer Inflationsrate im euro­päi­schen Vergleich ziem­lich am unte­ren Ende, nur vier oder fünf Länder haben noch weni­ger Inflation. Und hier wird man des­we­gen schon hibbelig…
    …wir wer­den noch auf­re­gen­de Zeiten erleben.

    Antworten
  4. Noch ein paar Anmerkungen…

    Zur Philosophie ist zu sagen, dass deren Debatten natür­lich wie eh und je in den wis­sen­schaft­li­chen Zirkeln, also an Universitäten statt­fin­den. Das war frü­her nicht anders. Nur kam es häu­fi­ger vor, dass rele­van­te Fragen, die eine phi­lo­so­phi­sche Debatte erfor­der­ten, über den Rand der Aussichtsplattform des Elfenbeinturms in die brei­te­re media­le Öffentlichkeit schwapp­ten und dort für – poli­ti­sche – Folgediskussionen sorgten.

    Und natür­lich bin ich froh, dass wir im ÖR-​TV Zeitgeister genie­ßen dür­fen wie Precht, Scobel, Welzer, die in der Lage und wil­lens sind, kom­ple­xe­re Materie für eine inter­es­sier­te Öffentlichkeit auf­zu­ar­bei­ten und im Dialog darzubieten.

    Aber es haben sich Plattformen ver­scho­ben. Man liest es immer wie­der, dass man sich heu­te auf den „Sozialen Medien” tum­meln muss, um rich­tig wahr­ge­nom­men zu wer­den. Leider haben sich auch die „alten” Medien dazu ent­schlos­sen, weni­ger direkt als ver­mit­telt über die­se neu­en Plattformen an ihre Rezipienten her­an­zu­tre­ten. Anders:

    Man ist zwar selbst „Kanal”, nutzt aber lie­ber kon­kur­rie­ren­de Kanäle zum Verbreiten der „Message”. Hab ich nie ver­stan­den: ÖR-​TV braucht kein Twitter oder Facebook, um irgend­et­was mit­zu­tei­len. Das könn­te man direkt igno­rie­ren. Der Glaube, dass man mit die­sem Aufsitzen Zielgruppen erreicht, die man sonst nicht erreicht, dürf­te ein Irrglaube sein: Die Zielgruppen neh­men bes­ten­falls ein auf­ge­setz­tes ÖR-​TV-​Surrogat auf. Aber dann wer­den zuneh­mend Inhalte auf die neu­en Plattformen verlagert.

    Das ist alles der Angst geschul­det, irgend­wie von der Aufmerksamkeit (also letz­ten Endes: Quoten) abge­hängt zu wer­den. Das gab es schon ein­mal Mitte der 70er mit der Eröffnung des Privatfernsehens. Da hat­te man jede sich bie­ten­de Gelegenheit genutzt, den Leuten aufs Brot zu schmie­ren, dass man (die ÖRs) qua­si natur­be­dingt immer das bes­se­re, seriö­se­re und anspruchs­vol­le­re Programm haben wer­de als die Privaten, die ja nur der Werbung und der Quote hörig sein dür­fen – und gleich­zei­tig (!) hat man ange­fan­gen, sys­te­ma­tisch alle Programm-​Neuschöpfungen der Privaten bis zur hoch­not­pein­li­chen Ununterscheidbarkeit zu kopie­ren. Man hat selbst rigo­ros pri­va­ti­siert und eine unüber­schau­ba­re Diaspora pri­va­ter Subunternehmen aus­ge­son­dert, die heu­te das Programm erzeu­gen, das ein ÖR-​Verwaltungsapparat mit ange­schlos­se­nen Sendeplatzplanungs-​Redaktionen ausstrahlt.

    Ok, ich schwei­fe ab… 😉

    Winnetou… ja, „Cowboy und Indianer” habe ich mit mei­nen Freunden zu Fasching auch gespielt. Ich war immer Cowboy. Ich moch­te die­sen Federnzierat ein­fach nicht. Und außer­dem woll­te ich mit umge­schnall­ten Revolvergurt und coo­lem Hut her­um­lau­fen. Und ich ZOG SCHNELLER als fast alle Kumpels, denn ich habe das zu Hause geübt!

    Oh, wie ver­kom­men weiß und kolo­nia­lis­tisch, ras­sis­tisch gar (Kürzel: VWKR) ich damals war… und heu­te noch bin??

    Nein, denn ich bin ja erwach­sen gewor­den und habe Bildung genos­sen und Vieles gelernt: Tatsächlich war ich weder damals VWKR, noch bin ich es heu­te. Das hat näm­lich mit Winnetou und „Indianern” gar nichts zu tun.

    Und Winnetou aus den Buch- und Filmregalen und von den Theaterbühnen zu til­gen („Cancel Culture” = Zensur) und das Wort „Indianer” aus den Köpfen zu dro­hen und bei Bedarf zu prü­geln, wird auch in fünf­zig Jahren noch kei­nem heu­ti­gen (und zukünf­ti­gen) Nachfahren der ame­ri­ka­ni­schen Urpopulation in der gerings­ten denk­ba­ren Weise gehol­fen haben. Und zwar in über­haupt kei­ner­lei Hinsicht. 

    Doch ich ver­mu­te stark, dar­um geht es auch gar nicht. Ich ver­mu­te viel­mehr, dass das alles rein selbst­be­züg­lich ist. Ich will gar nicht ver­mu­ten, dass da ein „wei­ßer” Schuldkomplex eine Rolle spielt oder eine (selbst­ge­fäl­li­ge…) Projektion von Verantwortlichkeit. 

    Ich hat­te vor eini­gen Monaten mal vor, mich ganz aus­führ­lich mit die­sem Thema zu befas­sen. Es könn­te viel­leicht eine inter­es­san­te Studie zur Befindlichkeit eines klei­nen Teils der jün­ge­ren deut­schen Gesellschaft wer­den, der nicht in der Lage scheint, sich mit den gesell­schafts­his­to­risch begrün­de­ten Fehlungen und Wirrungen (und bis­wei­len über lan­ge Zeiträume gewalt­tä­ti­gen Fehlleistungen) unse­rer Gesellschaft (deren Teil sie unent­rinn­bar sind) anders zu beschäf­ti­gen als mit reak­tio­nä­rer „Cancel Culture” in ver­schie­de­nen Hinsichten.

    Aber ich bin eben nicht sicher, ob das über­haupt Sinn ergibt, denn es dürf­te ziem­lich sicher die Blase sol­cher auf­merk­sa­mer klei­ner Blog-​Gemeinschaften wie die­se hier um den lie­ben Horst nicht ver­las­sen und außer­halb auf frucht­ba­re Aufmerksamkeit stoßen.

    Da ich an den „Sozialen Medien” grund­sätz­lich nicht teil­neh­me, bleibt mir einer die­ser Wege sowie­so ver­schlos­sen. Und da die­se in kei­nem Fall Raum dar­zu­stel­len schei­nen für aus­ge­dehnt ela­bo­rier­te und dif­fe­ren­zier­te Auseinandersetzungen zu kom­ple­xen Themen die­ser Art, muss ich das nicht ein­mal beson­ders bedauern…

    Antworten
  5. @Boris: zu dei­nem letz­ten Absatz: seit der „Bologna-​Reform” haben Studierende deut­lich weni­ger Zeit, sie sind mit dem Pensum und Jobben so voll beschäf­tigt, dass ihnen nicht mehr genü­gend freie Zeit bleibt, um sich „ganz gemüt­lich” mit der Weltlage und deren Hintergründe zu befas­sen und zu philosophieren. 

    @Horst: Bzgl. der „Studierenden der sozia­len Arbeit” habe ich nicht gemeint, dass kon­kret die aktu­el­le Debatte von die­sen bestrit­ten wird (ich habe ja kei­ne Daten, was das für Leute sind). Ich ken­ne aber aus Lebenserfahrung in ein­schlä­gi­gen Gruppen die Dominanz die­ser Gruppe in sämt­li­chen der­ar­ti­gen Debatten. 

    Tichy, Broder, Reitschuster (Stein kenn ich nicht) sind m.E. rechts­ra­di­ka­le Schreibtischtäter und übels­te Populisten. Wenn ich noch has­sen könn­te, wären sie mei­ne Hass-​Objekte! Wenn irgend­wel­che Verstrahlten, nur aus ihrer Blase „infor­mier­ten” daher schwur­beln, regt mich das lan­ge nicht so auf wie Menschen, denen ich – nolens volens – Intelligenz unter­stel­len muss. 

    @Boris @Horst: Die sozia­len Medien seht Ihr bei­de nur nega­tiv, was gewiss auch dar­an hängt, dass Ihr sie nicht nutzt, bzw. nie wirk­lich mehr als mar­gi­nal genutzt habt. Ich nut­ze fak­tisch nur Twitter, will das aber nicht mis­sen! Das Positive, was mich da hält, habe ich kürz­lich auf Wunsch in einem Diary-​Kommentar aus­ge­führt. Es wird bei aller Kritik auch immer gern ver­ges­sen, dass man sich dort sei­ne „Timeline” selbst zusam­men stellt, also die Quellen frei wählt, die man sehen will. Mit den nega­ti­ven, schwur­beln­den, selbst­ge­fäl­li­gen, gar hass­erfüll­ten Tweets kom­me ich kaum in Berührung, denn die, denen ich fol­ge, pos­ten der­ar­ti­ges nicht. Gleichwohl schaue ich mir das immer mal an, weil ich schließ­lich mit­be­kom­men will, was so alles stattfindet. 

    Wie rele­vant die Soz​.Med. für die Aufmerksamkeitsgewinnung für Artikel und Sendungen anders­wo, spe­zi­ell für den ÖRR sind, müss­te jemand unter­su­chen. Wir wis­sen es nicht, aber ich den­ke, wenn dar­über kei­ne Rezipienten kämen, wür­den die Sender das nicht machen. Ich pos­te auch selbst inter­es­san­te Sendungen dort – zumin­dest wer­den sie ab und an geliked. 

    Sogar im Diary kom­men eini­ge nur dann, wenn ich auf Twitter pos­te. Darunter auch lang­jäh­ri­ge Real Life- Freunde! Deshalb pos­te ich auch Links zu län­ge­ren Kommentaren. 

    Die hier for­mu­lier­te Staats- und Parteien-​Kritik hal­te ich für deut­lich über­zo­gen. Wie haben wir uns frü­her doch gewünscht, dass wir mehr Einfluss hät­ten als nur „alle 4 Jahre ein Kreuz zu machen”. Jetzt ist das tat­säch­lich so: die Regierenden reagie­ren auf das Echo, das ihr Tun und Nicht-​Tun in der Gesellschaft erzeugt deut­lich mehr – und es passt auch nicht. 

    Und was Lobby angeht, wün­sche ich mir eine dif­fe­ren­zier­te­re Betrachtung. Politik und Verwaltung haben von sich aus nicht das Fachwissen, um sämt­li­che Wirkungen ihrer Gesetze und Verordnungen auf die kom­ple­xe Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt auf dem Schirm zu haben. Deshalb ist es m.E. unver­zicht­bar, jene, die es betref­fen wird, in Gesetzgebungsverfahren ein­zu­bin­den. Das bedeu­tet nicht, immer das zu tun, was die­se wol­len, aber so ist es ja auch nicht. Es gibt auch Enquete-​Kommissionen, Arbeitsgruppen, Anhörungen und Beratungen von Wissenschaft und Uni-​Kreisen. „Lobby” nennt man auch immer nur Vertretungen der Großindustrie etc., ande­re hei­ßen Betroffenenvertretung, NGOs, Umweltverbände, BIs – und alle tra­gen ihre je eige­nen Interessen vor, die sich aus ihren Tätigkeiten erge­ben. Beklagenswert ist hier allen­falls die Ungleichheit der Waffen: die einen kön­nen sich bezahl­te Vollzeit-​Lobbyisten leis­ten, ande­re nicht. 

    Wenn ich die Tendenz hier, so ziem­lich alles in die Tonne zu tre­ten, hoch rech­ne, läuft es am Ende auf „mehr Diktatur wagen” hin­aus. Dann wird schnel­ler durch­re­giert, Lobbys und Betroffene haben deut­lich weni­ger Einfluss. Fragt sich nur, ob das die Widersprüche in der Gesellschaft nicht nur ver­schärft, anstatt sie zu befrieden.

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  6. @Horst: Parteien sind Organe der poli­ti­schen Willensbildung und haben per GG und Parteiengesetz einen gewollt pri­vi­le­gier­ten Status gegen­über ande­ren Vereinigungen. Ich weiß nicht, war­um du auf ein­mal so gegen Parteien bist, deren Ziel es ist, zunächst in die Parlamente und dann an die Regierung zu kom­men. Meinst du, mehr „unab­hän­gi­ge” Kandidaten ohne Parteihintergrund wären bes­ser und wür­den erfolg­rei­cher gegen die ver­schie­de­nen Missstände agieren? 

    Dass die Macht der Parteien am Ende recht begrenzt ist, zeigt doch das aktu­el­le Geschehen: Habeck muss Dinge tun, die die Grünen nie im Leben gewollt haben – aber die Kraft des Faktischen und die Notwendigkeit zu Koalitionen ist nun mal zwin­gend (das ist ein Beispiel für vie­le „ins Amt gekom­me­ne” Politiker). Dass ver­schie­de­ne Parteien koalie­ren müs­sen, ent­spricht voll und ganz der „Meinungslandschaft” in DE, die nun mal nicht so einig ist, dass eine ein­zi­ge Partei eine kla­re Mehrheit hät­te. Ist dar­an irgend­was undemokratisch?

    Mit sozia­len Medien wird natür­lich nicht „mehr Demokratie gewagt”, es kom­men nur mehr Leute zu Wort, die des­halb aber noch kei­ne Entscheidungsmacht haben. Sie sind eher Katalysatoren und Beschleuniger von Kommunikationsprozessen, die vor­her gemäch­li­cher statt­fan­den, über Medien, zu denen längst nicht jeder Zugang hat­te. Auch frü­her gab es nicht nur die „Mainstreammedien”, son­dern ein wei­tes Feld klei­ner Druckschriften von links und rechts, sowie die „Flugblattkultur”, die weit­ge­hend ver­schwun­den ist. 

    WAS da for­mu­liert wur­de und heu­te beschleu­nigt und mas­sen­haft gepos­tet wird, hat sei­ne Wurzeln nicht in den Medien selbst, son­dern in den tat­säch­li­chen Zuständen in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat. Was die Menschen erle­ben, macht sie für bestimm­te poli­ti­sche Botschaften und Handlungsoptionen bereit – und wie groß­for­ma­tig die Folgen sein kön­nen, zeigt die Situation in den neu­en Bundesländern, deren Geschichte seit der Wende DER wesent­li­che (und nach­voll­zieh­ba­re) Ursache des Heranwachsen rech­ter Strömungen zum Massenphänomen ist. (Ich emp­feh­le noch­mal die 2‑teilige Doku „Aufgewachsen unter Glatzen”). 

    Mittlerweile sind wir gera­de­zu „kri­sen­ge­schüt­telt” mit guten Aussichten auf Verschlimmerung. Dass vie­le Menschen unter die­sen Umständen aggres­si­ver, depres­si­ver, wüten­der und ver­zwei­fel­ter wer­den, wun­dert nicht. Nicht nur die Marginalisierten, son­dern fast alle müs­sen Wohlstandsverluste befürch­ten oder erle­ben sie bereits – und von einem mitt­le­ren Einkommensniveau ist die Fallhöhe grö­ßer, also auch die Angst. All das drückt sich in den sozia­len Medien aus – und wir alle sind „schuld” dar­an, dass wir eher auf auf­re­gen­de, beängs­ti­gen­de, bri­san­te Nachrichten kli­cken als auf posi­ti­ve. Das wird wie­der­um von den Algorithmen genutzt, die uns das zuspie­len, was uns ja offen­bar interessiert. 

    Zu dei­nem letz­ten Absatz: Das liegt (u.a.) an der erlern­ten Entspannung durch Yoga: Wut und ähn­li­che Emotionen kön­nen nicht exis­tie­ren ohne Anspannung im Bauchraum und Solarplexus. Wer mal ein­ge­übt hat, grund­sätz­lich ent­spannt zu sein und nur „das Nötigste” anzu­span­nen, bemerkt die­se „wüten­den” Anspannungen als unan­ge­neh­me Körperempfindung – und lässt sie los, anstatt sie zu supporten. 

    Falls ich dich aber mit mei­nen all­zu ratio­na­len Texten ner­ve, sag ein­fach Bescheid! 🙂 Ist im übri­gen nicht so, dass ich mich gar nie auf­re­ge, aber es ist höchs­tens so ein ganz kur­zes lau­es Lüftchen..und schnell vorbei. 

    Verrückt, dass auch heu­te noch „Winnetou” und „Karl May”, sowie „Indiander” tren­de­ten. Als hät­ten wir kei­ne ande­ren Probleme!

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🧘 In der Ruhe liegt die Kraft.

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