Eric Gujer (NZZ) und sein Urteil über unsere Politik.

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Eric Gujer hat ver­mut­lich aus öko­no­mi­schen Grün­den eine ver­meint­lich jour­na­lis­ti­sche Lücke inner­halb sei­nes Blat­tes mit der Rubrik „Der ande­re Blick“ gefüllt. Die­ses Ange­bot war aus Sicht rechts­kon­ser­va­ti­ver Deut­scher lan­ge über­fäl­lig. Welt, FAZ oder Cice­ro sind vie­len in unse­rem Land nicht mehr kon­ser­va­tiv genug. Die NZZ ver­han­delt seit Jah­ren The­men, die Deutsch­land, nicht nur die hie­si­ge Poli­tik, in dun­kels­ten Far­ben beschreiben.

Ist Erich Gujer ein Feind Deutschlands?

Für mich ist Erich Gujer ein Jour­na­list, der ein ful­mi­nan­tes Pro­blem mit dem Land zu haben scheint, dass allein durch sei­ne Lage auch bei vie­len sei­ner Lands­leu­te eher weni­ger Neu­tra­li­tät aus­löst. Es ist aus mei­ner Sicht bemer­kens­wert, dass er die­se Abnei­gung mit Roger Köp­pel, einem bekann­ten schwei­ze­ri­schen Rechts­aus­le­ger (SVP-Mit­glied und Ver­le­ger der „Welt­wo­che“) teilt. Ich glau­be, die­se bei­den Män­ner spü­ren ansons­ten wenig Gemein­sam­kei­ten – jeden­falls in poli­ti­scher Hin­sicht. Köp­pel teilt jeden­falls regel­mä­ßig ordent­lich gegen die NZZ aus.

Der Titel von Gujers Arti­kel lau­tet: „Dem deut­schen Staat sind die blu­ti­gen Fol­gen sei­ner Migra­ti­ons­po­li­tik egal – lie­ber jagt er Reichsbürger“

Im Teaser des viel­ge­le­se­nen Gujer – Arti­kels heißt es: 

Der Kampf gegen die Reichs­bür­ger ver­mischt in unzu­läs­si­ger Wei­se Poli­tik und Jus­tiz. Man ver­sucht, das gan­ze poli­ti­sche Spek­trum rechts der Mit­te anzu­schwär­zen. Gleich­zei­tig igno­riert der Staat die von gewalt­tä­ti­gen Migran­ten aus­ge­hen­de Gefahr.

Gujer, NZZ

Gujer spielt den von Reichs­bür­gern und ande­ren Spin­nern geplan­ten Staats­reich her­un­ter, nennt die Grup­pe um den selt­sa­men Prin­zen ver­harm­lo­send „Prin­zen­gar­de“ (ein Begriff aus dem hie­si­gen Kar­ne­val). Mehr noch, er behaup­tet, dass Poli­tik und Jus­tiz das gan­ze poli­ti­sche Spek­trum rechts der Mit­te anzu­schwär­zen beab­sich­tig­ten. Damit kann er doch nur die Angrif­fe auf den poli­ti­schen Arm die­ser „Bewe­gung“ mei­nen, also die AfD. Oder waren von Uni­on und FDP ähn­li­che Kla­gen über das Vor­ge­hen der Ampel-Regie­rung zu hören?

Der Erfolg des Eric Gujer bei deutschen Rechtsnationalen

Gujer wid­met sich in epi­scher Brei­te dem, was sein eigent­li­ches Anlie­gen ist: Den gefähr­li­chen Aus­län­der, die die Mit­te-links Regie­rung ein­fach gewäh­ren lässt. Was sich ein gebil­de­ter Mensch wie Gujer nur dabei denkt, wenn er sol­che dum­men Vor­hal­tun­gen macht? 

Die Rei­he der grau­sa­men Angrif­fe durch Asyl­be­wer­ber und Migran­ten ist lei­der lang. Und was liegt für einen xeno­pho­ben Men­schen näher, als den Zusam­men­hang für sei­ne Belan­ge aus­zu­nut­zen? Wel­cher Mensch möch­te Mör­der in sei­ner Umge­bung zulas­sen, die völ­lig plan­los und unbe­re­chen­bar unschul­di­ge Men­schen töten? Es kön­nen doch nur links-grün-ver­siff­te Men­schen mit ihrem Gut­men­schen­ge­tue sein. 

Eric Gujer ver­gisst nicht, die Will­kom­mens­kul­tur Ange­la Mer­kels ins Spiel zu brin­gen. Er fin­det wohl, es sei klug, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass nicht nur CDU/​CSU, son­dern auch die Sozi­al­de­mo­kra­ten eine Mit­ver­ant­wor­tung tra­gen. Nun, immer­hin schränkt die­se Sicht auf die Din­ge das ein, was er zuvor behaup­tet hatte. 

Wenn CDU/​CSU und SPD, womög­lich ja auch noch die FDP bei alle­dem mit­ge­macht haben, bleibt ja nur die AfD übrig, die aus die­sem poli­ti­schen Kon­glo­me­rat Han­delns aus­ge­schert war. Das ist für den Schwei­zer Gujer wohl mehr als erstaun­lich. Dort gibt es seit Jah­ren eine kla­re Mehr­heit (1999) der rechts­extre­men SVP, die sich durch ihre rigi­de Aus­län­der­po­li­tik maxi­mal her­vor­tut und dabei auf Zustim­mung zäh­len kann. Das ist in Deutsch­land in der Tat anders! 

Ich lie­be die Schweiz. Ich habe in mei­nem Leben über zwan­zig Urlau­be im Ber­ner Ober­land und im Tes­sin gemacht, sodass ich das von mir behaup­ten kann. Aber in Gujers und Köp­pels Hei­mat gibt es vie­le Men­schen, die einen Natio­na­lis­mus an den Tag legen, der uns (mei­ner Gene­ra­ti­on) so etwas von abgeht. Wel­che Vor­stel­lun­gen wird Gujer denn wohl ent­wi­ckelt haben, um Gewalt­ta­ten von Asyl­be­wer­bern oder Migran­ten zu ver­hin­dern? Ich schät­ze, er wür­de die „Aus­schaf­fung“ aller Asyl­be­wer­ber und Migran­ten bevor­zu­gen. Das wäre so schön ein­fach. Und selbst das Ver­hal­ten wür­de einem Schwei­zer wohl kaum nega­tiv ange­rech­net wer­den. Schließ­lich sind das doch alles so net­te Leute. 

Vorbildhafte Schweiz hat die gleichen Probleme wie wir

Das Posi­ti­ons­pa­pier der SVP von 2019 beschreibt fast iden­ti­sche Pro­ble­me wie die, die wir in Deutsch­land mit dem The­ma haben. Jeder Mensch, ganz egal, wo er lebt, wird es rich­tig fin­den, wenn Ver­bre­chen wie die, die Gujer minu­ti­ös auf­zeig­te, hart bestraft und die Täter aus­ge­wie­sen wer­den. Das beinhal­tet lei­der eine mora­li­sche Unwucht, die wir nicht weg­dis­ku­tie­ren können. 

Denn die ver­lang­te Abschie­bung sol­cher Täter heißt ja im Grun­de nichts ande­res, als dass wir die­se Leu­te in ihr Hei­mat­land abschie­ben, damit sie ggf. dort ihr Unwe­sen trei­ben und nicht bei uns. Ich hal­te das für ein mora­li­sches Dilem­ma ers­ter Güte. Sind unse­re Men­schen wich­ti­ger als die in ande­ren Län­dern? Ist die eth­ni­sche Her­kunft eines Men­schen ein Grund dafür, den wich­tigs­ten Maß­stab unse­res Grund­ge­set­zes (die Wür­de des Men­schen) in die Ton­ne zu treten? 

Es ist viel­leicht mög­lich, die Zahl der (töd­li­chen) Angrif­fe durch Asyl­be­wer­ber oder Migran­ten zu sen­ken. Wel­che Vor­stel­lun­gen hat Herr Gujer? Beschränkt er sich auf den Wunsch, dass Poli­tik sich mit die­sen The­men, die trotz allen rech­ten Geschreis eben doch nur das sind, was immer gesagt wird – näm­lich Ein­zel­fäl­le – inten­si­ver befasst oder sie im Sin­ne der Schrei­häl­se öffent­lich thematisiert? 

Prä­ven­ti­on wäre die Maß­nah­me, die es braucht. Die benö­tigt aller­dings poli­ti­sche Unter­stüt­zung, also Geld und Per­so­nal. Wo die­se Art der Prä­ven­ti­on anzu­sie­deln wäre, weiß ich nicht. Ich kann mir eigent­lich nicht vor­stel­len, wie bei der Anzahl von Flücht­lin­gen im Hin­blick auf ihre nicht kul­tu­rell- und her­kunfts­be­ding­te Anfäl­lig­keit für Gewalt­ta­ten durch erlit­te­ne, ver­schie­dens­te Trau­ma­ta auch nur halb­wegs erfolg­reich iden­ti­fi­ziert wer­den könn­ten, um die­sen Men­schen die ent­spre­chen­de medi­zi­ni­sche oder the­ra­peu­ti­sche Behand­lung zukom­men zu lassen.

Die Tat­sa­che, dass die Betrof­fe­nen nach den Tor­tu­ren ihrer Flucht hier in einem elend lan­gen Pro­zess auf ein Zei­chen der Hoff­nung, auf ein siche­res, zukunft­ver­spre­chen­des Leben hof­fen, for­dert man­chen die­ser Men­schen ein­fach zu viel ab. Man muss kein Psy­cho­lo­ge sein, um das nach­voll­zie­hen zu kön­nen. Ein biss­chen Empa­thie reicht schon.

Verbundenheit mit den Opfern jeder Art von Gewalt

Doch, doch. Auch mei­ne Ver­bun­den­heit gilt mehr den Opfern und deren Fami­li­en und Freun­den. Aber heißt das, dass man Refle­xen nach­ge­ben muss und in das Heer derer ein­stimmt, die reflex­haft gleich nach Abschie­bung und här­te­ren Stra­fen rufen? Ich fin­de auch, dass die Rück­füh­rung straf­fäl­lig gewor­de­ner Täter, die nach Deutsch­land migrier­ten, Vor­rang haben muss. 

Es ist aber ein­zu­se­hen, dass genau die­se Ver­fah­ren kaum Erfolg ver­spre­chend abzu­schlie­ßen sind. Die Hei­mat­län­der neh­men sol­che Men­schen meis­tens nicht mehr „zurück“. Es gilt also ande­re Wege der Inte­gra­ti­on zu suchen. Nur durch Schimp­fen wer­den wir die­se Pro­ble­me jeden­falls nicht lösen können.

Es ist schreck­lich und wäre mei­ne Fami­lie davon betrof­fen, wür­de ich ver­mut­lich anders reden. Aber dar­um kann es bei die­ser wich­ti­gen Fra­ge nun ein­mal nicht gehen.

Leu­te wie ein Eric Gujer oder Roger Köp­pel oder deren Gesin­nungs­freun­de hier im Land ficht das alles nicht an. Aber sie den­ken, auch wenn vie­le etwas ande­res vor­ge­ben, bei ihren Tira­den gegen Geflüch­te­te nicht an die Opfer. Viel­mehr nut­zen sie die Lage für ihre poli­ti­schen Zie­le auf eine in mei­nen Augen sehr absto­ßen­de Art und Wei­se aus. 

Dass Gujer genau das, also poli­ti­sche Instru­men­ta­li­sie­rung aus­ge­rech­net denen vor­hält, die anders den­ken als die Men­schen­fein­de von rechts außen, soll­te einem Chef­re­dak­teur zu bil­lig sein. Oder ist der wirt­schaft­li­che Druck auf Gujer so groß, dass er die deut­schen Rechts­aus­le­ger mit sol­chen „gewin­nen­den Arti­keln“ des­halb so ver­ein­nah­mend anspricht? 

Eric Gujer schreibt zum Schluss sei­nes Schmutz­ar­ti­kels infa­mer Weise:

Es bleibt falsch, Bedro­hun­gen gegen­ein­an­der auf­zu­rech­nen. Inne­re Sicher­heit ist unteil­bar. Weder das 14-jäh­ri­ge Mäd­chen in Iller­kirch­berg noch die 49 Jah­re alte Mut­ter in Würz­burg wür­den noch leben, wenn der Staat die Reichs­bür­ger mit weni­ger Inbrunst ver­fol­gen wür­de. Aber in einem Moment, in dem die deut­sche Poli­zei aus­schwärmt, um einer durch­ge­knall­ten «Prin­zen­gar­de» hab­haft zu wer­den, wird schmerz­haft klar, wie gleich­gül­tig den Par­tei­en die Kon­se­quen­zen ihrer Migra­ti­ons­po­li­tik sind.

Gegen eine im Unter­grund täti­ge Grup­pe von unter­schied­lich moti­vier­ten Staats­fein­den kann der Staat vor­ge­hen. Er kann sie über­wa­chen und im Ide­al­fall dar­an hin­dern, ver­ab­scheu­ungs­wür­di­ge Ver­bre­chen zu bege­hen. Bei Flücht­lin­gen, die manch­mal allein und manch­mal in klei­nen Grup­pen agie­ren und viel­leicht auch für sie selbst unvor­her­seh­ba­re Gewalt­ta­ten gegen unschul­di­ge Men­schen bege­hen, liegt die Sach­la­ge doch ein wenig anders, nicht Herr Gujer? 

Prävention gegen Gewalt von Geflüchteten

Was könn­te also eine Lösung sein, außer­halb der von Men­no Bau­mann ange­spro­che­nen prä­ven­ti­ven Maß­nah­men? Was meint Gujer damit, dass den Par­tei­en die Kon­se­quen­zen ihrer Migra­ti­ons­po­li­tik gleich­gül­tig wären? Ange­sichts der von sol­chen Ker­len ein­ge­setz­ten mis­an­thro­pi­schen Grund­an­nah­men, kann das nur die sys­te­ma­ti­sche Aus­wei­sung aller, ja aller, Flücht­lin­ge sein. Für vie­le pas­sen die „Argu­men­te“, die einer wie Gujer oder Köp­pel formuliert. 

Es wäre aller­dings auch mög­lich, dass sich Gujer über Nan­cy Fae­sers „ein­sa­me“ Ent­schei­dung gegrämt hat­te, einen Afgha­nen nicht aus­zu­wei­sen, der im Alter von 14 Jah­ren ein deut­sches Mäd­chen ver­ge­wal­tigt hat. Es muss für Natio­na­lis­ten jeder Her­kunft uner­träg­lich sein, aus­län­di­sche Straf­tä­ter nach deren Straf­ver­bü­ßung im eige­nen Land erdul­den und mit künf­ti­gen Gefah­ren leben zu müssen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Bildung im Arsch

Schlagworte: Gujer Köppel medien Nzz Schweiz

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