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Lörrach: Tausche alte Wohnung gegen eine neue, die bald gebaut wird…

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Für man­che ist es in ihrem Kampf gegen rech­tes Framing ganz ok, wenn Menschen ihre Wohnungen gekün­digt wer­den. Sie fin­den die­sen unge­heu­er­li­chen Vorgang des­halb halb so wild, weil die frag­li­chen Wohnungen in den 50-​er Jahren erbaut, das Ende ihres Lebenszyklus gekom­men ist und des­halb bald abge­ris­sen wer­den müss­ten. Nur das wird so nicht gesche­hen. Die Wohnungen fin­den eine soge­nann­te „Anschlussverwendung”. Es sol­len dort Flüchtlinge unter­ge­bracht wer­den. Die Wohnungsgesellschaft ver­spricht, finan­zi­el­le Hilfen zur Unterstützung der 40 Mieter anzu­bie­ten, damit die durch den Umzug ent­ste­hen­den Kosten teil­wei­se gedeckt wer­den. Alles in Butter also? 

Kündigung und Neuanfang

Als ich ges­tern bei Twitter eines der zig­fach geteil­ten Kündigungsschreiben las und ver­stan­den hat­te, dass die bis­he­ri­gen Mieter aus­zie­hen müs­sen, weil dort Flüchtlinge ein­zie­hen sol­len, dach­te ich, es hand­le sich um einen Fake. Ich küm­mer­te mich nicht wei­ter um das Thema. Am Abend las ich bei der NZZ (wem auch sonst?), dass an die­ser Geschichte etwas dran ist. Ich schau­te bei Google News nach. Inzwischen hat­ten eini­ge Medien das Thema auf­ge­grif­fen. In den meis­ten Berichten wur­de der Sachverhalt her­un­ter­ge­spielt. Finde ich jedenfalls. 

Was es für Menschen bedeu­tet, die unter Umständen seit vier Jahrzehnten in „ihrer” Wohnung leben, die Nachbarschaft gut kennt und unter ihnen viel­leicht Freunde gefun­den haben, plötz­lich unter sol­chen Voraussetzungen die Kündigung zu erhal­ten, steht nicht auf dem Zettel der Erklärer bzw. Verteidiger die­ser Maßnahme. 

So einfach, wenn man nicht selbst betroffen ist

Für mich ist nicht ein­zu­se­hen, dass die Unfähigkeit und Gedankenlosigkeit unse­rer poli­ti­schen Verantwortungsträger inzwi­schen so weit geht, dass ein Szenarium eröff­net wird, das ganz bestimmt zwei­er­lei aus­lö­sen wird. 1.) ver­schlech­tert sich die Stimmung gegen Flüchtlinge und 2.) gibt das Wasser auf die Mühlen der Rechten. Einfacher kann man es der AfD und den ande­ren Nazis ein­fach nicht machen. Die beei­len sich ihre Memes zu plat­zie­ren und das – was Wunder bei dem Thema – erfolgreich.

Ich gehe davon aus, dass fast jeder Mensch, der die Kündigung sei­ner Wohnung erhält, sich zunächst ein­mal kom­plett aus­ge­lie­fert und in die Enge getrie­ben fühlt. Ich habe etwas in die­ser Art erst kürz­lich in mei­ner Familie erlebt. Die gesund­heit­li­chen, ein­schließ­lich der see­li­scher Folgen für den Betroffenen waren katastrophal. 

Es fehlen immer noch Wohnungen, und das wird in den nächsten Jahren so bleiben

Deshalb ist es für mich völ­lig inak­zep­ta­bel, wie non­cha­lant ein Teil unse­rer Öffentlichkeit mit die­sem unglaub­li­chen Skandal umgeht. Insbesondere wür­de ich von der Bundesregierung erwar­ten, dass sie, mit wel­chen Mitteln auch immer, sol­che Maßnahmen schlicht unter­sagt. Die ver­spro­che­nen 400.000 neu­en Wohnungen sind es nicht gewor­den. Wahrscheinlich wer­den wir in den nächs­ten Jahren nicht auf die jähr­lich geplan­ten wei­te­ren 400.000 Wohnungen kommen. 

Personal fehlt und Kosten explodieren

Dafür spricht, dass Personal fehlt und die Kosten immer wei­ter stei­gen. Das tan­giert die Geschichte, die ich ges­tern ange­spro­chen habe. Wir kön­nen nicht immer wei­ter Flüchtlinge in Deutschland auf­neh­men, wenn wir nicht in der Lage sind, die not­wen­di­gen Infrastrukturmaßnahmen bedarfs­ori­en­tiert vorzunehmen. 

Manche wun­dern sich dar­über, dass sich die Menschen in Lörrach das so ein­fach gefal­len lie­ßen. Ich weiß nicht, ob die­se Leute jemals eine Wohnungskündigung erhal­ten haben bzw. sich an die Gefühle erin­nern, die eine sol­che Ausnahmesituation in Menschen auslösen. 


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2 Gedanken zu „Lörrach: Tausche alte Wohnung gegen eine neue, die bald gebaut wird…“

  1. Mich wun­dert, dass das über­haupt recht­lich mög­lich sein soll! Ist eine belie­bi­ge Umnutzung auf ein­mal ein Kündigungsgrund? Da könn­te ja jeder Vermieter behaup­ten, er wol­le jetzt an Flüchtlinge ver­mie­ten und so die unge­lieb­ten Altmieter mit den noch güns­ti­gen Mieten loswerden.

🧡 Danke, dass du hier warst.

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