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Die Blattläuse, das Völkerrecht und unvorstellbare Gewalt

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Wie beliebte Herr Wolffsohn es bei »Anne Will« auszudrücken?

„Das Völkerrecht ist hervorragend geeignet zum Bekämpfen der Blattlaus“.

Michael Wolffsohn bei „Anne Will“.

Solche Sätze führen nicht zu einer öffentlichen Reaktion, die unser ansonsten moralisch doch so empfindsames Land, unter normalen Umständen gezeigt hätte.

Sollten die Zahlen stimmen, die ich unseren Medien entnommen habe, ist die Zahl der in Gaza getöteten Menschen etwa doppelt so hoch wie die, die durch die Hamas bei ihrem Terrorüberfall auf Israel ermordet wurden. Dabei befinden wir uns noch immer in der Vorphase einer möglichen Bodenoffensive. Wie viele Opfer diese kosten wird, liegt jenseits meines Vorstellungsvermögens.

Michard Sfard, israelischer Menschenrechtsanwalt, spricht von drohender unvorstellbarer Gewalt

Der bekannteste israelische Menschenrechtsanwalt, Michael Sfard, befürchtet, sein Land könne in Gaza „unvorstellbare Gewalt“ anwenden. Angesichts der bisherigen Opferzahlen ist das nachvollziehbar.

Er appelliert an seine Landsleute, im Krieg ihre Humanität zu bewahren. Für seinen Appell in der israelischen Zeitung „Haaretz“ erhielt er harsche Kritik. Derweil wird bei uns weiterhin von uneingeschränkter Solidarität geredet. Was wohl nicht anderes bedeutet, als dass wir unseren Mund halten werden, sollten Sfards Befürchtungen eintreffen.

Die Wirkung der schrecklichen Berichte über die Hamas-Massaker an Israelis bleibt. Außenstehende, auch viele Muslime, sind solidarisch mit den Israelis. Es ist richtig, wenn wir gegen Anhänger der Hamas und gegen Muslime mit konsequenter Härte vorgehen, die ihre Sympathien auf deutschen Straßen für die Unmenschlichkeit und den Terror der Hamas teilen.

Palästina von Terroristen vereinnahmt?

Ich verstehe, wenn Palästinenser sich gegen die Vereinnahmung durch Terroristen wehren und für ihre Sache demonstrieren. Nur leider sind die Grenzen derart fließend, dass auch politisch wenig interessierte Menschen erkennen, wie krass der Rückhalt der Hamas insbesondere bei Menschen palästinensischer Herkunft, aber auch vielen Muslimen anderer Herkunft in Wahrheit ist.

Es ist dringend geboten, dass wir – unabhängig davon, was künftig in Gaza geschehen wird, klarmachen, dass wir auf Taschenspielertricks angeblicher Unterstützer der Sache Palästinas nicht hereinfallen. Dass wir in Deutschland schon seit Jahren mit zunehmender Tendenz jüdische Institutionen schützen müssen, ist für sich genommen ein Unding.

Auch die Linksextremen sollten umdenken

Dass manche Linke nichts davon wissen wollen, dass für die Zunahme der Gefährdung jüdischer Mitbürger nicht allein den deutschen Rechten die Schuld zu geben ist, will ich nicht länger tolerieren. Radikale Muslime sind als Täter zu identifizieren. Leider wird das systematisch von unseren Medien verschwiegen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Haben Sie eine andere Erklärung?

Es ist ein gutes Zeichen, wenn darüber gestritten wird. Das ist auch eine Folge der Tatsache, dass wir die Dinge zu lange nicht beim Namen genannt haben. Nein, das ist kein Geraune. Ich weiß nur nicht, wie man die Probleme, die unser Land zu bewältigen hat, mit Zahlen unterlegen könnte. Ich verlasse mich auf meine Augen und meine Wahrnehmung als ganz normaler Bürger Deutschlands.

Netanjahus starke Worte nach dem Terror der Hams

Trotzdem werde ich meine Solidarität nicht überstrapazieren, wenn die Gewalt in der Region so ausufern sollte, wie viele dies seit dem Hamas-Überfall befürchten. Der schon erwähnte israelische Menschenrechtsanwalt schreibt die zu erwartende Gewalteskalation einem speziellen Umstand zu:

Ich habe so etwas noch nie gefühlt. Vielen von uns, die ihr Leben lang stark auf die israelischen Sicherheitskräfte vertraut haben, ist der Boden unter den Füßen weggezogen worden durch die Hamas-Attacke. Viele haben wirklich Angst. Nun möchten sie etwas Dramatisches tun, um sich wieder sicher zu fühlen.

Wir haben nun eine Regierung, die sich bis auf die Knochen blamiert hat mit ihrer sicherheitspolitischen Unfähigkeit. Meine Sorge ist, dass sie ihr Image wieder aufbauen will, indem sie überkompensiert und unvorstellbare Gewalt auch gegen unschuldige Menschen in Gaza anwendet.

Quelle: Israelischer Menschenrechtsanwalt: „Ich bin völlig niedergeschlagen“ – Politik – SZ.de

Kann eine als Strategie verkaufte militärische Rettungsaktion (Geiseln) vor einem solchen Hintergrund gerecht oder gar angemessen sein? Da mögen hier noch so viele, vielleicht sogar aus Bequemlichkeit rufen, dass unsere Solidarität uneingeschränkt gelte, ich wäre dann nicht mehr dabei. Mir ist egal, wie ich deshalb genannt werde.

Keine Menschen mit positivem Einfluss

Die Vergangenheit des Konflikts hat uns gezeigt, dass keine noch so integre Persönlichkeit Einfluss auf die Akteure hat. Welche Lehren haben wir Menschen aus unserer Geschichte eigentlich gezogen? Die zivilisatorischen Ausbrüche, die man so nonchalant mit dem Satz: „Das ist nun einmal Krieg“ abbügelt, sollten als Anachronismus zur menschlichen Zivilisation, als Rückfall ins Mittelalter, gebrandmarkt werden.

Es gelten archaische Regeln, die mich als Menschen, der Gott sei Dank nie einen Krieg im eigenen Land erleben musste, so furchtbar erschüttert und abstößt, dass ich meinen Glauben an diese Menschheit verlieren könnte.

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Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

6 Gedanken zu „Die Blattläuse, das Völkerrecht und unvorstellbare Gewalt“

  1. Ja, manchmal möchte man den Glauben an die Menschheit verlieren, Aber ich denke, zum Glück, dass uns das unmöglich ist. Und diese Meinung halte ich unbeirrt aufrecht, egal, wie viele mir sagen, bei ihnen wäre das anders. Aber unerlässlich dabei ist für mich, dass ich mein bisheriges Menschenbild entromantisiere und korrigiere. Ein holpriger Weg, bei dem ich immer wieder in alte Löcher falle. Sei`s drum.

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  2. Das einzige, was da neu ist, ist das die Bilder jederzeit verfügbar sind. So ger ich das wollte, aber in der Hinsicht kann man nicht von Degeneration sprechen. Man kann sich ja auch die Tagesschauen vor 60 bis 40 Jahren anschauen..
    Wer ist eigentlich dran, wenn die Juden mal nicht mehr sein sollten? Die Christen, die Buddhisten? Irgendein Feindbild braucht es ja.

    Und Nein: Die Europäer müssen sich da nicht verstecken. Die Methodik bleibt gleich. Nur bei der Ausführung wird auf solche Gewalt verzichtet. Die Frage ist da lediglich: „Wie lange noch?“

    Auch in Deutschland steht ohne Feindbild keiner auf.

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  3. @Menachem: Welches Vakuum in den Köpfen der Menschen oder etwa der Geopolitik führt eigentlich zu dieser zunehmenden Bereitschaft, solche Kriege zu führen. Egal, ob wir nach Russland, China (Taiwan), Nordafrika mit den Stellvertreterkriegen schauen, überall herrscht Gewalt und Chaos. Die Menschen werden nicht klüger. Sie werden rücksichtsloser und brutaler. Auch, wenn ich mir das Verhalten einzelner Menschen ansehe, kann ich die Gründe für diese Zunahme von Brutalität und Bereitschaft zur Gewalt einfach nicht erklären. Zum Verzweifeln ist es.

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  4. @Juri: Das ist ein kleiner ab höchst bedeutsamer Unterschied. Wir Menschen reagieren auf Bilder wohl sensibler als auf Texte. Außerdem sind wir direkt dabei. Die arschigen asozialen Medien machen es möglich. Dass die Emotionen der Leute hochgehen, ist angesichts der Überlastung im Spiel mit Desinformation und Information normal. Wie gefährlich das ist, konnte man zuletzt bei den Palästinenserprotesten auf unseren Straßen sehen. Innerhalb kürzester Zeit mobilisieren diese Gruppen viele Menschen, die dann – wie auf Knopfdruck – in irrationaler Art und Weise ihre Wut ausdrücken.

    Du kennst das Intro von Orion? Da wird davon gesprochen, dass es nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltall gibt. Das ist eine Vision, an die ich mich lieber klammern möchte.

    „Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die ORION. Winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt. Begleiten wir die ORION und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit…“

    Die Hauptdarsteller sind übrigens alle schon verstorben. Vllt. liegt es daran, dass die Leute keine Visionen mehr haben. 🙂

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  5. Natürlich kenne ich auch das. Als Teen habe ich die Serie mal in einem Programmkino Special gesehen, mit anschließender Diskussionsrunde. Allerdings gebe ich zu, dass ich mich an die Einzelheiten nicht mehr so gut erinnere, weil ich das nicht wiederholt habe.

    Vor dieser Vision graut mir indes. Wenn ausgerechnet der Mensch das Universum dominieren sollte, passiert überall das, was Du schon hier im Blog erwähnst und noch ganz andere Dinge. Venünftiger wäre es, wenn der Mensch auf den roten Knopf drückt und die Erde 64 mal zerstört. Dann kann das zumindest das Universum retten.

    Eine Entwicklung bekommt der Mensch nicht mal mit seiner Gentechnologie hin.

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  6. Du hast also auch kein großes Vertrauen in die Menschheit. Das hätte ich aber wirklich nicht von dir gedacht 🙂 Ich bin zeitweise ebenfalls ein Misanthrop. Es kommt immer darauf an, wie schwer es mir fällt, die Reaktionen mancher Leute nachzuvollziehen. Wenig konsequent für einen Misanthropen, nicht wahr?

    Wie sehr sich der Blick auf „die Menschheit“ doch in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Oder nicht? Die Menschen sind allerdings nicht selbstkritischer geworden. Man sollte denken, das ginge parallel vor sich. Nein, es sind immer die anderen, die alles falsch gemacht haben. FFF hat Maßstäbe gesetzt. Was jetzt im Moment in der arabischen Welt vor sich geht, ist dafür auch ein Beleg. Keine Beweise, keine Erklärung zählt etwas, nur der eigene Horizont, die eigene Blase.

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