Kein Platz für Menschlichkeit?

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All­mäh­lich däm­mert es auch denen, die bis­lang Tole­ranz mit Igno­ranz ver­wech­sel­ten. Anstel­le ver­nehm­li­cher Ansa­gen oder Absichts­er­klä­run­gen ist aller­dings nicht viel zu erwar­ten. Wir ken­nen unse­re Pap­pen­hei­mer. Haben wir uns etwa an den Hass gegen Isra­el gewöhnt? Hier, auf unse­ren Stra­ßen? Wahr­schein­lich, denn es scheint kaum noch ein The­ma, dass seit Jah­ren jüdi­sche Ein­rich­tun­gen von der Poli­zei bewacht wer­den müs­sen. Und nein, nicht nur vor deut­schen Rechtsextremen. 

Es zer­reißt einem das Herz. Die Sze­nen, die uns in den Nach­rich­ten gezeigt wer­den, sind kaum zu ertra­gen. Die aso­zia­len Medi­en gehen wei­ter. Das Zeig­ba­re kennt dort kei­ne Gren­ze. Sie zei­gen Gräu­el, die mich unwill­kür­lich fra­gen las­sen: „Tun Men­schen das ande­ren an? Ist das wirk­lich pas­siert?“ Den israe­li­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter hör­te ich von Tie­ren in Men­schen­ge­stalt reden. Er sprach von Hamas-Ter­ro­ris­ten. Ähn­li­che Sze­nen wird es schon gege­ben haben. So vie­le grau­sa­me Gemet­zel hat unse­re Spe­zi­es ver­übt. Wir sind NICHT lernfähig.

Ich sehe, wie ein Mann eines ver­letz­tes Kind zu einem Auto trägt. Rund­her­um lie­gen alle Häu­ser in Trüm­mern. Es sind Bil­der aus Gaza. Eine ver­gleichs­wei­se kur­ze Sze­ne, die mei­ner Wut auf die Taten der Hamas Ein­halt gebie­tet. Wie vie­le Paläs­ti­nen­ser wer­den es mit dem Leben bezah­len, was die Hamas-Füh­rer in ihrem kom­for­ta­blen Flucht­do­mi­zil in Katar ange­ord­net haben? Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass ihnen das Schick­sal ihrer Lands­leu­te voll­kom­men gleich­gül­tig ist.

Die Ant­wort auf den unnö­ti­gen Tod so vie­ler Men­schen in Isra­el, auf das Elend, die Trau­er all der Men­schen, wird ein­mal mehr Tod und Ver­der­ben sein. Dann für die­je­ni­gen, die ab jetzt im Gaza-Strei­fen ster­ben werden. 

Es gibt kei­ne Chan­ce, die­sen Teu­fels­kreis von Tod und Süh­ne zu durch­bre­chen. Die Ver­gel­tung Isra­els wird furcht­bar sein und die Zemen­tie­rung des Has­ses unauf­lös­lich. Machen wir uns dies­be­züg­lich noch Illusionen? 

In einem Arti­kel bei „Welt online“ moniert eine Jour­na­lis­tin, dass sich die Femi­nis­ten Deutsch­lands nicht zu den Ver­ge­wal­ti­gun­gen israe­li­scher Frau­en geäu­ßert hät­ten. Was für ein Scheiß! Wor­um geht es Sprin­ger? Die machen es sich, ihren Auf­la­gen und ihrer Welt­sicht zunut­ze, was ande­ren an Grau­sam­keit die Spra­che verschlägt!

Mir hat es die Keh­le zuge­schnürt, als ich das Mäd­chen auf dem Prit­schen­wa­gen fast nackt lie­gen und die paläs­ti­nen­si­schen Ter­ro­ris­ten um sie her­um­ho­cken sah. Eine Sze­ne zeig­te gro­ße Blut­fle­cken auf der Jog­ging­ho­se einer jun­gen Frau, die von Ter­ro­ris­ten weg­ge­führt wur­de. Es braucht kei­ne Fan­ta­sie, um sich aus­zu­ma­len, wel­che Sze­nen sich bei dem Fes­ti­val in der Negev-Wüs­te abge­spielt haben oder in den Kib­bu­zen, in denen auch Babys von Hamas-Ter­ro­ris­ten getö­tet wurden. 

Ich emp­fin­de kei­ne Schuld, dass ich bis­her ein pri­vi­le­gier­tes Leben füh­ren konn­te oder ich als Deut­scher gebo­ren wur­de. Als Ange­hö­ri­ger der Nati­on, die vor Jahr­zehn­ten so viel Unheil und Ver­bre­chen über ande­re Völ­ker, gebracht hat, erken­ne ich aller­dings die Ver­ant­wor­tung pri­mär gegen­über dem jüdi­schen Volk an. Wer­den wir Deut­sche die­ser Ver­ant­wor­tung gerecht? 

Gegen­wär­tig scheint es so zu sein, denn wir ste­hen zu Isra­el und erklä­ren voll­mun­dig auf allen TV-Kanä­len unse­re Soli­da­ri­tät. Wir wie­der­ho­len auch stän­dig, dass es zur deut­schen Staats­rä­son gehö­re, das Exis­tenz­recht Isra­els zu ver­tei­di­gen. Wie lan­ge das wohl so bleibt? Ich will kei­ne unpas­sen­den Ver­glei­che zie­hen. Aber es hat bereits eini­ge Hur­ra-Schreie gege­ben, die sich schon kur­ze Zeit spä­ter unter dem Druck neu­er Rea­li­tä­ten ins Gegen­teil verkehrten. 

Zu wel­chen Unter­stüt­zungs­maß­nah­men wir bereit und in der Lage wären, wird auch unter dem Druck des ver­bre­che­ri­schen rus­si­schen Krie­ges gegen die Ukrai­ne in einem ande­ren Licht zu prü­fen sein. Soll­te sich ein Mehr­fron­ten­krieg gegen Isra­el ent­wi­ckeln, wird eine deut­sche, mili­tä­ri­sche Betei­li­gung nach sol­chen voll­mun­di­gen Soli­da­ri­täts­be­kun­dun­gen zur Debat­te stehen.

Es ist jetzt nicht die Zeit, zu pala­vern. Dass das trotz­dem geschieht, zei­gen die elen­den Talk­shows im deut­schen Fernsehen. 

Ich wünsch­te, zuguns­ten all der Men­schen, die wäh­rend der nächs­ten Tage, Wochen und Mona­te dem Wahn­sinn einer neu­en Eska­la­ti­on zum Opfer fal­len, dass die Regie­run­gen klug, abge­klärt, haupt­säch­lich mit Blick auf das Leben danach handeln. 

Lässt das Auf­tre­ten der israe­li­schen Regie­rung (vor dem Über­fall durch die Hamas-Ter­ro­ris­ten), Platz für sol­che Hoff­nun­gen? Wir wis­sen, wie radi­kal man­che Regie­rungs­par­tei in Isra­el ist. Unse­re Medi­en spra­chen von rechts­extre­men Minis­tern, die unter Netan­ja­hu ihren Dienst leis­ten. Hof­fen wir, dass die­se Leu­te die­sen Dienst nicht missverstehen.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Gaza Hamas Israel Menschlichkeit Terror

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6 Gedanken zu „Kein Platz für Menschlichkeit?“

  1. Juri Nello 470 12. Oktober 2023 um 01:17

    Für mich als Fan schlech­ter Musik löst das noch ganz ande­re Din­ge aus.
    Es gab schon Bücher mit Fes­ti­vals, die in Schläch­ti­vals aus­ge­ar­tet sind. Lei­der über­trifft da das Leben wie­der­holt die Rea­li­tät. Mit Sati­re hat das noch nicht mal was zu tun.

    Knapp 40 Jah­re hat, unter ande­rem, die Musik ver­hin­dert, uns so an die Gur­gel gesprun­gen zu sein. Das Fes­ti­val war mal ein Aus­druck dessen.

  2. Als zivi­li­sier­ter Mensch kann man das über­haupt nicht nach­voll­zie­hen. Ich den­ke es hat viel mit einer fehl­ge­lei­te­ten Erzie­hung in der Kind­heit zu tun. Der Hass Paläs­ti­nen­ser gegen Israe­lis und umge­kehrt wird mei­ner Mei­nung nach aner­zo­gen, sozu­sa­gen mit der Mut­ter­milch aufgesogen. 

    Das gibt es natür­lich auch in ande­ren Län­dern. Ich erin­ne­re mich vor Jah­ren an einen Schü­ler­aus­tausch mei­ner Toch­ter. Die fran­zö­si­sche Aus­tausch­schü­le­rin merk­te beim Früh­stück eines Tages an, dass sie sich das Leben in einer natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Fami­lie anders vor­ge­stellt hät­te. Völ­lig fas­sungs­los frag­te ich nach, wie sie dar­auf käme. Die Ant­wort: Ihre Groß­el­tern hät­ten ihr immer wie­der erzählt, dass die Deut­schen – ohne Aus­nah­me – alle Nazis seien. 

    Eine geflüch­te­te Ukrai­ne­rin erzähl­te mir von Indok­tri­na­ti­on gegen Russ­land bereits in der Schu­le, das mag anders­her­um auch so sein; macht die Sache aber nicht besser. 

    Fakt ist: Wer Hass säht, wird Gewalt ern­ten. Das ist die logi­sche Schluss­fol­ge­rung – und oft­mals auch gewollt.

  3. Su 12. Oktober 2023 um 13:51

    Bei „wir kön­nen mit­ein­an­der reden“ steht für mich immer die (irgend­ei­ne) Reli­gi­on im Weg.

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