Wolfgang Kubicki: „Wenn der Dialog endet, können wir alle einpacken“

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Wenige Tage nach der von der AfD initiierten „Aktuellen Stunde“ zum Thema Meinungsfreiheit, schrieb Boris Rosenkranz bei Übermedien diesen Artikel („Wieso geben Politiker „Nius“ Interviews? Wir haben sie gefragt“).

„Nius“ ist in meinen Augen ein Produkt, dessen Qualität man überhaupt nicht genug nicht wertschätzen kann. Hinter diesem Angebot steht der Ex-Chefredakteur der „Bild“-Zeitung. Reichelt heißt der Mann. Dieser Name ist Programmaussage und -Androhung gleichermaßen.

Es gibt in Deutschland eine Reihe von journalistischen Angeboten, die ich nicht (mehr) nutze. Eine Chance habe ich diesen gegeben und zwar immer vor dem Hintergrund, dass ich schließlich wissen wollte, wie DIE so ticken bzw. was auch in den Kommentarspalten von der geneigten Leserschaft übers Land und Leute gedacht wird. Es war immer höchst unerfreulich und inzwischen habe ich meine Orientierungszeit längst abgeschlossen. Nun weiß ich, wie die Tichys, Broder, Reichelts, all die anderen und ihre Leserschaft ticken.

Dennoch finde ich die Argumente der Gegner der Regierungsinitiative Faeser, SPD und Paus, Grüne, im Hinblick auf die Absicherung einer demokratischen Gesinnung bedenkenswert. Dass in der Bundestagsdebatte seitens der AfD wieder einmal Versatzstücke von Tatsachen mit hinterhältigen Behauptungen und Unterstellungen vermischt wurden und vom rhetorischen Fallbeil der AfD, Dr. Curio, als Munition gegen Links/grün verwendet wurde, hat längst keinen Neuigkeitswert mehr.

Curios Aussagen und die seiner AfD-Mitstreiter sind durchsetzt von einem großen Hass auf alle, die es wagen, die im rechtsextremen Lager bestehende Meinung als demokratiefeindlich zu bezeichnen und auch so zu behandeln.

Leider wird es nie gelingen, den für diese Denke offenen Teil der Menschen im Land von der Gefolgschaft abzuhalten. Die für viele offensichtlich darauf ausgerichteten Worte, das Vertrauen in die Demokratie zu schwächen bzw. sie durch ein faschistoides Regime abzulösen, übersehen die Leute bzw. sie anerkennen solche Tendenzen oft als Bestätigung ihrer kruden, von Frustration gefangenen Einstellung. Sie ist von Unzufriedenheit getragen, nicht einmal von politischen Argumenten. Diese Unzufriedenheit ist das Ergebnis aller möglichen Faktoren, die von „Nius“ und den anderen bekräftigt, manchmal auch erst erzeugt werden. Radikalisierung am Bildschirm ist in meinen Augen ein Stichwort.

Insofern sehe ich den Anteil rechter Medien an der unguten Entwicklung neben den Fehlern und Versäumnissen der Regierung, als erheblichen Einflussfaktor für die Verdopplung der AfD-Stimmenanteile seit den letzten Bundestagswahlen. Dass etablierte Medien (nicht nur Talkshows!) aufgrund gewisser Mechanismen dabei mithelfen, die Atmosphäre im Land zu vergiften, wirft das für mich immer einen kritischen Schatten auf unsere Medienlandschaft.

Ich halte die Einwände gegen staatliche Reglementierungsbemühungen für kritisch. Insbesondere in links-grünen Blasen wird etwas zu häufig gefordert, dass man diese oder jene Sendung oder diesen oder jenen Moderator vom Bildschirm verbannen sollte oder AfD-Leuten keine Bühne im TV bieten solle. Im TV gelingt das halbwegs. In ARD und ZDF sind AfD-Politiker unterrepräsentiert. Ich empfinde das einerseits als Wohltat, andererseits entspricht es aber nicht meinen Vorstellungen von demokratischen Regeln.

Deshalb ist es in meinen Augen ärgerlich, wenn manche links-grünen Größen im Internet eine kategorische Ausgrenzung von Rechten auf den medialen Bühnen fordern.

Und wie steht er zur Kritik, Politiker würden mit ihren Interviews das Programm von „Nius“ normalisieren? „Das ist eine interessante Frage.“ Dabei schwinge ja mit, dass die Konsumenten des Mediums „von demjenigen, der diese Kritik äußert, eigentlich nicht für mündig gehalten werden. Ein solches Bild von den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes habe ich nicht“.

Quelle

Da erscheint mir diese Aussage von Wolfgang Kubicki sympathisch, obwohl ich von ihm normalerweise am liebsten gar nichts hören möchte.

Der Begriff Toleranz hatte früher ™ eine höhere Bedeutung als heute. Ich bin noch mit solchen Prämissen aufgewachsen. Meinungsfreiheit wird nicht nur im Artikel 5 unseres Grundgesetzes als Teilbasis unsere Gesellschaft gewürdigt.

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

Quelle

Artikel 5, Grundgesetz Bundesrepublik Deutschland

Wenn wir uns bzw. anderen dieses Recht nehmen oder nehmen lassen, sind wir, auch wenn viele das glauben, nicht vorangekommen, sondern machen einen Rückschritt von bedeutendem Ausmaß.

Update: 11.3.2024


Hier ein ZDF-Beitrag, der das Thema kritisch behandelt:

Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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