Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit bleibt ungelöst – sogar in Deutschland

Ulrich Schnei­der ver­lässt Ende des Monats die Brü­cke als Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Pari­tä­ti­schen Gesamt­ver­bands, sei­ne Kri­tik am unge­rech­ten Staat und die poli­ti­schen Debat­ten über Armuts­quo­ten und Wirt­schafts­kraft in Deutsch­land bleiben.

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Die Kote­let­ten sind mar­kant – unge­wöhn­lich, man ver­gisst Ulrich Schnei­der schon des­halb nicht so schnell. Gut, das liegt zum gro­ßen Teil auch an sei­ner Prä­senz in der Öffent­lich­keit. Er gehör­te ein­fach dazu, zum Deutsch­land, dem es angeb­lich (laut Uni­on) so gut ging, denn er brach­te immer­hin das Gegen­teil auf die Agen­da, immer wie­der. Ob alle Argu­men­te stim­men, sei an die­ser Stel­le mal dahingestellt.

An sei­ner Per­son habe ich mich nie gerie­ben. Das ist, offen gesagt, sel­ten. Das sozia­le Gewis­sen die­ser Repu­blik hat­te einen Namen. Die Wiki­pe­dia nennt ihn: Sozi­al­lob­by­ist. Sol­che Zuschrei­bun­gen waren mir egal, die rich­ti­ge Sicht auf den Zustand der Repu­blik besa­ßen nur wir – die Lin­ken. Ende die­ses Monats hört er auf, nach 25 Jah­ren Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Pari­tä­ti­schen Gesamtverbands. 

Längst ist mir die Balan­ce zwi­schen rich­ti­gen und fal­schen Ansät­zen der Lin­ken ins Rut­schen geraten.

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Schnei­der beklagt die hohe Armuts­quo­te in Bay­ern (12,6 %), in Bre­men beträgt sie 29,1 %. Auch wenn die von CDU-Mann Gros­se-Brö­mer bei X geteil­te Bot­schaft eines sei­ner CDU-Freun­de aus NRW, dass in Bay­ern die Uni­on und Lin­ke in Bre­men wäh­rend der letz­ten sie­ben Jahr­zehn­te regiert hät­ten und die­se Aus­sa­ge, was die Bedin­gun­gen in die­sen Regio­nen anlangt, höchst unter­kom­plex „ana­ly­siert“ ist, ganz falsch ist die Aus­sa­ge auch nicht. 

Abge­se­hen davon, dass die­se Armuts­quo­te ein Instru­ment ist, dass man hin­ter­fra­gen darf, hat Bay­ern unter der CSU die rich­ti­gen Wei­chen­stel­lun­gen gesetzt und pro­fi­tiert schon seit Jahr­zehn­ten von den weit­sich­ti­gen Ent­schei­dun­gen. So ungern auch ich dies ein­räu­me, Franz-Josef Strauß hat sei­nen Anteil an der guten Ent­wick­lung Bay­erns zur wirt­schaft­li­chen Macht. Man könn­te viel dar­über erzäh­len und dis­ku­tie­ren. Die Vor­be­hal­te gegen­über Sozis und auch gegen­über den Grü­nen sind berechtigt. 

Die Gesamt­ent­wick­lung des Sozi­al­staa­tes muss uns zu den­ken geben. Dass dies Men­schen wie Herrn Schnei­der nicht in den Kopf will, ist ange­sichts sei­ner Pro­fes­si­on und sei­nes Selbst­ver­ständ­nis­ses verzeihlich. 

Wirt­schafts­kraft ent­steht nicht zufäl­lig, die Zah­len des Län­der­fi­nanz­aus­gleichs sagen etwas aus. Die größ­ten Net­to­zah­ler sind schon lan­ge Bay­ern, Baden-Würt­tem­berg und Hes­sen. Mit Abstand fol­gen noch Ham­burg und Rheinland-Pfalz.

Wenn CDU-Gran­den also Lin­ke mit ihren eige­nen Zah­len einen Dämp­fer ver­pas­sen, muss man das hin­neh­men. Des­halb muss man nicht gleich den Libe­ra­len fol­gen oder den Wirt­schafts­hö­ri­gen aus der Uni­on. Aber was ist ein ver­nünf­ti­ger Kurs? Was pas­siert, wenn der Sozi­al­staat ins Strau­cheln gerät (viel­leicht ist er das längst) und die Beschwich­ti­ger aus dem sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Lager zur Ein­sicht kom­men oder das sogar öffent­lich beken­nen müs­sen? Die Pro­tes­te der Bau­ern, die auch exis­ten­zi­el­le Grün­de hat­ten, zeig­ten rea­le Gefah­ren für unse­re Demo­kra­tie nach­drück­lich auf. Frank­reich hat sol­che Erfah­run­gen mit den Gelb­wes­ten­pro­tes­ten schon vor­her gemacht. 

An die­sen Pro­tes­ten, die durch die im Rah­men der Ener­gie­wen­de vor­ge­se­he­nen Steu­er­erhö­hun­gen für fos­si­le Brenn­stof­fe (ins­be­son­de­re Die­sel) aus­ge­löst wur­den, waren nicht nur die Ultra­rech­ten (FN), son­dern auch Men­schen aus der poli­ti­schen Mit­te bis hin zu anar­chis­ti­schen Krei­sen betei­ligt. Die Ver­brü­de­rung gewis­ser Krei­se bei den Bau­ern­pro­tes­ten in Deutsch­land ist uns hof­fent­lich in Erin­ne­rung geblieben.

Der Bun­des­haus­halt 2025 ist über­ra­schen­der­wei­se doch noch vor den Par­la­ments­fe­ri­en vor­ge­legt worden.

Die Bun­des­wehr bekommt 1,2 Mrd. EUR mehr. Denen ist das aber zu wenig. Ent­spre­chend groß ist der Frust, der geäu­ßert wurde:

Die Trup­pe ist ver­wun­dert, größ­ten­teils scho­ckiert. Gera­de nach der Aus­sa­ge des Bun­des­kanz­lers wäh­rend der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz ‚Ohne Sicher­heit ist alles nichts

Quel­le

Man kann sich, wie man sieht, auch dumm stel­len. Auch der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter soll nach Medi­en­be­rich­ten ver­schnupft über die Dif­fe­renz sein, die sei­nen For­de­run­gen gegen­über ent­stan­den ist. Erfah­rungs­ge­mäß wird die­ser Etat (trotz des Krie­ges, den Russ­land gegen die Ukrai­ne führt) in der deut­schen Bevöl­ke­rung kei­ne Kri­sen­stim­mung aus­lö­sen. Das wäre gewiss anders, wenn Leis­tun­gen im Sozi­al­etat in die­sem Umfang gestri­chen wor­den wären. Und ich rede da nicht von den Sozi­al­de­mo­kra­ten, die 100 %ig rebel­liert hät­ten. Wir wer­den so also nicht kriegs­tüch­tig, wie es heißt. Ich fra­ge mich, was eigent­lich genau mit den 100 Mrd. EUR Son­der­ver­mö­gen gesche­hen ist.

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Die Bun­des­re­gie­rung will den Zuzug aus­län­di­scher Arbeits­kräf­te nach Deutsch­land durch steu­er­li­che Ent­las­tun­gen für eine befris­te­te Zeit attrak­ti­ver machen. Ich hal­te das für eine rich­ti­ge Maß­nah­me. Wir ken­nen die Aus­sa­gen von Exper­ten über die Nach­tei­le bei der Anwer­bung aus­län­di­scher Fach­kräf­te Deutsch­lands gegen­über ande­ren Län­dern. Dazu gehö­ren übri­gens auch die hohen Steu­ern und Abga­ben. Was die Fach­frau für Wirt­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten der Uni­on, Frau Klöck­ner, dazu bei X von sich gibt, ist inso­fern gelin­de gesagt, dum­mer Popu­lis­mus.

Aber ich gebe zu, deut­sche Gerich­te könn­ten die­ses Ansin­nen der Regie­rung wie­der mal kip­pen. Die Uni­on wird es sich sicher nicht neh­men las­sen, die Chan­ce ein ihr gefäl­li­ges Urteil zu bekom­men, ganz bestimmt nut­zen. Man weiß ja: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Got­tes Hand. Ich bin zuver­sicht­lich, dass in die­sem Fall vom Gericht wie­der etwas wie Ungleich­be­hand­lung oder so kom­men wird.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Russland Sozialstaat

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