Rede von J.D. Vance in München: Provokation, Spaltung und die Frage nach der Meinungsfreiheit

Wenn fast kei­ner klatscht, dann redet einer aus Trumps Admi­nis­tra­ti­on. Mit sol­chen Leu­ten ist kein Staat zu machen. Die Amis wer­den das wohl unter Schmer­zen ler­nen müssen.

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Wie, war­um, womit und wie lan­ge gebloggt wird, wis­sen wir nun. Haben wir auch schon Ant­wor­ten auf die ver­stö­ren­de Rede des US-ame­ri­ka­ni­schen Vize­prä­si­den­ten J.D. Vance?

Ich habe sie ges­tern bei Phoe­nix ver­folgt und heu­te eine qua­li­ta­tiv gute deutsch­spra­chi­ge Über­set­zung bei You­Tube ange­hört, weil die Simul­tan­über­set­zung von Phoe­nix echt Mist war. Außer­dem habe ich den kom­plet­ten Text nach­ge­le­sen. Ich war weni­ger begeis­tert von die­sem ver­ba­len Dreck, den der Ame­ri­ka­ner in Mün­chen hin­ter­ließ, als viel­mehr getrig­gert von den Voll­pfos­ten, die über­all ihre Bei­falls­be­kun­dun­gen hin­ter­las­sen haben. Deut­sche Voll­pfos­ten. Als wären die, die über den Atlan­tik ange­reist sind, nicht voll­kom­men ausreichend.

Dass Van­ce sich in unse­ren Wahl­kampf ein­ge­mischt hat, stört mich nicht. Schließ­lich haben wir – haupt­säch­lich unse­re Poli­ti­ker und Jour­na­lis­ten – uns seit Jah­ren in den ame­ri­ka­ni­schen Wahl­kampf ein­ge­mischt, und zwar sehr einseitig.

Mich stört die dumm­dreis­te Art, in der die­ser komi­sche Vice Pre­si­dent über das gere­det hat, was er (für sich und sei­nen oran­ge­nen Chef) unter Mei­nungs­frei­heit ver­steht. Ich wet­te, weder er noch sein Chef wer­den dafür sor­gen, etwa die Algo­rith­men der Social Net­works der USA offen­zu­le­gen, genau­er gesagt, die­se trans­pa­rent zu machen. Wenn die glei­chen Leu­te dann davon reden, dass Euro­pa kei­ne Mei­nungs­frei­heit habe, wünscht man sich als über­zeug­ter Demo­krat, dass man ihm und Trump mög­lichst gleich­zei­tig den Mund mit Sei­fe ausspült.


Was hat J.D. Vance eigentlich gesagt?

Die Rede von J.D. Van­ce auf der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz war nichts weni­ger als eine kal­ku­lier­te Pro­vo­ka­ti­on – eine Mischung aus Popu­lis­mus, Beleh­rung und geziel­ter Kri­tik an Euro­pa. Nicht zuletzt war sie eine kla­re Wahl­kampf­hil­fe für die rechts­extre­me AfD. Uns fehlt offen­bar nach Ansicht Van­ce’ eine so schö­ne Far­be wie der bestim­men­de Teil der Repu­bli­ka­ner, der in den USA „über­nom­men“ hat.

Hier die zen­tra­len Inhalte:

Kritik an Europas Demokratieverständnis

Van­ce warf Euro­pa vor, grund­le­gen­de demo­kra­ti­sche Wer­te wie die Mei­nungs­frei­heit zu unter­gra­ben. Er führ­te Bei­spie­le an wie:

  • Die Ver­ur­tei­lung eines bri­ti­schen Abtrei­bungs­geg­ners wegen stil­len Protests.
  • Die Durch­su­chun­gen deut­scher Woh­nun­gen wegen Hass­kom­men­ta­ren (Schwach­kopf) in sozia­len Netzwerken.
  • Die Annul­lie­rung der rumä­ni­schen Prä­si­dent­schafts­wahl 2024 unter Beru­fung auf rus­si­sche Ein­fluss­nah­me – ohne kla­re Beweise.

Für Van­ce sind die­se Bei­spie­le Aus­druck eines Euro­pas, das sich von sei­nen demo­kra­ti­schen Idea­len ent­fernt habe.

Angriff auf europäische Werte

Er ging noch wei­ter und erklär­te, dass Euro­pa nicht durch exter­ne Bedro­hun­gen wie Russ­land oder Chi­na gefähr­det sei, son­dern durch inter­ne Ent­wick­lun­gen: den ver­meint­li­chen Rück­zug von fun­da­men­ta­len Wer­ten wie Mei­nungs­frei­heit und poli­ti­scher Plu­ra­li­tät. Beson­ders kri­ti­sier­te er das Kon­zept poli­ti­scher „Brand­mau­ern“, mit denen Par­tei­en wie die AfD aus­ge­grenzt werden.

Migration als zentrales Thema

Migra­ti­on bezeich­ne­te Van­ce als das wich­tigs­te The­ma für vie­le Euro­pä­er – ein The­ma, bei dem euro­päi­sche Eli­ten angeb­lich die Sor­gen der Bevöl­ke­rung igno­rie­ren würden.

Verhältnis USA-Europa

Van­ce beton­te mehr­fach die Über­le­gen­heit des ame­ri­ka­ni­schen Demo­kra­tie­ver­ständ­nis­ses unter der Trump-Admi­nis­tra­ti­on: Wäh­rend Euro­pa angeb­lich Mei­nun­gen unter­drü­cke und Zen­sur betrei­be (ver­packt als Kampf gegen „Fehl­in­for­ma­ti­on“), ver­tei­di­ge Ame­ri­ka wei­ter­hin die Meinungsfreiheit.

Reaktionen auf die Rede

Die Rede lös­te sowohl in Deutsch­land als auch euro­pa­weit Empö­rung aus – nicht nur wegen ihrer Inhal­te, son­dern auch wegen ihres Tons.

Deutsche Politik

  • CDU-Chef Fried­rich Merz nann­te Van­ces Auf­tritt „über­grif­fig“ und beton­te: „Wir haben ein ande­res Ver­ständ­nis von Demo­kra­tie und Meinungsfreiheit.“
  • Bun­des­prä­si­dent Frank-Wal­ter Stein­mei­er kri­ti­sier­te indi­rekt die US-Regie­rung und sprach von einem „ande­ren Welt­bild“, das eta­blier­te Regeln und Part­ner­schaf­ten missachte.

Europäische Öffentlichkeit

Vie­le Zuhö­rer emp­fan­den die Rede als unan­ge­nehm beleh­rend. Der ehe­ma­li­ge US-Gene­ral Ben Hod­ges frag­te öffent­lich: „War­um spricht Van­ce über deut­sche Poli­tik statt über sicher­heits­po­li­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen?“ Auch ande­re Stim­men bemän­gel­ten den feh­len­den Fokus auf zen­tra­le The­men wie den Ukrai­ne-Krieg oder NATO-Strategien.

Medienanalyse

Kom­men­ta­to­ren sahen in der Rede eine Fort­set­zung des rechts­po­pu­lis­ti­schen Nar­ra­tivs der Trump-Admi­nis­tra­ti­on: Eli­ten­kri­tik gepaart mit einer Ver­tei­di­gung ver­meint­lich unter­drück­ter Mei­nun­gen. Gleich­zei­tig wur­de kri­ti­siert, dass Van­ce kei­ne kon­kre­ten Vor­schlä­ge für eine bes­se­re trans­at­lan­ti­sche Zusam­men­ar­beit machte.

Was bleibt?

J.D. Van­ce nutz­te sei­nen Auf­tritt in Mün­chen weni­ger für kon­struk­ti­ve Vor­schlä­ge zur trans­at­lan­ti­schen Sicher­heits­po­li­tik als viel­mehr für eine schar­fe Abrech­nung mit Euro­pas Umgang mit Demo­kra­tie und Mei­nungs­frei­heit. Sei­ne Aus­sa­gen stie­ßen auf brei­te Ableh­nung in Deutsch­land und Euro­pa – aber lei­der auch auf Applaus von eini­gen weni­gen Anhän­gern sei­ner Ideo­lo­gie (AfD-Wäh­ler und Funktionäre).

Es bleibt ein bit­te­rer Nach­ge­schmack: Nicht nur wegen des Inhalts sei­ner Rede, son­dern auch wegen der Tat­sa­che, dass sie mehr spal­te­te als ver­band. Die Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz hät­te ein Ort für Dia­log und Zusam­men­ar­beit sein sol­len – statt­des­sen wur­de sie zur Büh­ne für popu­lis­ti­sche Rhetorik.

Und wäh­rend wir uns hier­zu­lan­de über sei­ne Wor­te ärgern, soll­ten wir nicht ver­ges­sen: Es liegt an uns selbst, unse­re demo­kra­ti­schen Wer­te zu ver­tei­di­gen – ohne uns dabei von Pro­vo­ka­tio­nen aus Über­see aus dem Gleich­ge­wicht brin­gen zu lassen.



Hier sind eini­ge der ein­präg­sams­ten Zita­te aus der Rede von US-Vize­prä­si­dent J.D. Van­ce auf der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz 2025:

  1. Über Mei­nungs­frei­heit in Euro­pa:
    „Die Rede­frei­heit ist in Euro­pa auf dem Rück­zug.„
    Van­ce kri­ti­sier­te, dass Mei­nungs­äu­ße­run­gen in Euro­pa zuneh­mend als Des­in­for­ma­ti­on ver­folgt wür­den und sprach von einem Ver­lust grund­le­gen­der demo­kra­ti­scher Werte.
  2. Zur Aus­gren­zung popu­lis­ti­scher Par­tei­en:
    „Es gibt kei­nen Platz für Brand­mau­ern.„
    Mit die­ser Aus­sa­ge wand­te sich Van­ce gegen die poli­ti­sche Iso­la­ti­on von Par­tei­en wie der AfD und warn­te davor, den Wil­len vie­ler Wäh­ler zu ignorieren.
  3. Migra­ti­on als drän­gends­tes Pro­blem:
    „Von all den drin­gen­den Her­aus­for­de­run­gen, mit denen die hier ver­tre­te­nen Natio­nen kon­fron­tiert sind, gibt es mei­ner Mei­nung nach nichts Dring­li­che­res als die Mas­sen­mi­gra­ti­on.„
    Er ver­wies auf den Anschlag in Mün­chen und for­der­te eine schär­fe­re Migrationspolitik.
  4. Kri­tik an Euro­pas Demo­kra­tie­ver­ständ­nis:
    „Wir müs­sen mehr tun, als über demo­kra­ti­sche Wer­te zu reden, wir müs­sen sie leben.„
    Van­ce for­der­te Euro­pa auf, demo­kra­ti­sche Prin­zi­pi­en akti­ver zu ver­tei­di­gen, statt sie nur rhe­to­risch zu beschwören.
  5. War­nung vor inter­nen Gefah­ren:
    „Die Gefahr, die ich in Euro­pa am größ­ten sehe, ist nicht Russ­land oder Chi­na oder ein ande­rer exter­ner Akteur. Die größ­te Gefahr liegt im Inne­ren.„
    Damit hob er her­vor, dass er Euro­pas inne­re Ent­wick­lun­gen für bedroh­li­cher hält als äuße­re Einflüsse.
  6. Humor­vol­ler Sei­ten­hieb:
    „Wenn die ame­ri­ka­ni­sche Demo­kra­tie zehn Jah­re Schimpf­ti­ra­den von Gre­ta Thun­berg über­lebt, dann hal­tet ihr auch ein paar Mona­te Elon Musk aus.„
    Die­ser Ver­such eines humor­vol­len Ver­gleichs sorg­te für gemisch­te Reak­tio­nen im Publikum.
  7. Kri­tik an euro­päi­schen Gast­ge­bern:
    Wenn ihr Angst vor euren eige­nen Wäh­lern habt, dann gibt es nichts, was Ame­ri­ka für euch tun kann.
    Mit die­ser Bemer­kung for­der­te Van­ce euro­päi­sche Poli­ti­ker auf, stär­ker auf die Sor­gen ihrer Bevöl­ke­rung einzugehen.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Meinungsfreiheit msc Russland Trump Vance Wahlkampf

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2 Gedanken zu „Rede von J.D. Vance in München: Provokation, Spaltung und die Frage nach der Meinungsfreiheit“

  1. Juri Nello 470 15. Februar 2025 um 23:28

    Ame­ri­ka kann und konn­te auch sonst nix für Einen tun. Und das ist gut so!
    Remem­ber: „It’s not about what your coun­try can do for you. It’s about what you can do for your country!“

    Wenn er aller­dings so Unrecht hat, mit sei­ner Rede, war­um dann so ein Ärger? Dezen­tes Geläch­ter hät­te gereicht.

    Viel effek­ti­ver war aller­dings der Anruf von Trump bei Putin., der nicht nur die Euro­pa­po­li­tik, sin­dern auch ganz beson­ders die Deut­sche zu den Kitas deran­gier­te, die sie sind. Schmie­ri­ge Far­ce’ abhän­gi­ger Budgetverwaltungen.

    Und sie haben nicht mal den Schneid, zumin­dest etwas gutes Schau­spiel an den Tag zu legen, son­dern agie­ren, wie ertapp­te Kin­der. Ja, die muss mann dann doch ein­fach gern haben und wählen.

    Und dann erdreis­tet sich noch das höchs­te Staats­ober­haupt Deutsch­lands, etwas von unter­schied­li­chen Demo­kra­tie­ver­ständ­nis­sen zu faseln?
    Der Typ, der sei­ne Bun­des­bür­ger auch ger­ne per­sön­lich hat mit­flie­gen las­sen, um sie von genau die­ser frem­den Stast­s­macht (nach deren Gut­dün­ken) fol­tern zu las­sen? War das evtl. der­sel­be, der den größ­ten Abhör­skan­dal seit Miel­ke Geden­ken abtat mit „Abhö­ren unter Freun­den geht gar nicht“? Oder war das jetzt schon der bit­ter­bö­se Frie­de­rich? Bei den andern 80 Mil­lio­nen war das ja eh egal, aber doch nicht bein Kanzler.

    Da lie­gen ganz kras­se Wel­ten zwi­schen den Demo­kra­tie­miss­ver­ständ­nis­sen, muss man wissen 

    Brennt die Hüt­te liich­ter­luh, dann war’s bestimmt die CDU.
    Tut es immer noch so weh, dann half dabei die SPD.

    Dann freu­en wir uns alle schon mal im Vor­aus gemein­sam, wenn die lin­ke Hand der immer noch im Geschäft befind­li­chen Cum Ex dem­nächst von der rech­ten Hand der eben­falls noch amtie­ren­den Cum Cum abge­löst wird.
    Zumin­dest hät­te man dann eine Idee, wie man da schnell an die nöti­gen Mil­li­ar­den für die Restau­rie­rung der Ukrai­ne ran­kä­me. Nicht, dass es nicht auch hier ein paar Pro­jek­te gäbe, aber wir haben uns dem Wie­der­auf­bau ja ver­pflich­tet und da haben wir ja auch schon gute Erfah­run­gen in der Ver­gan­gen­heit mit sam­meln können.

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