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Menschlicher Beistand in Kriegsgebieten: Zwischen Mitgefühl und Überforderung

Dieser Artikel beschreibt die Grenzen der Empathie und des mensch­li­chen Beistandes ange­sichts der zahl­rei­chen Konflikte welt­weit, die oft zu emo­tio­na­ler Erschöpfung und selek­ti­ver Wahrnehmung führen.

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Die Welt ist heu­te wie sel­ten zuvor von einer Vielzahl mensch­li­cher Katastrophen in ver­schie­de­nen Kriegsgebieten geprägt. Die Konflikte in Syrien, Sudan, Gaza und der Ukraine brin­gen unvor­stell­ba­res Leid über Millionen von Menschen. Wir sind Zeugen. Tag für Tag, Monat für Monat. Es wer­den gro­ße Anforderungen an unse­re Widerstandskraft gerich­tet. Es stellt sich die Frage: Wie weit rei­chen Empathie und Beistand des Einzelnen ange­sichts eines über­mäch­ti­gen Gefühls von Hilflosigkeit?

Die Natur der Empathie

Empathie ist die Fähigkeit, sich in die Lage eines ande­ren Menschen hin­ein­zu­ver­set­zen und des­sen Gefühle und Erfahrungen nach­zu­voll­zie­hen. Sie ist eine grund­le­gen­de mensch­li­che Eigenschaft, die uns hilft, mit ande­ren zu inter­agie­ren und sozia­le Bindungen auf­zu­bau­en. Doch Empathie hat ihre Grenzen. Sie ist oft selek­tiv und kann durch geo­gra­fi­sche, kul­tu­rel­le oder psy­cho­lo­gi­sche Distanz ein­ge­schränkt werden.

Psychologische Grenzen

Das Phänomen der „Empathiemüdigkeit” oder des „Mitgefühlserschöpfung” beschreibt, wie Menschen nach wie­der­hol­tem (auch visu­el­lem und distan­zier­tem) Kontakt mit Leid und Elend ande­rer Menschen abstump­fen kön­nen. Medienberichte, vor allem auch Videos und Fotos über Kriegsgräuel, Flucht und huma­ni­tä­re Krisen errei­chen uns lei­der tagtäglich. 

Diese stän­di­ge Konfrontation mit nega­ti­ven Nachrichten dürf­te bei vie­len von uns dazu füh­ren, dass sich die­se Menschen emo­tio­nal zurück­zie­hen. Das dient dem Selbstschutz. Es ent­steht eine psy­cho­lo­gi­sche Reaktion, die dazu führt, dass wir uns weni­ger betrof­fen füh­len, wenn wir immer wie­der ähn­li­chen Berichten aus­ge­setzt sind. Wir wol­len das nicht. Aber es geschieht. 

Heute sah ich eini­ge schreck­li­che Fotos über den gest­ri­gen Angriff der Russen auf das Kinderhospital in der Ukraine. Verletzte Kinder, ver­zwei­fel­te Menschen. Ich weiß nicht, wohin mit mei­nen Gefühlen. Mitgefühl und ein unbän­di­ger Hass auf die Aggressoren. Helfen kann ich damit nie­man­dem. Sawsan Chebli pos­te­te ein Video aus Gaza, das einen ster­ben­den Jungen in den Armen sei­nes ver­zwei­fel­ten Vaters zeig­te. Es sind sol­che Bilder, die vie­le Menschen, auch außer­halb der Kriegsgebiete in pure Verzweiflung stür­zen dürften.

Geografische und kulturelle Distanz

Konflikte in ent­fern­ten Regionen wer­den oft als weni­ger rele­vant wahr­ge­nom­men. Unsere Medien schei­nen das zu anti­zi­pie­ren. Es gibt weni­ger Berichte. Aber das Leid ist des­halb nicht klei­ner. Die geo­gra­fi­sche Distanz führt den­noch zu einer gerin­ge­ren emo­tio­na­len Beteiligung. Zudem spie­len ver­mut­lich auch kul­tu­rel­le Unterschiede eine Rolle. Menschen haben eine stär­ke­re emo­tio­na­le Bindung zu Personen, die ihnen ähn­lich sind oder deren Lebensweise sie ver­ste­hen. Dies kann dazu füh­ren, dass Konflikte in kul­tu­rell unter­schied­li­chen Regionen weni­ger Empathie her­vor­ru­fen. Das klingt abge­fah­ren ratio­nal und gleich­zei­tig unmensch­lich. Das geht mir durch den Kopf, wäh­rend ich die­sen Artikel schreibe.

Die Rolle der Medien

Medien spie­len eine gro­ße, viel­leicht ent­schei­den­de Rolle bei der Vermittlung von Empathie. Durch die Art und Weise, wie Konflikte dar­ge­stellt wer­den, kön­nen sie die Wahrnehmung der Öffentlichkeit beein­flus­sen. Sensationsjournalismus und die Fokussierung auf extre­me Gewalt kön­nen die Zuschauer zwar scho­ckie­ren, aber auch dazu füh­ren, dass sie sich abwen­den. Andererseits kann eine aus­ge­wo­ge­ne Berichterstattung, die die mensch­li­chen Geschichten hin­ter den Schlagzeilen zeigt, die Empathie för­dern und das Bewusstsein schär­fen. Bei mir wir­ken Videos und Fotos sehr viel stär­ker als Nachrichtentexte. Es wühlt mich ins­be­son­de­re sehr auf, wenn ich Kinder sehe, die unter den Bedingungen lei­den. Wahrscheinlich ticken die meis­ten Menschen so.

Grenzen des menschlichen Beistandes

Außer der Empathie sind die rea­len Möglichkeiten unse­rer Hilfe per­ma­nent auf dem Prüfstand. Aber die Ressourcen, die für huma­ni­tä­re Hilfe zur Verfügung ste­hen, sind begrenzt. Staaten und Hilfsorganisationen set­zen des­halb Prioritäten. Sie müs­sen schwie­ri­ge Entscheidungen tref­fen. Welche Krise braucht am drin­gends­ten Unterstützung. Welche spe­zi­fi­schen Anforderungen sind mit dem Einsatz ver­bun­den? Zudem gibt es poli­ti­sche und logis­ti­sche Hindernisse, die die Hilfeleistung in Konfliktgebieten erschweren.

Schlussfolgerung

Die Grenzen der Empathie und des mensch­li­chen Beistandes sind real und viel­schich­tig. Meine Frau und ich spen­den, um zu hel­fen. Dabei fra­gen wir uns trotz aller Informationen, die von Hilfsorganisationen zur Verfügung gestellt wer­den, ob unser klei­ner Beitrag die Menschen erreicht, an die wir gedacht haben. 

Wir soll­ten uns der selek­ti­ven Natur unse­rer Empathie bewusst sein. Wer uns dabei hel­fen könn­te? Ich weiß es nicht. Allein das Bewusstsein, dass es ver­schie­de­ne Maßstäbe gibt, könn­te wei­ter­hel­fen. Wir soll­ten eine aus­ge­wo­ge­ne und mensch­li­che Berichterstattung in den Medien ein­for­dern und auf die­se Weise auch Einfluss dar­auf neh­men, dass die Ressourcen für huma­ni­tä­re Hilfe effi­zi­ent und gerecht ein­set­zen. Wer selbst hel­fen kann, auch wenn es bloß ein paar Euro sind, kann den vie­len mensch­li­chen Katastrophen per­sön­lich etwas ent­ge­gen­set­zen. Auch eine mini­ma­le Hilfe, so oder anders, geht über das Betroffenheitsgebaren unse­rer poli­ti­schen Eliten, die immer neue Steigerungen emo­tio­na­ler Betroffenheit äußern, hin­aus, fin­de ich.


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