Chrupallas „SS-Eklat“ bei Markus Lanz

Die unfaire und überwiegend einseitige Auseinandersetzung in deutschen Talkshows mit AfD-Leuten wird also fröhlich fortgesetzt.

Medien

3 Minuten

Markus Lanz fragte Tino Chrupalla gestern, ob er mit einem anderen Parteimitglied der Meinung sei, dass nicht alle SS-Mitglieder Verbrecher waren. AfD-Mitglied und ehemaliger Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, hatte dies vor einer Weile unpassenderweise in einem Interview in Italiens größter Tageszeitung „La Repubblica“ behauptet. Diese Aussage stieß erwartungsgemäß auf massive Kritik.

Chrupalla schlug vor, wie auch in den Fällen, in denen Lanz Zitate von Höcke vortrug, Lanz möge bitte bei den Personen nachfragen, von denen diese Zitate stammten. Er hätte es dabei belassen sollen.

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Stattdessen nahm er die beinahe typische Haltung ein, die man aus ähnlichen Situationen von der AfD kennt. Nicht alle SS-Mitglieder seien Verbrecher gewesen. Dies gelte auch für die Mitglieder der NSDAP. Die SS hatte 1944 ca. 240.000 Mitglieder, die Waffen-SS über 900.000. Meine Suche lieferte abweichende Daten. Die Richtung dürfte allerdings stimmen. 1945 war jeder fünfte erwachsene Deutsche einer von insgesamt 8,5 Millionen NSDAP-Parteigenossen.

Auf den ersten Blick scheinen solche Differenzierungs/-Relativierungsversuche unmotiviert. Ich frage mich jedenfalls, warum macht Chrupalla das? Ich glaube, Gauland hat bei vergleichbaren Nachfragen ähnlich reagiert. Steckt dahinter, dass sich die Parteiführung genötigt sieht, zur Erbauung oder zum Vergnügen ihrer Mitglieder, Sympathisanten und Wähler solche auf mich sinnlosen und stets zu energischen Nachfragen provozierenden Moderatoren führenden Differenzierungsversuche zu unterbreiten? Schließlich räumt Chrupalla auch hier ein, dass die SS eine verbrecherische Organisation gewesen sei.

Ich kann verstehen, wenn Chrupalla darauf besteht, dass nicht alle NSDAP-Mitglieder Nazis gewesen sein. In meinem Fall ist eher der Wunsch, der Vater des Gedankens. Wenn ein so hoher Prozentsatz der Bevölkerung Mitglieder der NAZI-Partei war, dann wohl auch viele Mitglieder meiner Familie. Es ist trotz allem und obwohl die betreffenden Menschen alle längst tot sind, ein unangenehmes Gefühl, sich solchen Gewissheiten auszusetzen. Ich weiß, dass meine Onkel zum Teil Mitglieder der Hitler-Jugend waren und später sogar der SA. Ich habe das nie bei irgendwelchen Gelegenheiten thematisiert und war zufrieden damit, dass die Biografie meines Vaters in dieser Hinsicht absolut sauber war. Trotzdem (oder deshalb?) käme ich nicht auf die Idee, ein Bild meines Vaters in Uniform und mit einigen hohen Auszeichnungen zu veröffentlichen. Dabei bin ich nicht zurückhaltend, wenn es um die Veröffentlichung von Fotos geht.

Die Medien gehen weniger konziliant oder fragend mit Chrupallas Aussagen vom gestrigen Abend um. Da lese ich dann solche Aussagen: „SS-Eklat bei „Markus Lanz“! AfD-Chef Chrupalla schockiert mit heftiger Aussage“. Tja, die Empörungsmaschinerie „Markus Lanz“ funktioniert.

Ich hätte Herrn Chrupalla, der so mitfühlend von armen 14-jährigen Jugendlichen redete, die von der SS zwangsverpflichtet worden wären, gern die Frage gestellt, weshalb er sich so verständnisvoll über sehr junge SS-Soldaten äußert, also insofern ja zur Differenzierung fähig ist bzw. weshalb das bei gleichaltrigen Migranten grundsätzlich nie der Fall wäre?

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