Sie befinden sich hier: Home / Blog / Politik / Es gibt zu viel Bürokratie, klagt die Wirtschaft – Hauptverursacher: Angeblich die EU

Es gibt zu viel Bürokratie, klagt die Wirtschaft – Hauptverursacher: Angeblich die EU

Warum leidet Deutschland unter EU-Bürokratie mehr als andere Länder? Ein Blick auf Wirtschaft, Lieferkettengesetz und Plastikrichtlinien zeigt Widersprüche.
Horst Schulte

4 Min. geschätzte Lesedauer

a 3d render of a split composition image 8Ptwt3zWRUy 66KwP ksiA zkdoMY1lTEeq4ygng1XDgQ


Wenn Bürokratie, die laut Politik und Wirtschaft doch angeblich wesentlich durch EU-Gesetze und Richtlinien verursacht wird, die deutsche Wirtschaft so stark belastet, warum stehen andere Volkswirtschaften nicht vor denselben Problemen? Das Gegenteil ist der Fall! Viele EU-Länder verzeichnen im Vergleich zu Deutschland kein wirtschaftliches Mini-Wachstum. Unsere Wettbewerbsfähigkeit sinkt seit einigen Jahren – übrigens bereits „vor der Ampel“!

Wettbewerbsfähigkeit
Wettbewerbsfähigkeit

Die Rolle der EU und nationale Verantwortung

Jedenfalls gibt es keine Debatte in Deutschland, in der nicht über die Gründe für unsere schlechte wirtschaftliche Lage geredet, in der nicht prominent von der Bürokratie als einem der entscheidenden Faktoren geklagt wird. Häufig wird das für die deutsche Wirtschaft besonders bedrohlich scheinende Lieferkettengesetz (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz) genannt.

Wenn unerwünschte Effekte nicht in den damit verbundenen Maßnahmen, sondern in der damit verbundenen Bürokratie liegen sollen, sollte dieser Umstand allerdings alle EU-Staaten gleichermaßen treffen und nicht nur Deutschland.

Aber wieder ist es angeblich die EU, die Deutschland mit technokratischen Ideen knebelt und seine Innovationskraft negativ beeinflusst. Geschieht das, um einem weitgehend unbeliebten Führungsanspruch, der den normalen Leuten selbst womöglich nur durch seine ständige Wiederholung wichtiger wurde, zu widersprechen?

Dass die in Brüssel getroffenen Beschlüsse ohne Zustimmung des Europäischen Rates, der nationalen Regierungen, nicht zustande kommen können, bleibt auch auf diesem Themenfeld unerwähnt. Das macht die Leute sauer. Unehrlichkeit und Opportunismus helfen nicht, die Aufgaben zu bewältigen. Wir dürfen nicht übersehen, dass es in jeder Gesellschaft unterschiedliche Interessen gibt. Die Interessen der Unternehmen sind nicht zwingend identisch mit denen der Bevölkerung. Darüber dürfen wir uns durch schlechte Stimmung und kapitalistischer Propaganda nicht hinwegtäuschen lassen!

Plastikmüll und politische Polemik

Ich erinnere mich, wie Friedrich Merz sich kürzlich über die von der EU „verbockte“ Geschichte mit den unkaputtbar befestigten Plastikflaschenverschlüssen (EU-Einwegkunststoffrichtlinie (SUP-Richtlinie – Single-Use Plastics Directive, 2019/904 – gültig seit: 3. Juli 2024) aufgeregt hat.

Das sei hirnrissig, so Merz. Dieser Ausbruch des CDU-Chefs und Kanzlerkandidaten spricht hoffentlich nicht für die Haltung der Mehrheit der Konservativen zu umweltrelevanten Themen. Das könnte, wenn ich manchen reden höre, leider jedoch der Fall sein.

Dass Deutschland in solchen Fällen im nationalen Recht gern etwas draufsattelt, wird selten erwähnt. Lieber nutzt man, wenn es zum Zeitgeist passt, die EU als Sündenbock. Das ist seit Jahren „gelernt“. Übrigens auch in Zuschauerkreisen.

Wer kam innerhalb dieser „nichtsnutzigen“ EU überhaupt auf die Idee, die Verschlüsse von Plastikflaschen unkaputtbar mit der Flasche zu verbinden?

Die Europäische Kommission führte wissenschaftliche Studien zur Umweltbelastung durch und schlug auf dieser Grundlage eine Reduktion von Plastikmüll in der Umwelt vor.

  1. Frankreich und Belgien waren maßgeblich an der Initiative beteiligt, da sie bereits früher Maßnahmen zur Reduzierung von Plastikmüll forderten.
  2. Deutschland unterstützte das Vorhaben, aber einige Unternehmen und Wirtschaftsverbände kritisierten die Regelung wegen der Umstellungskosten.
  3. Skandinavische Länder (Dänemark, Schweden, Finnland) und die Niederlande waren ebenfalls Vorreiter, da sie schon lange strenge Plastikregulierungen haben.

Der Chef der CDU und die EU-Richtlinie werden also keine Freunde. Auch solche Bilder werden den Mann nicht zum Umdenken bringen:

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Was bedeutet dies für deutsche Unternehmen?

Positive Aspekte

✅ Verbesserte Recyclingfähigkeit der Flaschen.
✅ Vermeidung von Plastikmüll in der Umwelt.
✅ Förderung nachhaltiger Verpackungsinnovationen.

Negative Aspekte

❌ Hohe Kosten für Produktionsumstellung.
❌ Erhöhter Verwaltungsaufwand durch neue Berichtspflichten.
❌ Mehr Materialverbrauch für neue Verschlüsse, was die Umweltbilanz fraglich macht.

Unternehmen, die Plastikflaschen mit festen Verschlüssen verkaufen, unterliegen neuen Melde- und Berichtspflichten.

Beim sogenannten Lieferkettengesetz wird es ähnlich sein. Die anderen Länder der EU werden nach diesen Regeln arbeiten. Deshalb noch einmal: Wie kommt es, dass deutsche Unternehmen so besonders darunter zu leiden scheinen?

Folgendes wollte man erreichen:
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hat das Ziel, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang globaler Lieferketten sicherzustellen. Unternehmen werden verpflichtet, Risiken wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, Arbeitsschutzverletzungen und Umweltverstöße in ihren Lieferketten zu identifizieren, zu verhindern und darüber zu berichten. Es basiert auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Das Gesetz soll verhindern, dass Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen in ihren Produktions- und Lieferketten profitieren und zur Förderung fairer Arbeitsbedingungen weltweit beitragen.

In dieser für alle belastenden, von Ungewissheit geprägten Zeiten, erhält jeder Beifall, der über Bürokratieabbau plaudert. Wir sollten uns bewusst machen, dass das Interesse des „Widerstandes“ u.U. eines sein könnte, das nicht das unsere ist. Vielleicht ist es ja so, dass Unternehmen solche von Politik und Medien aus Eigennutz nicht aus Verantwortungsgefühl angeheizte Krisen auch als Chance des Augenblicks für ihre speziellen Interessen zu nutzen verstehen.

IMG 2084

Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Politik, Wirtschaft

Bürokratie, Deutschland, EU-Richtlinien, Wirtschaft

Quelle Featured-Image: a 3d render of a split composition image 8Ptwt3zWR...
66 Views
Anzahl Worte im Beitrag: 787

VOR

Hier kommentieren


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Ihre E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Sie können anonym kommentieren. Ihr Name und Ihre E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


Your Mastodon Instance
Share to...