Es gibt zu viel Bürokratie, klagt die Wirtschaft – Hauptverursacher: Angeblich die EU

War­um lei­det Deutsch­land unter EU-Büro­kra­tie mehr als ande­re Län­der? Ein Blick auf Wirt­schaft, Lie­fer­ket­ten­ge­setz und Plas­tik­richt­li­ni­en zeigt Widersprüche.

4 Minute/n


Merken

0


Wenn Büro­kra­tie, die laut Poli­tik und Wirt­schaft doch angeb­lich wesent­lich durch EU-Geset­ze und Richt­li­ni­en ver­ur­sacht wird, die deut­sche Wirt­schaft so stark belas­tet, war­um ste­hen ande­re Volks­wirt­schaf­ten nicht vor den­sel­ben Pro­ble­men? Das Gegen­teil ist der Fall! Vie­le EU-Län­der ver­zeich­nen im Ver­gleich zu Deutsch­land kein wirt­schaft­li­ches Mini-Wachs­tum. Unse­re Wett­be­werbs­fä­hig­keit sinkt seit eini­gen Jah­ren – übri­gens bereits „vor der Ampel“!

Wettbewerbsfähigkeit
Wettbewerbsfähigkeit

Die Rolle der EU und nationale Verantwortung

Jeden­falls gibt es kei­ne Debat­te in Deutsch­land, in der nicht über die Grün­de für unse­re schlech­te wirt­schaft­li­che Lage gere­det, in der nicht pro­mi­nent von der Büro­kra­tie als einem der ent­schei­den­den Fak­to­ren geklagt wird. Häu­fig wird das für die deut­sche Wirt­schaft beson­ders bedroh­lich schei­nen­de Lie­fer­ket­ten­ge­setz (Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz) genannt.

Wenn uner­wünsch­te Effek­te nicht in den damit ver­bun­de­nen Maß­nah­men, son­dern in der damit ver­bun­de­nen Büro­kra­tie lie­gen sol­len, soll­te die­ser Umstand aller­dings alle EU-Staa­ten glei­cher­ma­ßen tref­fen und nicht nur Deutschland.

Aber wie­der ist es angeb­lich die EU, die Deutsch­land mit tech­no­kra­ti­schen Ideen kne­belt und sei­ne Inno­va­ti­ons­kraft nega­tiv beein­flusst. Geschieht das, um einem weit­ge­hend unbe­lieb­ten Füh­rungs­an­spruch, der den nor­ma­len Leu­ten selbst womög­lich nur durch sei­ne stän­di­ge Wie­der­ho­lung wich­ti­ger wur­de, zu widersprechen? 

Dass die in Brüs­sel getrof­fe­nen Beschlüs­se ohne Zustim­mung des Euro­päi­schen Rates, der natio­na­len Regie­run­gen, nicht zustan­de kom­men kön­nen, bleibt auch auf die­sem The­men­feld uner­wähnt. Das macht die Leu­te sau­er. Unehr­lich­keit und Oppor­tu­nis­mus hel­fen nicht, die Auf­ga­ben zu bewäl­ti­gen. Wir dür­fen nicht über­se­hen, dass es in jeder Gesell­schaft unter­schied­li­che Inter­es­sen gibt. Die Inter­es­sen der Unter­neh­men sind nicht zwin­gend iden­tisch mit denen der Bevöl­ke­rung. Dar­über dür­fen wir uns durch schlech­te Stim­mung und kapi­ta­lis­ti­scher Pro­pa­gan­da nicht hin­weg­täu­schen lassen!

Plastikmüll und politische Polemik

Ich erin­ne­re mich, wie Fried­rich Merz sich kürz­lich über die von der EU „ver­bock­te“ Geschich­te mit den unka­putt­bar befes­tig­ten Plas­tik­fla­schen­ver­schlüs­sen (EU-Ein­weg­kunst­stoff­richt­li­nie (SUP-Richt­li­nie – Sin­gle-Use Pla­s­tics Direc­ti­ve, 2019/​904 – gül­tig seit: 3. Juli 2024) auf­ge­regt hat. 

Das sei hirn­ris­sig, so Merz. Die­ser Aus­bruch des CDU-Chefs und Kanz­ler­kan­di­da­ten spricht hof­fent­lich nicht für die Hal­tung der Mehr­heit der Kon­ser­va­ti­ven zu umwelt­re­le­van­ten The­men. Das könn­te, wenn ich man­chen reden höre, lei­der jedoch der Fall sein.

Dass Deutsch­land in sol­chen Fäl­len im natio­na­len Recht gern etwas drauf­sat­telt, wird sel­ten erwähnt. Lie­ber nutzt man, wenn es zum Zeit­geist passt, die EU als Sün­den­bock. Das ist seit Jah­ren „gelernt“. Übri­gens auch in Zuschauerkreisen.

Wer kam inner­halb die­ser „nichts­nut­zi­gen“ EU über­haupt auf die Idee, die Ver­schlüs­se von Plas­tik­fla­schen unka­putt­bar mit der Fla­sche zu verbinden?

Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on führ­te wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en zur Umwelt­be­las­tung durch und schlug auf die­ser Grund­la­ge eine Reduk­ti­on von Plas­tik­müll in der Umwelt vor. 

  1. Frank­reich und Bel­gi­en waren maß­geb­lich an der Initia­ti­ve betei­ligt, da sie bereits frü­her Maß­nah­men zur Redu­zie­rung von Plas­tik­müll forderten.
  2. Deutsch­land unter­stütz­te das Vor­ha­ben, aber eini­ge Unter­neh­men und Wirt­schafts­ver­bän­de kri­ti­sier­ten die Rege­lung wegen der Umstellungskosten.
  3. Skan­di­na­vi­sche Län­der (Däne­mark, Schwe­den, Finn­land) und die Nie­der­lan­de waren eben­falls Vor­rei­ter, da sie schon lan­ge stren­ge Plas­tik­re­gu­lie­run­gen haben.

Der Chef der CDU und die EU-Richt­li­nie wer­den also kei­ne Freun­de. Auch sol­che Bil­der wer­den den Mann nicht zum Umden­ken bringen: 

Hier kli­cken, um den Inhalt von You­Tube anzuzeigen. 
Erfah­re mehr in der Daten­schutz­er­klä­rung von You­Tube.

Was bedeutet dies für deutsche Unternehmen?

Posi­ti­ve Aspekte

✅ Ver­bes­ser­te Recy­cling­fä­hig­keit der Fla­schen.
✅ Ver­mei­dung von Plas­tik­müll in der Umwelt.
✅ För­de­rung nach­hal­ti­ger Verpackungsinnovationen.

Nega­ti­ve Aspekte

❌ Hohe Kos­ten für Pro­duk­ti­ons­um­stel­lung.
❌ Erhöh­ter Ver­wal­tungs­auf­wand durch neue Berichts­pflich­ten.
❌ Mehr Mate­ri­al­ver­brauch für neue Ver­schlüs­se, was die Umwelt­bi­lanz frag­lich macht.

Unter­neh­men, die Plas­tik­fla­schen mit fes­ten Ver­schlüs­sen ver­kau­fen, unter­lie­gen neu­en Mel­de- und Berichts­pflich­ten.

Beim soge­nann­ten Lie­fer­ket­ten­ge­setz wird es ähn­lich sein. Die ande­ren Län­der der EU wer­den nach die­sen Regeln arbei­ten. Des­halb noch ein­mal: Wie kommt es, dass deut­sche Unter­neh­men so beson­ders dar­un­ter zu lei­den scheinen? 

Fol­gen­des woll­te man errei­chen:
Das Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz (LkSG) hat das Ziel, die Ein­hal­tung von Men­schen­rech­ten und Umwelt­stan­dards ent­lang glo­ba­ler Lie­fer­ket­ten sicher­zu­stel­len. Unter­neh­men wer­den ver­pflich­tet, Risi­ken wie Kin­der­ar­beit, Zwangs­ar­beit, Dis­kri­mi­nie­rung, Arbeits­schutz­ver­let­zun­gen und Umwelt­ver­stö­ße in ihren Lie­fer­ket­ten zu iden­ti­fi­zie­ren, zu ver­hin­dern und dar­über zu berich­ten. Es basiert auf den UN-Leit­prin­zi­pi­en für Wirt­schaft und Men­schen­rech­te. Das Gesetz soll ver­hin­dern, dass Unter­neh­men von Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen in ihren Pro­duk­ti­ons- und Lie­fer­ket­ten pro­fi­tie­ren und zur För­de­rung fai­rer Arbeits­be­din­gun­gen welt­weit beitragen.

In die­ser für alle belas­ten­den, von Unge­wiss­heit gepräg­ten Zei­ten, erhält jeder Bei­fall, der über Büro­kra­tie­ab­bau plau­dert. Wir soll­ten uns bewusst machen, dass das Inter­es­se des „Wider­stan­des“ u.U. eines sein könn­te, das nicht das unse­re ist. Viel­leicht ist es ja so, dass Unter­neh­men sol­che von Poli­tik und Medi­en aus Eigen­nutz nicht aus Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl ange­heiz­te Kri­sen auch als Chan­ce des Augen­blicks für ihre spe­zi­el­len Inter­es­sen zu nut­zen verstehen.

Diesen Beitrag teilen:
0CDD5CFF 182F 485A 82C6 412F91E492D0
Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Bürokratie Deutschland Wirtschaft

Quelle Featured-Image: a 3d render of a split composition image 8Ptwt3zWR...

Letztes Update:

Anzahl Wörter im Beitrag: 787
Aufgerufen gesamt: 109 mal
Aufgerufen letzte 7 Tage: 5 mal
Aufgerufen heute: 2 mal

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0
Share to...
Your Mastodon Instance