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Zwischen Frust und Fatalismus: Deutschlands politische Vertrauenskrise

Trotz Skandalen bleibt die AfD stabil, legt in manchen Umfragen sogar zu, während das Vertrauen in die etablierten Parteien schwindet. Die Demokratie steht vor einer ernsten Bewährungsprobe.
Horst Schulte

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Man braucht nur die „richtigen“ Umfragen zu lesen, um ein noch mieseres Gefühl für die politische Lage im Land zu bekommen. Die AfD liegt heute bei einer YouGov-Umfrage bei 23 %. Die Union liegt bei einigen Instituten unter 30 %, in diesem Falle bei 29. Es handelte sich u.U. nur um ein Strohfeuer, das die Union bei gut über 30 % (bis 34 %) sah.

Doch die Entwicklungen der letzten Monate zeigen eine besorgniserregende Dynamik: Die AfD bleibt trotz zahlreicher Skandale, innerparteilicher Konflikte und offenkundiger rechtsextremer Tendenzen auf einem hohen Niveau stabil. Der in den Medien oft herbeigeredete „Absturz“ der Partei bleibt aus – stattdessen wächst die Frustration in der Bevölkerung über die etablierten Parteien weiter.

Ich sehe, wenn ich auf die Veränderungen nach Merz’ Ankündigung schaue, eine durchaus realistische Schlagdistanz von AfD zur Union. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die AfD die Union überholen wird, aber es zeigt, wie tief der Vertrauensverlust gegenüber den demokratischen Parteien sitzt. Es ist alarmierend, dass die politischen Debatten oft nicht um echte Lösungen kreisen, sondern immer wieder durch kalkulierte Provokationen, populistische Zuspitzungen und folgenlose Empörungsschleifen geprägt sind. Die Union taumelt zwischen Annäherung an AfD-Positionen und Abgrenzung, während die Ampel-Koalition sich in permanenter Selbstblockade verliert.

Was ist in diesem Land an aufgestautem Frust noch in diese Richtung zu kanalisieren? Die Migrationsdebatte, wirtschaftliche Unsicherheiten, das Gefühl zunehmender Kontrollverluste – all das sind Faktoren, die sich politisch nutzen lassen. Die AfD profitiert nicht unbedingt, weil sie Antworten hat, sondern weil sie mit ihrer Rhetorik eine Projektionsfläche für Unzufriedenheit bietet. Und die regierenden Parteien, aber auch die Union, schaffen es nicht, eine glaubwürdige Vision für die Zukunft zu präsentieren. Sie verwalten Krisen, anstatt das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen zu erneuern.

Noch bedenklicher ist jedoch die gesellschaftliche Dimension dieser Entwicklung. Sollten Frau Friedländers Worte, die zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz überall zu hören waren und die viele tief berührt haben, in unserem Land von so vielen ignoriert werden? Ihre eindringliche Warnung vor dem Vergessen, vor Gleichgültigkeit und vor dem Erstarken nationalistischer Kräfte scheint nur bei jenen Gehör zu finden, die ohnehin bereits alarmiert sind. Doch was ist mit der breiten Mitte der Gesellschaft? Warum wird der wachsende Einfluss rechtsextremer Ideologien nicht als eine Gefahr für die Demokratie begriffen, sondern als eine “normale” politische Entwicklung hingenommen?

Es geht längst nicht mehr um kurzfristige Proteststimmungen oder Wahltrends. Die politische Landschaft verändert sich tiefgreifend, und wer das als bloßes Stimmungstief für die Regierungsparteien abtut, verkennt die Dramatik der Lage. Es braucht nicht nur ein besseres Krisenmanagement, sondern eine politische Erzählung, die Menschen wieder mitnimmt, die Sorgen ernst nimmt, ohne rechtspopulistische Narrative zu bedienen. Die Alternative ist eine fortschreitende Polarisierung, die das Land in eine gefährliche Richtung treiben könnte.

All die Mahnungen scheinen in den Ohren derer, die Sorgen um ihre Zukunft haben, nichts zu bewirken. Sie denken scheinbar, dass „die Politik“ einen gehörigen Denkzettel verdient hat. Dabei übersehen sie, dass das Land sich schon jetzt negativ verändert hat und durch eine solche forcierte Entwicklung nach rechts dauerhaft Schaden nehmen dürfte. Die AfD hat in meinen Augen nichts zu bieten, außer rückwärtsgewandte Rhetorik, Hass auf Andersdenkende und natürlich auf Ausländer.

Heute Morgen habe ich mit meinem ältesten Freund telefoniert. Er hat heute Geburtstag. Wir sprachen nur kurz über die politische Entwicklung. Er sieht die Lage nicht so düster wie ich. Seine Worte waren wohltuend, trotz meiner großen Skepsis. „Die jungen Leute und die Kinder haben heute genau die gleiche verschwenderische Energie und Kraft, die wir in unseren Kinder- und Jugendzeiten auch hatten. Sie werden sie einsetzen, um die Dinge besser zu machen und das Land nach vorn zu bringen.“ AMEN.

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Politik

AfD, politische Dynamik, Vertrauenskrise

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