Welche Einflüsse machen das Altwerden erträglich?

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von Horst Schulte

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Ist man mit 71 alt? Komme mir jetzt bitte keiner mit einem Bonmot wie: »Man ist so alt, wie man sich fühlt«. Es heißt, dass man an der Entwicklung der Kinder am besten sehen könnte, wie schnell die Zeit vergeht. Das mag stimmen. Ich erkenne die verfliegende Zeit daran, dass heute schon wieder Freitag ist.

Es ist wahrscheinlich normal, wenn ich mich bei solchen Gedanken mit gleichaltrigen Freunden und Bekannten vergleiche. Für Komplimente bin ich genauso empfänglich wie meine Frau.

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Alter – Lebensbaum und Zeit

Es liegt bereits eine Weile zurück. Mein Großneffe fragte mich in der Umkleide unseres Hallenbades, welchen Geburtstag ich im Dezember feiern würde. Ein junger Familienvater, der unseren Dialog mitbekommen hatte, wirkte überrascht und meinte: »Dafür haben sie sich aber gut gehalten.« Das hört man doch gern, wenn man selbst auch Zweifel hat.

Solche Eitelkeiten sind nicht für alle relevant. Ob ich die Aussagen von ganz coolen Altersgenossen allerdings immer für bare Münze nehmen sollte, sei einmal dahingestellt. Je nach Gusto nutzen wir die mit dem Alter verbundenen Gedanken und wiederholen so kluge Sätze wie:

  1. »Altwerden ist nichts für Feiglinge.«
  2. »Altwerden möchten alle, aber keiner möchte alt sein.«
  3. »Altwerden ist wie bergauf gehen – je älter man wird, desto weniger Luft bleibt einem.«
  4. »Im Alter wird alles einfacher – außer das Aufstehen.«
  5. »Alter ist wie Wein – die einen werden besser, die anderen sauer.«
  6. »Ich bin nicht alt, ich bin nur gut gereift.«
  7. »Je älter ich werde, desto mehr erinnere ich mich an Dinge, die nie passiert sind.«

    Wie auch immer man dazu steht, selbst alt zu werden. Es hilft aus meiner Sicht sehr, wenn man das gemeinsam mit einem Partner tun kann. Meine Frau und ich feiern im kommenden Jahr die Goldene Hochzeit. Wir erinnern uns gern an die Zeiten, in denen wir uns kennengelernt haben. Sie waren unbeschwert und häufig bedauern wir die Jungen, weil doch heute alles so ganz anders ist.

    Die letzten zehn Jahre scheinen in einem Tempo vergangen zu sein, das mir schon ein bisschen Angst macht. Die Rente bekommt uns gut. Ich habe mich wunderbar damit eingerichtet, keine Verpflichtungen mehr zu haben. Meine Frau und ich empfinden die durch das Alter erlangte Freiheit als besonderes Geschenk. Wir verstehen uns gut. Wir erleben mitunter, dass gerade das nach so vielen Jahren durchaus nicht alltäglich ist. Es gibt Paare, die ähnlich lange zusammen sind, die das vermutlich auf Nachfrage auch ganz anders beschreiben würden — jedenfalls, wenn sie ehrlich sind.

    Ich erinnere mich an eine Geschichte, die ich vor vielen Jahren einmal in der Notaufnahme unseres inzwischen geschlossenen Krankenhauses erlebt habe. Ein betagtes Ehepaar wartete auf ein Taxi. Er saß im Rollstuhl, sie stand auf wackligen Beinen daneben. Die beiden befanden sich entweder in einer Dauerfehde oder sie hatten aus irgendwelchen Gründen einen handfesten Krach. Jedenfalls maulten, genauer gesagt, schrien sie sich an. Die Szenerie wirkte trotz der in der Luft liegenden Aggression eher mitleiderregend und vor allem hilflos. Ich glaube, beiden ging es gesundheitlich nicht gut. Nach einer Weile kam das Taxi endlich, und ich half den beiden. Sie keiften sich währenddessen weiter an.

    Ich wünsche mir, dass das Verhältnis zwischen meiner Frau und mir weiter so gut bleibt und wir noch eine lange Zeit miteinander körperlich intakt und seelisch auf der Höhe erleben dürfen.

    Diese Lebensnovelle von Robert inspirierte mich zu diesem Text. Aufmerksam auf Roberts Beitrag wurde ich darauf durch Menachems Artikel.

    Horst Schulte

    Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

    alleiniger Autor dieses Blogs

    Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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    Privat

    Alter, Lebenszeit, Partnerschaft

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