Carsten Linnemann: Kein Ministeramt – aber ganz nah am Machtzentrum

Cars­ten Lin­ne­mann ver­zich­tet über­ra­schend auf ein Minis­ter­amt in der neu­en Bun­des­re­gie­rung und bleibt Gene­ral­se­kre­tär der CDU. Was steckt hin­ter die­ser Ent­schei­dung – und was bedeu­tet sie für die Partei?

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Cars­ten Lin­ne­mann, einer der engs­ten Ver­trau­ten von Fried­rich Merz und lan­ge als Favo­rit für das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um gehan­delt, hat sich bewusst gegen ein Minis­ter­amt ent­schie­den. Statt­des­sen will er als Gene­ral­se­kre­tär den begon­ne­nen Erneue­rungs­pro­zess der CDU wei­ter­füh­ren. In einem Video beton­te Lin­ne­mann, dass sein „Bauch­ge­fühl“ ihm zu die­ser Ent­schei­dung gera­ten habe – und er als Gene­ral­se­kre­tär den Poli­tik­wech­sel bes­ser vor­an­trei­ben könne.

Was könnte hinter Linnemanns Entscheidung stecken?

Man darf sich nicht täu­schen las­sen: Die Ent­schei­dung kam nicht aus hei­te­rem Him­mel, und auch nicht allein aus dem Bauch. Hin­ter den Kulis­sen war Lin­ne­mann sehr wohl inter­es­siert an einem Minis­ter­amt – ins­be­son­de­re am Arbeits- und Sozi­al­mi­nis­te­ri­um, das nun an die SPD geht. Auch das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um stand im Raum, doch für den beken­nen­den Mit­tel­stands­fan und Wirt­schafts­exper­ten Lin­ne­mann schien das nicht attrak­tiv genug zu sein.

Koali­ti­ons­arith­me­tik, nennt man so etwas nüch­tern. Wer mit­re­gie­ren will, muss neh­men, was übrig bleibt. Doch genau das woll­te Lin­ne­mann offen­bar nicht. Sei­ne Ent­schei­dung ist also mehr als nur Aus­druck inner­par­tei­li­cher Demut – sie ist auch ein Aus­druck stra­te­gi­scher Klugheit.

Einfluss ohne Ministeramt

Denn wäh­rend Minis­ter kom­men und gehen, bleibt der Gene­ral­se­kre­tär. Lin­ne­mann sitzt künf­tig im Koali­ti­ons­aus­schuss – dort, wo die poli­ti­sche Linie ver­han­delt und ver­fei­nert wird. Dort, wo Macht nicht insze­niert, son­dern aus­ge­übt wird.

Mit ande­ren Wor­ten: Er bleibt im Maschi­nen­raum der Macht, wo die eigent­li­chen Wei­chen gestellt wer­den. Nicht im glei­ßen­den Schein­wer­fer­licht eines Res­sorts – son­dern als Archi­tekt im Schat­ten, wo Plä­ne geschmie­det und Mehr­hei­ten geformt werden.

Reaktionen: Lob, Irritation und strategische Deutung

Inner­halb der CDU wird die­ser Schritt weit­ge­hend begrüßt. Par­tei­chef Merz freut sich über die Ent­schei­dung sei­nes Ver­trau­ten, und auch Jens Spahn spricht von einer „echt guten Nach­richt“. Die CDU sen­det damit ein Signal der Selbst­be­haup­tung: Wir sind nicht bloß Teil der Regie­rung, wir haben einen Plan.

Doch außer­halb der Par­tei sorgt der Schritt für Stirn­run­zeln. Grü­nen-Frak­ti­ons­chefin Brit­ta Haßel­mann fragt, was denn da bei der CDU los sei, wo sich doch jemand, der sich öffent­lich für minis­tra­bel hielt, nun selbst zurück­zieht. Auch das gehört zum poli­ti­schen Spiel: das Lesen zwi­schen den Zeilen.

Die CDU jeden­falls scheint auf Kon­ti­nui­tät und Geschlos­sen­heit zu set­zen. Auf das sta­bi­le Fun­da­ment einer Par­tei, die sich nicht allein über Pos­ten defi­niert, son­dern über Rich­tung und Haltung.

Was bedeutet das für die CDU?

Lin­ne­manns Ver­zicht auf ein Minis­ter­amt ist ein State­ment: Poli­tik­wech­sel braucht Geduld – und einen lan­gen Atem. Lin­ne­mann will sich nicht ver­zet­teln, nicht auf­rei­ben im Tages­ge­schäft eines Minis­te­ri­ums. Er sagt, er wol­le gestal­ten, aber mit Plan – nicht mit Aktionismus.

Mit Lin­ne­mann bleibt eine Schlüs­sel­fi­gur an Bord, die sowohl das Ohr an der Basis als auch das Ver­trau­en der Par­tei­spit­ze hat. Es ist der Ver­such, Regie­rungs­ver­ant­wor­tung und par­tei­po­li­ti­sche Pro­fil­schär­fung in Ein­klang zu brin­gen – eine Kunst, die vie­len schwerfällt.

Welche Schlussfolgerung kann man ziehen?

Die NZZ hat ihre Ana­ly­se bereits gelie­fert – in gewohnt skep­ti­schem Ton­fall. Dort wird an kei­ner deut­schen Ent­schei­dung ein gutes Haar gelas­sen. So kennt man es aus Zürich.

Das ist ein kla­res Miss­trau­ens­vo­tum gegen die künf­ti­ge schwarz-rote Regierung.

Quel­le

Doch jen­seits der har­schen Urtei­le bleibt fest­zu­hal­ten: Cars­ten Lin­ne­mann wird der CDU als Takt­ge­ber erhal­ten blei­ben – nicht auf der Büh­ne eines Minis­te­ri­ums, son­dern als Strip­pen­zie­her und Vor­den­ker im Hintergrund.

Miss­trau­en gegen Merz? Kaum. Eher die Ein­sicht, dass die Büh­ne des Tages­ge­schäfts nicht jedem liegt – und man im Feu­er­ge­fecht der Öffent­lich­keit schnel­ler ver­brennt, als man denkt. Wer will schon zur Ziel­schei­be media­ler Zer­mür­bung wer­den, wie wei­land Robert Habeck?

Viel­leicht hat Lin­ne­mann genau die­ses Sze­na­rio im Kopf. Viel­leicht kennt er die Stim­mungs­la­ge in einer Koali­ti­on, die noch nicht ein­mal gebo­ren, aber schon von Geburts­we­hen geplagt ist. Sein Schritt wirkt da weni­ger als ein Rück­zug – und mehr als eine kal­ku­lier­te Offensive.

Ein Gene­ral­se­kre­tär, der weiß, wo er hin­ge­hört. Und wann man bes­ser nicht Minis­ter wird. Per­sön­lich bin ich froh über Lin­ne­manns Ent­schei­dung. Er wäre auf dem Chef­ses­sel des Wirt­schafts­mi­nis­ter trotz sei­nes Stu­di­ums der Volks­wirt­schaft unter­ge­gan­gen. Insze­niert wird Lin­ne­manns Ent­schei­dung von der CDU mög­li­cher­wei­se als Kon­tra­punkt auf Merz’ Vor­ge­hen bei der Schuldenbremse.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Bundesregierung CDU FriedrichMerz

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2 Gedanken zu „Carsten Linnemann: Kein Ministeramt – aber ganz nah am Machtzentrum“

  1. Fred Lang 15 18. April 2025 um 08:27

    Dan­ke für die­se für mich nach­voll­zieh­ba­re Ana­ly­se der Beweg­grün­de Lin­ne­manns, auf ein Minis­ter­amt zu ver­zich­ten! Ob sein Kal­kül auf­geht, muss sich aller­dings noch erweisen.

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