Es gab eine Zeit, da war Kabarett mehr als das müde Lächeln eines politisch korrekten Publikums. Satire, Comedy, Kabarett – einst stand das für Schärfe, Substanz und, ja, auch für Haltung. Nicht für Haltungsturnen. Ich erinnere mich an die große Zeit der Stacheltiere, Wühlmäuse und an den mutigen Geist von Dieter Hildebrandt, Lore Lorentz oder Hanns Dieter Hüsch. Heute? Heute sind Bühne und Bildschirm zur Spielwiese eines elitären Sendungsbewusstseins verkommen.
Das intellektuelle Erbe des politischen Kabaretts liegt mittlerweile in den Händen von Böhmermann, Welke, Uthoff und Konsorten – einer Riege, die Haltung mit moralischer Hoheit verwechselt. Was bleibt, ist linkes Framing mit Überheblichkeitsgarantie. Ich kann’s nicht mehr sehen – und das, obwohl ich (Böhmermann ausgenommen) früher sogar ein Fan war. Heute spüre ich nur noch Fremdscham.

Die Geschmacksgrenze zwischen gutem und unerträglichem Kabarett scheint für manchen Journalisten exakt zwischen ARD und ZDF zu verlaufen. Und wenn ich ehrlich bin: Im ZDF ist längst Sendepause für echte Satire. Bei der ARD? Nun ja, da flackert immerhin noch ein Restfeuer der Ambivalenz.
Ich ahne, dass meine Haltung nicht mehrheitsfähig ist. Vielleicht darf ich mich fortan zum reaktionären Rand zählen. Na gut, dann bin ich eben ein nostalgischer Reaktionär mit Sinn für echte Pointen.
Der Fall Hallervorden – Empörung auf Knopfdruck
Der neueste Aufreger: Didi Hallervorden, 89 Jahre jung, soll in einer ARD-Sendung das Z- und das N-Wort ausgesprochen haben. Prompt stürzen sich Twitter-Richter (heute freilich bei Bluesky), woke Kommentatoren und Böhmermanns Jünger auf den alten Meister der Unterhaltung.
Was sie dabei vergessen: Satire ist keine Wellness-Oase – sie darf, sie muss wehtun. Und ja, sie darf auch mal danebengreifen, ohne dass gleich die Apokalypse ausgerufen wird.
Doch Autor Stephan Maus, im Stern, kennt kein Pardon. Er sieht in der ARD bereits eine »rechtspopulistische Wende« und nennt Hallervorden einen »abgehalfterten Komiker«.
Der Mann scheint die Welt für eine Bühne des moralischen Tugendterrors zu halten. Dass es bei ARD & Co. vielleicht endlich mal wieder etwas gegen die Indoktrinationsmaschinerie der »Anstalt« oder der »Heute Show« zu lachen gibt, kann er offenbar nicht ertragen.
Maus sieht in Dieter Nuhr und Lisa Eckhart Populisten im besten Sendeplatzformat. Für ihn ist das rechte Agitation, für mich: überfällige Gegenrede. Wer heute gegen den Strom schwimmt, wird nicht mehr als Nonkonformist gefeiert, sondern als Abweichler diszipliniert.
Und so kam es, dass Didi Hallervorden, mit dem Mut eines alten Löwen, den Finger in die offene Wunde legte – der Meinungsfreiheit. Dass man ihn dafür nun moralisch steinigt, sagt mehr über die Zeit als über den Mann.
Von Haltung, die keine Widersprüche kennt
Und dann steht er wieder da: Dieter Nuhr, der ewige Lieblingspopulist der ARD. Zuletzt bei Maischberger – ein Sakrileg für all jene, die sich dem »rechten Denken« ganz und gar verweigern.
Die Empörung darüber wirkt wie ein Reflex. Es ist der Furor der Gerechten, der alles trifft, was nicht in ihr Weltbild passt. Dass Serdar Somuncu am Ende noch mit ein paar wüsten Sprüchen die Sache abrundet, passt ins Bild.
War das früher besser? Sicher war nicht alles Gold. Aber es glänzte – an den richtigen Stellen. Die Toleranz der heutigen Wokeness-Fraktion hingegen gleicht einer Festung aus Pappmaché. Dünnhäutig, schnell beleidigt, unversöhnlich.
Früher galt noch, was Tucholsky so treffend formulierte:
„Die Satire muß übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird.“
Heute bläst man eher Trillerpfeifen, wenn jemand das falsche Wort benutzt.
„Vielleicht darf ich mich fortan zum reaktionären Rand zählen.“
Ich kenne nicht wenige Menschen, die Dich dafür in eine sehr weit entlegene rechte Ecke stellen würden. Ich werde das aber nicht tun, dafür stimme ich Dir und diesem Beitrag lieber mit sehr viel Kopfnicken zu. Über das Thema Didi hatte ich mich auch schon ausgelassen. Er hat ein Stöckchen hingehalten und sehr viele sind mit Anlauf darüber gesprungen. Ich fand das herrlich.