Wird die elektronische Patientenakte unser Gesundheitswesen verbessern?

Die elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te sorgt wei­ter für Dis­kus­sio­nen. Ist sie der ersehn­te Fort­schritt oder etwas, das die Bür­ger verunsichert?

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„Mil­lio­nen Ver­si­cher­te haben der elek­tro­ni­schen Pati­en­ten­ak­te wider­spro­chen“, titel­te der Spie­gel heu­te. Wer sich nun fragt, was aus dem deut­schen Daten­schutz­pa­thos gewor­den ist, mag beim Blick auf die Zahl ins Grü­beln kom­men: Nur fünf Pro­zent lehn­ten aktiv ab – erwar­tet hat­te man fast das Vier­fa­che. Ein Schelm, wer dar­in Zustim­mung wit­tert. Viel­leicht ist es eher die resi­gnier­te Gleich­gül­tig­keit gegen­über einem Pro­jekt, das so groß wirkt wie die Ver­spre­chen, die es begleiten.

Inter­es­sant ist dabei, was der Spie­gel neben­bei anmerk­te: Der Wider­stand ist nicht gleich­mä­ßig ver­teilt. Dort, wo eher gut Gebil­de­te ver­si­chert sind, wird die EPA deut­lich kri­ti­scher gese­hen. Das mag dar­an lie­gen, dass man Risi­ken anders gewich­tet – oder schlicht dar­an, dass der mün­di­ge Pati­ent eben nicht alles klag­los hin­nimmt, was unter dem Eti­kett „Digi­ta­li­sie­rung“ daherkommt.

Ende April ist es so weit. Die elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te wird zur Rea­li­tät – ob man sie will oder nicht. Und wie es bei sol­chen Mam­mut­pro­jek­ten nun ein­mal ist, wird es laut wer­den. Denn wenn etwas groß, neu und tech­nisch ist, dann ist es die Stun­de der war­nen­den Stim­men. Die der IT-Spe­zia­lis­ten mit immer neu­en Sicher­heits­be­den­ken. Die der Daten­schüt­zer mit mah­nen­dem Zei­ge­fin­ger. Und die der Gesund­heits­bü­ro­kra­ten, die nicht sel­ten die Digi­ta­li­sie­rung aus­ge­rech­net dort bekämp­fen, wo sie end­lich Sinn machen könnte.

Natür­lich hat das Pro­jekt Charme. Der schnel­le, struk­tu­rier­te Zugriff auf medi­zi­ni­sche Daten – das klingt nach Effi­zi­enz, nach weni­ger Dop­pel­un­ter­su­chun­gen, nach bes­se­rer Ver­sor­gung. End­lich Schluss mit dem Flur­fax aus der Arzt­pra­xis oder der ewi­gen Fra­ge: „Wann waren Sie noch­mal im Kran­ken­haus?“ Die EPA könn­te das Sys­tem moder­ni­sie­ren, Pati­en­ten ent­las­ten und Ärz­ten hel­fen, bes­se­re Ent­schei­dun­gen zu treffen.

Aber eben­so wenig darf ver­schwie­gen wer­den, was die­se neue Akte mit sich bringt. Sie ist ein Daten­rie­se – gefüt­tert mit dem Intims­ten, was Men­schen zu bie­ten haben: ihrer Gesund­heit. Und so sehr ver­spro­chen wird, dass die Infor­ma­tio­nen sicher sei­en – das Miss­trau­en ist berech­tigt. Zu frisch sind die Erin­ne­run­gen an geschei­ter­te Behör­den­por­ta­le, an digi­ta­le Pan­nen, an die ewig glim­men­de Unsi­cher­heit in der deut­schen Ver­wal­tungs-IT. Wer will da sei­ne Krank­heits­ge­schich­te frei­wil­lig auf Ser­vern par­ken, deren Schutz sich manch Hacker wohl nur müde belächelt?

Auch die Rea­li­tät in den Arzt­pra­xen spricht nicht für einen rei­bungs­lo­sen Start. Die digi­ta­le Infra­struk­tur ist lücken­haft, vie­le Ein­rich­tun­gen sind tech­nisch kaum vor­be­rei­tet. Die EPA könn­te also nicht nur zur Daten‑, son­dern auch zur Belas­tungs­pro­be für ein ohne­hin gestress­tes Gesund­heits­sys­tem werden.

Und schließ­lich ist da der Mensch. Der sich nicht gern in Sys­te­me ein­fügt. Der nicht möch­te, dass sei­ne sen­si­bels­ten Daten durch digi­ta­le Adern rau­schen, deren End­punkt er nicht kennt. Der viel­leicht spürt, dass Digi­ta­li­sie­rung manch­mal nicht ent­las­tet, son­dern entmenschlicht.

Was erwar­tet uns also?
Wahr­schein­lich eine Mischung aus Pan­nen, Pro­tes­ten – und nach und nach, ganz lei­se: Gewöh­nung. Viel­leicht wird die EPA irgend­wann funk­tio­nie­ren, viel­leicht wird sie nüt­zen, viel­leicht wird sie sogar geschätzt wer­den. Aber bis dahin muss sie mehr sein als nur gut gemeint. Sie muss trans­pa­rent, sicher, zugäng­lich – und mensch­lich sein.

Denn wer Ver­trau­en gewin­nen will, muss es sich ver­die­nen. Nicht durch Druck, son­dern durch Ver­läss­lich­keit. Nicht durch tech­ni­sche Eupho­rie, son­dern durch spür­ba­ren Nut­zen. Die EPA hat das Poten­zi­al, vie­les zu ver­bes­sern – wenn sie nicht an der Hybris der Macher und dem Miss­trau­en der Nut­zer scheitert.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Datenschutz

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10 Gedanken zu „Wird die elektronische Patientenakte unser Gesundheitswesen verbessern?“

  1. „Wir sind voll digi­ta­li­siert“, habe ich noch im Ohr, als ich mich vor zwei Jah­ren eini­ge Tage in ein Kran­ken­haus bege­ben muss­te und in der Auf­nah­me mei­ne Daten ange­ge­ben hatte.

    Eine Stun­de spä­ter dann auf der Sta­ti­on wur­den mei­ne Daten noch ein­mal auf­ge­nom­men mit dem Hin­weis, dass das WLAN im Kran­ken­haus nicht sta­bil genug für die Daten­über­tra­gung sei. Ich bin bei der digi­ta­len Gesund­heits­ak­te hin und her geris­sen. Einer­seits ist es sicher von Vor­teil alle medi­zi­nisch rele­van­ten Daten zusam­men zu haben, mit­tels App könn­te man an not­wen­di­ge Vor­sor­ge­ter­mi­ne und Imp­fun­gen erin­nert wer­den. Auf der ande­ren Sei­te die von dir schon ange­spro­che­ne Unsi­cher­heit beim Datenschutz. 

    Ein könn­te man mei­nen, wenn ich was über die Kran­ken­ge­schich­te im Dorf hören will, gehe ich Sams­tags an die Bröt­chen­the­ke beim Bäcker, da erfah­re ich auch alles. Im Prin­zip ja rich­tig, den­noch steht dem Miß­brauch Tür und Tor offen. Da wür­de es dann weni­ger um die Kran­ken­ge­schich­te als sol­ches gehen, son­dern um die Nut­zung der sen­si­blen Krank­heits­da­ten, bei­spiels­wei­se um Bewer­ber abzu­leh­nen oder um Erpres­sungs­ver­su­che bei Syphilis 🙂 

    Grund­sätz­lich muss die Ent­schei­dung jedes sel­ber tref­fen, was ja auch mög­lich ist und zumin­dest das, fin­de ich, ist posi­tiv zu bewerten. 

    Gruß aus dem Sauerland

  2. Natür­lich sind all die Risi­ken rele­vant, aber dann muss man halt dar­an arbei­ten, sie zu mini­mie­ren. Machen ande­re Euro­pä­er auch und denen ist auch am Schutz die­ser inti­men Daten gele­gen. Wir haben 2025 … und wir tra­gen die Unter­la­gen immer noch zu Fuß oder per Fax von Arzt zu Arzt …
    Btw … ich habe vor mehr als 25 Jah­ren die elek­tro­ni­sche Per­so­nal­ak­te bei mei­nem Bröt­chen­ge­ber eingeführt

  3. Hal­lo Horst,

    viel­leicht wird anders­her­um ein Schuh draus. Es wäre gut, es wäre das all­ge­mein akzep­tier­te Ver­fah­ren, dass Grup­pen wie der CCC, die sich an Regeln hal­ten, in sol­che Pro­zes­se mit ein­be­zo­gen wür­den. Lei­der ist es oft nicht so, wird intern gewursch­telt oder sich von gro­ßen Fir­men dann aber auch wie­der leicht unzu­rei­chen­de Bera­tung geholt.

  4. _Su 21. April 2025 um 15:07

    Eine ePa ist ver­mut­lich sehr ungüns­tig, wenn die AFD mal regiert.

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