KI, Datenschutz und Bürokratie: Warum Europa ins Hintertreffen gerät

Die Her­aus­for­de­run­gen euro­päi­scher Daten­schutz­ge­set­ze und deren Ein­fluss auf die KI-Ent­wick­lung, ins­be­son­de­re im Ver­gleich zu den USA und China.

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Die Ent­wick­lun­gen rund um künst­li­che Intel­li­genz (KI) sind in den letz­ten Jah­ren rasant vor­an­ge­schrit­ten. Län­der wie die USA und Chi­na trei­ben die tech­no­lo­gi­sche Inno­va­ti­on vor­an und set­zen dabei unter­schied­li­che Schwer­punk­te: Wäh­rend die USA und Chi­na auf die Ent­wick­lung der leis­tungs­fä­higs­ten, bes­ten KI set­zen, scheint Euro­pa vor allem den Fokus auf die stren­ge Regu­lie­rung zu legen. 

Sascha Lobo, ein deut­scher Autor und Inter­net­ak­ti­vist, kom­men­tiert die­se Unter­schie­de in Form die­ses Ver­gleichs: „In den Ver­ei­nig­ten Staa­ten wird die bes­te KI her­ge­stellt, in Chi­na die effi­zi­en­tes­te, und in Euro­pa wol­len wir die regu­lier­tes­te KI haben.“ Quel­le: OMR Video

Das Spannungsfeld zwischen Innovation und Regulierung

Die­se Aus­sa­ge spie­gelt die zen­tra­le Her­aus­for­de­rung wider, der sich Euro­pa gegen­über­sieht: Wie kön­nen Inno­va­ti­on und Fort­schritt im Bereich der KI geför­dert wer­den, ohne dabei den Daten­schutz und die Rech­te der Bür­ger zu ver­nach­läs­si­gen? Tat­säch­lich hat der Daten­schutz, ins­be­son­de­re die Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO), in Euro­pa einen hohen Stel­len­wert. Gleich­zei­tig ent­steht jedoch der Ein­druck, dass die­se Fokus­sie­rung auf den Daten­schutz den tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt hemmt und Euro­pa im glo­ba­len Wett­be­werb ins Hin­ter­tref­fen gera­ten lässt.

Ein aktu­el­les Bei­spiel für die Aus­wir­kun­gen die­ser Regu­lie­run­gen ist die Sper­rung neu­er KI-Funk­tio­nen von Apple in Euro­pa. Wäh­rend das Unter­neh­men in den USA sei­ne neu­en KI-basier­ten Assis­ten­ten im neu­en iOS-Betriebs­sys­tem ohne grö­ße­re Beden­ken aus­rol­len kann, sind euro­päi­sche Nut­zer von die­sen Neue­run­gen aus­ge­schlos­sen. Der Grund: App­les neue Funk­tio­nen sind nicht voll­stän­dig kom­pa­ti­bel mit dem euro­päi­schen Arti­fi­ci­al Intel­li­gence Act, der stren­ge Vor­ga­ben für den Ein­satz von KI-Tech­no­lo­gien macht. Das zeigt, wie sehr euro­päi­sche Regu­la­ri­en Unter­neh­men dazu zwin­gen, Inno­va­tio­nen zurück­zu­hal­ten, um nicht mit recht­li­chen Kon­se­quen­zen kon­fron­tiert zu werden.

Daten als Treibstoff der KI

Ein wei­te­rer Kon­flikt­punkt betrifft die Quel­len, aus denen KI-Sys­te­me ihre Daten bezie­hen. KI-Unter­neh­men wie Meta, Goog­le und Ope­nAI sind dar­auf ange­wie­sen, rie­si­ge Men­gen an Daten zu sam­meln, um ihre Model­le zu trai­nie­ren. Dies führt häu­fig zu Kon­flik­ten mit euro­päi­schen Daten­schutz­be­hör­den. So wur­de bei­spiels­wei­se bekannt, dass Ope­nAI Unmen­gen an You­Tube-Vide­os tran­skri­biert haben soll, um ihre Sprach­mo­del­le zu trai­nie­ren – mög­li­cher­wei­se ohne die Zustim­mung der Urhe­ber oder der Platt­form selbst. Auch Goog­le hat sei­ne Nut­zungs­be­din­gun­gen geän­dert, um öffent­li­che Goog­le-Docs oder Restau­rant­kri­ti­ken für KI-Trai­nings­zwe­cke zu nutzen.

Sol­che Prak­ti­ken wer­fen in Euro­pa Fra­gen auf, ob der Schutz der Pri­vat­sphä­re aus­rei­chend gewahrt bleibt. In den USA oder ande­ren Län­dern mit weni­ger stren­gen Daten­schutz­be­stim­mun­gen gibt es die­se Aus­ein­an­der­set­zun­gen hin­ge­gen kaum. Hier wer­den Daten­quel­len unge­hin­dert für KI-Trai­nings­zwe­cke ange­zapft, wäh­rend euro­päi­sche Behör­den und Gerich­te regel­mä­ßig inter­ve­nie­ren, um den Daten­schutz zu wahren.

KI-Unter­neh­men zap­fen frag­wür­di­ge Daten­quel­len an Des­halb sehen sich KI-Unter­neh­men nun nach ande­ren Daten­quel­len um. Der Face­book-Kon­zern Meta kam in Kon­flikt mit den Behör­den der EU, weil er die Bil­der und Posts sei­ner Nut­zer in sei­ne KI ein­flie­ßen las­sen woll­te. In ande­ren Welt­re­gio­nen ohne Daten­schutz­re­geln hat er das schon getan.

Die KI-Fir­ma Ope­nAI hat laut einer Recher­che der «New York Times» Unmen­gen an You­Tube-Vide­os tran­skri­biert, höchst­wahr­schein­lich ille­gal, um genug Trai­nings­ma­te­ri­al für GPT‑4 zu bekom­men. Und Goog­le hat sei­ne Nut­zungs­be­din­gun­gen geän­dert, offen­bar, um auch Restau­rant­kri­ti­ken und öffent­li­che Goog­le-Docs in sei­ne KI ein­flie­ßen las­sen zu dür­fen.

Quel­le

Datenschutz: Schutz oder Bremse?

Die Fra­ge, ob die euro­päi­schen Daten­schutz­ge­set­ze eher eine Schutz­maß­nah­me oder eine Inno­va­ti­ons­brem­se dar­stel­len, spal­tet die Gemü­ter. Auf der einen Sei­te gibt es zahl­rei­che Bür­ger und Akti­vis­ten, die den Schutz ihrer Daten als grund­le­gen­des Men­schen­recht anse­hen und sich gegen die will­kür­li­che Nut­zung ihrer Daten durch Unter­neh­men weh­ren. Auf der ande­ren Sei­te ste­hen die­je­ni­gen, die in der stren­gen Regu­lie­rung eine Über­re­gu­lie­rung sehen, die Euro­pa dar­an hin­dert, im Wett­lauf um tech­no­lo­gi­sche Füh­rer­schaft mitzuhalten.

Ich den­ke, dass in Deutsch­land die Ein­stel­lung zum Daten­schutz eher neu­tral ist, was dar­auf hin­deu­tet, dass vie­le Men­schen zwar den Schutz ihrer Daten schät­zen, jedoch wenig kri­tisch gegen­über den gro­ßen Tech-Kon­zer­nen sind. Gleich­zei­tig gibt es eine wach­sen­de Kri­tik an der soge­nann­ten „Über­re­gu­lie­rung“ durch euro­päi­sche Insti­tu­tio­nen. Die­se Stim­men sehen die Büro­kra­tie als Hemm­schuh für den Fort­schritt und beto­nen die Not­wen­dig­keit, dass Euro­pa tech­no­lo­gisch nicht den Anschluss verliert.

Ein drohender Rückstand Europas?

Soll­te sich Euro­pa wei­ter­hin auf stren­ge Regu­lie­run­gen kon­zen­trie­ren, besteht die Gefahr, dass es in der Ent­wick­lung von KI-Sys­te­men immer wei­ter hin­ter den USA und Chi­na zurück­fällt. Die lang­sa­me Adap­ti­on neu­er Tech­no­lo­gien, die durch Regu­la­ri­en blo­ckiert wer­den, könn­te den tech­no­lo­gi­schen Vor­sprung die­ser Regio­nen noch wei­ter ver­grö­ßern. Mal sehen, wie lan­ge wir uns die­se ver­nünf­ti­gen, selbst­auf­er­leg­ten Regu­lie­run­gen noch leis­ten mögen.

Das gene­rel­le The­ma Tech­no­lo­gie betrifft den Stand­ort Euro­pa ins­ge­samt. Ein Bei­spiel ist die Intel-Chip­fa­brik in Mag­de­burg, die mög­li­cher­wei­se auf­grund von finan­zi­el­len und regu­la­to­ri­schen Hin­der­nis­sen doch nicht gebaut wird. Die Ein­spa­run­gen in Höhe von fast 10 Mil­li­ar­den Euro an Sub­ven­tio­nen, die der Staat in das Pro­jekt hät­te inves­tie­ren müs­sen, wir­ken auf den ers­ten Blick wie ein Vor­teil. Doch lang­fris­tig könn­te die­ser Rück­zug zu einem Ver­lust von tech­no­lo­gi­scher Infra­struk­tur und Wett­be­werbs­fä­hig­keit führen.

Fazit

Der euro­päi­sche Weg, der stark auf Daten­schutz und Regu­lie­rung setzt, schützt zwar die Rech­te der Bür­ger, könn­te aber gleich­zei­tig dazu füh­ren, dass Euro­pa den Anschluss an die tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lung ver­liert. Die Balan­ce zwi­schen Fort­schritt und Schutz ist schwie­rig zu fin­den. Wäh­rend die USA und Chi­na ihren Vor­sprung in der KI-Ent­wick­lung wei­ter aus­bau­en, muss Euro­pa ent­schei­den, wie es sei­ne Daten­schutz­stan­dards bewah­ren und gleich­zei­tig Inno­va­tio­nen ermög­li­chen kann. Andern­falls droht ein Rück­stand, der nicht mehr auf­zu­ho­len sein wird.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Apple Bürokratie Datenschutz EU KünstlicheIntelligenz Regulierung

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