Ich fotografiere sehr gern, nur keine Menschen

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Fliege
Flie­ge

Seit ich mei­ne ers­te digi­ta­le Kame­ra gekauft habe, sind Jahr­zehn­te ver­gan­gen. Seit­dem habe ich eini­ges dazu­ge­lernt. Zum Bei­spiel, dass ich viel lie­ber durch die freie Natur wan­de­re und es genie­ße, weni­gen, bes­ser noch, gar kei­nen Men­schen zu begeg­nen. Lie­ber ein Stück Land­schaft, eine Blü­te, ein Insekt oder einen Vogel zu oft als irgend­wel­che Men­schen abzulichten.

Inner­halb der Fami­lie oder unter Freun­den stellt auch das kein Pro­blem dar. Sobald man jedoch den öffent­li­chen Raum betritt und einen erwä­gens­wer­ten Shot vor dem geis­ti­gen Auge sieht, ver­wer­fe ich den Gedan­ken. Sicher! Ich könn­te fra­gen. Ich mag das nicht. Lie­ber suche ich mir ande­re Moti­ve. Mit Men­schen gibt es schnell Ärger. Vie­le, sogar Kin­der, haben die infor­mel­le Selbst­be­stim­mung mit der Mut­ter­milch auf­ge­so­gen. Der Wiki­pe­dia-Ein­trag dazu ist lang. Und doch hat man nach der Lek­tü­re nicht das Gefühl, auf alle juris­ti­schen Fall­stri­cke vor­be­rei­tet zu sein. Sobald man die Web­site eines Anwal­tes zum The­ma auf­ruft, kommt man auf den Gedan­ken, sich viel­leicht doch ein ande­res Hob­by zu suchen. Gut, ich über­trei­be etwas. Schließ­lich kann man auf Men­schen beim Foto­gra­fie­ren ver­zich­ten. Jeden­falls, wenn man Knie­fäl­le vor irgend­wel­chen frem­den Per­so­nen mög­lichst ver­mei­den möchte. 

Wenn Kin­der auf eine Rui­ne klet­tern und die­se Rui­ne (Burg­mau­er) samt den Kin­dern foto­gra­fiert wird, bekommt der Foto­graf Frech­hei­ten zu hören – von den Kin­dern. Mir ist das schon pas­siert. Ich foto­gra­fie­re die Aus­la­ge einer Bude mit Weih­nachts­schmuck (ohne Men­schen). Das pass­te der Besit­ze­rin über­haupt nicht. Ein Rie­sen­thea­ter! Ich foto­gra­fie­re in einen Gar­ten hin­ein. Der Eigen­tü­mer macht mir zur Schne­cke, wie ich dazu käme, sei­nen Gar­ten zu foto­gra­fie­ren. Der und sein Scheiß­gar­ten. Soll er ihn sich doch sonst wohin stecken! 

Ich gehe mit mei­nem Foto­ap­pa­rat durch die Stra­ße eines Dor­fes. Ich woll­te dort einen hüb­schen Lau­ben­gang foto­gra­fie­ren. Eine Anwoh­ne­rin gefiel mei­ne Anwe­sen­heit nicht und blaff­te mich an, wes­halb ich dort foto­gra­fie­re. Und das, obwohl das Motiv auf der ihrem Haus gegen­über­lie­gen­den Sei­te lag und ich kei­ner­lei Anstal­ten mach­te, ihr bescheu­er­tes Haus zu foto­gra­fie­ren. Sie fand den Lau­ben­gang über­haupt nicht so inter­es­sant und woll­te mir – wohl auch des­halb – etwas ande­res unterstellen.

An ande­rer Stel­le habe ich ein Sta­tiv auf­ge­baut, um ein altes, etwas ver­wit­ter­tes Haus zu foto­gra­fie­ren. Das Gan­ze soll­te in ein Milieu ein­ge­passt sein. Außer­dem hat­te ich kein rich­tig pas­sen­des Objek­tiv dabei. Des­halb hat­te ich das Sta­tiv ca. ein­hun­dert Meter ent­fernt auf­ge­baut. Außer die­sem Haus war nur der dazu­ge­hö­ri­ge Gar­ten zu sehen. Trotz­dem nahm irgend­ein Mann aus der Nach­bar­schaft Anstoß an mei­nem Vorhaben.

Was soll man dazu sagen? Ich habe kürz­lich einen Mann foto­gra­fiert (von hin­ten). Das Motiv war so reiz­voll, dass ich dach­te, es ris­kie­ren zu müs­sen. Sein Gesicht war abge­wandt. Ich weiß nicht, wer ihn auf einem Foto so trotz­dem erkannt hät­te. Ich war letzt­lich so ver­un­si­chert, dass ich das Foto zunächst gar nicht zei­gen woll­te. Dann habe ich mich ent­schie­den, den Kopf des Man­nes mit KI so zu ver­än­dern, dass ein Risi­ko nahe­zu aus­ge­schlos­sen wer­den konnte.

Das ist Deutsch­land mit sei­nem Daten­schutz, der von vie­len auch nur solan­ge für gut und rich­tig gehal­ten wird, bis die nächs­te Sit­zung bei Tik­Tok, Face­book, Insta­gram oder so pas­siert und das eige­ne Früh­stück (gern auch beim Ver­zehr) gepos­tet wird. Die Leu­te, die dir auf dem Dorf­platz den Foto­gra­fen-Poli­zei-Blick zuwer­fen, sind oft die­sel­ben, die dann abends ihre Bil­der auf Face­book hoch­la­den: „Hier bin ich auf der Kir­mes!“ Natür­lich mit zwan­zig Frem­den im Hintergrund. 

Ich blei­be also bei Land­schaft, Tier und Pflan­zen­welt. Die sind fried­li­cher und nicht so ver­kopft wie irgend­wel­che Leu­te, die Angst vor ihrem eige­nen Schat­ten haben. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Datenschutz Deutschland

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