Woran es wohl liegt, dass Blogger sich so kritisch mit KI und ihrem Einsatz in Blogs auseinandersetzen? Gut, manche fürchten, infolge der Veränderungen ihre Reichweite zu verlieren und weniger bis nicht mehr sichtbar zu sein.
Das ist für Blogger, die davon leben, wohl ernstzunehmen. Man liest viel darüber, wie die Umstellung bei Google von reinen Suchergebnissen auf die Vorschaltung von Ergebnissen der KI wirkt und dass diese Neuerung zum Tode vieler Text-Angebote führen würde. Vielleicht tritt das ein, vielleicht ist es aber auch ganz anders.
Die Angst ist greifbar, beinahe körperlich. Da sitzt man nächtelang am Text, überlegt jedes Wort, ringt um Haltung, Nuance, Wahrheit – und dann kommt eine KI und spuckt in Sekunden einen Absatz aus, der sich liest, als hätte er Stil. Als hätte er Substanz. Man fragt sich, ob der eigene Einsatz noch zählt. Ob das, was einen unterscheidet, in dieser neuen Welt noch Gewicht hat.
Und doch, zwischen all den Zweifeln keimt auch eine andere Sichtweise. Vielleicht wird die KI ja gar nicht der Totengräber, sondern der Werkzeugkasten, den wir nie hatten. Vielleicht kann sie unsere Arbeit ergänzen, den Alltag erleichtern, uns Zeit schenken für das, was wirklich zählt: Denken, Zweifeln, Schreiben. Sie zwingt uns zur Konzentration auf das Echte – unsere Erfahrung, unsere Haltung, unsere Stimme. Die KI hat keine Biografie, keinen Zorn, keine Liebe. Sie weiß nicht, wie sich Enttäuschung anfühlt, wenn ein gut gemeinter Text ignoriert wird. Wir aber wissen das.
Natürlich kann sie rasch Informationen zusammenklauben, sie neu sortieren, sogar geschmeidig formulieren. Aber sie hat keine Haltung, kein Gedächtnis im moralischen Sinne. Und vielleicht ist es genau das, was uns bleibt und was zählt – wenn wir es denn pflegen und nicht zur Imitation greifen. Wer heute bloggt, tut das nicht, um mitzuhalten mit Maschinen, sondern um Mensch zu sein. Der Leser merkt das. Vielleicht nicht sofort. Aber irgendwann, wenn die Stille der Maschinen allzu perfekt klingt, wird man wieder nach Stimmen suchen, die nicht nur gut klingen – sondern echt sind.
Was man sich nicht alles einfallen lässt, um Textdiebstahl einzuschränken oder gar zu vermeiden …
[…] Zwischen Algorithmus und Authentizität: Warum Blogger nicht verstummen – Horst Schulte Gestern, 15:48 (Zitatlink) […]
Ja, für kommerzielle Seiten mit dem Geschäftsmodell „viele Leser, denen man Werbung zeigen kann“ wird es hart! Wobei das schon immer ein kritikwürdiges Modell war, aus vielerlei Gründen. Bei jenen, die sozusagen „halbkommerziell“ Reichweite brauchten, um ihre gehaltvollen Beiträge unters Volk zu bringen, merkt man schon deutlich, wohin die Reise geht: Newsletter gewinnen länger schon an Bedeutung, die dann auch Werbung für eigene Diensleistungen oder zusätzliche kostenpflichtige Angebote enthalten. Einige schaffen es wohl auch, eine Art Abo-Community zu kreieren, die das jeweilige Medium unterstützen (sehr verbreitet bei Youtubern).
Wie auch immer: KI wird nicht wieder verschwinden und die Aversion von Menschen, Maschinen und Programme sowie Roboter zu nutzen, verschwindet genau dann, wenn der durch sie erlangte Mehrwert deutlich erkannt wird (das haben Forschungen ergeben, deren Youtube-Quelle ich vergessen habe). Blogger erleben durch KI-Abrufe keinen spürbaren Mehrwert, wohl aber diejenigen, die nach etwas suchen oder fragen – und das sind nun mal eine ganze Menge mehr.
Es stellt sich also für Publisher die Frage: Sollen meine Texte ins „Weltwissen“ der KI eingehen oder draußen bleiben?
Für mich hab ich entschieden: Na klar sollen sie! 🙂
@ClaudiaBerlin: Du beschreibst es wohl zutreffend. Allerdings frage ich mich doch, wie das für Websites ausgeht, die heute eine hohe Reichweite haben (auch aufgrund guten Contents) und die von Google gut lebten. Aber ich weiß ja nicht einmal, ob das überhaupt noch der Fall war. Über die Jahre hat sich doch viel verändert. Ich erinnere mich an die Anfangszeit. Da hatte ich von Google manchmal Gutschriften zwischen 100 und 200 EUR im Monat. Plötzlich war das weg bzw. ging gegen Null.
KI wird nicht verschwinden, sie wird uns viel beschäftigen und wohl nicht immer im Positiven. Für Recherchen nutze ich KI so stark, dass ich fast schon nicht mehr weiß, wie umständlich das früher manchmal war. Es ist fantastisch. Dass man über solche Anflüge von Begeisterung nicht die Risiken übersehen sollte, ist klar. Ich verstehe nur dieses Genöle nicht wirklich. Schließlich ist KI ein Werkzeug, das man nutzen kann aber nicht nutzen muss. Die Kritiker werden schon noch begreifen, dass KI auch für sie nützlich ist.
Kennst du noch Rene Walter (Gründer von Nerdcore.de)? Der hat mal geschrieben, dass wir Blogger uns nicht von dem Gedanken abhalten lassen sollten, dass die eine oder andere Geschichte schon mal verbloggt wurde. Sinngemäß war das seine Aussage. Ich finde, er hat recht. 🙂
Ich kann euch da nur zustimmen.
Auch wenn ich trotz allem eine kritische Stimme bleiben werde. Aber die richtet sich ja nicht gegen LLMs per se, sondern gegen den Hype darum, dass vorgeblich jetzt künstliche Intelligenzen da sind und bald menschliche Intelligenz überflügeln und gar ersetzen werden.
LLMs verstehen (in einem sinnvollen Sinn) Sprache nicht, sie sind und bleiben „stochastische Papageien“. Nichtsdestotrotz sind sie inzwischen nützliche und nutzbare Werkzeuge, wenn man sie klug zu nutzen weiß.
Ich habe mein Blog gestern für LLMs besser „lesbar“ gemacht, nämlich das von Claudia erwähnte Plugin installiert und die Chatbot-Ausschlüsse in meiner robots.txt und .htaccess beseitigt. Why not? Meine Blogbeiträge sind öffentlich, sollen sie doch in den Trainingsdaten-Schatz der LLMs eingesaugt werden.
Tue ich das nicht, gewinne ich dadurch auch keine neuen Leser, die das Web heute vielleicht anders nutzen als ich es gewohnt bin.
Es geht auch nicht darum, dass wir Blogger damit dazu beitragen, dass sich irgendwelche Milliardäre als Betreiber solcher „KIs“ noch mehr die Taschen mit Geld füllen können. Das tun sie sowieso, und wenn ich anfinge, all meine Aktivitäten danach zu bewerten, wer sich am Ende damit die Taschen füllt und ökonomische Macht akkumuliert, dann hätte ich den lieben langen Tag lang nichts anderes mehr zu tun – und müsste zusehen, mich irgendwie völlig zu isolieren vom Lauf der Welt.
So oder anders landen all unsere Texte im unerschöpflichen Gesamtfundus des Internets und werden auf verschiedenste Weise gelesen, rezipiert, ergänzt, verarbeitet, ge- und missbraucht, von Computern und von Menschen. Das war für mich auch immer irgendwie die Essenz des Netzes.
Persönlich habe ich zudem das Glück, niemals eine Art „Geschäftsmodell“ mit meinem Blog betrieben zu haben, das mir nun „KIs“ monetär vermiesen könnten. Mein Blog kostet mich Geld und hat bisher nur Geld gekostet, zur Zeit rund 7 € jeden Monat – von denen es mir jeden einzelnen Cent wert ist und immer war.
@Boris:
Das scheint mir ja ein ordentlicher Schritt zu sein. Soweit bin ich noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob das wirklich dazu führt, dass unsere Blogs und deren Inhalte besser sichtbar werden.
Den kritischen Blick auf KI sollten alle haben und behalten. Schließlich geht es um sehr viel. Aber man sollte sich vor allem mit dem Zeug befassen und nicht irgendwas nachplappern. Du machst das schon richtig, Boris.
Wenn es stimmt, dass Gemini, wie ich mal gelesen habe, die Bibliotheken dieser Welt digitalisiert hat, werden diese Daten eine fantastische Grundlage für das bilden, was uns heute mitunter noch als fragwürdig ins Auge sticht. Dass KI anhand dieser unvorstellbaren Kumulation von Texten und Wissen auch ins Gegenteil kippen könnte, ist ein interessanter Aspekt, dem man bei gewissen Aussagen bzw. Rückmeldungen nicht ausweichen kann. Abgesehen davon sind die ungeklärten Urheberrechtsfragen ein schweres Pfund, das mir gewärtig wurde, als ich mich über die von ChatGPT zur Verfügung gestellten Ghibli oder Pixar Styles freute.
Danke für die Erwähnung.
Diese Diskussion ist so alt wie Blogs, Web 2.0, Social Plattformen, KI Influencer …
Man sollte übrigens erstmal trennen, wer sich hier Sorgen macht – das sind jene, die auf Sichbarkeit angewiesen sind oder sie wollen und die sehen, dass KI ihre Informationen, Erkenntnisse und Recherchen abgreifen. Als „Stimme“ bzgl Authentizität verlieren Blogs ihre Wichtigkeit nicht – auch, weil sie am Ende in der ganzen Entwicklung der technologischen Broligarchie unabhängig und algorithmusfrei sind.
Die Frage ist eben nur: wie entdecke ich sie – denn Leute suchen nicht aktiv danach. Im Gegensatz zu Beispielsweise Lösungen für Probleme, bei denen Blogs traditionell wegen guter SEO-Eigenschaften immer vorn lagen und jetzt eben abgelöst werden.
Man muss aufpassen, dass man hier nicht diverse Dinge vermischt.
Für mich als Experte in einem besonderen Themenfeld ist meine Website wichtig gefunden zu werden und mein Expertenwissen zu teilen. Das wird abgegraben. Für mich als privater Blogger der einfach nur den „Kopf frei bloggt“ ist das alles vollkommen egal – das bleibt in Zukunft auch meins.
KI macht die Entdeckungsreisen schwerer; hier brauchen wir Alternativen. Auf der anderen Seite fluten KI-Inhalte das Netz – hier spielen Creator, egal auf welchen Plattformen oder Blogs – ihre Stärke bei Authentizität und Glaubwürdigkeit aus.
@Thomas: Vielen Dank für diesen vielschichtigen (und ersten!) Kommentar – dem ich in weiten Teilen nur zustimmen kann. Ja, diese Diskussion ist nicht neu. Aber vielleicht brennt sie gerade deshalb wieder, weil wir – wie schon häufig in der Geschichte des Netzes – an einem Kipppunkt stehen.
Zwischen jenen, die Reichweite brauchen oder wünschen, und denen, die aus Freude, Reflexion oder Gewohnheit schreiben, muss man unterscheiden. Das Bedürfnis nach Resonanz ist uns allerdings gemein.
Die algorithmusfreie Insel „Blog“ – sie ist auch für mich persönlich von jeher ein Rückzugsort. Aber man wünscht sich allerdings auch, dass man gefunden wird.
Ich teile deine Sorge: Die Entdeckungsreisen werden durch KI vielleicht eingeschränkt. Es finden sich hoffentlich neue Wege, neue Ideen – vielleicht auch eine Renaissance der alten Tugenden: Kuratieren, Verlinken, Empfehlen. Menschlich statt maschinell. Ich stehe unbedingt auf Empfehlungen.
Und was die Flut an KI-Inhalten betrifft: Ich glaube auch, dass unsere menschlichen Stimmen nicht untergehen wird. Sie klingen anders. Das macht den Unterschied.
Danke dir für deinen Kommentar und dein tolles Projekt.