Chrupalla – immer wieder eine Zumutung

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von Horst Schulte

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Gestern hatte ich eine intensive private Diskussion über (mögliche) Gründe für den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wir wurden uns nicht einig. Aus meiner Sicht haben beim Gegenüber die Narrative der AfD so stark verfangen, dass es keine Chance mehr auf Verständigung gab. Irritierend empfand ich meine eigene Verunsicherung bei dem einen oder anderen Detail. Die Informationsfluten finden unerbittlich den Weg ins Hirn, so dass man rasch auch mal die Orientierung zwischen News und Fake News verlieren kann. Ich sah mich an mehr als einem Punkt nicht in der Lage, noch zwischen Lüge und Wahrheit zu unterscheiden.

Ob diese u. a. kurze Zusammenfassung die Wirklichkeit halbwegs korrekt wiedergibt? Anders gefragt: Wem soll man heutzutage noch glauben? Den Russen wohl nicht und den Amis traue ich ebenso wenig (egal übrigens, unter welcher Präsidentschaft). Das kennzeichnet ein Problem unserer Zeit. Wenn viele nicht einmal mehr den eigenen Politikern glauben möchten …

Die Diskussion zwischen AfD-Chrupalla gestern Abend bei Lanz und dem Rest »der Truppe« fand ich furchtbar. Ich empfand es so, als würde auch diese Diskussion in Form eines Kampfes gegeneinanderstehender Narrative geführt. Welches ist glaubwürdig, welches deckt die Realität halbwegs korrekt ab und welche Teile sind Propaganda – hier wie dort? Am Ende sah man sich einmal mehr einem Meer aus Lügen und Fehlinformationen ausgeliefert. Kein Wunder, dass viele Bürger*innen sich verunsichert und gelähmt fühlen. Was wir als Normalität einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft kennen und schätzen lernten, empfinden viele angesichts inflationärer Krisen und dystopischen Experten-Perspektiven als überforderndes Geplärre.

2008 – NATO-Beitrittsperspektive

Russland warnt scharf: Präsident Putin bezeichnet das als direkte Bedrohung russischer Sicherheitsinteressen. → Grundstein für russisches Misstrauen gegenüber dem Westen und der Ukraine. Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest wird der Ukraine und Georgien eine zukünftige Mitgliedschaft in Aussicht gestellt („will become members“).

2010 – Janukowytsch wird Präsident

Er bremst die Annäherung an die EU und sucht wieder engere Beziehungen zu Moskau. → Die Ukraine bleibt politisch zwischen Ost (Russland) und West (EU/NATO) zerrissen. Der pro-russische Politiker Wiktor Janukowytsch gewinnt die Wahl.

2013 – Der EU-Assoziierungsvertrag scheitert

Daraufhin beginnen in Kiew die Euromaidan-Proteste, getragen von einer proeuropäischen Zivilgesellschaft. → Anfangs friedlich, später zunehmend gewaltsam. Janukowytsch stoppt kurz vor der Unterzeichnung das EU-Abkommen – unter Druck aus Moskau.

Februar 2014 – Machtwechsel und russische Reaktion

Russland erklärt das als „Staatsstreich“ und nutzt die Lage propagandistisch aus. → Russische Truppen besetzen die Krim, ein Referendum folgt (international nicht anerkannt). → Beginn des Hybridkriegs im Donbas (bewaffnete Separatisten, unterstützt von Russland). Janukowytsch flieht nach Russland. Das neue, prowestliche Übergangsparlament übernimmt die Macht.

2014–2015 – Krieg im Donbas & Minsker Abkommen

Minsk I (2014) und Minsk II (2015) sollen den Konflikt einfrieren, aber beide scheitern an gegenseitigen Verletzungen. → Russland nutzt die Separatistengebiete als Druckmittel gegen Kiew. → Die Ukraine wendet sich noch stärker dem Westen zu. Zehntausende Tote, Millionen Vertriebene.

2016–2019 – Erstarrter Konflikt

Die Ukraine erhält mehr Unterstützung von EU, USA, NATO (nicht militärisch, aber politisch und technisch). → Moskau sieht darin eine schleichende NATO-Erweiterung. Waffenstillstände brechen immer wieder zusammen. Russland baut seine Militärpräsenz an der Grenze aus.

2020–2021 – Strategische Vorbereitung

Putin fordert „Sicherheitsgarantien“: Keine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, kein NATO-Militär in Osteuropa. → Der Westen lehnt ab, weil jedes Land seine Bündnisse frei wählen darf. Russland beginnt großangelegte Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze.



Februar 2022 – Invasion




→ Russland rechtfertigt den Angriff mit „Entnazifizierung“ und „Schutz russischsprachiger Bevölkerung“ – ein Vorwand ohne reale Grundlage. Es gab in der Ukraine z. B. kein Verbot, Russisch zu sprechen. Russisch verlor seinen Status als Amtssprache mit der Unabhängigkeit des Landes. 1991 wurde Ukrainisch als alleinige Amtssprache festgelegt. Russisch verlor seine offizielle Stellung. Von 2012 bis 2019 war Russisch in neun Regionen des Landes wieder eine regionale Amtssprache.

Kern der Eskalation (in Kürze):

  1. Sicherheitskonflikt: Russland wollte verhindern, dass die Ukraine dauerhaft im westlichen Einflussbereich bleibt.
  2. Identitätskonflikt: Die Ukraine wollte ihre Unabhängigkeit und europäische Orientierung festigen.
  3. Propaganda und Misstrauen: Russland nutzte historische, sprachliche und kulturelle Spannungen zur Legitimation seines Handelns.
  4. Machtpolitik: Putins Ziel: Wiederherstellung russischer Einflusszonen – nicht Schutz von Minderheiten, sondern geopolitische Kontrolle.
Text Beistand

Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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