Was sich heute im Presseclub bei Phoenix abspielte, war nicht nur eine kritische Bestandsaufnahme, eigentlich war es eine Abrechnung. Der Tenor der versammelten Diskutanten zur wirtschaftlichen und politischen Lage Deutschlands war einhellig: Es läuft nichts richtig. Das Gefühl, von einer politischen Kaste regiert zu werden, die den Kontakt zur Realität verloren hat, scheint sich von der Straße bis in die Redaktionsstuben auszubreiten.
Es ging in der Diskussion so weit, dass der Koalition, insbesondere der SPD, Unvermögen attestiert und eine allgemeine politische Destruktion im Hinblick auf die Zukunft des Landes bescheinigt wurde. Die Durchsetzung linker Paradigmen sei ihr wichtiger als verantwortliches Handeln.
Die Art und Weise, wie die etablierten Kräfte und Medien die AfD behandeln, wurde kritisch hinterfragt und nicht als legitime Abgrenzung, sondern als demokratiekritisches Separierungselement bewertet. Das ist eine Zuspitzung, die man in diesem Format selten hört, und sie entlarvt die Schieflage dieser Debatte allemal. Offenbar soll eine unionsgeführte Regierung mithilfe einer wachsenden AfD es besser können. Dabei haben die Damen und Herren nicht im Sinn, dass die AfD in manchen Umfragen jetzt bereits größte Partei im Land ist. Es wird also im Zweifel zu einer Kanzlerin Weidel kommen. Da fragen sich manche Zuschauer bestimmt, wo wir eigentlich angelangt sind.
Die Quintessenz wurde im Anschluss an die Sendung aus der Hörerschaft beigesteuert: Eine Zuschauerin, die sich selbst als AfD-Wählerin zu erkennen gab, brachte die Krux der Stunde auf den Punkt. Sie beklagte zu Recht die Ausgrenzung der hohen Zahl an Wählern, die in vielen Bundesländern und auch im Bund der AfD ihre Stimme geben. Das ist keine Marginalie mehr, das ist ein substanzieller Teil der Bevölkerung, dessen Bedenken und Voten ignoriert oder pathologisiert werden. Nun, meine Bewertung ist eindeutig. Wer diese Partei aus Frust wählen möchte, wird sich von der Merz-Regierung kaum davon abbringen lassen und auch nicht von einer veröffentlichten Meinung. Es ist nicht schwer, die weitere Entwicklung unseres Landes vorauszuahnen, jedenfalls für den Fall, dass die Rechtsextremen ans Ruder kommen. Die lebenden Generationen werden nicht nur als beispielsweise uneins in der Rentenfrage Geschichte schreiben, sondern auch als die, die unsere leichtfertig Demokratie verraten hat. Aus Frust über das politische Versagen der sogenannten demokratischen Parteien, aber auch als Opfer völlig überdrehter und überforderter Journalisten, die einen negativen Superlativ nach dem anderen bemühen.
Ein weiterer Zuhörer der Sendung legte den Finger in eine andere, ebenso offene Wunde, indem er die Panikmache und Aufgeregtheit der Medien kritisierte und feststellte, diese würde die politische Lage nur weiter verschärfen. Ich glaube nicht, dass die anwesenden Vertreter das anerkannt oder gar reflektiert haben. Das Gegenteil wäre meiner Ansicht nach ein Wunder. Genau diese überzogene, moralisch aufgeladene Berichterstattung erzeugt doch erst die Spaltung, die man andererseits ja stets vorgibt, zu bekämpfen.
Der Presseclub hat heute unmissverständlich gezeigt: Die Krise Deutschlands ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine tiefe Krise der politischen Führung und der öffentlichen Diskurshoheit. Die Vernichtung, die dort attestiert wurde, ist vor allem eine des Vertrauens in demokratische Institutionen und in die Führungsfähigkeit unserer Eliten.



Es ist jedoch keine Politkaste. Es is eine kapitalistische Kaste. Und die setzt sich, wie sich das für eine Bananenrepublik gehört, aus Politik und Wirtschaft zusammen.
@juri nello: Ok.