Ich kanns mir nicht vorstellen

Ich habe ziemlich große Augen gemacht, als ich bei Spiegel Online die Resultate der so genannten Sondierungsgespräche las, die angeblich doch teilweise auch diesmal (wie bei Jamaika) vorgezogene Koalitionsverhandlungen sein sollen.

Die gesetzliche Krankenversicherung soll wieder zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert werden. LINKDie Präambel des Protokolls drückt aus, was die Große Koalition will:

  1. einen neuen europapolitischen Aufbruch
  2. den sozialen Zusammenhalt in unserem Land stärken und die entstandenen Spaltungen überwinden
  3. unsere Demokratie beleben
  4. dass die Menschen bei uns die vielfältigsten Chancen nutzen und in Sicherheit
    leben können
  5. die Familien stärken und gleiche Bildungschancen für alle
    unser Land erneuern, in die Zukunft investieren und Innovationen fördern
  6. damit wir unseren Wohlstand ausbauen und auch zukünftig mit der weltweiten
    Dynamik mithalten können
  7. den digitalen Wandel von Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft für alle Menschen
    positiv gestalten
  8. einen größeren Beitrag leisten, um weltweit zu besseren Lebensbedingungen
    und Chancen beizutragen.

Soll das alles gewesen sein? Mit diesem Resultat möchte Martin Schulz den Sonderparteitag der SPD überzeugen und sodann die nächste Große Koalition beginnen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Delegierten diese konkreten Beschlüsse, die die Basis für Koalitionsverhandlungen bilden, goutieren werden. Gleichzeitig wäre damit auch klar, dass Martin Schulz seinen Job als Parteivorsitzender die längste Zeit gehabt hat.

Lediglich ein Punkt sprang mich an, als ich die vereinbarten Punkte durchlas. Die gesetzliche Krankenversicherung soll wieder zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (paritätisch) finanziert werden soll. Das ist gut! An anderer Stelle trägt die Vereinbarung nicht die Handschrift der Sozialdemokraten. Eher sind die Kompromisslinien, die sich an wichtigen Themen festmachen lassen, näher an den Konservativen orientiert als an den Vorstellungen der SPD. Dazu zählt die äußerst dürftige Vereinbarung zum Thema Klimaschutz ebenso wie zum Familiennachzug von subsidiär geschützten Flüchtlingen.

Es wurde im Vorfeld bereits festgestellt, dass die sich anbahnende neue GroKo den Steuerzahler viel Geld kosten würde. Das dürfte sich allein deshalb schon bestätigen, weil die zu lösenden Aufgaben gewaltig sind. Und wie sollte die Bewältigung dieser Aufgaben ohne sehr viel Geld überhaupt möglich sein. Dass sich angesichts bestimmter Punkte im Papier die Spalter besonders mit ihren Kommentaren hervortun, in dem sie genau diese Punkte herauskehren, ist wenig überraschend.

Ich finde, man dürfte nach diesen vergleichsweise kurzen Sondierungsgesprächen ruhig einmal herausstellen bzw. positiv festhalten, dass die in der Präambel festgehaltenen Punkte vor allem eins zeigen. Union als auch SPD scheinen endlich begriffen zu haben, dass die Politik anders werden muss. Die vorgesehene “Inventur” zur Mitte der Legislatur ist ein auch ein Hinweis darauf.

Roger Köppel lobt Donald Trump über den grünen Klee

Es überrascht mich immer wieder auf Neue, wie unterschiedlich Menschen andere beurteilen. Ein neues Beispiel war die Jahresrückschau von “Weltwoche” – Boss Roger Köppel bei Youtube.

Köppel machte sich die Mühe, zahlreiche Punkte der angeblich erfolgreichen trumpschen Politik am Reißbrett aufzuführen und sie im Video der Reihe nach zu erläutern.

Ich empfinde Roger Köppel unter den bekannteren Journalisten deutscher Sprache wie eine krasse Ausnahme, und das nicht nur, wenn es um die Beurteilung von Trump geht. Vielleicht hat die Haltung aber weniger mit journalistischer Neutralität und – wie er es wohl sehen dürfte – Fairness gegenüber dem amerikanischen Präsidenten zu tun als vielmehr mit seinem SVP Mandat als schweizerischer Nationalrat und der damit einhergehenden besonderen Sicht auf all die Zumutungen mit denen Präsident Trump in 2017 bestimmt nicht nur Repräsentanten der Mainstreammedien äußerst unangenehm aufgefallen ist.

Seltsam fand ich, dass Köppel den Ausstieg der USA aus der Klimapolitik nicht auf seinem Zettel hatte. Schließlich hat seine Partei, die SVP, sich für diese Maßnahme sehr erwärmt und sie als “Akt der Vernunft” bezeichnet.

Es ist natürlich richtig, dass Trump bei vielen Medien überaus schlecht wegkommt. Deshalb blinkt mitunter sogar bei mir die Frage auf, ob all die Häme und all die Kritik nicht übertrieben bzw. unfair ist und ob wir uns als Deutsche nicht eher in Zurückhaltung üben sollten. Schließlich wurde der Mann von seinen Amis gewählt. Darüber bin ich offengestanden längst hinaus. Der Mann muss sein Fett wegbekommen. Er macht die Welt zu einem schlechteren Ort. Und dass er Fürsprecher hat, ist für mich persönlich nicht nachvollziehbar.

Wenn ich dann allerdings Köppels Zusammenstellung durcharbeite und mir dazu die durchweg kritischen Berichte in deutschprachigen Zeitungen vergegenwärtige, kann ich seine Sicht auf Trump überhaupt nicht nachvollziehen. Aber dafür finden sich im Kommentarbereich zum Video fast durchweg positive Meinungen. Alle finden Köppel Klasse, weil, so wirds häufig geschrieben, wohltuend abweichend vom Medienmainstream.

Ist es inzwischen wirklich ein Qualitätsnachweis, wenn ein Journalist eine quer zum Mainstream stehende Meinung vertritt? Das Gefühl bekomme ich immer mehr. Egal, ob ich Köppel zuhöre oder beispielsweise auch den Journalisten um Roland Tichy oder Henryk M. Broder.

Ich lese regelmäßig ihre Publikationen und schau mir Videobeiträge an, obwohl ich mit ihnen inhaltlich überhaupt nicht übereinstimme. Von daher kann ich sagen, dass ich kein Gefangener meiner Filterblase bin. Ich versuche die Gedanken der dortigen Autoren zu reflektieren, trotz des Ärgers, den ich beim Lesen oder Zuhören empfinde. Ich entdecke Ansichten, die ich teile aber sie bleiben in der Minderheit.

Nachdem nun das Skandalbuch von Michael Wolff für Furore sorgt, frage ich mich jetzt umso mehr, wie ein intelligenter Mann wie Roger Köppel nach diesen Insideroffenbarungen immer noch zu Trump stehen und seine Politik in dieser Form loben kann.

Steuersenkung

Dass Köppel schon immer Befürworter einer neoliberalen Gesellschaft gewesen ist, der am liebsten alle staatlichen Abgaben und Einflüsse minimieren würde, erklärt sein Faible für Trumps Steuersenkungsprogramm. Insofern überrascht es nicht, wenn er es als Blaupause für die Schweiz und Großbritannien betrachtet. Es scheint ihn nicht zu interessieren, welche Verwerfungen solche nationalen egoistischen Maßnahmen für die Ökonomien anderer Staaten nach sich ziehen werden. Wie soll sich ein ausgebauter Sozialstaat in einer solchen Steuersenkungsspirale behaupten? Für ihn scheint die Hauptsache zu sein, dass die Wirtschaft die Spielräume bekommt, die ihr die Staaten von Natur aus entziehen.

Ich halte es für möglich, dass Trumps Steuersenkungsprogramm für die USA funktioniert. Die Ausschläge des Dow Jones betrachte ich als Indiz. Die Tatsache, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen von der Maßnahme profitieren werden, ist eine positive Sache. Aber machen wir uns nichts vor, diese Steuersenkungen werden die Teilung der Gesellschaft weiter befördern. Die Schere zwischen arm und reich wird weiter aufgehen. Ob die USA die massiven Steuerausfälle durch hohes Wirtschaftswachstum ausgleichen kann, bleibt unklar. Es gibt Sachverstand, die den USA ein Fiasko prophezeien.

Deregulierungen

Die segensreichen Wirkungen von Deregulierungen haben wir in Deutschland schätzen gelernt. Für Köppel, der alle staatlichen Eingriffe als Teufelswerk betrachtet, sind Trumps Rücknahmen der wenigen durchgesetzten Regulierungen also positiv zu bewerten. Freiheit für die Wallstreet und damit für die Freunde Trumps sind erreicht. Köppel freut sich. Wie dies die Chancen für einen neuen Finanzcrash erhöht, ist Trump und Köppel herzlich egal.

Supreme Court

Ok, Neil Gorsuch war eine gute Wahl von Trump

ISIS

Dass Köppel einen angeblichen Sieg der USA über ISIS erklärt, ist zweifelhaft. Erstens werden, wie er selbst einräumt, die Terroristen damit nicht von der Welt verschwunden sein und zweitens haben die US-Amerikaner an der Entwicklung zwar ihren Anteil. Was das allerdings mit Trumps Präsidentschaft zu tun haben soll, ist mir persönlich schleierhaft. Schließlich laufen die Kämpfe der Alliierten weitaus länger als Trumps Präsidentschaft andauert.

Illegale Migration

Darüber, dass Köppel dieses Trump-Thema so positiv sieht, überrascht natürlich schon deshalb nicht, weil die ausländerfeindliche SVP ganz ähnliche Ambitionen hat und diese zum Teil innerhalb der Schweiz durchgesetzt hat. Köppel und seinen Mitstreitern wäre am liebsten, es gäbe überhaupt keine Migration. Dass Trump sich erst beim x-ten Nachfassen mit seinem rassistischen Gesetz durchgesetzt hat, unterschlägt Köppel vollständig. Dass er darauf herumreitet, dass Obama etwas Ähnliches in Vorbereitung hatte, macht Trumps radikales Vorgehen generell gegen nicht vergessen.

Sich gegenseitig für solche Unmenschlichkeit gegenseitig zu loben, ist für diese Art Mensch vollkommen typisch. Davon gibts bei uns ja auch genug.

Syrien

Für den Vergeltungsangriff auf Syrien durch die Amerikaner gab es den angeblichen Grund eines Giftgasangriffes, auf den Trump im letzten Jahr empört und emotional reagiert hat. Dass sich  herausstellte, dass “nur” aus Sicht der UN sicher ist, dass Syrien das Giftgas einsetzte, ignoriert Köppel.

Das Gutachten zu dem Angriff auf Chan Scheichun sei “sehr oberflächlich, unprofessionell und amateurhaft”, sagte der Leiter der Sicherheitsabteilung im russischen Außenministerium, Michail Uljanow. Die Uno-Ermittler hatten sich bei ihrem Gutachten auf Zeugenaussagen, Videomaterial, Fotos, Satellitenbilder sowie Proben aus Chan Scheichun gestützt.Quelle: Chan Scheichun: Russland kritisiert Uno-Bericht über Giftgasangriff in Syrien – SPIEGEL ONLINE | LINK

Quelle: Chan Scheichun: Russland kritisiert Uno-Bericht über Giftgasangriff in Syrien – SPIEGEL ONLINE | LINK

Jerusalem

Ich habe häufiger das Argument gehört (auch von Prof. Wolffsohn), dass es an der Zeit gewesen sei, etwas Neues gegen die gescheiterte Nah-Ostpolitik zu setzen. Dies macht sich Köppel auch zu eigen. Dabei ist es doch so, dass keiner wissen kann, ob durch die Umsetzung der schon 1994 beschlossene Verlegung der us-amerikanischen Botschaft nach Jerusalem neue Wege in diesem Dauerkonflikt gefunden werden. Damit ist also klar, dass man diese Maßnahme als einen Versuchsballon zu begreifen scheint, der substanziell kaum zu begründen ist. Man riskierte eine neue Infifada und weitere Menschenleben. Trumps Schritt erfolgte vor allem aus dem Grund, um die Palästinenser zu provozieren. Ändern oder gar verbessern wird dieser Schritt in diesem Konflikt ebenfalls nichts. Insofern ist das auch von Wolffsohn benutzte Argument nicht stichhaltig.

Kunstform Twittern

Durch den Hinweis darauf, dass Trump Twittern zur Kunstform erhoben hatte, wurde mir reichlich spät klar, dass Köppel seinen Vortrag als Satire verstanden haben wollte. Er konnte zum Ende seines Videos kaum noch sein Lachen unterdrücken.

Wenn es nur so wäre… Nee, Köppel ist Trumps treuester Fan-Boy in Europa, glaube ich. Der meint das alles ernst.

Wie gefährlich andere den Zirkus finden, den Trump mit seinem Twitter-Account veranstaltet, scheint Köppel überhaupt nicht zu jucken. Er zieht die Sage aus der Mottenkiste, dass das Internet direktdemokratische Interaktionen ermöglichen würde. Wie es in Wahrheit um diese Träumerei bestellt ist, zeigen auch die Diskussionen über das deutsche NetzDG. Aber dazu hat Köppel selbstredend auch eine klare Meinung. 🙂

Zum Schluss lobte Köppel den Optimismus, den Trump bei seinen Auftritten ausstrahle. Er wünschte, es gäbe mehr Staatsmänner, die einen ähnlich naiven Optimismus zur Schau tragen würden.

Was für ein Glück, dass wir dafür in Europa keinen Bedarf sehen.

Zerstören die “alten weißen Männer” unsere Zukunft?

Während manche die Ursache für Verstimmungen der deutschen Seele auf die beiden großen Fraktionen (liberale/illiberale Flüchtlingspolitik) zurückführen, halte ich das für zu kurz gegriffen. Schließlich erleben wir ähnliche Entwicklungen auch in anderen Ländern.

Damit wären die Gründe für die fortschreitende gesellschaftliche Spaltung nicht erfasst.

Nach einer kleinen These, von der ich heute im Kölner Stadt-Anzeiger las, soll die demografische Entwicklung unseres Landes verantwortlich sein. Mit anderen Worten, die Babyboomer sollen das auf dem Kerbholz haben.

Gut, das würde vermutlich auch für andere europäische Ländern passen. Wieso aber färben die so unvereinbar miteinander konkurrierenden Standpunkte auf junge Menschen ab? Oder spiegeln sich die Streitigkeiten innerhalb unserer Gesellschaft nur in der “älteren” Generation wider?

Der Autor der Stadt-Anzeiger-Artikels stellt fest, dass Lage und Stimmung nicht zusammenpassen würden. Das ist eine Bestandsaufnahme, die ich schon einmal für falsch halte. Ich glaube, diesen Fehler machen Regierung und Medien gern.

Aber es gibt zu viele Menschen, denen es heute bereits schlechter geht als dem Durchschnitt. Was auch immer der nun wiederum sein soll. Doch, ich weiß schon, was Statistik ist…

Es kommt mir schon so vor, als würden die Menschen, die sich noch im soziologischen Konstrukt der so genannten Mittelschicht glauben, aufgrund zu vieler negativer Zukunftsvisionen diffuse Abstiegsängste entwickeln. Einfach gesagt, es gibt zu viele Fragen und zu wenige Antworten. Jedenfalls zu wenige, die halbwegs überzeugen könnten.

Hauptursache Internet

Dazu kommt, dass die unglaublich hohe Zahl von massiven, mir zugleich aber häufig ziemlich substanzlos scheinenden Schimpftiraden die Leute schier verrückt macht. Diskussionen werden immer schwieriger. Selbst dann, wenn Linke oder Rechte ihre jeweils fix – stehenden politischen Haltungen aufgeben bzw. aufzugeben scheinen, gerät man ins Fadenkreuz der jeweiligen “Gegenseite”.

In den sozialen Netzwerken entwickelt sich eine Stimmung, die nur in eine Richtung geht. Ich betrachte sie als glatt demokratiefeindlich. Und das, obwohl wir doch zu Beginn dachten, das Internet würde die Demokratie erst komplett machen.

Ganz egal, wofür man steht. Position und Gegenposition werden immer häufiger nicht mehr von Argumentationen getragen, diese werden ersetzt von gegenseitigen Bezichtigungen und Beleidigungen.

Wenn ich mir vorstelle, wie es sein muss, sich selbst zum Beispiel in einer meinungstechnisch enggefassten Filterbubble zu befinden, kann ich mir gut vorstellen, wie sich der persönliche Blick auf das Leben sehr rasch dunkelgrau einfärben wird.

Jedesmal, wenn man Facebook öffnet, würde man mit schlechten Nachrichten empfangen. Man ist dafür gewissermaßen schon konditioniert. Insofern ist nicht wichtig, ob die “Nachricht” zutreffend sind oder nicht.

Die Welt ist grau. Merkel und alle, die was anderes denken als ich, sind schuld an diesem Dilemma. Damit stellt sich die Wirkung auf die Befindlichkeit der LeserInnen unmittelbar ein.

Wie soll das folgenlos bleiben? Nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern für die Gesellschaft als Ganzes.

Wie der NDR die AfD bedient

Auch 2017 hat sich der Kampf um unsere abendländische Kultur gelohnt. Die Wellen der Empörung über muslimische Empfindlichkeiten und der sich ergebenen Reaktionen verebben kaum noch. Vor allem die, die mit Kirche nichts am Hut haben, verteidigen “ihre” christlichen Traditionen.

Bemerkenswert, wie der NDR eine “Nachricht” aufmacht, die sich in ihrer ganzen weihnachtlichen Pracht als Futter für die AfD aufs Trefflichste eignet. Zwangsläufig findet sie ihre Adressaten im Milieu der Rechten Islamhasser. Im Subtext wird gleich zweimal darauf verwiesen, dass aus Rücksicht auf Muslime eine Weihnachtsfeier während des Schulunterrichts ausfällt. Eine Steilvorlage.

https://www.facebook.com/ndrinfo/photos/a.483794648328986.102878.201887793186341/1799682000073571/?type=3&theater

Wo kämen wir hin, wenn der Nikolaus, Sankt Martin oder das Christkind umbenannt würden oder Weihnachtsfeiern ausfielen, nur weil Muslime das – angeblich – fordern. Das war auch nicht der Fall. Aber das weiß man erst, wenn man sich etwas mit der Angelegenheit beschäftigt hat. Und wer macht das schon?

Zunächst einmal:

Das niedersächsische Schulgesetz sieht vor, im Unterricht auf religiöse Überzeugungen zu achten. Auf Empfindungen Andersdenkender soll Rücksicht genommen werden.

Und dann:

Im Grundgesetz steht unter Art. 4: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Und dass die ungestörte Religionsausübung gewährleistet wird.

Und überhaupt:

Eine muslimische Schülerin hat sich beschwert! Die Schulleitung reagiert mit einem Jahr Verzögerung und verlegt die Weihnachtsfeier auf den Nachmittag. Wenn das mal nicht demokratisch war!

Die Dinge im Land haben sich so entwickelt, dass manche Leute urplötzlich zu Verfechtern christlicher Werte werden. Dabei ist klar, dass viele von denen über die Caritas, die Diakonie und die Kirche  stänkern. Und zwar vor allem deshalb, weil sich diese Institutionen um Geflüchtete kümmern.

Dass die Säkularisierung Deutschlands nur teilweise umgesetzt ist, ist für viele so ein Ärgernis, das sie mit ihrer generellen Haltung zur Kirche nur zu gern thematisieren, denn die Kirchensteuern werden immer noch vom Staat eingezogen, es gibt Religionsunterricht an unseren Schulen, die Bischöfe werden staatlich (also von Steuermitteln, nicht durch Kirchensteuern!) alimentiert. Es gibt Privilegien für so genannte Tendenzbetriebe und Tanzverbote zu christlichen Feiertagen.

Wie überrascht, wie wenig es braucht, um die heftigen Kritiker plötzlich von einer anderen Seite zu erleben. Wenns um den Islam geht, besinnen sie sich urplötzlich auf christliche Werte.

Diese Art von Kurzmeldungen sind für solche Leute die Trigger, denen sie nicht widerstehen können. Dann laufen sie zur Hochform auf und die AfD ist sogleich mittendrin statt nur dabei.

Im vergangen Jahr hatte sich offenbar eine muslimische Schülerin beschwert, dass die dort gesungenen christlichen Lieder nicht mit ihrem Glauben vereinbar wären.

Quelle: Weihnachtsfeier an Lüneburger Schule freiwillig | NDR.de – Nachrichten – Niedersachsen – Lüneburg/Heide/Unterelbe | LINK

Die Sender wissen, was ihre “Nachrichten” auslösen. Dass öffentlich-rechtliche Anstalten die Mechanismen solcher Aufregerthemen nutzen, finde ich widerlich. Die Quote heiligt die Mittel – auch beim NDR.

https://www.facebook.com/afd.bundestagsfraktion/photos/a.159958374587682.1073741828.151974798719373/184028282180691/?type=3&theater

Vielleicht wollen die Sender ihr ramponiertes Ansehen in jenen Kreisen der Bevölkerung aufpäppeln, denen sie offenbar nichts mehr Recht machen können. Schließlich haben sie sich deren Meinung der einseitigen Einflussnahme als verlängerter Arm der Regierung schuldig gemacht.

Die Aufregung dieser Leute über die Höhe der Zwangsgebühren ist IMHO bei alledem nur ein Pseudo-Argument. Es geht um die Deutungshoheit, die die Rechten dem links-grün-versifften Mainstream so unbedingt entreißen will. Dass der NDR dabei hilft, ist wirklich grotesk.


Der STERN kriegt es auch gut hin:

Muslimische Schülerin beschwert sich: Lüneburger Gymnasium sagt Weihnachtsfeier ab | Quelle

Nur dem friedlichen Bürger gebührt von seiten der Gesellschaft Schutz (Georg Büchner)

In Mannheim gab es Zoff zwischen Migranten und der Polizei. Ich  habe den Eindruck, dass solche Ereignisse inzwischen an der Tagesordnung sind.

An den nötigen Regeln und Gesetze scheint es nicht zu liegen. Aber es fehlt an ihrer Durchsetzung.

Nicht die Polizisten sind dafür verantwortlich, sondern die Politiker. Scheinbar erkennen sie allmählich, dass die personelle und technische Ausstattung erheblich verbessert werden muss. Danach klingen die Ansagen der letzten Zeit.

Haben wir die nötige Zeit, um die notwendigen personellen Ressourcen wieder aufzubauen? Es gibt personelle Defizite bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und bei den Richtern. Was ist dran an den Vorwürfen, dass die Richter mit Straftätern dieses Kalibers (Wiederholungstäter) zu nachsichtig sind? Darf eine Gesellschaft, aus der diesbezügliche Vorwürfe an die Adresse von Richtern adressiert werden, damit rechnen, dass die unabhängige Rechtsprechung sich aufgrund des geänderten Zeitgeistes ändert? Hoffentlich nicht!

Mir stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen ausreichen, um frustrierte und gewaltbereite Migranten und Geflüchtete zu stoppen? Die Frage lautet doch eigentlich, wie wir uns solcher Leute entledigen können. Sie wird zwar nur von manchen offen ausgesprochen. Unsere Einstellung insbesondere zu muslimischen(!) Migranten wird sich in dem Maße verschlechtern, in dem Attacken auf Polizisten und andere Leute zunehmen. Für die Gründe, die diese Personen antreiben, interessieren sich die meisten nicht. Prinzipiell ist das verständlich. Aber der Prozess der Integration ist an einem Punkt angelangt, an dem wir es uns vielleicht nicht so einfach machen dürfen? Die Radikalisierung unter muslimischen Migranten gibt es auch bei solchen, die schon lange in Deutschland leben (Erdogan-Demos).

Ich muss keine Ahnung von Psychologie haben, um zu vermuten, dass es einen Zusammenhang zwischen der ablehnenden, ausgrenzenden Haltung eines dem Anschein nach wachsenden Teils der Mehrheitsgesellschaft und den aggressiven Reaktionen von (vor allem jungen) Migranten gibt. Sie fühlen sich dieser Gesellschaft nicht zugehörig und die Frage, der wir nicht mehr ausweichen sollten ist, ob das nicht angesichts unserer permanenten Diskussionen, die wir über sie aber nicht mit ihnen führen, sehr nachvollziehbar ist.

Auf die Hoffnung, dass sich diese Situation von selbst beruhigen könnte, dürfen wir bei der Vielzahl der Probleme nicht vertrauen. Auch wenn über die Aussagen von Statistiken ständig gestritten wird, für die Steigerungen bei verschiedenen Gewaltdelikten wird die Migration als Gesamtphänomen verantwortlich gemacht. Wie diese Pauschalisierungen auf Menschen wirkt, die sich zu Unrecht angesprochen fühlen, kann sich hoffentlich jeder vorstellen. Dass die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt nicht läuft, ist auf Sicht gesehen nicht weniger problematisch. Erkenntnisse dieser Art vergrößern Vorurteile. Wie schnell das zu groben Verallgemeinerungen führt, sollte jeder an sich selbst prüfen.

Es braucht klare Ansagen und konkrete Maßnahmen, um der staatlichen Autorität Geltung zu verschaffen. Ob der diesbezüglich festzustellende Wandel allerdings ausreichen wird, um das staatliche Gewaltmonopol wiederherzustellen, ist für mich nicht sicher.

Ein gesellschaftliches Ziel müsste zudem sein, die Menschen mit Migrationshintergrund als gleichberechtigte MitbürgerInnen für sie sicht- und erlebbar anzuerkennen. Heute stoßen sie eher auf Misstrauen und zunehmend auf Ablehnung. Viele scheinen dazu keine Meinung zu haben. Jedenfalls äußern sie diese nicht. Nur die anderen!

Die AfD glaubte im Bundestag triumphieren zu können

Ohne die LINKEN und die AfD haben die anderen Parteien kürzlich einen eigentlich unspektakulären Beschluss gefasst. Die AfD wollte die Gelegenheit für sich nutzen. Sie wollte uns demonstrieren, wie die “Altparteien” mit dem Geld des kleinen Mannes, unseren Steuergroschen, umgehen.

Vielleicht erinnern wir uns wieder, wenn die Empörungswelle für die es die AfD gar nicht gebraucht hätte, etwas abgeebbt ist.

Vor einigen Jahren wurden vom Bundestag nach zählen Verhandlungen automatische Diätenanpassungen beschlossen. Die Höhe der Diäten orientiert sich an den Gehältern der einfachen Richter beim obersten Gerichtshof des Bundes. Die Neuordnung wurde seinerzeit nach langwierigen Diskussionen und Beratungen beschlossen. Die Erhöhung der Diäten sollte demnach durch einfache Beschlussfassung des Bundestages zu festgelegten Terminen erfolgen. Dieser Termin stand an. Insofern handelt es sich nicht, wie manche “Wohlmeinenden” um einen Sonderzuschlag oder einen Coup des Parlaments. Aber wer daran glauben will, dem kann man es nicht ausreden.

Recht machen kann unser Parlament immer mehr Leuten augenscheinlich immer weniger. Wohin uns Defätismus und ständiges Herumkritisieren bringt, sollte man die sich hier zuständig erklärten Katalysatoren, also die Autoren von Tichys Einblick, Cicero, die Achse des Guten und anderen rechten Quälgeistern einmal fragen. Die glauben irgendwie aufklärerisch wirken zu müssen, weil unsere Mainstreammedien nach deren Überzeugung die elementaren Aufgaben einer freien Presse vernachlässigt haben. Auch wenn es daran sein sollte, diese Art von Schlechtschreiberei zermürbt sicher nicht nur mich. Und es machen immer mehr Leute mit. Ich fürchte, sie haben den Blick für das rechte Maß verloren. Aber wahrscheinlich ist es, dass ich derjenige bin, der falsch liegt. Was auch sonst?

Die AfD versuchte jedenfalls, clever wie diese Spalter nun mal sind, sich diese Zweckentfremdung von Steuergeld durch die “Alt-Parteien”, die wie nicht anders zu erwarten war, parallel dazu, von ganz vielen in den sozialen Netzwerken, die ihrerseits von unverschämter Selbstbedienung bei mangelhaften Leistungen schwadronierten,  zunutze zu machen und das Rest-Parlament vorzuführen. Vertreter der Parteien also, die ca. 80% der wahlberechtigten Bürger*innen erst im September gewählt haben. Von denen natürlich, die noch zur Wahl gegangen sind.

Klasse, wie die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Hasselmann, die Dinge beim Namen nannte!

Ich weiß allerdings, dass es im Land so viele Leute gibt, die jedes Wort eines oder einer Grünen mit abstoßenden, oft persönlich herabwertenden Kommentaren kommentieren. Das geht inzwischen weit über normale Kritik hinaus. Einsichten? Fehlanzeige!

Die Regeln für die Diätenerhöhungen sind einfach zu verstehen. Man könnte sie kennen, da häufig darüber berichtet wurde.

Natürlich kann man unterschiedlicher Meinung darüber sein und das auch klar sagen. Nur sollte man auch wissen, worüber man spricht. Aber das ist ja leider inzwischen ganz aus der Mode gekommen. Bei Facebook hatten viele zwar keine Ahnung aber sehr wohl eine klare Meinung. Sie haben die Parlamentarier geschimpft wie die Rohrspatzen. Übrigens grad mal so, als hätten diese noch nicht gearbeitet, weil ja noch keine Regierung gewählt werden konnte.

Der Hauptausschuss für die 19. Wahlperiode hatte am 13.12. seine 3. Sitzung. Dieser Ausschuss hat 53 Mitglieder. Der Bundestag selbst hat sich in seiner ersten Sitzung nach den Wahlen am 24. Oktober 2017 konstituiert. Es gab bislang 5 Sitzungen.

Deutscher Bundestag – Arbeit des Deutschen Bundestages | Quelle

Die Abgeordneten des Bundestages haben mit der Hängepartie der Parteioberen nicht so viel zu tun, dass man ihnen diese Art von wirklich ungehobelten Vorwürfen machen sollte…

Wer es möchte, kann sich das Plenarprotokoll (Seite 366) noch einmal durchlesen. Für wie dumm müssen sie die Wähler halten, liebe AfD, um allen Ernstes zu glauben, durch einen solch durchsichtigen Affenzirkus punkten zu können?! Nun – ich persönlich glaube, die Aktion der AfD hat die von ihr beabsichtigte Wirkung gehabt. Ich muss dafür nur die Kommentare in den sozialen Medien lesen. Es ist deprimierend. Nein, es ist zum Kotzen!

Nach der geltenden Regelung, die nun verlängert werden soll, werden jeweils zur Mitte des Jahres die Diäten entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung angepasst. Will ein neu gewählter Bundestag den Automatismus auch für die neue Wahlperiode beibehalten, so müssen die Abgeordneten laut Abgeordnetengesetz innerhalb der ersten drei Monate der neuen Wahlperiode per einfachem Mehrheitsbeschluss das Verfahren bestätigen.Quelle: Diätenerhöhung: Der Bundestag und die stille Gehaltserhöhung | LINK

Ist Antisemitismus erblich, oder ist er ein Produkt unserer Umgebung?

Vor dem Spiegel fallen mir – je älter ich werde – Ähnlichkeiten mit meinem Vater auf, die mir früher ™ entgangen sind. Allein schon Hände und Zehen sind denen meines Vaters so ähnlich, dass ein Gen-Test, hätte er je zur Debatte gestanden, ganz überflüssig gewesen wäre. Aber diese Ähnlichkeiten waren früh ausgemacht, die meine ich nicht.

Es gibt Gesten, Teile meiner Mimik aber auch charakterliche Eigenarten die – jedenfalls in meiner Erinnerung – denen meines Vaters sehr ähneln. Meine Frau findet das auch.

Mein Vater ist 1922 geboren. Er war von 1939 bis 1949 im Krieg, fünf Jahre davon in russischer Kriegsgefangenschaft. Zehn Jahre für ein Land, das seine historische Schuld nie wirklich hinter sich lassen wird. Allen Gaulands und Höcke zum Trotz.

Wenn wir heute von allen möglichen klugen Leuten zum tausendsten Mal daran erinnert werden, dass der Antisemitismus in Deutschland sehr verbreitet sei, frage ich mich, ob dafür nicht auch die Gene verantwortlich sind.

In meiner Schulzeit (Hauptschule) haben wir über das Dritte Reich und die abartige Rassenpolitik NULL gelernt. Vielleicht waren die Lehrpläne in den 1960er Jahren noch nicht soweit, sich mit derart heiklen Vergangenheitshemen auseinanderzusetzen. Vielleicht waren die Deutschen damals zu feige, sich an diese Themen heranzutrauen. Das Grauen war noch zu nah. Darauf, dass aus heutige Sicht keiner mehr behaupten kann, die Auseinandersetzung mit unserer Nazi-Vergangenheit habe nicht stattgefunden, macht mich stolz. Ich sage das in dem Bewusstsein, dass die 68er insbesondere von den Neurechten im Land für alles Negative im Land verantwortlich gemacht werden. Reaktionäre Kräfte, die sie schließlich repräsentieren, hätten das nie vermocht.

In der Rückwärtsbetrachtung scheint es mir jedenfalls so gewesen zu sein, dass die Traumabewältigung in meiner Schulzeit nicht einmal konzeptionell behandelt wurde. Immerhin, daran erinnere ich mich, haben wir gemeinsam Bernhard Wickis großartigen Antikriegsfilm “Die Brücke” gemeinsam angeschaut und anschließlich darüber diskutiert. Von Anne Franks Tagebüchern und anderen Werken, die spätere Klassen beschäftigt haben, war damals in meiner Schule noch überhaupt nichts zu sehen.

Wie soll ich unter dieser Voraussetzungen verstehen, dass der Antisemitismus bis in die Gegenwart hinein noch so stark verbreitet ist? In Bedburg haben vor dem Krieg (1933) 52 Juden gelebt. Berichten zufolge gab es im Juli 1942 keine Juden mehr in unserer Stadt. Mein Vater konnte mir über seine persönlichen Erfahrungen in dieser Zeit wenig erzählen. Aufgrund seines jungen Alters zu dieser Zeit habe ich ihm geglaubt. Die Abweichungen zwischen den Erzählungen ganz verschiedener Menschen aus meinem Verwandten- oder Bekanntenkreis waren so gering, dass ich fast geneigt war, sie zu glauben. Im Grund meines Herzens weiß ich, dass die Menschen damals mehr gewusst haben als das, was sie nach Jahrzehnten bereit waren preiszugeben. Ich kann mir vorstellen, dass Schuldgefühle eine Rolle dabei spielten, ob nun bewusst oder unbewusst. Wir Menschen sind Meister darin, schlimme Dinge zu verdrängen. Auch und vor allem dann, wenn sie uns selbst betreffen.

Kindern beim Spielen zuzusehen ist schön. Sie interessieren sich nicht für die Herkunft ihrer Freundinnen und Freunde. Hautfarbe und Religion sind ihnen egal.

Daraus kann man nur den Schluss ziehen, dass so schlimme Geißeln der Menschheit wie Antisemitismus oder Rassismus nicht in uns sind, sondern dass uns diese anerzogen werden oder – um es weniger persönlich auszudrücken – wir dahingehend durch unsere Umgebung beeinflusst werden.

Wenn davon gesprochen wird, das in vielen europäischen Ländern Antisemitismus immer noch ausgeprägt vorhanden sei, muss dieser also von Menschen von Generation zu Generation weitergegeben worden sein. Von solchen Menschen, die diese Haltung ganz bewusst während ihrer persönlichen Entwicklung aufgenommen, gelebt und schließlich auch noch an andere Menschen weitergegeben haben. Für mich ist das wirklich schwer zu begreifen.

Aber wir wissen andererseits, dass “Kontaminierung” mit Antisemitismus sehr einfach vonstatten geht. Auf unseren Straßen finden Manifestationen eines Antisemitismus statt, der ganz zweifellos anerzogen ist. Interessant dabei ist, wie wenig jüngere Menschen aus dem arabischen Raum über die Juden und ihre Religion wissen. Was sie eigenartigerweise überhaupt nicht davon abhält, Staat und Menschen gleichermaßen zu hassen. Deshalb finde es übrigens kritisch zu sagen, dass dieser Antisemitismus kulturelle Wurzeln hätte.

Unser Staat muss mit allen Mitteln gegen diese Aktionen von radikalen Muslimen vorgehen. Die jetzige Lage ist bereits kritisch genug. Wenn jetzt nur geredet und nicht gehandelt wird, erleben wir am Ende das, was die Neurechten uns vorhergesagt haben.

Zwei Beispiele

Mir fällt spontan der Name George Soros ein und die Kampagnen, die vornehmlich von Neurechten in Deutschland initiiert und gepusht wurden. Ich kann nicht sagen, ob Victor Orban, der ungarische Premierminister, ein Antisemit ist. Er legt die Thesen Soros’ zur Migration jedenfalls nicht anders aus als die Neurechten es tun bedient in meinen Augen klassische Ressentiments gegen Juden.

Als der deutsche Historiker Michael Wolffsohn geradezu reflexartig den Antisemitismusvorwurf erhob, weil in der deutschen Öffentlichkeit starke Kritik an Trumps Entscheidung laut wurde, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, mochte ich nur mit dem Kopf schütteln. Ich kann nicht verstehen, was die deutliche Kritik an Trumps Entscheidung mit Antisemitismus zu tun haben sollte.

Wir laufen immer noch Gefahr, die Motivation für Kritik an der Politik eines Staates und die von Generation zu Generation weitergegebenen  Vorurteile miteinander zu vermischen. Ich habe mich inzwischen damit abgefunden, damit leben und klar kommen zu müssen. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig, weil uns Deutschen dieser Mühlstein bei passenden aber auch unpassenden Gelegenheit umgehängt wird. Vielleicht wäre es gut, nicht immer gleich mit Unverständnis und Wut darauf zu reagieren.

Ich wurde in meinen Blogs schon mehrfach des Antisemitismus bezichtigt – auch bei Facebook (natürlich!) und immer habe ich mich gefragt, was der Blödsinn soll. Immerhin – mit Fragen fängt jede Selbstreflexion wahrscheinlich an – wenn auch auf noch so kleinem Niveau. Fertig werde ich damit wohl nie.

Warum heißt mein Blog 2Bier.de

2 Bier bitte. Manche werden den Namen meines Blogs angesichts der Themen sicher seltsam oder gar unpassend finden? Was habe ich mir damals dabei gedacht, als ich diese Url ausgewählt habe?

Netzexil.de hieß mein letzter Blog. Es ist mir seit 2004 schon einige Male passiert, dass mir plötzlich die Lust aufs Bloggen vergangen war und ich die Blogs samt Artikeln und Kommentaren gelöscht habe.

Die Gründe dafür waren unterschiedlich. Irgendwann war wieder so ein Punkt gekommen. Ich hatte mich bei den “Sozialen Netzwerken” abgemeldet und zum Bloggen hatte ich auch keine Lust mehr. Ich bewundere die, die so einen Entschluss fassen und das Bloggen dann auch ganz sein lassen. Ich kenne einige BloggerInnen, denen dies “gelungen” ist. Leider, wie ich hinzufügen möchte.

Lange dauern solche Perioden bei mir nicht. Zu schnell juckt es mich wieder in den Fingern, und ich möchte schreiben. Was mich genau dazu antreibt habe ich immer noch nicht ergründet. Die große Resonanz wird es nicht sein. 🙂

Der heutige Grund dafür, diese Selbstbespiegelung vorzunehmen, ist der vielleicht etwas eigenwillig scheinende Name 2bier.de. Warum heißt ein Blog so, und weshalb habe ich damals nicht einfach meinen privaten Blog horstschulte.com benutzt, um meine Artikel dort zu veröffentlichen? Ehrlich? Ich weiß es nicht!

Die url 2bier fand ich vor allem mal “schön kurz” und frei war sie auch. Außerdem erinnerte mich der Begriff an die Zeiten, als man mit Freunden noch gemütlich ein Bierchen trinken ging. Die erste Ansage nach der Begrüßung, bevor der Abend losging, meistens: “2bier” – bitte. Die folgenden Gespräche in gemütlicher, obwohl nicht immer ganz ruhiger Atmosphäre, empfand ich meistens als sehr besonders anregend. Dabei waren die Themen nicht nahe dran an denjenigen, denen ich mich hier meist widme. ?

Die Idee war damals auch, dass ich weniger Strittiges verbloggen wollte als zuletzt unter Netzexil.de. Es sollten positive, schöne Sachen sein mit denen ich mich befassen wollte. ? Dass das in meinem Fall absolut aussichtslos war, habe ich inzwischen eingesehen. Dabei ist Kontroverse wirklich nicht mein zweiter Vorname. Ich bin eher sehr harmoniebedürftig und streite mich nur ungern. Fragt meine Frau.

Die Themen, die mich interessieren, haben also mit dem, was man sich unter den Namen 2bier vorstellt, nichts zu tun. Ich stelle hier keines der gefühlten Millionen von Biersorten vor, die es weltweit (in Bayern) gibt, noch geht es hier besonders gemütlich zu. Wenn es mal zu kontroversen Diskussionen kommt, kann auch das Gegenteil von bierseliger Gemütlichkeit entstehen. Nachher tuts mir dann immer leid. Aber… weg ist halt weg.

So, jetzt habe ich auch mal kurz erklärt, wieso dieser Blog diesen etwas seltsamen Namen trägt. Das wollte ich schon längst einmal gemacht haben. Und weil mich gerade eine Schreiblust überfallen hat, kam es dazu.

Falls Ihr mehr über mich erfahren möchtet, es gibt hier auch eine “Über-mich”  – Seite. Die ist allerdings nicht ganz regelkonform (in der Tradition anderer Blogs, meine ich). Es handelt sich dabei nämlich um einen Artikel, den ich vor einigen Jahren mal im Rahmen des “Webmasterfriday” geschrieben hatte. Diese schöne Institution in der deutschen Blogsphäre ist leider inzwischen inaktiv. Es war halt alles gesagt/geschrieben.

Erdogans Einfluss in Deutschland ist zu groß

Staaten nehmen Einfluss. Nicht nur über ihre Geheimdienste, sondern es gibt längst subtilere Methoden, um Menschen in befreundeten oder verfeindeten Ländern zu manipulieren und entweder gegen die Regierung oder gegen Gruppen von Menschen aufzuwiegeln.

Das klingt nicht nur übel. Seitdem die ersten [sic?] Regime Changes von der CIA initiiert wurden ist viel Zeit vergangen. Heute geht sowas vermutlich viel leichter. Und das, obwohl wir uns doch alle so umfassend und gut informiert glauben.

Das gilt natürlich nur für diejenigen, die nicht die Mainstreammedien als Infoquelle nutzen. ? ¿

Das Internet und vor allem die Sozialen Medien schaffen Voraussetzungen mit denen auch Menschen mit schlechten Absichten auf leichte Art und Weise ihre Ziele verfolgen können. Ob man dazu Gruppen von Menschen einsetzt, um mit Kommentaren zu heiklen politischen Themen Kontroversen auszulösen oder mit dem gleichen Ziel Bots / Social Bots nutzt, die Wirkung überrascht und verblüfft gleichermaßen. Wie wohl ein Diskussionsstrang bei Facebook auf das Gemüt wirkt, wenn dort nur ein einziges Glaubensbekenntnis gilt? Aber das Phänomen exzessiv benutzter Algorithmen und der hieraus resultierenden Selbstisolation in Echokammern ist nur ein weiteres Merkmal moderner Manipulationsmethoden.

Vor den Wahlen wurde darüber spekuliert, welche deutsche Partei im Wahlkampf diese noch relativ neuen Methoden einsetzen. Es gab so etwas wie eine Selbstverpflichtung bzw. die klaren Aussagen, dass keine Bots eingesetzt werden. Ob sich alle daran gehalten haben ist nicht belegt. Es wurden Verdächtigungen gegen die AfD laut, die aber – soweit ich es weiß –  nicht bewiesen wurden. Vielleicht ist die Aussage an sich ja das Ergebnis einer erfolgreichen Manipulation. Es würde ins Bild passen!

In den USA wird seit Trumps Amtsübernahme verstärkt darüber spekuliert, ob und inwieweit die Russen auf den us-amerikanischen Wahlkampf Einfluss genommen haben. In diesem Fall spielen wohl noch ganz andere Möglichkeiten der Manipulation und Einflussnahme eine Rolle. Die Untersuchungen dazu ziehen sich hin.

In Deutschland gibt es ein ganz anderes, schwer zu bestimmendes Potential an Möglichkeiten der Einflussnahme durch einen anderen Staat. Erdogan hat vor den Wahlen von seinen Anhängern in Deutschland gefordert, nicht die etablierten politischen Parteien zu wählen, sondern auf genehmere Alternativen auszuweichen. Das hat zwar für Empörung gesorgt. Andererseits wurde der Einfluss türkischstämmiger Wähler von unseren Medien eher bagatellisiert. Allein die Tatsache, dass der Präsident eines anderen Landes auf derart unverschämte Weise versucht, Einfluss zu nehmen, hätte andere Reaktionen unserer Regierung erfordert. Wir wissen, welche falschen Rücksichtnahmen die Zurückhaltung Merkels begründet haben.

Aktive Mitwirkung von Türken an der Destabilisierung unseres Landes?

In den Stuttgarter Nachrichten las ich einen erschreckenden Kommentar von Chefredakteur Christoph Reisinger. Erschreckend allerdings auch nur für diejenigen, die sich über derartige Zusammenhänge bisher noch überhaupt keine Gedanken gemacht oder sie verdrängt haben. Schließlich liegt es auf der Hand, dass die Anwesenheit von Millionen von Türken, von denen ganz sicher sehr viele erklärte Erdogan-Anhänger sind, in diesen Zeiten problematisch sein dürfte.

Gibt es über Mutmaßungen oder Behauptungen hinaus Beweise dafür, dass Erdogan-Anhänger negativen Einfluss auf die anderen Türken oder türkischstämmigen Deutschen nehmen?

Dies ist nur eine der Fragen, die in diesem Zusammenhang offen sind und die einer dringenden Antwort bedürfen würden.

Welchen Einfluss haben die permanenten und nicht gerade freundlichen Scharmützel in den Sozialen Netzwerken oder Berichte in der türkischen deutschsprachigen Medien auf das allgemeine gesellschaftliche Klima in unserem Land, also nicht nur auf das Verhältnis der beiden direkt betroffenen ethnischen Gruppen, der Deutschen und der Türken? Wie ist es zu sehen, wenn auch Türken antisemitische Hetze in Deutschland betreiben oder es als nachgerade selbstverständlich betrachten, ihren Kampf gegen die PKK hier im Land führen zu dürfen?

Reisinger schreibt folgendes:

Auf beklemmende Weise verdichten sich die Hinweise: Aus dem Umfeld um den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ergehen skandalöse Weisungen nach Deutschland, sich zu bewaffnen, Unfrieden zu säen, politisch zu manipulieren.

Sie richten sich, kombiniert mit finanziellen Zuweisungen, an Teile des Netzwerks, das Erdogan-nahe Kräfte weit über Baden-Württemberg hinaus in Deutschland gespannt haben. Und zwar an jene Teile des Netzwerks, die eindeutig der Organisierten Kriminalität zuzuordnen sind.Quelle: Netzwerk von Erdogan-Getreuen: Ein Alptraum für die deutsche Politik – Politik – Stuttgarter Nachrichten | LINK

Es gibt Mutmaßungen, nach denen sogar der türkische Geheimdienst MIT mit von der “Partie” sein soll:

Man muss sich das in allen Details verdeutlichen: Aus dem Machtzentrum der Türkei heraus wird unter Beteiligung von Schlägertrupps sowie nach deutschem Vereinsrecht organisierten gesellschaftlichen Gruppen und offenbar auch des türkischen Geheimdienstes MIT gezielt auf die Destabilisierung Deutschlands und auf die Verschlechterung seiner inneren Sicherheit hin gearbeitet.

Reisinger fragt, wie unsere Regierung sich zu alledem stellt. Er räumt ein, dass die Türkei-Politik sehr schwierig zu handhaben wäre. Aber er sagt auch, dass es nicht sein könne, dass von der Regierung rein gar nichts zu dieser gefährlichen Entwicklung kommt. Und das dies nicht so bleiben könne.

Demokratische Länder müssten Erdogan eine klare Ansage machen

Seine Ankündigung der heutigen Konferenz der OIC war so wie wir das von Erdogan gewöhnt sind. Vollmundig und überheblich.

Am Montag hatte Putin bei seinem Besuch in Ankara Trumps Maßnahme, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, kritisiert. Diese destabilisiere eine bereits schwierige Situation.

Diese Sichtweise Putins ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Russland West-Jerusalem bereits im April dieses Jahres als israelische Hauptstadt anerkannt hatte.

Bei der heutigen Konferenz polterte Erdogan gegen Israel und die USA. Er redet was von “roten Linien” und davon, dass die muslimische Welt nun zusammenstehen müsse.

Da kann ich Erdogan nur viel Erfolg bei seiner Konferenz wünschen! Es nehmen nämlich von den 57 Mitgliedsländern der OIC nur zirka die Hälfte (von mindestens 20 Staaten ist die Rede) teil. Einige Länder haben lediglich unter- oder zweitrangige Vertreter entsandt.

Doch schon vor dem OIC-Treffen am Bosporus an diesem Mittwoch zeichneten sich Spannungen unter den mehr als 50 Teilnehmerstaaten ab. Dabei geht es auch um Erdogans Anspruch, eine Führungsrolle in der islamischen Welt einzunehmen.Quelle: (1) Trumps Jerusalem-Entscheidung: Warum arabische Staaten Erdogan nicht folgen wollen – Politik – Tagesspiegel | LINK

Ergogan fordert, dass Jerusalem die Hauptstadt Palästinas werden soll. Ernsthaft? Ob sich die anderen Teilnehmer der Tagung diesen “Wendepunkt” zueigen machen wollen? Politik braucht Visionen – das wusste schon Helmut Schmidt.

Nur, weil Erdogan solche Forderungen aus innenpolitischen Gründen stellt, werden die Repräsentanten der anderen muslimischen Staaten ihm nicht auf den Leim gehen. Etwas mehr Realitätssinn werden selbst Staaten wie Iran haben.

Erdogan möchte ein Zeichen gegen die USA und Israel setzen. Es soll ein Aktionsplan erstellt werden, der nach Erdogans Willen einen “Wendepunkt” darstellt. Dass Erdogan Israel in der ihm eigenen Art und Weise beschimpft, ist für uns hier in Deutschland natürlich nicht überraschend. Allerdings ist es kein Trost, dass der Polterer vom Bosporus seine unflätigen und provozierenden Beleidigungen auch anderen entgegenschleudert.

Erdogan nennt Israel einen Terror- und Besatzerstaat, ein Land der Kindermörder und bezeichnet Jerusalem als “Gefängnis für Muslime”.

Erdogans vornehmlich an Türken gerichteten “starken Worte”, die Einheit der Muslime betreffend, wird angesichts der Realitäten auch nach der Tagung der OIC auf sich warten lassen.

Andererseits ist nicht davon auszugehen, dass durch Erdogans Hassbotschaft und sein aufrichtiges Bemühungen um Eskalation gar nichts erreicht wird. Die vielen vom Hass geplagten Muslime dürften seine Worte aufgesogen haben wie Schwämme.

Es ist – daran hat Erdogans Gerede einen Anteil – mit brachialer Gewalt durch die Muslime zu rechnen. Und diese wird – wie wir in den letzten Jahrzehnten gelernt haben – von den Israelis mit brachialer Gewalt beantwortet.

Der vorgebliche Wunsch Erdogans, die Einheit der Muslime bei dieser Gelegenheit zu erreichen, ist eine Fata Morgana, eine Vision, die auch jetzt nicht in Erfüllungen geht. Ob das ein Glück für die Welt ist, ist dabei nicht ausgemacht. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass es Muslime sind, die vor allem unter den Konflikten der muslimischen Glaubensrichtungen (und dem hieraus entstandenen Terror) leiden.

Die Fortsetzung der sinnlosen Gewalt erhält durch Erdogan neue “Chancen”.

Er drohte den Israelis: „jene, die meinen, die Stadt zu besitzen” würden irgendwann in der Zukunft „keinen Baum finden, hinter dem sie sich verstecken können“.

Kein Präsident eines zivilisierten Landes macht sowas. Sogar Trumps infantile Drohungen gegen Nordkorea richten sich an den dortigen Diktator und nicht an die ganze Bevölkerung.

Dies wäre eine neu Gelegenheit für die Demokratien auf Erdogans Hass-Botschaft angemessen zu antworten.

Den Medien zu überlassen, solche Hassparolen Erdogans zu dokumentieren und zu kommentieren, reicht nicht. Der Mann hat sich eine rote Karte verdient. Und wenn sie im diplomatischen Gewand daherkommt.

Feminismus: Kein Platz für voyeuristische Aktgemälde

In manchen Kinos der USA werden alte Filme wie “Vom Winde verweht” oder “Frühstück bei Tiffanys” nicht mehr gezeigt, weil sie dem heutigen Anspruch an die politische Korrektheit nicht mehr genügen.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich gewundert, dass ARTE es sich vor wenigen Tagen getraut hat, einen Veit Harlan – Film (“Opfergang”) zu zeigen. Harlan war als “größter NS-Film-Regisseur” in die Geschichte eingegangen. Unter seiner Regie entstanden schlimme Propaganda-Filme wie “Jud Süß” oder “Kolberg“.

Anlässe für etwas – wie ich finde – sehr Ähnliches wie “Bücherverbrennungen” gibt es in unseren politisch korrekten Zeiten wohl auch. So oder so herum.

Die in den Medien losgetretene Missbrauchsdebatte hat auch die schönen Künste erreicht: Unlängst wurden Forderungen laut, im New Yorker Metropolitan Museum ein voyeuristisches Mädchenporträt des Malers Balthus abzuhängen.  Quelle NZZ, Newsletter vom 13.12.

Dass die hysterische Missbrauchsdebatte auch den Kulturbereich erfasst hat, war sicher nur eine Frage der Zeit. Mal gucken wie lang es dauert, bis die Forderung erhoben wird, alle Aktbilder mit nackten Frauen aus den Museen verschwinden werden.

Es ist nicht auszuschließen, dass von Feministinnen irgendwo auf der Welt, vorzugsweise in den USA oder Großbritannien entsprechende “Wünsche” bereits einmal geäußert wurden. Ob entsprechende “Wünsche” unverbrämt mit intellektuellem Charme oder eher brachial vorgetragen werden, bleibt abzuwarten. Was macht das noch für einen Unterschied?

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