Politischer Umbruch in Sachsen: Was bedeutet der Aufstieg von AfD und BSW?

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Die jüngste Insa-Umfrage zeigt, dass AfD und BSW in Sachsen zusammen 47 % der Stimmen erreichen, während die FDP lediglich 2 % erzielt und SPD und Grüne guten Chancen haben, unter 5 % zu landen; die Debatte um Ukrainepolitik und Bürgergeld heizt die politische Landschaft weiter an.

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Gestern gab es eine neue «Insa»-Umfrage für das Bundesland Sachsen. AfD und BSW kommen demnach auf 47 % der Stimmen (32 %/15 %). Die Entwicklung verspricht einen heißen Sommer. Wohl auch dann, wenn das Wetter so beschissen bleiben sollte.

Waehlerumfrage insa 19062024
Waehlerumfrage insa 19062024

AfD und BSW könnten in Sachsen eine Regierung bilden. Derweil erklärt Christian Lindner, FDP, dessen Partei dort auf 2 % kommt, man müsse den Ostdeutschen die Ukrainepolitik der Regierung besser erklären. Genialer Gedanke von diesem politischen Überflieger. Solche Aussagen passen wie die Faust aufs Auge zu denen des thüringischen CDU-Vorsitzenden Voigt. Er will außerdem noch, dass die nach Deutschland geflüchteten Ukrainer kein Bürgergeld mehr erhalten – also nicht die Ukrainer.

Zu viel für die Ukraine?

Viele Bürger empfinden die Unterstützung der Ukraine inzwischen als übertrieben und das Bürgergeld im Vergleich zu Leistungen, die deutsche Bürger erhalten, als ungerecht. „Bürgergeld“ sollte sich nicht als bedingungsloses Grundeinkommen etablieren, hört man immer wieder. Es ist traurig, aber die Leute fallen auf Aussagen bestimmter Medien herein. Die veröffentlichte Meinung (insbesondere der Springer-Presse und anderer rechter Medien) ist in diesem Sektor zur Mehrheitsmeinung mutiert, behaupte ich. Bürgergeld sollen demnach nur erhalten, wer hier in Deutschland produktiv war bzw. einer Arbeit nachgegangen ist.

Die bislang immer noch ungehemmte Aufnahme von Migranten aus anderen Ländern hat unser Land nicht nur sozial und politisch überfordert, sie sprengt zusehends die finanziellen Möglichkeiten unserer Haushalte.

Unterkomplexe Alternative

Im Jahr 2023 beliefen sich die Kosten für das Bürgergeld auf ca. 25,8 Mrd. EUR. Der Betrag steigt unter den gegebenen Voraussetzungen stetig und dürfte in diesem Jahr nochmals deutlich steigen. Vorgesehen hat die Regierung einen Betrag von 26,5 Mrd. EUR.

Es ist erstaunlich, wie krass unterkomplex selbst Wissenschaftler manchmal argumentieren:

Niemandem wird es besser gehen, niemand wird auch nur einen Euro mehr haben, wenn Deutschland Geflüchtete schlechter behandelt und ihnen Leistungen kürzt. Marcel Fratzscher, DIW-Präsident

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Unterschiedlichste Standpunkte

Markus Lewe, der Präsident des Deutschen Städtetages, plädiert dafür, dass den Ukrainern weiterhin das Bürgergeld gewährt wird, weil dies die Arbeitsaufnahme erleichtern würde. Sollten Ukrainer nämlich ins Asylsystem wechseln, würde dies den Zugang zu Sprachkursen, Arbeitsvermittlung oder Qualifizierung deutlich erschweren. Der Mann ist CDU-Mitglied. Und die macht sich bekanntlich für die Abschaffung des Bürgergeldes stark. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, die Leistungen für ukrainische Männer ganz zu streichen, weil diese „fahnenflüchtig“ seien. Er nutzt wie andere Konservative ein moralisches Sanktionsinstrument. Ich finde das widerlich. DIW-Präsident Fratzscher nennt die Forderungen von FDP und Union nach der Abschaffung des Bürgergeldes „blanken Populismus“.

Hinzu kommt die Belastung der Städte und Gemeinen in einer Größenordnung von etwa 70 Milliarden EUR pro Jahr.

Wie unbekömmlich die Größenordnungen, die kaum sauber gegeneinander abzugrenzen sind (ist das eigentlich Absicht?) sind hinsichtlich ihrer Bedeutung vermutlich derart kolossal, dass darin auch der Grund dafür liegen wird, dass diese Kosten in unseren Medien nicht bzw. kaum erwähnt werden. Wenn dies geschieht, handelt es sich immer nur um Auszüge eines Gesamtpaketes, das vermutlich für die Politiker so erschreckend ist, dass sie lieber nicht darüber reden.

Furioses Scheitern am eigenen Gutmenschentum

Dieses Land ist mit seinen humanitären Ansprüchen furios gescheitert. Das ist verzeihlich, auch weil es unabweisbare Argumente für das staatliche Handeln gab. Ja, Fehler kann man machen. Allerdings sollten sie eingesehen und dann nicht wieder gemacht werden. In Deutschland ist es aber erstaunlicherweise so, dass Politiker lieber Tatsachen ausblenden, verschweigen, bestreiten oder die Personen und Parteien, die auf die Idee kommen, solche Fehler auf unangenehme Weise zu benennen, am liebsten gleich verbieten. AfD und BSW sind auch in meinen Augen populistische Kräfte. Die sprechen die Dinge an, die wehtun und über die man sich entsprechend laut und heftig aufregen kann.

Das inhärente Problem solcher Tatbestände ist, dass sie davon nicht gelöst werden. In Thüringen und Sachsen werden die Wahlen im Herbst vermutlich einen Erdrutschsieg dieser Populisten hervorbringen. Zuerst werden es die angesprochenen Länder sein, die von Populisten gewählt werden. Ich bin vor diesem Hintergrund eigentlich ziemlich sicher, dass die Union ihre Brandmauern abreißt, weil sie ihre 30%-Chance natürlich nutzen will. Und das wäre angesichts der Realität fast noch die einzige Option, die außerhalb irgendwelcher verrückter Parteiverbote gangbar und halbwegs erträglich wäre.

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